Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Till Backhaus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Aktuellen Stunde jetzt in den Naturschutz einzusteigen, jetzt das neue Naturschutzgesetz einzubringen und vor Augen zu haben, welche Probleme wir in den Werften haben, welche Probleme wir auch in anderen Wirtschaftsbereichen haben, fällt mir nicht unbedingt leicht.
Ich will eine Vorbemerkung jetzt an dieser Stelle schon machen: Wenn es ein Bundesland gibt, in dem der Naturschutz und der Umweltschutz eine außerordentlich wichtige Rolle für die weitere Perspektive und Entwicklung dieses Landes darstellt, dann ist es MecklenburgVorpommern.
Auf der anderen Seite bin ich im Übrigen maßlos enttäuscht. Ich bin maßlos enttäuscht, weil sich alle demokratischen Parteien einig waren, dass wir eine große Novelle des Bundesumweltgesetzes haben wollten. Viele, viele Tausende von Stunden ist an diesem Projekt gearbeitet worden. Im Übrigen waren auch unsere Experten aus dem Hause daran beteiligt
und eine Partei, nämlich die CSU, hat dieses Projekt verhindert. Ich bedauere das zutiefst, denn dieses Bundesumweltgesetzbuch hätte für uns auch bedeutet, in eine große Novelle einzusteigen mit dem Ziel, unter anderem die integrierte Vorhabensplanung umzusetzen, aber auch das Wassergesetz und andere Gesetze an das große Bundesumweltgesetzbuch anzupassen. Der eine oder andere, der sich damit schon mal auseinandergesetzt hat, weiß, die Dimension dieses Bundesumweltgesetzes wird in etwa gleichgestellt in der Erarbeitung mit dem BGB. Ich bedauere es zutiefst, dass es zu dieser Entwicklung nicht gekommen ist.
Aus diesem Grunde legen wir Ihnen heute unseren Gesetzentwurf vor. Es ist nicht – und das will ich auch an den Anfang stellen – der ganz große Wurf, aber wenn ich mir die beiden Novellen, die großen Novellen ansehe, die es gegeben hat, nämlich die Einbringung seinerzeit 1998, als wir das Landesnaturschutzgesetz auf den Weg gebracht haben, und dann 2002 diejenige, die hier auch schon Verantwortung getragen hat, da hat es die Novelle gegeben, da ist unter anderem das Verbandsklagerecht eingeführt worden, ein wesentliches Element. Und diese
All denjenigen – dazu soll es auch gleich noch Diskussionen geben –, die da sagen, dieses Gesetz würde keine Tragweite haben, denen will ich hier und heute sagen, es hat eine große Tragweite, nämlich dass wir die Natura2000-Gebiete und damit die Umsetzung eines langwierigen Prozesses über Jahre hinweg umsetzen und damit die Natura-2000-Gebiete immerhin in 35 Prozent der Landesfläche Mecklenburg-Vorpommerns unter Schutz stellen und auch EU-Recht und vor allen Dingen Landesrecht nachvollziehen, und zum Zweiten, dass wir die guten Erfahrungen, die wir im Zusammenhang mit der Ökokontierung in Pilotprojekten haben, tatsächlich für das Land Mecklenburg-Vorpommern umsetzen wollen.
Eine Vorbemerkung sei mir an dieser Stelle auch gestattet: Für den, der am Wochenende ein Stückchen den Naturschutz dieses Landes verfolgt hat – leider habe ich da zu wenig von den Verbandsspitzen gesehen oder auch aus den etablierten Parteien –, den will ich auf den Tag des Waldes hinweisen. Aber ich will vor allen Dingen auf den GEO-Tag der Artenvielfalt hinweisen
Und wenn wir uns diese Veranstaltungen näher angeschaut haben oder auch den Tag des Gartens, dann darf man, glaube ich, auch betonen – ja, ich war überall dabei –, wenn innerhalb von 24 Stunden in einem Gebiet um Klepelshagen herum immerhin 1.700 oder wahrscheinlich deutlich über 1.700 Arten in unserem Bundesland aufgefunden werden, die vom Aussterben bedroht sind, oder Arten, die es eigentlich in Mecklenburg-Vorpommern nicht gibt, dann wird deutlich, wie kostbar unsere Landschaft, unsere Natur in Mecklenburg-Vorpommern ist.
