Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

Ich habe sechs Stimmenthaltungen bei der SPD.

... und bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP abgelehnt.

(Michael Roolf, FDP: So ist’s richtig.)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Ausbau des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 1 beschleunigen, Drucksache 5/2846.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD: Ausbau des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 1 beschleunigen – Drucksache 5/2846 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Stein von der Fraktion der CDU.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So, wie jetzt der Beginn dieser Rede und auch der Volks

mund sagt, „gut Ding braucht Weile“. Und wenn man das durchdekliniert, dann ist das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 offensichtlich ein richtig gutes Ding.

Dieses VDE 1 umfasst die Eisenbahnstrecke von Lübeck nach Stralsund beziehungsweise von Stralsund nach Hagenow-Land als Anschluss an das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 2 in Richtung Hamburg. Und es ist nicht so, dass bisher auf dieser Strecke nichts passiert wäre. Unter anderem sind die Abschnitte Hagenow–Schwerin, Schwerin–Karlshöhe und Ribnitz–Stralsund nach dem Ausbau dem Betrieb übergeben worden. Zuletzt mussten im Abschnitt zwischen Hamburg und Schwerin auf einem guten Stück bereits verlegte Schwellen wegen eines Materialfehlers im Beton ausgetauscht werden, was einen finanziellen Ausfall in Millionenhöhe bedeutet hat.

Bis 2008 wurden so im Bereich aller Verkehrsprojekte Schiene in Deutschland insgesamt über 13 Milliarden Euro investiert. In großen Teilen ist auch das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 auf dem Wege zum Abschluss. Das gilt leider nicht für den Abschnitt zwischen Rostock und Ribnitz beziehungsweise Stralsund. Dieser Schienenabschnitt ist nach unserer Auffassung sehr bedeutend für die Weiterentwicklung sowohl der touristischen als auch genereller logistischer Leistungen im Land.

Im Sachstandsbericht des Bundesverkehrsministeriums vom Mai 2009 wird weiterhin der zweigleisige Ausbau der Abschnitte Rostock–Ribnitz sowie Velgast–Stralsund als Ziel genannt. Gleiches findet sich auch im aktuellen Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogrammes Mittleres Mecklenburg-Rostock. Das Gleiche gilt auch für die Zweigleisigkeit der Warnowbrücke für Rostock.

Wichtig ist festzuhalten, dass in Mecklenburg-Vorpommern unsere Landesregierung wie auch unsere Landesplanung das Ziel einer vollständigen Herstellung unserer Fernverkehrstrassen konsequent unterstützen und einfordern werden. Weiterhin heißt es im Sachstandsbericht des Bundesverkehrsministeriums, der zweigleisige Ausbau erfolgt bedarfsgerecht und in einer späteren Ausbaustufe.

Nun, genau hier an dieser Stelle müssen wir eigentlich konkrete Forderungen formulieren. Was heißt es denn bitte „bedarfsgerecht“? Was heißt „spätere Ausbaustufe“? Den Bedarf, denke ich, können wir hier im Land selber sehr gut feststellen. Es reicht nicht aus, die aktuellen Belegungen zur Grundlage zu nehmen, nein, wir brauchen einen bedarfsgerechten Ausbau für die nahe Zukunft und nicht nur für einen undefinierten späteren Zeitpunkt x. Die Seeverkehrsprognose, aber auch die generelle Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums für 2025 liefern uns dazu eigentlich sehr verlässliche Zahlen. Sie dürften den meisten hier bekannt sein.

Der Punkt 2 in unserem Antrag knüpft daher im Grunde an das an, was die Seeverkehrsprognose 2025 beschreibt. Wir können einen starken Aufwuchs im Seeverkehr auch über unsere Häfen erwarten. Wie Sie sich sicherlich erinnern können, haben wir bereits Anträge zur Hafenentwicklung und zu den transeuropäischen Netzen in den vergangenen zwei Jahren dieser Legislaturperiode gemacht.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, und warum dann dieser Antrag?)

Zu beiden hat der Verkehrsminister regelmäßig im Ausschuss berichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Ausbau der festen Fehmarnbeltquerung wird spätestens mit ihrer Inbetriebnahme die Engpässe im Schienenverkehr des Hafenumlandes von Hamburg schonungslos offenlegen. Diese sind bereits heute bekannt. Bei uns hingegen sind neue Kapazitäten wesentlich einfacher generierbar und mit deutlich geringerem finanziellem Aufwand zu bewerkstelligen. Der Ausbau der Strecken Berlin–Stralsund, Berlin–Rostock geht glücklicherweise voran. Was fehlt, ist der vollständige zweigleisige Ausbau auf allen Strecken von Mukran über Rostock in Richtung Lübeck und Hamburg. Was fehlt, ist ein klares Bekenntnis, eine klare Terminierung und eine gesicherte Finanzierung aus Berlin zur Fertigstellung des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 1.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Oh ja! Da können wir aber lange drauf warten.)

