Sehr geehrte Damen und Herren, wenn auch Kultur- und Freizeittickets in erheblichem Maße zur stärkeren Nutzung von Kultur- und Freizeitangeboten beitragen, so ist nach Auffassung meiner Fraktion dies doch Aufgabe der zuständigen Kommunen und Träger der Einrichtungen sowie der Mitglieder des privaten und öffentlichen Personennahverkehrs.
Schon heute besteht für die Genannten die Möglichkeit, Kultur- und Freizeittickets einzuführen. Weshalb diese Maßnahme durch die Landesregierung initiiert werden soll, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar.
Gerade von der FDP hätte ich erwartet, dass eigenständiges kommunales Handeln im Vordergrund der Überlegungen steht.
In die Gesamtbetrachtung sollte ebenfalls einbezogen werden, dass seitens der Landesregierung sowohl der öffentliche Nahverkehr als auch zahlreiche Freizeit- und Kulturangebote finanziell unterstützt werden. Eine zusätzliche Unterstützung in Höhe von 14 Millionen Euro über zwei Jahre für das sogenannte Freizeit- und Kulturticket ist langfristig gesehen nicht nachvollziehbar.
Die Frage, woher das Geld zukünftig kommen soll, hat ja Herr Kreher versucht zu beantworten, aber aus Ihren Überlegungen heraus konnte ich das strategisch wirklich nicht nachvollziehen.
Meine Fraktion ist der Auffassung, dass die handelnden Akteure am besten wissen, wie und wo sie die Kultur- und Freizeitangebote unterstützen. Aus diesem Grund wird meine Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! FDP-Fraktion! Wie wäre es denn zunächst, wenn Sie sich nicht weiter an der Verhunzung der deutschen Sprache beteiligen würden?
Es gibt für den Begriff „Ticket“ auch eine deutsche Übersetzung. Wie wäre es damit: „Fahrschein mit Kulturrabatt“. Aber dies nur am Rande.
Sie wollen also die Fahrt zu Kulturveranstaltungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln bezuschussen. Der Genuss von Kultur sei ein Beitrag zum lebenslangen Lernen. Dieses lebenslange Lernen muss ja auch in jeder Verlautbarung vorkommen. Das heißt also, jemand, der ins Theater fährt, soll weniger Geld im Bus bezahlen. Wie ist es mit jemandem, der zu einem Fußballspiel fahren möchte? Ist das auch Kultur? Oder lernt man da nicht auch lebenslang? Wie ist es mit jemandem, der per Bus seine Verwandten besuchen will? Der zahlt dann mehr als jemand, der zu Ibsen fährt. Ist ein Schwimmbadbesuch ein kulturelles Ereignis?
Sie wollen den gegängelten Menschen, dem man sagen muss, was für ihn gut ist. Ihr Vorschlag verkompliziert überdies mehr, als dass er hilft. Meinen Sie wirklich, die Leute lassen sich wegen 50 Cent davon abhalten, ins Theater zu gehen?
Das wäre der Grund, warum die ohnehin schon subventionierten Häuser einer weiteren Subvention bedürften?
Die Wahrheit sieht doch anders aus: Die Leute meiden heute Theater und andere zeitgeistverseuchte Einrichtungen, weil sie sich die Geschmacklosigkeiten von durchgeknallten Spielleitern nicht mehr antun wollen,
die ihre Zuhörer inzwischen nur noch verhöhnen und die lediglich ihre eigenen psychologischen Defizite auf die Bühne bringen.
Herr Abgeordneter, ich weise Ihre pauschalen Angriffe auf die Spielleiter des Landes Mecklenburg-Vorpommern als unwürdig zurück.
Dort, wo die Kritik die Nase rümpft, gehen die Leute auch völlig ohne Subventionen hin. Die „Welt am Sonntag“ machte erst kürzlich auf das Phänomen aufmerksam, dass die Musical-Häuser in der ganzen Republik bestens laufen, obwohl die Preise horrend sind.
Hier wird nichts zugeschossen, weil ein Musical für Herrn Kreher womöglich keinen Beitrag zum lebenslan
gen Lernen darstellt. Für ein Musical, das auf die Bedürfnisse der Hörer eingerichtet ist, da sparen die Leute, Herr Kreher. Für den Regieschrott, den Sie als ganz kritischer Bürger bestaunen, lassen sich die Leute auch nicht ködern, wenn Sie die Fahrscheine billiger machen. So einfach ist das.
Wenn wir überhaupt ein Konjunkturprogramm brauchen, dann ist das ein Konjunkturprogramm der guten Ideen für eine lebendige Kultur, die nicht die Bedürfnisse der Künstler – oder was sich dafür hält – befriedigen, sondern die der Zuschauer. Ansonsten haben Konjunkturprogramme, dies sei hier auch nur am Rande erwähnt, noch nie etwas gebracht. Die ersten großen Konjunkturprogramme wurden in Deutschland Ende der 60er-Jahre aufgelegt, und seitdem haben wir auch in unserem Land Massenarbeitslosigkeit und eine immense Staatsverschuldung. Dass man Ihnen als Liberale das sagen muss, wundert mich schon. Wir brauchen keine pädagogisch motivierte Fahrscheinsubventionierung, sondern lebendige Kultur. Insofern lehnen wir Ihren Antrag ab.
Unser Antrag steht unter dem Motto „Stärken stärken“. Ich denke, wir haben Konsens darin, dass die Kultur, die Freizeitentwicklung, all das, was wir in den letzten 20 Jahren für Mecklenburg-Vorpommern getan haben, allen Respekt wert ist, dass wir sehr, sehr viele Steuergelder in die Entwicklung der Landschaft, der Kulturlandschaft und auch des Tourismus hineingesteckt haben und dass es unsere vornehmliche Aufgabe ist, das, was wir einmal an Finanzmitteln aufgewandt haben, dauerhaft für die Gesellschaft zu einer Wertschöpfung zu bringen.
Und wenn wir 1,7 Millionen Einwohner haben und wir im Jahr 2009 mit 28 Millionen Übernachtungen von Touristen hier in Mecklenburg-Vorpommern rechnen, dann muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, was liegt da näher, als die Menschen, die hier im Land sind, dafür zu begeistern, die Kultureinrichtungen, die Freizeiteinrichtungen, die wir hier haben, die wir mit viel Geld hier aufgebaut haben, besser auszulasten, besser zu nutzen und den Menschen besser zur Verfügung zu stellen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Toralf Schnur, FDP: Das ist auch Konjunkturförderung.)
Und wir wollen sie in zweierlei Hinsicht, einmal in der Breite, dass eine vierköpfige Familie auch in der Lage ist, während eines Aufenthaltes hier mehrere Kulturangebote in Betracht zu ziehen und nicht nur eins,
und wir wollen dann auch erreichen, dass sozial Schwächere, die es heute sich eben noch nicht leisten können,
Herr Minister Seidel, Sie haben im Konjunkturrat gesagt, das Wirtschaftsministerium wird in diesem Jahr eine Kampagne starten, indem wir den Tourismus stärker bewerben, mehr für den Tourismus machen wollen, mehr für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern werben.
Was können wir Besseres tun, als dem Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern auch das Kulturland und Freizeitland hinzuzufügen?