Ich frage allen Ernstes, wie wir das den Bürgerinnen und Bürgern draußen verkaufen wollen, wie wir das verargumentieren wollen. Ich frage mich, unter welcher Position Sie das in den nächsten Haushalten einstellen wollen.
Auch das ist ein Argument, um noch einmal reifl ich zu überlegen, ob wir heute gleich in dieser Art und Weise diese Enquetekommission einsetzen müssen. Wir als Liberale beantragen die Überweisung dieses Einsetzungsbeschlusses in den Innenausschuss. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir zwei, drei kurze Vorbemerkungen:
Zweitens. Ich gehe in meiner Rede noch einmal auf Ausführungen von Ihnen grundsätzlich ein. Nur zwei Bitten hätte ich schon im Voraus.
Sie müssen nicht die Themenkomplexe verwechseln. Wir reden nicht über die Kreisstrukturreform, sondern wir reden hier über die Gemeindereform. Insofern bitte ich auch, dass man das in den Ausführungen sehr deutlich voneinander trennt.
Drittens. Mit Zahlen und Finanzen hatten wir in den letzten Wochen das eine oder andere Erlebnis. Insofern bitte ich Sie, wenn man Zahlen in Umlauf bringt, sollten diese Zahlen auch der Realität entsprechen, auch der Enquete
kommissionsrealität der vergangenen Jahre, und nicht, dass Zahlen in Umlauf gesetzt werden, die nicht der Realität entsprechen. Ich glaube, man kann dem Parlament nicht vorwerfen, dass es mit Haushaltsmitteln für solche Aufgaben verschwenderisch umgegangen ist, ganz im Gegenteil. Deswegen, glaube ich, gehört das auch ein Stück zum Parlamentarismus für uns selbst, wie wir mit welchen Sachen umgehen wollen.
Meine Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Ihnen liegt der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf die Einrichtung einer Enquetekommission zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung zur Beschlussfassung vor. Die Koalitionspartner haben sich im Koalitionsvertrag auf die Herbeiführung der Einsetzung einer Enquetekommission geeinigt. Ich fi nde das auch gut so. Mit ihrer Arbeit soll das Ziel verfolgt werden, auf der Grundlage einer aktuellen Lageanalyse der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern für diese eine dauerhafte leistungsfähige Struktur zu erreichen. Dazu gibt es eine Reihe von Formalitäten und zu den Formalitäten gehört auch, das ist so in diesem Parlament, dass ein Vorsitzender und sein Stellvertreter gewählt werden auf der Grundlage der Geschäftsordnung, die wir haben. Diese bestimmen sich nicht selbst, sondern werden durch die Fraktionen benannt. Insofern ist das auch nicht ein Selbstbedienungsladen.
In meiner Rede möchte ich auf die Schwerpunkte der Intention dieses Antrages der Koalitionäre eingehen, dies vor allem wegen der besonderen Bedeutung dieses Themas, aber auch deswegen, weil es in den letzten Tagen vereinzelt Stimmen gab, die die Notwendigkeit der Einrichtung einer solchen Kommission in Zweifel gezogen haben. Sie haben das in den Ausführungen Ihrer Rede gerade auch noch einmal getan.
Ich darf an dieser Stelle vorwegschicken, und das wird Sie mit Sicherheit nicht überraschen, dass ich als Kommunalminister in vollem Umfang hinter der Einsetzung einer solchen Kommission stehe und ich mit meinem Haus, mit den Kolleginnen und Kollegen, sie mit Rat und Tat, sofern es denn von den Abgeordneten oder von der Kommission gefordert wird, unterstützen werde.
