Protokoll der Sitzung vom 24.09.2008

weil sie sehr grundsätzlichen Charakter haben, wie zum Beispiel Definitionsfragen, Rahmenbedingungen, Finanzen und so weiter.

Sehr geehrte Damen und Herren, Bibliotheken sind als Bestandteil der Kultur wichtig für eine gelebte wehrhafte Demokratie. Herr Kreher ist darauf eingegangen und ich möchte das unbedingt unterstützen. Denn wer eintaucht in die Erfahrungs- und Erlebniswelt der Kunst- und Kulturschätze, die in den Bibliotheken beheimatet sind, zum Beispiel die Dichtung Schillers Ode „An die Freude“ oder „Alle Menschen werden Brüder“ und so weiter, der Film „Schindlers Liste“ oder die Musik von Dvofiák „Aus der Neuen Welt“, geht nationalistischen Ideologien nicht so schnell auf den Leim. Und die Leimroute wird ja allerorten ausgelegt. Wenn man also ins Internet schaut, dann erklärt die NPD, dass sie das System überwinden will. Alle Parteien des demokratischen Spektrums, Institutionen, Medien werden angegriffen und in ihrer Existenz infrage gestellt.

(Michael Andrejewski, NPD: Das machen Sie mit uns doch auch.)

Nun ist mir am vergangenen Freitag Folgendes in die Hand gegeben worden, und zwar ein Faltblatt der NPD in Ueckermünde. Dort werden politische Freunde von mir und ich angegriffen und diffamiert. Das ist alles nachvollziehbar. Was ich an diesem Faltblatt „Hinter der Fassade bröckelt’s!“ als sehr interessant empfinde, ist, wie sie argumentieren. Sie argumentieren, indem sie die „BildZeitung“ wiedergeben.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Hört, hört!)

Da macht die NPD die „Bild-Zeitung“ zum Kronzeugen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was sollen die anderes machen.)

Die NPD ist das Sprachrohr des Kapitalismus, also Kronzeuge. Und wer das Sprachrohr, das ist für mich der Schluss, des Kapitalismus zu seinen Zwecken benötigt, macht sich als Kapitalismuskritiker unglaubwürdig.

(Michael Andrejewski, NPD: Sie haben ja zweifelhafte Argumente.)

Das ist meine Argumentation und die bringe ich deshalb, weil ich zu dem Schluss komme, die Bibliotheken in diesem Land sind zu stärken. Das Bibliothekssystem in diesem Land zu stärken, heißt die Demokratie zu stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und FDP)

Wir brauchen eine starke und wehrhafte Demokratie. Das ist der Schluss dieser Argumentation. Deshalb brau

chen wir, und da bin ich wieder dicht bei Ihnen, eine verlässliche und solide Förderung, eine Stärkung der Fachstelle für öffentliche Bibliotheken, eine Sicherung der Fahrbiblio theken und den Aufbau einer digitalen virtuellen Bibliothek, zumindest als Anschub. Dass die Bibliotheken selbst in der Lage sind, das weiterzuführen, denke ich, steht außer Frage.

Zum Schluss ein Zitat von Goethe: „In Bibliotheken fühlt man sich wie in Gegenwart eines großen Kapitals“ – Herr Schnur von der FDP, in der Gegenwart eines großen Kapitals –,

(Toralf Schnur, FDP: Ja.)

„das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet“. Das finde ich wunderbar und zutreffend. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Danke schön, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Vierkant von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! In den letzten Jahren ist die Anzahl der Bibliotheken in unserem Land gesunken. Darauf wies bereits mein Kollege Dr. Körner hin. Die Schließungen erfolgten je nach den kommunalen Gegebenheiten und führten in der Fläche zu weißen Flecken. Das ist auch schon gesagt worden. Ich will aber noch mal die ganze Geschichte territorial etwas näher untersuchen und beleuchten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben Sie wieder so eine schöne Rede jetzt, Herr Vierkant?)

Beispielsweise steht im Landkreis Demmin für nur 44 Prozent der Bevölkerung eine Bibliothek zur Verfügung.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Schlimm genug.)

