Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war der Gipfel.)

in der Pressekonferenz zum Bildungsgipfel: „Wir sind heute einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Bildungsrepublik Deutschland gegangen, mit einem gemeinsamen Papier von Bund und Ländern, in dem man sich zu gemeinsamen Leitlinien und Leitsätzen verständigt.“ Ende des Zitats.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Aha! Sprach’s und ging ins Tal. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Nun blicken wir also vom Bildungsgipfel auf die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, denen in vielfacher Frage dieser Aufstieg ja noch bevorsteht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Tage der Hoffnung.)

Schon heute lässt sich sagen: Ja, es ist wohl ein „Schritt auf dem Weg zur Bildungsrepublik Deutschland“, um mit dem Originalzitat der Kanzlerin zu sprechen, aber das bedeutet natürlich, wir sind noch keine Bildungsrepublik, und alle Versuche, das umzuinterpretieren, glaube ich, sind nicht wirklich zielführend. Und ich glaube auch, es wird länger dauern und mehr Hindernisse haben, als so mancher es sich im Moment vorstellen kann.

(Zuruf von Minister Henry Tesch)

In Dresden wurde das Papier mit dem Titel „Aufstieg durch Bildung Die Qualifizierungsinitiative für Deutschland“ verabschiedet. Es besteht aus zwei Teilen und ich kann nur jedem Abgeordneten und auch jedem Interessierten an Bildung empfehlen, sich dieses Papier zu Gemüte zu führen. Es beinhaltet erstens die Leitsätze, zehn an der Zahl, und zweitens die Ziele und Maßnahmen für den Bund und die Länder. So weit, so gut. Aber Schule findet eben auch vor Ort statt. Die Kommune ist der Standort von Schule, in den Kommunen leben die Mädchen und Jungen, die zur Schule gehen, die Lehrerinnen und Lehrer, und auch die kommunale Ebene leistet große Aufwendungen für das System von Bildung in Deutschland.

Zurück zum Ergebnis des Gipfels, zur kommunalen Ebene komme ich noch. Heute, ein Dreivierteljahr später, sehen wir, dass Gipfelstürme das eine und die Mühen der Ebene das andere sind.

Im „Handelsblatt“, meine Damen und Herren, nicht im „Neuen Deutschland“, vom 21.04.2009 konnte man unter der Überschrift „Bildungsleerlauf verärgert Wirtschaft“ lesen, ich zitiere: „Am morgigen Mittwoch ist es genau ein halbes Jahr her, dass die Kanzlerin zum großen Wurf ansetzte. Mit den Länderfürsten vereinbarte sie in Dresden zahlreiche Maßnahmen für die ‚Bildungsrepublik Deutschland‘. Die Verwirklichung soll eine Steuerungsgruppe der Staatskanzleichefs bis Oktober 2009 garantieren. Die Runde hat sich bisher jedoch nur ein einziges Mal getroffen – und sich nach Informationen des „Handelsblatts“ auf Druck der Länder auf Mai vertagt. Stolperstein ist das Geld“. Und an anderer Stelle dieses Artikels weiter: „Von der langen Ziel-Liste … ist bisher gerade mal ein einziges auf gutem Weg“. Ende des Zitats. Es handelt sich dabei um die Möglichkeiten des Zugangs zu einem Hochschulstudium durch Nichtabiturienten, also um einen Punkt von insgesamt 61, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Der Ministerpräsident von Sachsen als damaliger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ist das der mit dem Fragebogen?)

hat in seinem Vorwort zum verabschiedeten Dokument den Föderalismus im Bildungswesen mit folgenden Worten förmlich gefeiert, ich darf zitieren: „Der Föderalismus im Bildungsbereich hat sich bewährt. … Föderalismus im Bildungsbereich bewirkt Wettbewerb und Innovation wie sonst in keinem Politikfeld.“ Ende des Zitats.

