Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Zunächst, Herr Kollege Ritter, um es vorwegzuschicken: Ich bin dankbar, dass es im Vermittlungsausschuss heute gelungen ist, dass sich die Länder und der Bund auf einen Kompromiss geeinigt haben, was den Weg freimacht für die Verabschiedung des BKA-Gesetzes. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat dem Bund im Zuge der Föderalismusreform I das Recht eingeräumt, dem BKA die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus zu übertragen. Gemäß Artikel 73 Absatz 1 Nummer 9a. des Grundgesetzes ist diese Aufgabe des BKA auf alle Fälle internationaler terroristischer Gefahren beschränkt, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt,
die Zuständigkeit einer Landesbehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht.
Zur Ausfüllung dieser neuen Gesetzgebungskompetenz des Bundes sind die Einzelheiten gesetzlich zu regeln. Dies soll nun mit dem hier in Rede stehenden und in den vergangenen Wochen stark diskutierten Gesetzentwurf zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das BKA geschehen.
Durch die vorgesehene Novellierung des BKA-Gesetzes erhält das BKA für die Terrorismusbekämpfung erstmals die Aufgabe der Gefahrenabwehr sowie die für die Wahrnehmung dieser Aufgaben notwendigen Befugnisse.
Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass ich als Innenminister des Landes mit der ersten Fassung der Regelung zur Ausgestaltung der Aufgabe des BKA, die mir durch Herrn Bundesinnenminister Schäuble bereits im August 2007 zugeleitet wurde, im Hinblick auf die Gefahrenabwehrzuständigkeit der Länder nicht zufrieden war. Im Übrigen war das nicht nur bei mir so, das war auch bei meinen Kollegen in Schleswig-Holstein und in anderen Bundesländern so und deswegen ist es ja im ersten Anlauf auch nicht im Bundesrat so durchgekommen.
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens konnte jedoch eine Änderung des Gesetzentwurfes dahin gehend erreicht werden, dass die Befugnisse der Länder von der Aufgabenwahrnehmung durch das BKA unberührt bleiben.
Mit Blick auf das Fortbestehen der Länderzuständigkeiten sehe ich die darüber hinaus erreichte Aufnahme einer Benehmensregelung in dem Gesetzentwurf als notwendigen und richtigen Schritt an.
Entgegen der Auffassung der Fraktion DIE LINKE sehe ich die Effektivität von gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen im Bereich der Terrorismusbekämpfung nicht gefährdet. So hat das BKA seine Aufgaben bei der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus im gegenseitigen Benehmen durchzuführen und zur Koordinierung der erforderlichen Maßnahmen die zuständigen Landes- und Bundesbehörden unverzüglich zu unterrichten.
Nachdem der im Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedete Gesetzentwurf im Bundesrat am 28. November dieses Jahres gescheitert ist, haben sich Vertreter von Union, SPD, Bund und Ländern am 2. Dezember 2008 auf weitere Änderungen im Gesetzentwurf verständigt. Um etwaige Kompetenzstreitigkeiten zwischen BKA und Länderpolizeien zu verhindern, wird der Aufgabenbereich des BKA nun noch präziser umrissen.
Ich habe an dieser Verhandlung teilgenommen und aus meiner Sicht ist mit Blick auf das föderal geprägte Gefahrenabwehrrecht eine kompromissfähige Regelung gelungen.
Soweit die Fraktion DIE LINKE die Forderung erhebt, die ausschließliche Länderzuständigkeit für die polizeiliche Gefahrenabwehr solle auch bei der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus beibehalten werden, so halte ich dies aus zwei Gründen für abwegig. Zum einen wird eine solche Forderung die mit der Föderalismusreform I neu geschaffene Gesetzgebungskompetenz des Bundes und damit auch des Grundgesetzes infrage stellen.
Die Bundeskompetenz ist jedoch gerade wegen der besonderen Schwere der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und der in der Regel notwendigen internationalen Zusammenarbeit abweichend von der grundgesetzlichen Gefahrenabwehrbefugnis der Länder geschaffen worden. Zum anderen ist es so, dass den Ländern und damit auch dem Land Mecklenburg-Vorpommern die Zuständigkeit für die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch den vorliegenden Gesetzentwurf gerade nicht weggenommen wird. Es bleibt bei der Gefahrenabwehrzuständigkeit der Länder. Die Zuständigkeit des BKA tritt hinzu, und zwar nur in Fällen internationaler terroristischer Gefahren, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landesbehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde wie gesagt um eine Übernahme ersucht wird.
Festzuhalten ist daher, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nur die Zuständigkeit des BKA umgesetzt wird, die auch der Verfassungsgeber vorgesehen hat.
Meine Damen und Herren, als Innenminister des Landes bin ich gehalten, die Sicherheit der Menschen in diesem Land umfassend im Blick zu haben. Um Sicherheit aber gewährleisten zu können, sind polizeiliche Eingriffsbefugnisse unerlässlich.
Das BKA kann seine Aufgabe, die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus, ebenfalls nur dann wahrnehmen, wenn es die dafür notwendigen Befugnisse erhält.
Die im Gesetzentwurf enthaltenen Ermächtigungsgrundlagen orientieren sich weitgehend an bestehenden Regelungsvorbildern aus dem Bundespolizeigesetz und den Polizeigesetzen der Länder. Mit Verwunderung habe ich daher die öffentlichen Debatten in Bezug auf die Regelung zur Rasterfahndung, Wohnraumüberwachung oder zur Überwachung der Telekommunikation verfolgt. Diese Befugnisse sind zum Teil in den Polizeigesetzen der Länder als Gefahrenabwehrmaßnahme vorgesehen,
während das BKA diese Maßnahme nach dem vorliegenden Gesetzentwurf nur dann einsetzen darf, wenn es zur Abwehr internationaler terroristischer Gefahren tätig ist und länderübergreifend.
