Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

Es gibt hier auf der Bundesebene das Vorhaben des Gluckengeldes.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Sie kennen das, 150 Euro für das Thema Kindertagesbetreuung,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

wenn wir die Kinder zu Hause betreuen.

(Michael Roolf, FDP: Lassen Sie sich nicht durcheinanderbringen jetzt. – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Mein Wahlkreis ist ein sozialer Brennpunkt, Herr Roolf. Ich bin einmal gespannt, welche Auswirkungen das da hat.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Wir sind darauf angewiesen, dass möglichst viele Kinder die Kindertageseinrichtung dort besuchen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Kinder brauchen das, vor allem brauchen das die Kinder.)

Und wir sind sehr dankbar dafür, dass wir 96 bis 98 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen in Kindertageseinrichtungen haben. Ich bin mal gespannt, wenn Ihre Herdprämie greift, wie viele es dann noch sind und wie das letztendlich zulasten der Kinder geht. Wenn man Richtung Bund kommt,

(Michael Roolf, FDP: Okay.)

den Hinweis sollten Sie nämlich geben, da kann man nur die Katastrophe kriegen an der Stelle.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Aber wir sind hier im Land Mecklenburg-Vorpommern

(Harry Glawe, CDU: Wir sind nicht in Bayern hier heute.)

beim Kindertagesförderungsgesetz und im Rahmen dieses Kindertagesförderungsgesetzes halten wir es für erforderlich, dass das Thema Ausbildungsplatzplanung aufgegriffen wird.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wir haben eine völlig veränderte Situation im Laufe der letzten Jahre auf der Bundesebene. Sie wissen, die Kindertagesbetreuung wird auf der Bundesebene massiv forciert. Damit ist natürlich auch immer die Gefahr verbunden, dass Fachpersonal abwandert,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist klar.)

weil es in anderen Bundesländern Möglichkeiten und Angebote bekommt zu arbeiten. Aus den Gründen, weil der Personalbestand bei uns in Mecklenburg-Vorpommern auch inzwischen ein gewisses Alter erreicht hat, sind wir der Meinung, dass das Thema systematisch geplant werden muss.

Ich habe gesagt, das ist ein Beispiel von schlüssiger und konsequenter Politik, weil wir es beim Thema Schule so machen. Wir haben im Schulgesetz explizit hineingeschrieben, dass wir eine Planung des Bedarfes an Lehrerinnen und Lehrern vornehmen müssen, damit wir sicherstellen können, dass das Thema Unterrichtsversorgung in den nächsten Jahren auch noch adäquat abgesichert wird.

Das Gleiche beabsichtigen wir nun bei der Kindertagesförderung. Auch da gehen wir davon aus, dass wir per annum künftig einen Ersatzbedarf haben werden zwischen 300 und 400 Stellen pro Jahr. Das ist eine ganze Menge. Unsere Ausbildungskapazitäten müssen darauf eingerichtet werden.

Wir müssen gucken, ob wir die Ausbildung gegebenenfalls reformieren können. Wir sind uns da durchaus einig, auch mit der LINKEN, dass man darüber nachdenken sollte, die bisher fünfjährige Ausbildung auf eine 36-monatige Ausbildung zu verkürzen und darauf hinzuwirken, dass das Geld, was an der Stelle dann übrig ist, im System bleibt und systematisch für das Thema Fort- und Weiterbildung eingesetzt wird.

Das sind Dinge, die haben wir durchaus im Auge. Insofern bitte ich nach meinen Ausführungen um breite Zustimmung für unseren Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Heydorn.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen, und Herr Heydorn hat es deutlich gemacht, unterstreicht einmal mehr, welche außerordentliche Bedeutung die Fraktionen der frühkindlichen Bildung als politischem Handlungsfeld beimessen, wenn es darum geht, das Ziel Bildung von Anfang an zu erreichen.

Wir können feststellen, dass in Deutschland das Bewusstsein gewachsen ist, dass Bildung ein lebenslanger Prozess ist, der von frühster Kindheit an beginnt. Kinder lernen von Geburt an. Alle Psychologen, Pädagogen und Hirnforscher sind sich einig, Kinder lernen in jedem Augenblick und mit allen Sinnen. Jedoch lernen zweijährige Kinder anders als fünfjährige und diese wiederum anders als zehnjährige Kinder. Jedes Kind hat Stärken, die erkannt und gefördert werden müssen, und kein Kind ist wie das andere. Diesem Unterschied müssen wir uns stellen. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die wir gerne erfüllen, da sie die Fortschritte der Kinder, ich glaube, das muss man auch betonen, in den Mittelpunkt stellt.

