Deswegen, meine Damen und Herren, bin ich der Überzeugung, Ihr Antrag kann nur abgelehnt werden. Er ist nicht das Papier wert, auf dem er steht.
Ich bin gespannt auf die Debatte. Ich werde die Gelegenheit haben, hier noch einmal nach vorn zu kommen, um dann weiter mit Ihnen darüber zu diskutieren.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der Antrag ist „Neues aus der Anstalt“. – Udo Pastörs, NPD: Herr Professor Methling, da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu.)
also wenn jemand von Polemik spricht und vom Schauspielhaus, dann ist das jetzt nach diesem Beitrag, Herr Holter.
Meine Damen und Herren, das Für und Wider zur Neuregelung des Landesvergabegesetzes unter Einbeziehung eines Tariftreuegesetzes
wurde in den letzten Monaten mehrfach und intensiv in diesem Hohen Hause erörtert. Wir haben angekündigt – und diese Ankündigung sorgte für Spannung und Aufregung –, noch vor der Sommerpause ein eigenes Gesetz vorzulegen.
So stehen wir heute hier mit diesem Entschließungsantrag. Ich würde ich Ihnen recht geben, Herr Holter, der gemeinsame Gesetzentwurf ist nicht zustande gekommen, den wir heute eingeben. Das ist richtig. Zwischendurch hatten wir aber auch ein EuGH-Urteil, das Anregung zu einer rechtlichen Wertung gab. Und es ist kein Geheimnis, dass wir in unserer Fraktion beziehungsweise in der Koalition dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Ich würde aber nicht ganz so weit gehen, wie Herr Schulte das getan hat,
und unsere Unstimmigkeiten nicht ganz so kritisieren. Ich würde auch die Ergebnisse, die das Gutachten in der Zukunft erst noch bringen wird, nicht vorwegnehmen wollen und heute schon Schlussfolgerungen ziehen, sonst setzen wir uns gegenseitig nur wieder unter Druck. Das muss eigentlich nicht sein.
Es war und ist kein Geheimnis, dass wir unterschiedlicher Auffassung sind. Ich denke aber – und das ist auch schon von Herrn Schulte und von Herrn Seidel gesagt worden –, dass es durchaus sein darf, dass man in einer Koalition unterschiedlicher Auffassung ist. Ich denke, entgegen Ihren Äußerungen ist es für mich auch ein Beweis dafür, dass man sich mit dieser Thematik intensiv beschäftigt.
Ich denke, es ist ein Zeichen des gegenseitigen Respekts, wenn man unterschiedlicher Auffassung ist, dass man diese gegenseitig berücksichtigt, auch wenn man dann nicht zu dem Ziel kommt, wo man gerne hin möchte.
Ich möchte aber eins noch sagen, Herr Schulte: Die Ernsthaftigkeit, die war und ist zu jeder Zeit gegeben. Ich möchte zurückweisen, dass wir da eventuell keine Ernsthaftigkeit bewiesen haben. Wir haben die gegenseitige Vereinbarung immer bestätigt, die aber nun inhaltlich aufgrund des EuGH-Urteils eben nicht mehr möglich ist. Das ist eine Tatsache.
Meine Damen und Herren, einig sind sich die Fraktionen in der Auffassung, dass die Vergabe in der bestehenden Praxis durchaus verbesserungswürdig ist. Einigkeit besteht auch darin, dass wir keine Dumpinglöhne akzeptieren und mit einem Vergabegesetz eine Förderung von kleinen und mittelständischen Betrieben einhergehen soll. Einigkeit besteht ebenso darüber, dass die Vergabe an das wirtschaftlichste Angebot erfolgen muss. Ein Phänomen, das in der Praxis leider immer noch nicht gang und gäbe ist. Auch in den Ursachen dieses Problems besteht weitestgehend Einigkeit. Darüber haben
wir intensiv gesprochen. Unzureichende Fachkenntnis der Mitarbeiter der Vergabestellen in der Anwendung und Umsetzung des komplexen Vergaberechtes und auch ein häufig verkürztes Verständnis des öffentlichen Auftraggebers von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind Beispiele dafür.
Meine Damen und Herren, Diskussionspunkte in der Koalition sind im Wesentlichen die beiden Fragen: die verpflichtende Beachtung tariflicher Mindestentgeltsätze, die Teil eines entsprechenden Regelungsansatzes sein sollen, und inwiefern die Honorierung einer Beteiligung der Bieter an der beruflichen Erstausbildung sinnvoll und anzustreben ist.
