Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Herr Leonhard.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

(Michael Roolf, FDP: Das muss ganz in seinem Interesse sein.)

Herr Andrejewski, gestatten Sie mir noch eine kurze Bemerkung zu Ihrem vorhergehenden Antrag. Wenn Sie noch mal so einen gequirlten Unfug hier erzählen, was möglich ist nach Landesverfassung oder nicht, dann habe ich viel Verständnis dafür, dass Sie 20 Jahre für ein Studium brauchen, um Ihre Juristerei abzuschließen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Er hat es immer noch nicht kapiert.)

Was Sie hier gesagt haben, gilt von Anfang bis Ende nicht, und deswegen täte es Ihnen wahrscheinlich gut, wenn Sie häufiger an der Enquetekommission teilnehmen würden.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrter Herr Kollege Leonhard, mit großem Interesse habe ich, haben die Abgeordneten der Koalition die Vorschläge der FDP-Fraktion für einen besseren Schutz unserer Polizeibeamtinnen und -beamten zur Kenntnis genommen, aber, ich denke, auch das gesamte Hohe Haus. Fraglos werde ich jede gute Initiative nutzen, den Schutz unserer Mitarbeiter der Landespolizei noch weiter zu verbessern. Das ist zu Recht die Erwartung eines jeden Polizeibeamten, seiner Familie und letztendlich eines jeden Bürgers unseres Landes. Es ist geradezu meine Pflicht als Innenminister, alles dafür zu tun, die körperliche Unversehrtheit unserer Polizisten zu schützen. Wer Polizeibeamte angreift, die sich bei der Ausübung ihres Dienstes zum Wohle der Bürger auf die Gesetze unseres Landes stützen, greift die ganze Gesellschaft an.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Der Staat darf sein Gewaltmonopol nicht aus der Hand geben und ist gut beraten, mit konsequenter Härte gegen diese Straftäter vorzugehen. Um ein deutliches Zeichen bei Gewalt gegenüber Polizeibeamten zu setzen, hat das Land Sachsen, wie schon erwähnt, in der letzten Bundesratssitzung einen Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt, der eine Erweiterung der Straftatbestände des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und des Landfriedensbruchs zum Gegenstand hat. Der Entwurf hat noch gewisse handwerkliche Fehler, ist aber im Ansatz und im Inhalt richtig. Wir haben immer gesagt, wenn durch eine Anpassung von Straftatbeständen eine Verbesserung des Schutzes von Amtsträgern erreicht werden kann, werde ich mich für eine Gesetzesänderung einsetzen, und ich denke auch, dass es in diesem Haus die notwendige Unterstützung gibt. Diese habe ich

bereits öffentlich erklärt und insofern liegen wir hier nicht so weit auseinander.

Zum Thema „Polizeiliche Aus- und Fortbildungskonzepte“: Bekämpfungsstrategien und Einsatztaktiken müssen, wenn sie ihre Wirkung und ihren Wert nicht verlieren wollen, fortwährend weiterentwickelt und einer Qualitätskontrolle unterzogen werden. Auch wenn ein weitreichendes Aus- und Fortbildungsangebot zur Deeskalationsschulung im Rahmen des Konfliktmanagements und des einsatzbezogenen Trainings bereits vorhanden und bei der Bewältigung von Einsätzen schon heute geübte Praxis ist, werden die bestehenden Inhalte stets auf ihre Wirksamkeit überprüft und weiterentwickelt. Bei verschiedenen Anlässen hat die Polizei unseres Landes zum Beispiel schon sogenannte Antikonfliktteams eingesetzt. Aufgrund der guten Erfahrungen in diesen Einsätzen der jüngeren Vergangenheit wird in der Polizei ein landesweites Konzept zum Einsatz von Antikonfliktteams angestrebt.