Auch Ostvorpommern, Parchim und Rügen haben einen ungenügenden Versorgungsgrad. Dabei fällt auf, dass der Versorgungsgrad vor allem in den Landkreisen sehr viel höher ist, in denen noch Fahrbibliotheken unterwegs sind. Das war ja auch eine der Forderungen, die Herr Koplin eben hier benannte. Im Landkreis Uecker-Randow, der, wie wir wissen, ansonsten durchaus so seine Probleme hat, gibt es beispielsweise einen Grad der Versorgung von 90 Prozent. Das ist toll. Auch die Landkreise Nordvorpommern und Müritz sind gut versorgt. Mecklenburg-Strelitz erreicht sogar ohne Fahrbibliothek einen Versorgungsgrad von 85 Prozent. Das ist gut.

(Zuruf von Minister Henry Tesch)

Die Zahl der Entleihung aus den Bibliotheken ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Allein dies macht deutlich, dass der Blick nur auf die reine Anzahl der Einrichtungen nicht ausschlaggebend ist, sondern ausschlaggebend ist deren Erreichbarkeit für die Leser. Damit bestehende weiße Flächen in unserem Land kleiner werden, gilt es, diesen Prozess gemeinsam mit den kommunalen Verbänden und Kommunen anzugehen. Die Koalitionsfraktionen wollen von der Landesregierung mit der zuständigen kommunalen Ebene das Erfordernis eines Entwicklungskonzeptes prüfen lassen. Welche Aspekte dabei zu berücksichtigen sind, können Sie unserem Antrag entnehmen.

Bibliotheken in unserem Land haben neben ihrer kulturellen Funktion in immer stärkerem Ausmaß auch eine Bildungsfunktion. Auch das klang zum Beispiel in der Rede des Ministers an. Sie spielen eine Rolle für die Entwicklung der Lesekompetenz im Bereich der Forschung und Lehre, jedoch auch bei der Umsetzung des Konzeptes des lebenslangen Lernens. Hieraus ergeben sich neue Erfordernisse an die Facharbeit, die Nutzung von IT-Technik sowie an die Fort- und Weiterbildung. Daher fordern wir unter Punkt 2 die Landesregierung dazu auf, den Fachstellenbereich der Bibliotheken fachgerecht zu unterstützen und die Einrichtung einer digitalen virtuellen Bibliothek zu prüfen.

Herr Koplin, wenn Sie sagen, dieser Prüfauftrag wäre bereits ausgelöst, dann kann ich Ihnen nur sagen, nach meinem derzeitigen Kenntnisstand gibt es auf diesem Markt bisher nur einen einzigen Anbieter. Das ist einfach zu wenig. Wir wollen es also nicht an einen Monopolisten vergeben. Ich persönlich könnte mir sehr gut vorstellen, dass wir bei der Suche nach weiteren Anbietern durchaus auch eine zentrale digitale Versorgung hier im Lande absichern und einrichten. Das heißt, wir können durchaus die Landesbibliothek ins Auge fassen, denn die digitale Versorgung kennt insoweit keine Grenzen. Eine zentrale Stelle könnte also durchaus auch die anderen Bibliotheken vor Ort versorgen.

Aber auch die technische Entwicklung muss hierbei bedacht werden. Vieles, wo früher der Gang in die Biblio thek notwendig war, kann heute ebenso im Internet recherchiert und nachgelesen werden. Die Landesfachstelle an der Stadtbibliothek leistet eine unverzichtbare und sehr gute Arbeit, die auch bundesweit Anerkennung findet. Rostock war im vergangenen Jahr bereits zum zweiten Mal Austragungsort einer Fachstellenkonferenz des Bundes. Diese wertvolle Arbeit wird das Land Mecklenburg-Vorpommern natürlich weiterhin unterstützen.