Deswegen kann ich mich an dieser Stelle nur ausdrücklich bei den ehrenamtlichen Naturschützern dieses Landes immer wieder bedanken und ich glaube, sie leisten auch in diesem Lande eine wirklich hervorragende Arbeit.
(Beifall Wolfgang Griese, DIE LINKE – Hans Kreher, FDP: Mit mehr Begeisterung vortragen, dann kommt der Beifall.)
Ja, die Begeisterung, die ich hier vortrage, darf ich dann auch noch mal, Herr Kreher, zum Ausdruck bringen.
Wenn Sie erkennen, dass wir über eine Million Gäste jährlich in unsere Nationalparke und Biosphärenreservate führen und damit direkt an die Natur heranbringen, sie aufklären und begeistern für unser Land, dann ist das, glaube ich, auch eine hervorragende Sache.
Insofern wollen wir natürlich dieses Gesetz in einer Reihe von Punkten verbessern. Dabei ist für mich besonders wichtig, dass wir die Elemente des Naturschutzes und des Umweltschutzes in den Vordergrund rücken, die auf ein Miteinander, nämlich einen Konsens von Schutz und Nutzung abzielen. Das Gesetz soll die Kräfte im Land stärken, daran arbeiten, die Natur und die Landschaft wirksam in Einklang mit den Menschen zu schützen. Naturschutz ist für die Zukunft des Landes zu wichtig, um ihn denjenigen zu überlassen, die tatsächlich zum Teil Extrempositionen einnehmen, einerseits denjenigen, die jene Anforderungen des Naturschutzes als Zumutung empfinden, sobald damit wirtschaftliche Entfaltung nur im Geringsten eingeschränkt werden soll, und auf der anderen Seite denjenigen, die jeglichen wirtschaftlichen Entwicklungsprozess kritisch sehen und am liebsten alles verhindern würden.
Hier brauchen wir einen möglichst breiten Konsens mit den Zielen, die wir damit verfolgen. Ich halte von beiden Positionen im Übrigen nichts und ich weiß mich dabei in der Mitte dieser Gesellschaft.
Leider ist es manchmal so, dass die sogenannten Extrempositionen in der öffentlichen Wahrnehmung dominieren. Auch das nehmen wir leider immer wieder zur Kenntnis. Das ist sehr bedauerlich und deshalb möchte ich an dieser Stelle noch mal an alle appellieren, diesen Extremen und Extremisten zum Teil nicht das Feld zu überlassen. Ich wünsche mir als Umwelt- und Naturschutzminister, dass sich alle Gutwilligen auf dem Lande, in den Dörfern, in den Städten für die Erhaltung der Naturschätze unseres Landes engagieren und dass sie gemeinsam einen Konsens von Schutz und Nutzung erarbeiten, der für uns alle eine weitere wirtschaftliche Entwicklung sichert, ohne die wertvolle Substanz unserer wunderschönen Natur zu vernichten.
Deshalb liegen die Schwerpunkte des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes darin, solche Prozesse zu unterstützen, die die Menschen für beide Seiten, nämlich Nutz und Schutz, mobilisieren. Wir wollen Bürokratie vermindern und das Ordnungsrecht auf das Nötigste beschränken, damit die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ihre Kreativität für den Schutz der Natur und für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, nämlich sowohl die ökologische als auch die ökonomische und soziale Verantwortung in unserem Lande übernehmen.
Das soll vor allen Dingen in zwei Schwerpunkten geschehen, zum einen mit der Einführung der Ökokontierung und zum Zweiten mit der Umsetzung der Natura-2000Gebiete.