Spätestens hier wird deutlich, über welche Kompetenzen die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen verfügen müssen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Die Arbeit in Kindertageseinrichtungen verlangt umfassendes Wissen, differenzierte didaktische Kenntnisse und darüber hinaus hohe Sensibilität und Empathie für die Kinder.

Von der Qualität der Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Einrichtungen ist im starken Maße die individuelle Entwicklung der Kinder abhängig. Eine Schlüsselrolle in der Gestaltung der pädagogischen Prozesse hat deshalb die Qualifikation der Fachkräfte. Erzieher und Erzieherinnen müssen in der Lage sein, frühkindliche Lern- und Entwicklungsprozesse ganzheitlich professionell zu begleiten.

Die veränderte Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen führt zwangsläufig zu einer Veränderung der beruflichen Qualifikation pädagogischer Fachkräfte. Hier sind in den vergangenen Jahren

bereits entscheidende Schritte vollzogen worden mit dem Angebot, ich darf daran erinnern, der akademischen Ausbildung der Erzieher und Erzieherinnen, vor allem im Leitungsbereich. In den meisten Bundesländern ist Deutschland auf dem Weg, den Anschluss an europäische Standards im Bereich der Bildung in der frühen Kindheit zu erreichen. Ich sage da noch einmal: Wir sind da nicht vorne, sondern wir sind dabei, den Anschluss zu erreichen.

In der EU werden jetzt bereits Pädagogen für diesen Bereich zumeist an Hochschulen ausgebildet. Trotzdem wird die akademische Ausbildung von Pädagogen für den frühkindlichen Bereich die anspruchsvolle Fachschulausbildung in Deutschland nicht ersetzen können. Auch das habe ich an dieser Stelle schon betont. Nach wie vor bedarf es beider Ausbildungssysteme mit ihrer spezifischen Ausrichtung. Wir brauchen Fachkräfte, wenn Sie so wollen, mit guten handwerklichen Fähigkeiten, die den Alltag von Kindern in den Kindertageseinrichtungen nach allen Regeln der Kunst gestalten können. Dazu gehören geeignete didaktische und pädagogische Methoden, Entwicklung psychologischer und pädagogischer Kenntnisse, lebenspraktische und auch, wie ich finde, Beratungskompetenzen. Wir sollten aber auch das ehrgeizige Ziel verfolgen, dass in jeder Kindertageseinrichtung mindestens eine akademisch ausgebildete pädagogische Fachkraft beschäftigt ist, deren Profil erweitert ist

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

unter anderem um Fragen der Leitung und des Managements sowie Methoden elementarpädagogischer Forschung im pädagogischen Alltag.

Hinzu kommt, dass die Aufwertung der Ausbildung der Erzieherinnen und der Erzieher durch die Verlagerung an die Hochschulen und die stärkere Professionalisierung der entsprechenden Tätigkeiten dem Erfordernis nach einer Höherbewertung dann auch entspricht. In diesem Fall täuscht nichts darüber hinweg, dass wir in dem Bereich viele Frauen haben. Insofern ist es dann auch ein Beitrag, hier einer Höherbewertung typischer Frauenberufe Rechnung zu tragen. Durch die Akademisierung steigen auch die Aufstiegschancen von Erzieherinnen. Auch das sei am Rande betont.

Zusätzlich wird die Verzahnung beider Ausbildungssysteme als Folge einer Erhöhung der Durchlässigkeit mit einer deutlichen Verbesserung der Aufstiegschancen langfristig zu einer Qualitätsverbesserung der Ausbildung insgesamt führen. In unserem Land gibt es dazu bereits Kooperationsvorhaben zwischen beruflichen Schulen und in diesem Fall der Hochschule Neubrandenburg.

Beim Übergang der Kinder vom frühkindlichen zum schulischen Bildungsbereich nehmen Fachkräfte eine Schlüsselfunktion ein, denn sie unterstützen entscheidende Entwicklungsprozesse durch die ganzheitliche Förderung der Persönlichkeit des Kindes. Die geforderte stärkere Verknüpfung und Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Schule bedarf aber auch der Kenntnis der Strukturen, Erwartungen und Anforderungen, aber auch der Diskussion auf Augenhöhe. Die geforderte enge Verzahnung von Kindergarten und Grundschule, von Primar- und Elementarpädagogik ist nicht allein durch Kooperation der Institutionen zu erreichen, sondern langfristig nur durch eine in Teilen gemeinsame

Ausbildung zu gewährleisten. Das gilt gleichermaßen für die Hoch- sowie für die Fachschulausbildung. Auch das Lehrerbildungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern soll hierzu Festlegungen treffen.