Der Erhalt und der Ausbau der Bibliotheken ist eine freiwillige kommunale Leistung. Ich kann das immer wieder nur betonen. Viele Kommunen wissen jedoch längst um den Wert von Bibliotheken. Dies wiederum spiegelt sich in der Art und Weise der Förderung und Unterstützung wider. Beispielsweise hat die Boddenstadt Ribnitz-Damgarten zum Stadtjubiläum für den Stadtteil Damgarten ein kleines und feines Bibliotheksgebäude saniert und eingerichtet. Das ist ein nicht hoch genug einzuschätzendes Signal für die Einwohner.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern sollte sich nach meiner Auffassung hier nicht über Gebühr bei den Kommunen einmischen, zumal der finanzielle Spielraum bei uns für neue Unterstützungssysteme nicht vorhanden ist. Wer suggeriert, dass ein Bibliothekengesetz oder ein Bibliothekenförderprogramm unter Umständen beispielsweise die Schließung einer konkreten Bibliothek verhindern könnte, täuscht schlicht und ergreifend die Öffentlichkeit. Daher werden wir auch den Antrag der FDP genau wie die Anträge der anderen Oppositionsfraktionen ablehnen. Dafür bitte ich Sie um Zustimmung zum Antrag unserer Fraktion „Entwicklung der Biblio theken in Mecklenburg-Vorpommern“ auf Drucksache 5/1793. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da hätten Sie ruhig ein bisschen großzügiger sein können, Herr Vierkant.)

Danke schön, Herr Vierkant.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lüssow von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die in der Regierung stehenden Parteien legen uns hier einen Antrag vor, in dem sie ihr Versagen in der Regierung deutlich zum Ausdruck bringen. Das ist einmal eine offene und ehrliche Politik von der Großen Koalition, wie man sie nur selten gewohnt ist.

(Egbert Liskow, CDU: Oh!)

Da möge also der Landtag beschließen, die Landesregierung aufzufordern, Bibliotheken als Bildungseinrichtungen im Land anzuerkennen. Prima, damit gibt der Antragsteller, nämlich die Fraktionen von CDU und SPD, zu, dass die Regierung, die von CDU und SPD geführt wird, ganz offensichtlich Bibliotheken nicht als Bildungseinrichtungen anerkennt, sonst müsste man sie ja nicht dazu auffordern. Die Landesregierung soll aufgefordert werden, eine flächendeckende Bibliotheksversorgung zu gewährleisten, Netzbibliotheken zu schaffen, fahrende Bibliotheken instand zu setzen und für die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter zu sorgen. Wenn eine Landesregierung, noch dazu initiiert von den Regierungsparteien, zu so etwas erst noch aufgefordert werden muss, dann kann hier wohl etwas nicht ganz richtig sein. Eine flächendeckende Bibliothekenversorgung müsste ein selbstverständliches Ziel für eine Landesregierung sein, über die man gar nicht viel herumdiskutieren muss.

Tatsache ist aber, dass die Bibliotheken hier im Lande schließen. Die verbleibenden Bibliotheken stehen im bundesrepublikanischen Vergleich, was die finanzielle, materielle und personelle Ausgestaltung anbelangt, auf dem letzten Platz. Und dafür sind Sie, meine Damen und Herren von der CDU und SPD, ganz verantwortlich.

(Egbert Liskow, CDU: Woher haben Sie denn die Zahlen?)

Außerdem sitzt da an der Mauer DIE LINKE, die ebenfalls für diesen Kahlschlag in der Bibliothekslandschaft verantwortlich ist.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und jetzt kommen Sie als Brandstifter mit dem Löscheimer und fordern hier zu großen Strategieplänen auf.

(Egbert Liskow, CDU: Oi, oi, oi! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Die Sache ist ganz einfach. Für Bibliotheken werden jährlich etwa 340.000 Euro zur Verfügung gestellt. Das ist noch nicht einmal das Schwarze unter den Fingernägeln bei Ihnen, Herr Tesch. Das verfrühstückt Ihr Ministerium so nebenbei.

(Egbert Liskow, CDU: Aber das machen die Kommunen doch selber, die Bibliotheken.)

Und dann meinen Sie also noch, mit einem neuen Programm wird das denn was. Geben Sie nicht so viel Geld für sinnlose Dinge aus, zum Beispiel in den unsäglichen Projekten gegen die NPD!

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die sind Gold wert, diese Projekte.)

Geben Sie nicht so viel Geld für sinnlose Dinge aus, dann haben Sie auch die dringend notwendigen Mittel für die Bibliotheken!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja.)

Und bitte boykottieren Sie doch nicht Bürger, die sich für unser Land einsetzen, nur weil es Ihnen politisch nicht passt! Wir fordern die Landesregierung gerne auf, endlich aus ihrer Untätigkeit zu erwachen! Um sich einmal frei zu informieren, sollten Sie dann gleich noch unserem Änderungsantrag zustimmen, nämlich die Volksbücherei in Anklam zu unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)