Neu und besonders hervorzuheben ist aber die im Gesetzentwurf enthaltene Befugnis des BKA zur Onlinedurchsuchung. Unter bestimmten, sehr eng umrissenen Voraussetzungen soll dem BKA durch den Einsatz technischer Mittel die Erhebung von Daten aus informationstechnischen Systemen zur Abwehr terroristischer Gefahren und zur Verhütung von Straftaten gestattet werden.
Dass eine solche Maßnahme zum Schutz hoher Rechtsgüter im Einklang mit unserer Verfassung steht, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt.
Meine Damen und Herren von der Partei DIE LINKE, glauben Sie tatsächlich, dass es sich bei den islamistischen Terroristen nur um Leute mit Kalaschnikow und Kopftuch handelt, wie sie uns die Medien zeigen? Gerade die Ermittlungen zur sogenannten Sauerlandgruppe haben gezeigt, dass diese Tätergruppen moderne Kommunikationstechniken nutzen wie kaum ein Normalbürger.
Es werden Terabytes an Informationen über das Internet gesteuert. Wir müssen Möglichkeiten haben, weltweit vernetzte Täter zu erkennen, um unsere Bevölkerung wirksam vor ihnen schützen zu können.
Ich begrüße daher, dass dem BKA die Möglichkeit der Durchführung einer verdeckten Onlinedurchsuchung zur Verfügung gestellt wird. Das BKA wird mit dieser Ermittlungsmethode in die Lage versetzt, mit der Nutzung modernster Informationstechnologien durch Terroristen Schritt zu halten. Die Ereignisse in der Vergangenheit, insbesondere der bereits von mir erwähnte Fall der Sauerlandgruppe, haben uns gezeigt, dass gerade im Internet zur Vorbereitung von schweren Straftaten dieses Medium genutzt wird. Wenn also das BKA Straftaten verhindern soll, dann muss ihm auch die Möglichkeit
gegeben werden, in Kommunikationsvorgänge, die einer Straftat in der Regel vorausgehen, Einblick zu erhalten.
Dass die Onlinedurchsuchung im Bereich der Gefahrenabwehr nur verdeckt Sinn macht, brauche ich hier sicherlich nicht besonders zu betonen. Bei der Ausübung der Befugnis zur Onlinedurchsuchung und auch der übrigen Befugnisse sind selbstverständlich in jedem einzelnen Fall die polizeilichen Belange einerseits und die Belange der durch die polizeilichen Maßnahmen betroffenen Personen andererseits gegeneinander abzuwägen. Dieser Grundsatz gilt für das BKA genauso wie für die Länderpolizeien.
Dass zudem bei all diesen Maßnahmen entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes der Kernbereich privater Lebensgestaltung zu schützen ist, haben Bundesregierung und Bundestag durch entsprechende Regelungen im Gesetzentwurf gewährleistet.
Zudem wurden im Rahmen der vorhin schon erwähnten Verhandlungen der Vertreter von Union, SPD, Bund und Ländern am 2. Dezember weitere Änderungen im Gesetzentwurf zum Schutz der Grundrechte vereinbart. So soll bei der Durchsicht der im Rahmen einer verdeckten Onlinedurchsuchung erhobenen Daten durch das BKA auf Kernbereichsrelevanz von Beginn an die Sachleitung des anordnenden Gerichtes gewährleistet werden. Zudem hat man sich darauf verständigt, dass die Anordnung der Onlinedurchsuchung nur durch einen Richter erfolgen kann. Mithin entfällt die bisher für den Eilfall vorgesehene Anordnungsbefugnis des BKA-Präsidenten. In diesem Punkt wird die Regelung zur Onlinedurchsuchung an die im Bundestag verabschiedete Fassung der Regelung zur Rasterfahndung angepasst.
In Anbetracht dessen kann ich die Auffassung der Fraktion DIE LINKE, der Gesetzentwurf verfehle die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Balance zwischen Freiheit und Sicherheit, nicht teilen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf zur Novellierung des BKA-Gesetzes mit den vorgenannten Änderungen dient dem Schutz unseres Rechtsstaates und der Wahrung der Sicherheit und Freiheit, unserer Sicherheit und Freiheit. Der Gesetzentwurf ist eine Reaktion auf die geänderte Sicherheitslage in Europa, sodass ein Nein zum Gesetzentwurf ein Nein zur Sicherheit in unserem Staat wäre.
Ich empfehle daher die Ablehnung des Antrages der Fraktion DIE LINKE und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wir empfehlen den Mann.)
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern soll auf einen Antrag von der Fraktion DIE LINKE etwas ablehnen, was es de facto gar nicht gibt. Warum sage ich das? Auf diesem Antrag von der Fraktion DIE LINKE heißt es unter Punkt I.1. – Herr Ritter hat ja schon darüber gesprochen –, dass die
Länderzuständigkeit für die polizeiliche Gefahrenabwehr sich in der Bundesrepublik grundsätzlich bewährt habe und beibehalten werden muss. Genau das stimmt nicht, Herr Ritter, denn alle 16 Länder haben einvernehmlich festgestellt, dass im Bereich der Terrorismusabwehr ein einzelnes Landeskriminalamt eben gerade nicht in der Lage ist,