Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ansinnen der Großen Koalition, diesen Gesetzentwurf in der Ersten Lesung ohne Aussprache in den Ausschuss zu überweisen, kann ich durchaus nachvollziehen.
aber das Wesen des Gesetzentwurfes hat uns nun doch animiert, einiges hierzu zu sagen, setzt doch diese kleine Novelle des Landesnaturschutzgesetzes die bisherige Linie der Landesregierung in Sachen Natur- und Umweltschutz fort.
Da schwingt Deregulieren mit, geltende Standards abzubauen, Umsetzung der minimalen gesetzlichen Erfordernisse beim Naturschutz, maximale Erleichterung von Eingriffen in den Naturhaushalt und Schleifen unserer recht weitgehenden Umweltgesetzgebung auf das Niveau der Kompromisse in Europa und im Bund. Dass man darüber nicht gerne öffentlich redet, ist verständlich. Wir aber wollen darüber reden.
Wir wollen darüber reden, dass eine 1:1-Umsetzung von Bundes- und Europarecht nicht das ist, was die LINKE will. Wir wollen darüber reden, dass wir in MecklenburgVorpommern unser vorbildliches Umweltrecht behalten und ausbauen wollen. Und wir wollen darüber reden, dass leider Natur-, Umwelt- und Klimaschutz bei der Großen Koalition nur in Sonntagsreden stattfindet.
Es gab und gibt mindestens in den letzten zehn Jahren nicht ein Projekt, nicht eine Investition, die durch Maßnahmen des Natur- und Umweltschutzes verhindert wurde.
Und wenn Investoren gezwungen waren, Eingriffe in den Naturhaushalt zu minimieren, dann sollten wir alle froh darüber sein.
Schon beim Abschluss des Koalitionsvertrages zwischen der SPD und CDU dieses Landes kritisierte meine Partei DIE LINKE den geringen Stellenwert der Umweltpolitik und ein zu befürchtendes Zurückfahren in Sachen Naturschutz. Und heute macht die Landesregierung damit wieder mal Ernst. Herr Minister Backhaus erklärt uns zum Beispiel die Ökokontierung als Erleichterung
für die naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen. Die Wahrheit ist aber – und das ist des Pudels Kern –, Eingriffe in den Naturhaushalt werden im Interesse von Investoren erheblich erleichtert. Diese können sich damit zukünftig freikaufen.
Außerdem geht der regionale Bezug von Ausgleichsmaßnahmen verloren. Damit verlieren sie aber weitgehend die Akzeptanz und auch natürlich an Wirksamkeit. Wir wollen die besten Kompensationsmaßnahmen, nicht in Klein-Klein, und hier sind wir völlig deckungsgleich, Herr Minister Backhaus. So habe ich es Ihrer Rede soeben entnommen.
Wenn der Minister auf der Pressekonferenz zur Vorstellung dieses Gesetzes das lustige Beispiel mit der Bepflanzung von Knicks, also von Heckenpflanzen, eines ökokontierenden Landwirtes bringt, dessen Nachbarbauer für einen Eingriff in den Naturhaushalt sein Ökokonto aufkauft, so nenne ich das Sand in die Augen streuen. In Wahrheit geht es darum, großen Investoren, wie zum Beispiel auch Dong Energy, ihre erheblichen Eingriffe in die Natur und Umwelt zu erleichtern.
Sie sollen sich zukünftig freikaufen können. Dieses Spiel ist leicht zu durchschauen. Aber so ist das eben in einer Großen Koalition.
Wenn ein Partner den Umwelt- und Naturschutz nur als Wirtschaftshemmnis begreift und beim anderen Partner nur eine kleine und nicht durchsetzungsfähige Lobby für Umwelt- und Naturschutz vorhanden ist,
Sehr richtig, aber trotzdem muss ich den Begriff „heuchlerisch“ hier als unparlamentarisch zurückweisen.
Und leider gibt es auch nichts Besseres in Bezug auf Natura-2000-Gebiete. Wenn ich mir da im Paragrafen 21b die neue Verordnungsermächtigung der Landesregierung anschaue, schwant mir auch hier nichts Gutes.
In Ihrer Rede allerdings, sehr geehrter Herr Minister, sprechen Sie von Natura 2000 und stellen es so dar, wie wir es eigentlich wollen. Da sehe ich eine kleine, vielleicht auch gar nicht unerhebliche Diskrepanz.
Zukünftig scheint die Ausweisung von Natura-2000Gebieten auch vom Einfluss und der Stärke einzelner Ministerien abzuhängen und ein direkter Eingriff von
Regierungsparteien scheint möglich. Die LINKE schließt sich hier der massiven Kritik der Naturschutzverbände an.
(Dr. Till Backhaus, SPD: Habe ich überhaupt nicht gesagt. – Ute Schildt, SPD: Hat er überhaupt nicht gesagt.)
(Dr. Till Backhaus, SPD: Ich habe von extremen Positionen gesprochen auf beiden Seiten. – Zurufe von Ute Schildt, SPD, und Udo Pastörs, NPD)
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass meine Partei und ich erhebliche Schwierigkeiten mit diesem Gesetzentwurf der Landesregierung haben. Meine Fraktion wird aber dennoch dem Überweisungsantrag für dieses Gesetz stattgeben.
Um es aber klar zu sagen, wir sind für die im Gesetzentwurf einzig benannte Alternative. Wir sollten auf diesen, für meine Begriffe nicht vorwärts gewandten Gesetzentwurf besser verzichten. Ich beziehe mich noch mal auf Ihr Entree, Herr Minister, in Ihrer Einführungsrede: Mecklenburg-Vorpommern hat den besten Naturschutz aller Länder des Bundes.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Till Backhaus, SPD: Da sind wir uns dann auf jeden Fall einig.)