Nun, ich mag dazu nur feststellen: Mit Blick auf die bisherigen Ergebnisse wirkt das eher wie eine Beschwörungsformel, wie das Pfeifen im Walde, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, schon wieder gibt es Streit zwischen den Bundesländern, besonders zwischen den A-und den B-Ländern. Es gibt den Streit ums Geld

und womöglich droht als Nächstes dann der Streit um Kompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern. Wir wissen inzwischen aus vielen praktischen Erfahrungen und gescheiterten Versprechen, der Föderalismus gerade im Bildungsbereich schafft eben nicht mehr Wettbewerb und Innovation, sondern mehr Kleinstaaterei, mehr bürokratische Hürden und pädagogisches und organisatorisches Durcheinander in Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, um nicht falsch verstanden zu werden: Viele der vorgesehenen konkreten Ziele und Maßnahmen sind wichtig und auch meine Fraktion teilt viele von ihnen weitgehend. Alles, was dazu beiträgt, die Chancengleichheit zu verbessern, und somit dazu beiträgt, die soziale Ungleichheit und Unausgewogenheit des deutschen Bildungssystems zu vermindern, ist wichtig. Im Übrigen erfasst aus unserer Sicht der Begriff „Chancengleichheit“ viel mehr als die im Dokument gebrauchte Formel der „Chancengerechtigkeit“. Auch der Versuch, die Bildung in den Mittelpunkt einer gesamtgesellschaftlichen Debatte zu rücken, halten wir für richtig und wichtig. Allerdings war es damit dann ja auch leider schnell wieder vorbei.

Meine Damen und Herren, an Versuchen dazu hat es in der jüngsten Geschichte der deutschen Republik auch bisher nicht gefehlt. Woran es bisher gefehlt hat, war oftmals die praktische und vor allem finanzielle Umsetzung der Ankündigungen zu den vielfältigsten unterschiedlichen Maßnahmen. In Punkt 3 unter Ziffer 1 des entsprechenden Beschlusses der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin heißt es, ich darf zitieren: „Bund und Länder setzen eine Strategiegruppe ein. Sie erarbeitet bis zur Jahreskonferenz der Regierungschefs der Länder vom 28. bis 30. Oktober 2009 Vorschläge, wie die Finanzierung zur Erreichung dieses Ziels aussehen kann.“ Ende des Zitats.

Nun, meine Damen und Herren, bis dahin haben wir ja noch einen intensiven Bundestagswahlkampf, einen neu formierten Bundestag. Ob die jetzige Kanzlerin auch die neue Kanzlerin sein wird, das werden wir vielleicht unterschiedlich interpretieren.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Ja, ja. – Marc Reinhardt, CDU: Kein Zweifel.)

Ich weiß, dass Sie daran keinen Zweifel haben, andere haben daran Zweifel, sei es drum.

(Vincent Kokert, CDU: Wen wünschen Sie sich denn als Kanzler, Herrn Lafontaine? Um Gottes willen!)

Na, wir sind ja hier nicht bei „Wünsch dir was“.

Also mein Problem ist, dass, und das wissen wir doch aus aller Erfahrung auch hier bei uns im Land, je näher ein Wahltermin rückt, gewisse Vereinbarungsverhandlungen zwischen unterschiedlichen Ebenen immer komplizierter werden. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, zielt unser Antrag darauf ab, für MecklenburgVorpommern, für unser Land, für unseren Verantwortungsbereich konkrete, abrechenbare und terminlich fixierte Aussagen zur Umsetzung dieser 61 Einzelmaßnahmen für unsere parlamentarische Arbeit, für unsere parlamentarische Bewertung zu erhalten, und zwar zu einem Zeitpunkt, der vor dem 31. Oktober 2009 liegt, um gegebenenfalls auch eine politische, bildungspolitische Debatte zu diesen entsprechenden Umsetzungen zu führen.

Nun könnte man einwenden, die Umsetzung der Aufgaben dieses Bildungsgipfels wäre rein exekutives Handeln. Dem will ich deutlich widersprechen, denn

1. ist das Parlament nach Artikel 20 Absatz 1 unserer Verfassung für die politische Willensbildung auch in diesem Fall zuständig,

2. die Planungen der Landesregierung zur Umsetzung der Maßnahmen werden sich natürlich auf die Gestaltung des gesamten Bildungswesens in MecklenburgVorpommern auswirken und

3. die Maßnahmen gehen zum Teil weit über die Legislaturperiode bis 2011 hinaus.