Die Einführung der Ökokontierung ist für mich ein besonders gelungenes Beispiel für diesen Ansatz, nämlich Nutz- und Schutzfunktion miteinander zu verknüpfen. Nach dem von uns erarbeiteten Konzept verbindet sie das Bestreben nach möglichst hochwertigen und wirksamen Kompensationsmaßnahmen mit einer Flexibilisierung der gesetzlichen Anforderungen an das Verfahrensrecht. Auf diese Weise profitieren nämlich beide, sowohl die wirtschaftliche Entwicklung als auch der Naturschutz
oder der Naturschutz und die wirtschaftliche Entwicklung. Für Bürgerinnen und Bürger sowie Investoren wird die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung damit deutlich vereinfacht und unsere wunderschöne Natur profitiert von einer besseren Qualität der Kompensationsmaßnahmen. Dagegen wird sich wohl niemand in diesem Hohen Hause aussprechen können.
Worum geht es, meine Damen und Herren? Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ist Ausdruck des Verursacherprinzips, das heißt, wer der Natur Schaden zufügt, ist verpflichtet, diesen Schaden wieder auszugleichen. Das wollen wir und das werden wir auch mit aller Kraft weiterhin durchsetzen. Die Eingriffsregelung will dabei keine Vorhaben verhindern, sondern sie will und muss dafür sorgen, dass Vorhaben so durchgeführt werden, dass am Schluss ein Schaden für die Natur nicht zurückbleibt, weil die eine Beeinträchtigung ausgeglichen worden ist.
Bislang war es so, dass es ausschließlich Aufgabe des Investors war, sich um entsprechende Maßnahmen und deren Durchführung zu kümmern. Das hat im Übrigen viele Nachteile. Ich will hier nur die Wichtigsten nennen: Die Kompensationsmaßnahmen müssen regelmäßig unter großer zeitlicher Not – und das kennen wir alle – geplant werden, sodass häufig die erstbeste Maßnahme durchgeführt wird, die erstbeste und nicht die allerbeste. Wir wollen die beste Lösung für die Natur erreichen und dies hat oftmals leider zu Verzögerungen bei Investitionen geführt, wie wir alle wissen. Wir wollen jetzt mit der Einführung der Ökokontierung eine Regelung schaffen, die allen ermöglicht, Kompensationsmaßnahmen schon im Vorhinein durchzuführen.
Das hat dann natürlich auch wesentliche Vorteile, so die Verbesserung der Natur. Kompensationsmaßnahmen werden künftig auch ohne Bezug zu einer Investition geplant und durchgeführt. Es lohnt sich also künftig, wenn Bürger etwas für die Verbesserung von Natur und Landschaft tun, denn sie können diesen Vorteil für die Natur im Ökokonto, das heißt, im wahrsten Sinne des Wortes auf die hohe Kante legen.
Das wird dann durch Bescheid der Naturschutzbehörden anerkannt. Ich glaube, das ist ein hochattraktives Modell.
Wir wollen diese zeitlichen Vorteile vor allen Dingen auch dafür nutzen, solche Maßnahmen besser zu planen, um damit eine Höherwertigkeit dieser Maßnahmen durchzusetzen. Ausgleichsmaßnahmen sollen als Kompensationsmaßnahmen in Schwerpunkträumen konzentriert werden. Da kommt im Übrigen auch ein Vorteil der Zusammenführung dieser beiden Häuser zum Tragen, gerade in Flurneuordnungsmaßnahmen, aber auch in übergreifenden Maßnahmen solche Dinge umzusetzen. Auf der anderen Seite wollen wir natürlich den Vorteil mit nutzen, um andererseits mit möglichst geringen Beeinträchtigungen die Natur weiter nutzen zu können, aber sie natürlich auch zu beflügeln, sich zu regenerieren.