Auch das einsatzbezogene Training, kurz ETR, der Landespolizei ist fortwährend weiterentwickelt und dem erforderlichen Standard angepasst worden. Es vermittelt den Mitarbeitern auf hohem Niveau Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit dem polizeilichen Gegenüber und hinsichtlich der Anforderungen an die Eigensicherung. Dabei haben wir nach der letzten Evaluation nicht nur den Zeitansatz für das ETR-Training noch mal deutlich erhöht, auch die Inhalte sind, wie zum Beispiel im Falle von Amoklagen, erweitert worden. Ich sehe diese Aufgaben bei der Landespolizei auch im bundesweiten Vergleich derzeit gut aufgestellt, was nicht bedeuten soll, dass wir nicht auch zukünftig das Training den sich weiter verändernden Anforderungen anpassen müssen.

Gern komme ich auf die Frage aus Ihrem Antrag zu sprechen, ob durch eine Veränderung von Polizeitaktiken beziehungsweise eine Verbesserung von Einsatzstärken ein besserer Schutz für die Polizei erreicht werden kann. Hinsichtlich des taktischen Vorgehens der Polizei verlasse ich mich auf die Fachleute in den Direktionen und unseres Hauses. Wenn Sie sich die Veränderungen der polizeilichen Aus- und Fortbildung der letzten Jahre ansehen, werden Sie erkennen, dass die permanente Fortentwicklung und Vorgehensweise von Polizeibeamten in Einsatzsituationen bei der Konfliktbewältigung oder der Eigensicherung ein nie endender Prozess ist. Das weiß die Polizei selbst nur zu gut und deshalb arbeitet sie kontinuierlich an der Optimierung ihres polizeilichen Vorgehens.

Hinsichtlich der Einsatzstärke kann man natürlich diskutieren und auch Unterstützung erwarten. Im Rahmen der Polizeistrukturreform ist es oberstes Gebot, die Polizeireviere des Landes zu erhalten und personell zu stärken, um eine ausreichende Präsenz der Polizei in der Fläche des Landes zu gewährleisten. Anders – und etwas anderes ist auch nie behauptet worden – sind akzeptable Reaktionszeiten, sprich die Zeit vom Eingang der Meldung bei der Polizei bis zu ihrem Erscheinen am Ereignisort, nicht zu gewährleisten. Und wenn wir heute das Erfordernis feststellen, dass aus Gründen der Eigensicherung auch schon mal zwei oder noch mehr Streifenwagen zur Klärung der Situation erforderlich sind, unterstreicht dies einerseits die Richtigkeit unserer Forderungen an die Strukturreform und nimmt uns andererseits in die Pflicht, jedweder Personalreduzierung in Revieren eine Absage zu erteilen. Dies zu erreichen, wäre bei der gleichzeitigen Erfüllung der Vorgaben zum Abbaukonzept, was außer Zweifel steht bei der Polizei im Rahmen des Personalent

wicklungskonzeptes 2001 bis 2010, schon eine vorzeigbare Leistung. Das kann aber nur gelingen, wenn an anderer Stelle weniger Personal zum Einsatz kommt. So soll durch die geplante Reduzierung der Anteil von Direktionen und Polizeiinspektionen in Stabsdienststellen und der dortige Polizeieinsatz zugunsten der Polizeiarbeit vor Ort optimiert werden.

Weitere Personalverschiebungen zur Erhöhung der Einsatzstärken sind jedenfalls durch aufbauorganisatorische Veränderungen nicht mehr zu erreichen. Wenn wir also den Revierdienst vor Ort weiter stärken wollen und müssen, Stäbe aber nicht mehr zu verkleinern sind und die Fortschreibung des Konzeptes der Polizei uns hier weitere Aufgaben auferlegt, die wir gemeinsam umsetzen, besteht nach meiner Einschätzung in der Tat die Frage, dass unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Einsatzlagen es hier und dort zu Einbußen in der öffentlichen Sicherheit kommen könnte, und dann muss man in der Tat entscheiden, welche Aufgaben die Polizei in Zukunft nicht mehr wahrnimmt, weil sich an der Einsatzstärke dann nichts mehr verändern lässt.