Unser Land hat sich in den letzten Jahren im Bereich der frühkindlichen Bildung bereits vielen Herausforderungen gestellt. Ich setze mich auch weiterhin für eine umfassende Reform der Fachkräfteausbildung ein. Unverzichtbare Säulen sind für mich die Erneuerung der grundständigen Berufsausbildung, die Fort- und Weiterbildung in Schwerpunktbereichen sowie der Ausbau der Akademisierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gemäß der Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz der Länder über die Fachschulen dauert der gesamte Ausbildungsweg unter Einbeziehung der beruflichen Vorbildung heute in der Regel fünf Jahre, mindestens jedoch vier Jahre. Kollege Heydorn hat auch vom ehrgeizigen Ziel gesprochen, das vielleicht noch weiter zu verkürzen. Ich kann an dieser Stelle nur sagen, man sollte nicht so tun, als ob wir das hier im Land einfach so entscheiden können und dann würde das eine bundesweite anerkannte Ausbildung sein, sondern dem muss man sich dann auch in diesem Prozedere in den Rahmenvereinbarungen stellen, damit die jungen Leute, wie es jetzt teilweise in einigen Bundesländern der Fall ist, wenn sie nach einigen Jahren als Referendare dann meinetwegen nach Berlin kommen, dort nicht anerkannt werden, weil man das an der Stelle versäumt hat.

Der Abschluss als staatlich anerkannter Erzieher/staatlich anerkannte Erzieherin erfordert bundesweit demzufolge gemäß Rahmenvereinbarungen über die Fachschule die Befähigung zur Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Altersbereich von 0 bis 18 Jahren. Um den aktuellen Erfordernissen im Erzieherbereich gerecht zu werden, wurde in Mecklenburg-Vorpommern bereits 2006 eine neue Verordnung über die Zulassung, Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialwesen in Kraft gesetzt und in der Folge ein neuer Rahmenplan zur Erprobung freigegeben.

Der neue Rahmenplan, auch das sei bemerkt, ist darauf ausgerichtet, die Ausbildung der künftigen Erzieherinnen und Erzieher enger mit der sozialpädagogischen Praxis zu verknüpfen. Die Fachschulverordnung sieht dabei weiterhin drei Spezialisierungen in Form einer Schwerpunktsetzung vor: einmal die Elementarbildung und Kindertagesbetreuung – Altersbereich 0 bis 12 Jahre, dann die Jugendarbeit – 10 bis 18 Jahre, und dann die Hilfe zur Erziehung. Diese Spezialisierungsrichtungen zeigen bereits die Richtung einer für die Gestaltung der Sozialarbeit im Land sinnvollen Entwicklung.

Die mit Richtung Kindertagesbetreuung und Jugendarbeit intendierte Spezialisierung auf zwei Altersbereiche ist gegenwärtig sinnvoll und praktikabel und wird in den beruflichen Schulen erprobt. Offen ist jedoch, ob nicht grundsätzlich ein eigenes Berufsbild für die Fachkräfte der frühkindlichen Pädagogik notwendig ist, vor allem mit dem Blick auf eine wachsende Betonung der frühkindlichen Bildung.

Wir haben bereits wichtige Schritte, um die Ausbildungsqualität in unserem Land zu steigern, eingeleitet. Für mich ist die Einführung eines Studiengangs an der Hochschule Neubrandenburg, der die Frühpädagogik in den Mittelpunkt der Ausbildung stellt, wichtig auf dem Weg

in die beschriebene neue Qualität. Neben der klassischen Ausbildung der Erzieher und Erzieherinnen an den Berufsfachschulen gibt es nun im frühpädagogischen Bereich eine akademische Ausbildung. Und auch der seit diesem Jahr angebotene berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengang zur Frühpädagogik wird an dieser Herausforderung gemessen und wird, wie ich finde, dieser Herausforderung gerecht. Schon jetzt zeigen die hohen Bewerberzahlen die große Nachfrage der bereits in der Praxis tätigen Erzieherinnen und Erzieher. Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte.

Auch die Ausbildung an den höheren Berufsfachschulen für Sozialassistenz und den Fachschulen für Sozialwesen befindet sich in der Veränderung. Vorbereitet wird neben der Verkürzung der Ausbildungszeit von derzeit fünf auf vier Jahre vor allem eine klarere Fokussierung der Ausbildung auf den frühkindlichen Bereich. Dies ist unverzichtbar für die Umsetzung unserer Bildungskonzeption für 0- bis 10-Jährige in Mecklenburg-Vorpommern. Derzeit werden diese Veränderungen in mehreren Schulversuchen ebenfalls erprobt.