Die dominierenden Rahmenbedingungen all dessen, was wir in unserem Land bewegen wollen, sind bekannt, zum einen die zurückgehende Finanzausstattung, zum anderen der leider weiter fortschreitende Bevölkerungsrückgang. Vor diesem Hintergrund hat es Anfang dieses Jahrzehnts bereits eine Kommission gegeben, die in das Thema „Zukunftssicherung der Gemeinden“ erstmals eingestiegen ist. Die genannten Rahmenbedingungen gelten zwar nach wie vor, aber die kommunalen Strukturen, und das haben die Kollegen schon mehrmals hier ausgeführt, sind in der Zwischenzeit fortgeschrieben worden. Es kann also keinesfalls die Rede davon sein, dass die neu einzusetzende Kommission nur ein Aufguss der alten Kommission ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema ist viel zu wichtig und vor allen Dingen auch zu sensibel, als dass wir mögliche Handlungsbedarfe auf bald fünf Jahre alte Erörterungen gründen dürfen. So, wie die CDUFraktion seinerzeit die Arbeit und die Ergebnisse der damaligen Enquetekommission im Großen und Ganzen mitgetragen hat, so bin ich als Innenminister von der Notwendigkeit der Fortsetzung und Aktualisierung der
Ich darf an den bisherigen Werdegang dieses Themas erinnern. Der Auftrag der damaligen Enquetekommission lautete verkürzt, auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme Empfehlungen für zukünftige kommunale Strukturen zu geben. Übergeordnetes Ziel war es, die kommunale Selbstverwaltung dauerhaft zu stärken und zu sichern. Im Ergebnis führte die Kommissionsarbeit in der Folge zu einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform auf Ämterebene. Parallel zur Ämterstrukturreform fanden in nicht unerheblichem Maße, aber auch nicht fl ächendeckend freiwillige Gemeindefusionen statt. Bringt man den Status quo der kommunalen Strukturdiskussion auf den Punkt, so können wir Folgendes derzeit festhalten: Auf der Landkreisebene wird es – jedenfalls nach derzeitigem gesetzgeberischen Stand, der auch von uns so begleitet und vorbereitet wird – zum Jahr 2009 erhebliche Umwälzungen geben. Auf der Ämterebene hat es diese Ende 2004/Anfang 2005 bereits gegeben. Es liegt auf der Hand, die begonnene Analyse und die Diskussion um die Fortentwicklung der Gemeindestruktur neu aufzugreifen und unter Berücksichtigung ihrer aktuellen Rahmenbedingungen zu einem Ende zu führen.
Ich darf an dieser Stelle noch einmal ganz besonders an Sie, Kollege Roolf, und auch an die Fraktion die Bitte richten: Vermengen Sie nicht die Diskussion, die wir derzeit führen, wie kürzlich in einem Interview die Kreisreform mit dem Auftrag der einzusetzenden Enquetekommission. Der Landtag macht mit dem hier vorliegenden Antrag nicht das Thema Kreisreform neu auf, sondern er wendet sich, wie ich eben dargestellt habe, zur Abrundung der Gesamtstruktur der kommunalen Selbstverwaltung den Gemeinden zu.
Und dies, meine Damen und Herren Abgeordnete, soll eben nicht einfach so nebenbei geschehen, wie Sie es vorschlagen, nicht im Innenausschuss, also neben dem üblichen Geschäft – und das ist für den Innenausschuss, wenn ich mir erlauben darf, das zu sagen, schon umfangreich genug –,
was im Übrigen von diesem Hohen Haus häufi g gefordert worden ist. Wenn man es jetzt macht, ist es offensichtlich auch nicht ganz richtig. Alles andere – und darin sollten wir uns alle einig sein – würde der Bedeutung des Themas und insbesondere den Gemeinden, über die wir an für sich reden, nicht gerecht werden.
Um es ganz deutlich noch einmal zu sagen: Wenn Sie, sehr geehrter Herr Roolf, die Einsetzung einer Enquetekommission zu dieser Problematik als fast skandalös bezeichnen, dann ist das zumindest aus meiner Sicht eine unparlamentarische Äußerung, wenn ich mir das erlauben dürfte.
Natürlich, und auch das sollten wir nicht verschweigen, gibt es Querbezüge zwischen der von der Kommission zu behandelnden Thematik und der Kreisreform. Gemeinde und Gemeinde sind eben nicht immer das Gleiche. Sie sind beispielsweise entweder städtischer Verfl echtungsraum oder eher ländlichen Regionen zuzuordnen. Sie liegen in direkter Nachbarschaft von Oberzentren oder von Mittelzentren oder in keinem von beiden. Wie Sie dem Antrag entnehmen können, soll gerade die Situation der Gemeinden in dieser Gemengelage in den Fokus genommen werden, denn es liegt nahe, dass besonders hier die demografi sche Entwicklung in diesem und im nächsten Jahrzehnt besonders sensibel zu betrachten sein wird.