Insofern habe ich auch wenig Verständnis, wenn man, wie in Schwerin geschehen, eine tolle Verordnung macht, dass auf dem Marienplatz kein Alkohol mehr getrunken werden kann, meines Wissens nach Zuständigkeitsbereich des Ordnungsamtes. Nur, wir könnten ja jetzt mal das Ordnungsamt anrufen. Gleiches gilt für die Vereinbarung in der Großen Koalition in der letzten Nacht zum Thema Waffenrecht. Auch da beschließt man was zulasten der Länder und der Landespolizei.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Ich bin ganz klar für unangemeldete Kontrollen, damit das klar ist und nicht falsch dargestellt wird. Nur, die Zuständigkeit des Waffenrechtes ist in diesem Land ganz klar bei den Landkreisen und kreisfreien Städten in der Ordnungsbehörde. Insofern weiß ich überhaupt nicht, wie man auf die Idee kommen soll, dass die Polizei unangemeldete Kontrollen durchführt. Dies sind alles zusätzliche Aufgaben, die die Landespolizei dann in dem Umfang in Gänze nicht mehr leisten kann.

Natürlich werde ich mich auch nachträglich dafür einsetzen, dass die finanzielle Ausstattung für einen umfänglichen Eigenschutz der Beamten zukünftig gewährleistet ist. Dafür stehen allein im Haushaltsjahr 2009 erneut mehr als 350.000 Euro zur Verfügung. Wenn man die Jahre zurückschaut, weiß jeder in diesem Haus, dass das in dem Ansatz schon ein wesentlich höherer Betrag ist als in den zurückliegenden Jahren. Das Parlament und die Haushälter sind sich hier ihrer Verantwortung bewusst und achten darauf, dass wir den Standard für die Polizei gewährleisten können. Überwiegend werden diese Mittel für Ersatzbeschaffungen von Körperschutzanzügen, aber auch von Helmen und Schutzwesten zur Verfügung gestellt. Auch in den nächsten Haushaltsjahren bildet der Ersatz von Körperschutzanzügen einen Schwerpunkt. Hierzu wurden erhebliche Mittel in den Haushaltsplanentwurf des Innenministeriums aufgenommen. Wie alle in diesem Haus wissen, sind wir derzeit in den Haushaltsgesprächen für 2010/2011, die noch nicht abgeschlossen sind. Aber das Parlament hat sich hierzu ja erklärt.

Zudem werden wir uns weiterhin bei der Beschaffung von persönlichen und privaten Unterziehschutzwesten für die Beamtinnen und Beamten als Land finanziell beteiligen,

ohne auf die Bildung von sogenannten Ausrüstungspools zu verzichten, die die Ausstattung eines jeden Polizeibeamten mit einer Unterziehschutzweste bei Bedarf gewährleistet. Auch hier sehe ich die Polizei in Zukunft gut gerüstet und aufgestellt. Und deswegen glaube ich, dass wir gemeinsam dort nachsteuern müssen, wo Nachsteuerungsbedarf ist, dass wir unsere Polizei nicht im Regen stehen lassen dürfen im wahrsten Sinne des Wortes, wenn sie im Einsatz ist. Aber die hier aufgeführten Gründe sind, denke ich, hinreichend genug Beleg dafür, dass die von der FDP angemahnten Punkte in der Landesregierung durch die sie tragenden Fraktionen bereits in der Umsetzung sind. Und insofern: Nicht die FDP steht zu ihrer Polizei, sondern die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Gottfried Timm für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich weiß jeder, dass der Beruf des Polizeibeamten in Deutschland zu den gefährlichsten Berufen gehört, die es überhaupt gibt. Das weiß jeder, der sich für diesen Beruf entscheidet, das weiß jeder Polizeiführer, dem die Polizeibeamten anvertraut sind, das weiß jeder Innenminister und das wissen wir im Parlament.

Gewaltbereitschaft nimmt zu. Herr Leonhard hat einiges dazu gesagt, Herr Caffier ebenso. Es nimmt nicht nur die Gewaltbereitschaft an sich zu, sondern auch die Art und Weise, wie Gewalt auf der Straße und auch anderswo ausgeübt wird. Das konnten wir am 1. Mai in Berlin beobachten in einer Art und Weise, wie es in den letzten Jahren nicht vorgekommen ist.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ob das allerdings allein ein Versäumnis fehlender Einsatztaktiken oder fehlender Ausstattung der Polizei ist, wird derzeit untersucht. Heute ist im Pressespiegel dazu ein Zeitungsbeitrag aus der FAZ abgedruckt, der mindestens andeutet, dass sich nicht nur bei den Polizisten selber, sondern auch bei der Polizeiführung die Untersuchung lohnt, die Evaluierung über diesen Einsatz.