Schon jetzt haben wir in der Landesbildungspolitik eine Vielzahl von Vorhaben und Ankündigungen, bei denen nicht klar ist, ob und wie sie bis 2011 wirklich abgeschlossen sein können. Es ist deshalb aus unserer Sicht geboten, dass die Landesregierung den Landtag über ihre Vorstellungen vor der Beratung der Strategiegruppe im Oktober informiert und uns in die Entscheidung als Parlament mit einbezieht oder aber zumindest informiert. Es ist auch geboten, dass danach über aktuelle Entscheidungen der Landtag vorher beteiligt wird. Das betrifft sowohl die inhaltlichen Fragen, aber natürlich auch ihre Finanzierung.

Und, meine Damen und Herren von der Koalition, es ist ja kein Geheimnis, im Herbst werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit den Entwurf des Doppelhaushaltes 2010/2011 beraten. Eine zentrale Aufgabe wird also die Steigerung des Anteils der Ausgaben für Bildung und Forschung auf gesamtstaatliche zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein. Ich denke, wie das überhaupt gerechnet, wie das überhaupt umgesetzt wird, gehört in die parlamentarische Debatte, und darauf freue ich mich mit Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Bluhm.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Bildungsminister Herr Tesch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Vizepräsident Bluhm! Ich will gerne der Aufforderung nachkommen, hier zu informieren, auch einzubeziehen, und vielleicht am Ende noch eine Bitte an das Hohe Haus äußern. Und da ich auch gewillt bin, das hier vollständig vorzutragen, kommt vielleicht wieder noch ein bisschen Zeit für Sie am Ende dabei raus.

Wir haben heute in dieser Debatte auch schon die eigentlichen Schlagwörter gehört: demografische Entwicklung, Fachkräftemangel, Finanzkrise, Wirtschaftskrise. Das sind alles Stichworte, die uns jeden Tag begegnen, die uns entgegenschlagen. Es ist – und da sind wir uns sicherlich alle einig – eine wesentliche Aufgabe von Politik, den Menschen im Land Antworten zu geben, ihnen Mut zu machen, ihnen damit auch Sicherheit zu geben. Die Dinge sind beeinflussbar, wir haben Gestaltungsmöglichkeiten und ich finde auch, wir nutzen sie.

Eine wesentliche und richtungsweisende Entscheidung – Herr Bluhm hat darauf hingewiesen – hat die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel lange vor diesen Stichworten, lange vor der Finanzkrise getroffen. „Aufstieg durch Bildung“ ist das Motto, unter dem sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder versammelt und der Kultusministerkonferenz und den jeweiligen Fachministern am 19.12.2007 den Auftrag erteilt haben, eine entsprechende Qualifizierungsinitiative zu konzipieren, die am 22. Oktober vergangenen Jahres durch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten verabschiedet wurde.

Und das kann ich nicht oft genug betonen: Nicht die Kultusminister, die in intensiven Vorarbeiten einen respektablen Katalog von Maßnahmen erarbeitet haben – auch da lohnt es sich noch mal, diesen durchzulesen –, haben sich an dieser Stelle selbst verwirklicht, wie man auch lesen konnte oder wie manch einer spöttisch in den Vorjahren auf die Kultusministerkonferenz geschaut oder auch herabgeschaut hat, nein, hier haben sich die Ministerpräsidenten der Länder übereinstimmend darauf verständigt, dass es erheblicher Anstrengungen bedarf, um Bildung, Wirtschaftswachstum, Innovation und Entwicklung voranzutreiben. Und das, finde ich, ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Dies eint Kultusminister und Ministerpräsidenten. Es ist die einzig richtige Antwort in einer Krise dieses Ausmaßes, denn wenn wir nicht jetzt in der Krise ausbilden und diese Maßnahmen ergreifen, dann würden wir am Ende in einer Krise landen. Ohne motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte werden wir es nicht aus eigener Kraft schaffen, unsere Wirtschaft und Finanzen wieder auf solide Füße zu stellen.