An dieser Stelle meiner Betrachtung schließt sich im Übrigen auch der Kreis zwischen zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben des Antrages an die Kommission. Ich hoffe, dass wir spätestens zur Sommerpause des kommenden Jahres vom Landesverfassungsgericht erfahren, wohin die Reise in Sachen Kreisreform geht. Dann ist es auch aus meiner Sicht und aus Sicht der Koalitionsfraktionen angemessen, von der Kommission zu verlangen oder sie zu bitten – das müsste ich sagen, Entschuldigung, ich nehme das zurück –,
zum 30.06.2008 einen Zwischenbericht mit den Schwerpunkten der Stadt-Umland-Beziehungen vorzulegen. Dieser Zwischenbericht muss Vorschläge zum StadtUmland-Gefüge enthalten, die je nach Gerichtsentscheid entweder die jetzt in Gesetzesform gegossene Kreisreform zur Grundlage haben oder die dann fortgeschriebene Struktur.
Natürlich bin ich kein Prophet, was die Fragen der Kommissionsergebnisse und ihres Umsetzungsbedarfes angeht. Es bleibt abzuwarten, was der Sachverstand der Kommissionsmitglieder dem Landtag empfehlen wird. Davon wird es dann sicherlich abschließend für den weiteren Zeitplan abhängen, ob geeignete Maßnahmen bereits vor den nächsten Kommunalwahlen ergriffen werden können oder ein späterer Zeitpunkt in Betracht kommt. Ich habe auch von meinen Vorrednern schon zur Kenntnis genommen, dass man sich einen sehr ehrgeizigen und sehr engen Zeitplan vornimmt, und das wird natürlich auch von meinem Haus unterstützt.
Bei aller Offenheit gegenüber dem Verlauf und dem Ergebnis der einzusetzenden Enquetekommission, eines darf auf jeden Fall nicht passieren, und da hatte ich in der einen oder anderen Ausführung den Eindruck, dass wir erst einmal abwarten, wie die Kritiker es vorschlagen. Abwarten bedeutet im politischen Geschäft Stillstand und Stillstand wiederum kann nur als Rückschritt interpretiert werden.
Wenn ich mir als Innenminister und als Parlamentarier Gedanken unter anderem über die Wettbewerbsfähigkeit von Kommunen im länderübergreifenden Zusammenhang mache, gibt es alles in allem aus meiner persönlichen Sicht keine Alternative zur Einsetzung einer Enquetekommission. Ich versichere Ihnen, dass ich die Arbeit der Enquetekommission sehr aufmerksam verfolgen werde, aber auch gerne mit Rat und Tat, sofern es gewünscht wird, unterstütze und hoffe, dass die Enquetekommission in genau diesem Klima und der soliden Arbeitsqualität, wie die letzte Enquetekommission gearbeitet hat, Ergebnisse vorlegt, die den in der Tat nicht einfachen Prozess
der Umsetzung gerade der Stadt-Umland-Beziehungen dahin gehend begleiten kann, dass möglichst viele Menschen in diesem Land das Verständnis dafür aufbringen, dass es keine Alternative zur Lösung in diese Richtung gibt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche eine gute erfolgreiche Arbeit der Enquetekommission.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn diese Enquetekommission tatsächlich die kommunale Selbstverwaltung stärken wollte, müsste sie der herrschenden Politik direkt entgegenwirken, denn die Landespolitik läuft hinaus auf ein Kommunenabwicklungsprogramm. Zunächst werden die Kommunen planmäßig gegeneinander aufgehetzt. Das Land setzt die Kreise unter Druck, die Kreisumlage zu erhöhen über 40 Prozent, was den Gemeinden die Luft zum Atmen nimmt. Für Kreise und Gemeinden werden Haushalte nicht genehmigt und es wird sogar mit Zwangsverwaltung gedroht, wenn die Kommunen nicht maßlosen Sparvorgaben nachkommen. Und das heißt, die Kommunen müssen ihr kulturelles Leben selbst beenden, Bibliotheken schließen reihenweise, Seniorenbegegnungsstätten, Jugendklubs, Schwimmhallen, ja selbst die Stadtbeleuchtung, alles wird nach und nach abgeschaltet. Schon ist die Rede von Verödung ganzer Landstriche und der Aufgabe von Dörfern. Die Kommunen werden auch gezwungen, ihre Vermögenswerte zu veräußern, alles auf Druck des Landes. Kreiskrankenhäuser, Häfen, Grundstücke, kommunale Wohnungsgesellschaften, alles muss verschleudert werden, nur damit die Kommunalaufsicht zufrieden ist. Was hinterher mit den Wohnungen und Mietern geschieht, ist dabei egal. Spekulanten lassen die Wohnsubstanz verfallen und quetschen jeden Cent aus den Unternehmen. Der Motor für diese verhängnisvolle Entwicklung ist die Landespolitik. Sie arbeitet förmlich auf den Ruin der Kommunen hin.