Zum Ersten: Aus der Sicht der CDU – und das wurde jetzt auch dargelegt – ist es nach dem EuGH-Urteil vom 3. April dieses Jahres nicht mehr möglich, tariftreue Regelungen, die sich auf Tarifverträge mit örtlichen beziehungsweise regionalen Tarifvertragsklauseln beziehen, mit dem EU-Recht zu vereinbaren. Das ist auch der Grund, dass es heute keinen fertigen Gesetzentwurf gibt, da wir unserer Meinung nach einen gesetzeswidrigen Gesetzentwurf eingebracht hätten. Das verbietet sich von selbst. Nicht umsonst haben nach diesem EuGH-Urteil nahezu alle Bundesländer ihr bestehendes Tarifgesetz ausgesetzt und einen Nichtanwendungserlass erlassen. Ich habe das in der letzten Landtagssitzung schon gesagt: Bayern hat ausgesetzt,
Berlin hat einen Nichtanwendungserlass, Bremen hat ausgesetzt, Hessen hat bisher noch keine Anwendung, Niedersachen Nichtanwendung, Rheinland-Pfalz hat einen Antrag im Bundesrat gestellt, der abgelehnt wurde, Saarland Nichtanwendung und Schleswig-Holstein hat vorzeitig ausgesetzt.
Das EuGH-Urteil wurde im Wirtschaftsministerium, im Justizministerium und im Innenministerium geprüft. Es wurde einer rechtlichen Bewertung des EuGH-Urteils unterworfen. Alle sind übereinstimmend zur gleichen Wertung gekommen, und zwar der Nichtvereinbarkeit von länderspezifischen Tariftreueregelungen mit dem EuGH-Urteil. Unser Koalitionspartner kommt zu einer anderen juristischen Wertung. Deshalb diese heute vorgeschlagene Verfahrensweise, um letztendlich zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen.
Zum Punkt 2: Etwas anders verhält es sich bei der Berücksichtigung der beruflichen Erstausbildung. Das Vergaberecht lässt zwar die Berücksichtigung sozialer Aspekte bei der Zuschlagserteilung grundsätzlich zu, ob es sich bei der beruflichen Erstausbildung aber um einen solchen zulässigen Aspekt handelt, ist mehr als fraglich. Unabhängig davon stellt sich die Frage, was unter einer angemessenen Beteiligung an der beruflichen Erstausbildung zu verstehen ist, auch vor dem Hintergrund der sinkenden Schulabgängerzahlen und dergleichen.
Meine Damen und Herren, der seitens der CDU-Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf beschränkt sich auf die unserer Meinung nach notwendigen Verbesserungsschritte bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Besonders hervorheben möchte ich den Paragrafen 10, die einseitige Vertragsauflösung. Damit soll öffentlichen Auftraggebern erstmals das Recht eingeräumt werden, mit den Auftragsnehmern zu vereinbaren, dass sie berechtigt sind, sich einseitig aus einem geschlossenen Vertrag zu lösen, wenn der Zuschlag vorsätzlich oder grob fahrlässig an einen ungeeigneten Bieter auf ein Angebot mit
einem unangemessen niedrigen Preis erteilt worden ist oder entgegen den festgelegten Zuschlagskriterien nicht auf das wirtschaftlichste, sondern lediglich auf das billigste Angebot abgestellt worden ist.
Als eine weitere deutliche Verbesserung sehe ich das in der Anlage zu Paragraf 5 Absatz 1 aufgeführte Prüfschema zur Wertung von Angeboten. Ich denke, damit wird den Vergabestellen ein Leitfaden in die Hand gegeben, der die Vergabe nach den genannten Kriterien ordnet und regelt.
Meine Damen und Herren, es bleibt an dieser Stelle nur abzuwarten, was die Prüfung ergibt. Ich bin davon überzeugt, dass die dem Antrag zu entnehmende Prüfung der Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dass der von mir eben genannte Gesetzentwurf den europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht und künftig dazu beitragen wird, die öffentliche Auftragsvergabe in diesem Lande mittelstandsfreundlicher und wirtschaftlicher zu gestalten. Das ist es, was wir wollen. Wir wollen eine Vergabe des wirtschaftlichsten Angebots und eine öffentliche Vergabe, die ankommt, damit die Betroffenen sagen können, das ist gut. – Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, wir sind schon ein Stück weit überrascht über die neue Qualität der Zusammenarbeit hier im Parlament. Wenn ich das richtig verfolgt habe, ist es das erste Mal, dass Sie uns mit einbeziehen, wenn Sie einen Gutachtervertrag abschließen.