In der Bildung liegt ein wesentlicher Schlüssel, eine maßgebliche Antwort auf die Fragen der Zukunft, unserer Zukunft, die Zukunft unserer Kinder. Das hat Herr Bluhm auch schon gesagt. Das betont jeder in seinen Reden, darin sind wir – das will ich jetzt mal vereinnahmend sagen – alle irgendwie geübt. Nur, die Menschen zu Hause fragen sich, was denn von unseren Reden bei ihren Kindern ankommt. Sie fragen sich: Warum fällt ein halbes Jahr vor der Abschlussprüfung der Physikunterricht aus? Die Großeltern fragen sich: Warum können unsere Enkel sich im Mathematikunterricht mit Logarithmen beschäftigen, sind aber nicht in der Lage, das Volumen eines Topfes zu bestimmen?

Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte so, und ich schließe mich dem wirklich voll an, Zitat: „Wir wissen, dass wir es mit den verschiedenen Zuständigkeiten in Deutschland manchmal nicht so ganz einfach haben. Die Frage, ob man nun zum Beispiel in Mathematik ein Zentralabitur für ganz Deutschland brauchen könnte, erhitzt die Gemüter immer noch weitestgehend. Ich sage nur: Letztlich muss Politik immer aus dem Blickwinkel des Menschen denken. Junge Menschen oder die Eltern interessiert es herzlich wenig, wie denn nun die Zuständigkeiten im Grundgesetz geordnet sind, sondern sie haben mit Recht die Erwartung, dass die einzelnen Zuständigkeiten nahtlos aneinander anknüpfen.“ So weit Angela Merkel.

Den Menschen ist es letztendlich egal, wer dafür zuständig ist. Sie wollen zu Recht Lösungen und Antworten. Es trägt zum Politikverdruss bei, wenn wir immer nur mit dem Finger auf die anderen zeigen, wenn etwas nicht funktioniert. Und natürlich ist es bei Bildungsfragen auch ganz beliebt, dann immer auf den Bildungsminister zu zeigen. Ich glaube, auch deshalb haben die Debat

ten in diesem Hohen Haus schon gezeigt, dass wir alle in einem Boot sitzen. Sie, sehr geehrte Damen und Herren, schaffen hier die haushaltsrechtlichen Grundlagen, mit denen wir dann gemeinsam in diesem Land Bildungspolitik gestalten können, und dabei immer wieder auch unter der Aufsicht und der kollegialen Kontrolle dieses Hohen Hauses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der festen Auffassung, dass hier ein konstruktiver Föderalismus gefordert ist, das will ich an dieser Stelle auch noch mal ganz, ganz deutlich betonen. Sie wissen, dass es keine leichte Position ist, in einem länderkoordinierenden Gremium wie der Kultusministerkonferenz auf diesen konstruktiven Föderalismus hinzuweisen. Aber ich will das wiederholen: Ich bin dieser Auffassung.

Kein Geheimnis ist, dass wir uns, meiner ebenso festen Überzeugung nach, dann auch gemeinsamen Standards stellen müssen, die Vergleichbarkeit und höchstmöglichen Anspruch möglich machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Das ist schon eine etwas schwierigere Aufgabe. Das haben die Bundesländer untereinander geregelt. Hier ist die Kultusministerkonferenz, das kann ich nach zweieinhalb Jahren sagen, wirklich auf einem guten, modernen Weg. Das hätte manch einer der Konferenz nicht zugetraut, auch bestimmte Mehrheiten an der einen oder anderen Stelle. Ich will nur sagen: Die Definition von Standards, die Verstetigung des Nationalen Instituts für Qualitätssicherung, das so genannte IQB, als Institution der Länder sind Meilensteine auf dem Weg einer nationalen Bildungspolitik. Hier hat es sehr viele Versuche gegeben, genau dies nicht vollziehen zu können. Und wie sie durch die Qualifizierungsinitiative ihre Fortsetzung und sinnvolle Ergänzung gefunden haben, spricht auch für sich. Denn eines muss man feststellen, und dies auch für Mecklenburg-Vorpommern: Bildungsreformen haben nicht erst mit der Qualifizierungsinitiative begonnen. Da Mecklenburg-Vorpommern im Lenkungsausschuss der KMK unmittelbar an der Vorbereitung der KMK-Empfehlung für diese Qualifizierungsinitiative beteiligt war, können wir schon sagen, dass es nicht einfach war, angesichts umfassender Bildungsreformen in allen Bundesländern Bereiche zu definieren, in denen Bund und Länder gemeinsam einen entscheidenden Schritt vorangehen können.