Hier in Mecklenburg-Vorpommern ist wie in allen anderen Bundesländern auch das einsatzbezogene Training ein wichtiger Baustein für die Polizeiausbildung, ein wichtiger Baustein von verschiedenen anderen für die Polizeiausbildung, die die Polizeibeamten in schwierigen Lagen in die Lage versetzen sollen, ihren Job zu meistern, um das mal so zu sagen. Es geht um aktive Sicherheit bei der Polizei, die Ausbildung für den polizeilichen Einsatz. Es geht auch um passive Sicherheit, insbesondere beim polizeilichen Einsatz. Herr Minister Caffier hat ja einiges auch schon zur Ausstattung der Polizei in diesem Bereich gesagt. Und das, was im Polizeitraining, bei der polizeilichen Aus- und Fortbildung regelmäßig gemacht wird, wird ebenso auch regelmäßig evaluiert. Insofern, Herr Leonhard, laufen Sie mit Ihrem Antrag offene Türen ein, weil sozusagen Bestandteil der polizeilichen Aus- und Fortbildung gerade die Überprüfung ist, ob dieser Teil der Aus- und Fortbildung auch in der aktuellen Situation die Probleme, die auf der Straße, die im Einsatz der Polizisten auftreten können, gemeistert werden können.

Ihr Punkt 1, eine Verschärfung des Strafgesetzbuches zu fordern oder herbeizuführen auf Bundesebene, findet auch unsere Sympathie. Allerdings, das hat Herr Caffier auch schon ausgeführt, in handwerklich sauberer Art und Weise.

Ich habe mich mal erkundigt, ob die FDP in der Bundestagsfraktion ebenso dieses Anliegen unterstützt, da habe ich nichts gefunden. Möglicherweise können Sie...

(Gino Leonhard, FDP: Ist noch nicht so weit.)

Ist noch nicht so weit, eben, wollte ich gerade sagen.

Möglicherweise können Sie Ihren Kollegen in Berlin hierzu auch noch Nachhilfe geben. Dann mag es was werden. Wir müssen ja eine große Mehrheit dafür haben im Bundesrat und im Bundestag, sonst wird das nichts. Wie gesagt...

(Michael Roolf, FDP: Immer den Parteitag abwarten.)

Ihren Parteitag abwarten soll ich?

(Michael Roolf, FDP: Jawohl, immer den Parteitag abwarten.)

Nee, nee, wir haben heute die Debatte.

Also wie gesagt, ich verlange von Ihnen, dass Sie auch in Berlin selbst aktiv werden und nicht nur hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

Aber nun kommen wir zu Ihrem Punkt 3. Sie fordern, dass sich die Landesregierung auf Landesebene dafür einsetzen soll, dass die finanzielle Ausstattung für einen umfänglichen Eigenschutz der Beamten auch zukünftig gewährleistet ist. Mit „auch zukünftig“, so lese ich das jedenfalls, sagen Sie mit anderen Worten, dass der gegenwärtig auf jeden Fall besteht, sonst würde das Wörtchen „auch“ ja hier keinen Sinn machen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Also gegenwärtig haben wir keine Probleme, so entnehme ich das Ihrem Punkt 3.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist aber typisch FDP.)

Die Landesregierung kann sich aber nicht zukünftig selber Geld in die Tasche stecken, das ist Ihre und unsere Aufgabe als Haushaltsgesetzgeber.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber auch das ist typisch FDP.)

Und deswegen erwarte ich von allen, insbesondere jetzt auch von der FDP, die sich ja nun sozusagen geoutet hat, wo sie ihre sicherheitspolitischen Schwerpunkte setzt, entsprechende Initiativen bei der Haushaltsberatung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)