Dabei freut mich erstens ganz besonders, dass unter anderem drei Unternehmen des Landes, nämlich die Landgesellschaft, die Stiftung für Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern als auch die Landesforstanstalt, gleich drei Institutionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, signalisiert haben, solche Maßnahmen mit anzufassen und umzusetzen. Wo haben wir das sonst im Land, dass wir solch großes Einvernehmen haben?
Zweitens gibt es eine Erleichterung für Bürgerinnen und Bürger sowie Investoren: Wer eine Investition in Mecklenburg-Vorpommern plant – und wir wollen, denke ich, auch weiterhin Investitionen in unserem Land – und durchführen will, kann sich künftig auf diese Investitionen konzentrieren, denn er wird sich nur noch in wenigen Fällen um einen Ausgleich und damit um Schadensausgleich an der Natur und Landschaft zu kümmern haben. Im Regelfall wird eine Maßnahme aus dem Ökokonto erworben und dann ist diese Maßnahme entweder schon umgesetzt worden oder sie gelangt in die Umsetzung.
Der zweite wichtige Änderungspunkt des Gesetzes ist die Umsetzung der Natura 2000. Sie wissen, welche Anstrengungen hier in den letzten Jahren unternommen worden sind, weil die Bundesregierung und die einzelnen Bundesländer ihre Schularbeiten nicht gemacht hatten. Ich hoffe und erwarte nun endlich in Kürze eine endgültige positive Aussage für das, was wir im Land geleistet haben. Ich betone noch mal, 35 Prozent haben wir unter Natura-2000-Schutz gestellt. Mir ist es sehr wichtig, dass einerseits unnötige Bürokratie tatsächlich vermieden wird, andererseits aber gesichert ist, dass die Ausweitung des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 wirksam geschützt und weiterentwickelt werden kann. Aus diesem Grunde wollen wir mit dem Gesetzentwurf die Möglichkeit schaffen, die Natura-2000-Gebiete durch Rechtsverordnung der Landesregierung insgesamt pauschal unter Schutz zu stellen.
Im Übrigen weise ich darauf hin, die meisten Bundesländer haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht und in ihrem Landesrecht dafür auch die Grundlagen geschaffen, weil sie viele Vorteile bietet. Zum einen kann dadurch vermieden werden, dass alle Natura-2000-Gebiete als Schutzgebiete nach deutschem Naturschutzrecht, also als Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet unter Schutz gestellt werden müssen. Wir haben damit einen vernünftigen Schutzstatus. Und zum Zweiten spart es nicht nur Personal der Landes- und Kommunalverwaltungen in erheblichem Umfange, sondern es vermeidet auch eine Vielzahl von Detailregelungen über Naturschutzeinschränkungen und ihren Ausnahmen und trägt damit maßgeblich zur Deregulierung bei.
Andererseits wird das Organisationsrecht und damit die Notwendigkeit umgesetzt, um wirksamen Schutz der Natura-2000-Gebiete vorzunehmen und dieses zu erreichen. Mit einer Eingriffsermächtigung für die Naturschutzbehörden ist dieses dann gegeben. Wir wollen uns aber nicht auf immer mehr und immer detailliertere ordnungsrechtliche Rahmen konzentrieren, sondern wir wollen letzten Endes Umsetzungsinhalte damit verknüpfen. Das wichtigste Instrument ist dabei für uns die Managementplanung, die von den staatlichen Ämtern für Umwelt und Natur in hoher Qualität durchgeführt wird. Dort werden jetzt schon gemeinsam mit den Betroffenen in den Konzepten entwickelter Regionen die Maßnahmen zu einem wirksamen Schutz der Natura-2000-Gebiete erreicht und umgesetzt.
Insofern wünsche ich mir, dass wir zügig in die Gesetzesberatungen einsteigen werden, und wünsche dem Gesetzgebungsverfahren viel Erfolg. – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ansinnen der Großen Koalition, diesen Gesetzentwurf in der Ersten Lesung ohne Aussprache in den Ausschuss zu überweisen, kann ich durchaus nachvollziehen.