Und vielleicht auch nur mit zwei Sätzen gestreift an dieser Stelle ein Thema, an dem sich das dann immer manifestiert: gemeinsame Abschlussprüfungen oder auch gemeinsames Abitur, vergleichbares Abitur. Da will ich nur sagen, man kann von den Ergebnissen und von dem, wie wir es in Mecklenburg-Vorpommern auch mit der Wiedereinführung des 12-jährigen Abiturs gemacht haben, lernen. Das ist eine ganz einfache Regel. Man muss sozusagen unten anfangen, man muss durch diese Zeitabschnitte mit den Kindern gemeinsam gehen. Es macht wenig Sinn, Schülern, die heute in einer 11./12. Klasse sind, egal in welchem Bundesland, ein Jahr vorher zu sagen, ihr schreibt ein gemeinsames Abitur. Das ist Populismus, das macht hier keiner. Daran ist auch die Schwierigkeit zu messen.

Ich könnte mir schon vorstellen, die Länder, die als Erste diese gemeinsamen Schritte gehen, die müssen nicht geografisch zusammenhängen, sich vereinbaren. Dann müssen wir auch realistisch sein und sagen, genau dort müssen wir anfangen, im Unterricht, in den Inhal

ten, um dann zur Prüfung zu kommen, denn wir wollen ja die Kinder nicht auf dem Weg verlieren. Ein Vorschlag könnte sein, weil wir es ja auch nicht zentral machen, einen solchen Aufgabenpool zu haben, in einem ersten Schritt Deutsch, Mathematik 2012 schon stattfinden zu lassen und vielleicht – das wäre ja mal etwas – eine zentrale Vorklausur in ganz Deutschland. Das könnte ich mir auch aufgrund der Terminlage schon mal vorstellen. Das sind kleine Schritte, die einfach klingen, die aber durch 16 Länderherzen müssen, und da sind einige Länder ganz gut unterwegs.

Dass im Kern die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin den Empfehlungen der Kultusminister der Länder gefolgt sind in diesen Fragen der Qualifizierungsinitiative, ist bezeichnend für die Ernsthaftigkeit der Debatte und die Übereinstimmung in der Bedeutung der Bildung für gegenwärtige und künftige gesellschaftliche Entwicklungen. Das wird besonders daran deutlich, dass es die Regierungschefs der Länder waren, die im Oktober mit der Bundesregierung vereinbarten, die Bildungsausgaben des Bundes und der Länder auf 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes zu steigern. Ich will es nur noch mal in Erinnerung rufen: Die OECD-Länder hatten 2005 im Schnitt 6,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes für die Bildung verausgabt. In Deutschland waren es nach dieser Berechnung 5,1 Prozent.

Und ich will es nicht unerwähnt lassen, weil wir das auch erleben könnten oder vielleicht schon erleben: Es streiten sich in Deutschland nun die Geister, was mit den Zahlen gemeint sei. Das ist auch schon wieder eine, wie ich finde, ich sage es ungern, typische Debatte. Da gibt es Wissende, die meinen, wir lägen 2010 und in den Folgejahren in Deutschland schon um einige Punkte über den 10 Prozent. Diejenigen sollten aber gewarnt sein, denn die Grundlage der Dresdener Beschlüsse sind die Erkenntnisse der OECD. Bildungsberichten und deren Systematik sollten wir uns stellen. Das heißt, die Vergleichbarkeit der Bildungsausgaben in Europa geht verloren, wenn sich jeder Staat mit seiner Systematik die Bildungsausgaben, ich sage es jetzt mal so zugespitzt, hinrechnet. Es waren die Erkenntnisse der OECD, die die Grundlage für den Beschluss der Ministerpräsidenten bildeten.