Wenn wir in Deutschland Engpässe überwinden wollen, diese sogenannten Flaschenhälse, stehen wir in Mecklenburg-Vorpommern mit voller Unterstützung bereit. Dazu wollen wir unsere Infrastruktur in die transeuropäischen Netze und die nationalen Netze eingebunden haben. Nach der Entscheidung für die Beltquerung haben wir darauf auch einen Anspruch klar und deutlich zu formulieren. Dem dient unser Antrag.

Zusätzlich haben wir noch das Ziel einer klaren und deutlichen Verbesserung der Auslastung des Schienenpersonennahverkehrs auf dieser Strecke sowie das Ziel einer deutlichen Zunahme an Touristen und Gästen, die per Schiene unser Land erreichen sollen und wollen. Wir werden nicht zulassen, dass ausgerechnet auf einer der am stärksten belasteten Schienenstrecken im Land mit sich überlagerndem Personen- und Güterverkehr, mit belasteten Anwohnerschaften, mit Gewerbe- und Industriegleisanbindungen ein leistungsgerechter und zukunftsorientierter Ausbau nicht mehr stattfindet.

Wir in Mecklenburg-Vorpommern nehmen das Ziel ernst …

(Udo Pastörs, NPD: Wie wollen Sie das denn praktisch bewerkstelligen?)

Wir nehmen in Mecklenburg-Vorpommern das Ziel ernst, Herr Pastörs, möglichst viele Güter und Personen von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das sieht man.)

Dazu brauchen wir besonders auf den Kernstrecken in der Verbindung unserer größten Häfen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Mukran, Stralsund und Rostock, sogar Wismar, sogar Lübeck,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

aber auch unserer Tourismuszentren an der Ostseeküste ein starkes infrastrukturelles Angebot, dazu brauchen wir größtmögliche Kapazitäten. Nur wenn Kapazitäten da sind, werden Speditionen und Logistiker, aber auch Bahnanbieter unsere Infrastruktur wie auch unsere Häfen wirtschaftlich vollständig ausreizen. Wir sind und unsere Wirtschaft ist auf die mögliche maximale Auslastung unserer Häfen angewiesen und dazu muss logistische Kapazität geschaffen werden. Güterzüge finden oftmals nur noch nachts Platz und sind daher auch eine

besondere Emissionsbelastung für Anwohner an der Trasse.

Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 muss schnellstmöglich und vor allen Dingen vollständig zweigleisig elektrifiziert ausgebaut werden. Neben dem Güterverkehr findet auf diesen Strecken wie genannt Personenverkehr statt. Der Nahverkehr ist bereits heute in seiner Taktung teilweise eingeschränkt und der Personenfernverkehr findet in der Art und Weise nicht statt, die wir uns als Tourismusland Nummer eins vorstellen. Die hervorragende, verlässliche und schnelle Anbindung unserer Tourismuszentren mit Personenfernverkehr wird für uns eines der herausragenden zentralen Angebote sein, die wir unseren umweltbewussten und älter werdenden Gästen, aber auch Familien mit Kindern gerne machen möchten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vollständige Ausbau ist nach unserer festen Überzeugung ein zentraler Punkt unserer Bemühungen um eine stabile Landesentwicklung. Mecklenburg-Vorpommern ist gewillt, alles zu tun – und dazu gehört auch Infrastruktur –, um mittelfristig nicht mehr in dem Maße vom Länderfinanzausgleich abhängig zu sein, sondern zunehmend auf eigenen Füßen stehen zu können. Dazu muss Landesentwicklung, dazu muss wirtschaftliche Entwicklung unserer großen Standbeine Häfen, Logistik und Tourismus allererste Priorität haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich weiß auch nicht, wer die letzten Jahre auf Bundesebene die Verkehrspolitik bestimmt hat.)

Ja, ich weiß es ungefähr, Herr Ritter.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ungefähr?)

Um die Potenziale unseres Landes vollständig heben zu können, muss die Attraktivität des Standortes Mecklenburg-Vorpommern auf eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur dokumentiert werden. Dieses Ziel müssen wir für Berlin klar formulieren und es müsste dort mindestens mit dieser Argumentationslinie auf fruchtbaren Boden fallen.

(Udo Pastörs, NPD: Die Worte hör ich wohl. – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

So bitte ich nicht nur in Berlin, sondern insbesondere hier in diesem Parlament um eine breite Unterstützung für unseren Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht vorweg eine Anmerkung: Wenn wir als Politiker – und das immer in der Auseinandersetzung mit Gruppierungen, die nicht unbedingt demokratisch sind –,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

unsere Glaubwürdigkeit behalten wollen,

(Udo Pastörs, NPD: Die haben Sie doch längst verloren.)

dann müssen wir es zu bestimmten Punkten, zu denen wir uns mal positioniert haben, auch ernst meinen. Und was meine ich damit?

(Udo Pastörs, NPD: Mehrwertsteuererhöhung.)

Ich meine damit das Thema der Verlagerung von Transporten, insbesondere von der Straße auf die Schiene.

(Udo Pastörs, NPD: Aha! Dann gucken Sie sich die Zahlen mal an, dann wissen Sie, was das für ein Lügengebäude war.)