Protokoll der Sitzung vom 26.09.2008

(Michael Roolf, FDP: Genau das.)

Herr Dr. Körner hat angedeutet, dass wir wahrnehmen, und nicht nur er, sondern auch ich, dass, wenn wir in den Gesprächen sind – und wir sprechen, das habe ich Ihnen auch zugestanden, das können Sie dann polemisch auswerten, das kann man noch so groß in einer Vierzentimeterüberschrift machen –,

(Michael Roolf, FDP: Sie sind in den letzten zehn Jahren stehengeblieben hier in diesem Land.)

die mit niemandem reden. Ich habe von Anfang an ganz offen in der Landespressekonferenz gesagt, ich spreche mit den Theater tragenden Kommunen. Und nun nachzuweisen, dass ich mit denen nicht spreche, das wird Ihnen schwerfallen. Insofern verstehe ich diese Bedenken vor Ort. Aber ich kann nur sagen, man darf nicht stehenbleiben, man muss parallel die Gespräche führen. Ich sage Ihnen, Einzelne tun es. Wenn ich Ihnen sagen würde, was meine Gespräche mit der Theater tragenden Kommune Parchim ergeben haben, dann habe ich einen anderen Eindruck, dass man da sehr wohl diesen Einschnitt sieht, aber man durchaus bereit ist, einen Schwerpunkt zu sichern, und der heißt Kinder- und Jugendtheater. Und das ist möglich, wenn man die Gespräche, Fusionen und Kooperationen kreativ angeht. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das kann ich nur bestätigen.)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Vierkant von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Große Koalition in Mecklenburg-Vorpommern der 5. Legislaturperiode ist die erste in unserem Bundesland, die sich langfris

tig verpflichtet, 35,8 Millionen Euro für die Theater tragenden Kommunen bis zum Jahr 2020 bereitzustellen. Die Theater- und Orchestereinrichtungen befinden sich ausnahmslos in kommunaler Verantwortung beziehungsweise Trägerschaft.

Das Land ist derzeit in keinem Falle an der Trägerschaft beteiligt und hat somit keine direkte Entscheidungskompetenz für strukturelle Veränderungen. Wir sind jedoch Geldgeber. Als solcher stehen wir in der Verantwortung und wir stehlen uns da nicht raus. Zu dieser Verantwortung gehört, dass wir uns Gedanken darüber machen, ob und wie mit den von uns zur Verfügung gestellten Mitteln langfristig Theater- und Orchesterangebote in hoher Qualität vorgehalten werden können. Zu dieser Verantwortung gehört auch, dass wir alle Beteiligten natürlich darauf hinweisen müssen, dass die Einwohnerzahlen sinken und somit die Mittel aus dem länderübergreifenden Finanzausgleich.

Der Minister wies schon darauf hin, 53 Prozent der Kulturausgaben Mecklenburg-Vorpommerns fließen in die Theater- und Orchesterfinanzierung. Allein durch die zu erwartenden Tarifsteigerungen würden laut Hochrechnung für den jetzigen Personalbestand in den nächsten zwölf Jahren 17 Millionen Euro plus X Kostenerhöhung in den Theaterbetrieben einzuplanen sein und die Solidarpakt-II-Mittel werden bis dahin auf null zurückgefahren. Das sind Fakten, das sind harte Fakten.

Es muss Sie, meine Damen und Herren der Linksfraktion, ja sehr schmerzen, dass nun gerade die Große Koalition mit einem CDU-Bildungs- und Kulturminister in diesem Bereich tätig wird und verantwortlich handelt. Aber müssen Sie deshalb die Fakten, so, wie sie nun einmal sind, auch gleich noch als kulturpolitisches Blendwerk bezeichnen, so, wie Sie es in der vergangenen Woche getan haben? Das ist unredlich. Sie setzen jeden Abend eine Maske auf und spielen, wie die Rolle es verlangt: „Theater, Theater, der Vorhang geht auf, dann wird die Bühne zur Welt...., das ist wie ein Rausch“.

(Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Mir scheint, der eine oder andere hier verwechselt das Parlament mit einer Bühne.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie schaffen das auch. – Udo Pastörs, NPD: Das ist keine Ahnungs-, sondern Machtlosigkeit.)

Aber wir alle sitzen hier in einem Parlament und haben Verantwortung, und zwar Verantwortung dem Bürger gegenüber. Theater ums Theater! Ich kann verstehen, sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, wenn Sie Masken brauchen bei der Aufführung Ihres Stückes „Alles ist bezahlbar“.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, wir verkaufen auch noch was.)

Bei so viel Unredlichkeit würde ich selbst auch rot und würde mein Gesicht verstecken wollen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da hat Ihnen wohl wieder Ihre lyrische Mitarbeiterin die Rede geschrieben.)

Da halte ich mich lieber an die Wahrheit und das sind die Fakten, die ich Ihnen eben benannt habe. Zu dieser Wahrheit gehört, dass ich selbstverständlich keinen Jubelschrei und freudiges Jauchzen von den Theater-

und Orchestermitarbeitern erwartet habe, denn natürlich ist diese festgeschriebene Summe zwar auf einem hohen Niveau, aber eben auch ein enger Handlungsrahmen. Dieser Rahmen lässt realistischerweise keine Träumereien zu. Ja, wahrscheinlich sind auch Seifenblasen zerplatzt, doch waren nicht wir es, die diese mit hohen Erwartungen ins Land geblasen haben.

Bei unseren Gesprächen vor Ort, meine Damen und Herren, haben wir von vielen gehört, dass sie nun endlich einmal wissen, woran sie sind, dass sie nun endlich einmal mit einer zugesicherten Summe rechnen können. Und dies hat die Große Koalition ermöglicht. Dafür brauchen wir jedoch nicht die Anträge von der LINKEN und der FDP.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach so, Sie sprechen von der FDP. Ich dachte, Sie können nur mit einem Auge sehen. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Es gibt bereits einen Kabinettsbeschluss mit entsprechenden Eckpunkten und Vorschlägen zur Entwicklung und darüber werden wir reden.

(Hans Kreher, FDP: Dann reden Sie auch in Stralsund darüber!)

Und im Gegensatz zu Ihnen von der LINKEN vertrete ich schon die Auffassung, dass selbstverständlich auch über Strukturveränderungen gesprochen werden muss. Ich denke, es ist dringend geboten, sowohl vorhandene Strukturen zu vernetzen als auch zu straffen. Dies kann sowohl qualitative als auch finanzielle Synergien freisetzen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben Sie das auch in Stralsund mit dem Intendanten besprochen?)

Sicher, Theater und Orchester dürfen nicht nur unter einer ausschließlich fiskalischen Weise betrachtet werden, aber ganz ohne geht es jedoch auch nicht. Ein Theater ist ein Unternehmen, das Abendunterhaltung verkauft. Da bin ich ganz nahe bei Brecht.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und selbstverständlich müssen wir dann auch einmal die Frage stellen dürfen, ob es denn solidarisch ist, wenn wir uns zwei A- und zwei B-Orchester leisten. Das, Herr Kreher, ist die Schieflage, die ich erkenne. Sind zwei A- und zwei B-Orchester künftig langfristig für unser Land leistbar? Schleswig-Holstein hat beispielsweise nicht ein einziges A-Orchester.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Da liegt ja auch Hamburg dazwischen.)

Und wenn wir nun schon Fragen stellen, frage ich auch, warum Schwerin ein Einspielergebnis von 22 Prozent und Rostock eines von sage und schreibe nur 8 Prozent hat.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Nur, dass Sie das überhaupt nicht berücksichtigen. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Der Frust, der aufgrund des letztgenannten Beispiels bei den Theater- und Orchesterschaffenden im östlichen Landesteil darüber entstanden ist, ist für mich menschlich nachvollziehbar. „Theater, Theater, gehasst und geliebt, Himmel und Hölle zugleich.... Alles ist nur Theater und ist doch auch Wirklichkeit.“

Auch das ist Wirklichkeit, sehr geehrte Damen und Herren von der linken Seite. Ich glaube, Sie stecken noch immer in der Schublade, in die Sie im Jahr 2000 das DümckeGutachten versenkt haben, ein Gutachten, in welchem viele Strukturvorschläge gemacht wurden und Sie keinen einzigen davon auch nur ansatzweise besprochen beziehungsweise umgesetzt haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, völlig richtig. Genau das. – Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Dann hätten Sie nämlich mit Wahrheiten agieren müssen und das können Sie nicht. Sie brauchen die Bühnen und die Masken, aber in diesem Hause ist beides nicht verfügbar. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Vierkant.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Borrmann. Bitte, Herr Borrmann.

Bürger des Landes! Bürger des Hauses! Bürger Präsident! Bürger Tesch!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: Bürger Tesch!)

Wir Nationaldemokraten stehen uneingeschränkt für den Erhalt von Orchestern und Theatern im Land. Doch es reicht nicht, allein auf das Geld zu schielen. Wir betrachten das Problem – vielleicht auch im Gegensatz zu FDP und LINKE – in einem umfassenden Rahmen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist klar.)

Kultur, ich hatte das schon einmal gesagt, ist nach Johann Gottlieb Fichte die Art und Weise, wie ein Volk zur inneren Übereinstimmung mit sich selbst findet, indem es die individuellen Mängel und Unkenntnisse durch wechselseitige Vervollkommnung nach und nach vermindert. Damit ist nicht nur die Ausbildung der Rationalität inbegriffen, sondern zugleich auch die Moral und das sittliche Verhalten sowie die Ästhetik und die innere Empfindung. Theater und Orchester des Landes sind nicht nur Teil der kulturellen Identität von Mecklenburg-Vorpommern, sie sind auch kulturelle Leuchttürme, behauptet die FDP einfach. Entspricht dies jedoch der Wahrheit? Wer Teil einer Identität ist, kann nicht für sich leiden, eben weil er mit dem Ganzen übereinstimmt.

Wenn also Orchester und Theater dahinvegetieren und sterben, so sind sie entweder nicht Teil der kulturellen Identität oder Teil einer Identität einer kulturellen Gesamtheit, deren Wesen im Niedergang und Sterben besteht. Wer nicht an der Kultur stiftenden Kraft von Theatern und Orchestern zweifelt, muss an der Kultur stiftenden Kraft eines gesellschaftspolitischen Systems zweifeln, in dem sie verkümmert. Hat Mecklenburg-Vorpommern als Teil Deutschlands noch eine kulturelle Identität? Ist es nicht längst das erklärte Ziel der herrschenden Oligarchie und damit auch zur Wirklichkeit geworden, diese Identität unter dem Banner einer Vielfalt, die keine Gemeinschaft mehr stiften kann, aufzulösen in Beliebigkeit?

Diese Beliebigkeit mündet in Individualismus und parasitären Egoismus. Während die Zahl von Orchestern und

Theatern und ihre Fähigkeit ästhetisch anspruchsvoller Ausstrahlung stetig abnehmen, überflutet seit Jahren ein anglisierter geistloser Schreilärm unseren Rundfunk, unser Fernsehen, ja, Kaufhäuser und Supermärkte. Dessen alleiniger Effekt besteht darin, die bereits individualisierten Menschen durch ihre aufpeitschende Form nach und nach an sich selbst irrewerden zu lassen, denn die Idole, die diese Unkultur verkörpern und denen nachzueifern das höchste Ziel unserer Jugend scheint, sind es bereits. Moralische Verkommenheit, Drogenkonsum, Sexorgien, Narzissmus und vieles mehr sind die Sterne, die auf unser Land herabregnen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Noch schlimmer ist Nazismus.)

Es ist entlarvend, wenn Anstalten, die nicht diesem entarteten Wahnsinn folgen, sich Kultursender nennen.

(Hans Kreher, FDP: Oh, oh, oh!)