Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

dass wir uns gemeinsam darauf verständigen, dass im Rahmen des nationalen Naturerbes diese 4.200 Hektar Gewässerflächen für das nationale Naturerbe anerkannt und damit auf das Land Mecklenburg-Vorpommern übertragen werden.

So, jetzt können Sie auch mal klatschen.

Ja, siehste, da haben wir das schon wieder. Die FDP will das nicht

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch egal, ob er das will oder nicht. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

und damit kommen wir dann schon wieder ins kurze Gras.

Aber ich will an dieser Stelle noch mal deutlich machen, wir haben es hier mit 4.200 Hektar Gewässerflächen zu tun, die für unser Bundesland neben dem Malchiner See eine doch ganz wichtige Grundlage bilden, nämlich die natürlichen Lebensgrundlagen für die Menschen, für die Flora- und Faunagebiete zu erhalten. Und in dem Zusammenhang ist es mir auch wichtig, dass die übrigen Gewässerflächen des Landes Mecklenburg-Vorpommern – wir sind nun mal gewässerreichstes Bundesland der Bundesrepublik Deutschland – im Wesentlichen im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern stehen.

Rein formalrechtlich – und das habe ich schon das letzte Mal gesagt, Frau Reese, als Sie dazu gesprochen haben – würde bei einer Privatisierung als solches

auf den ersten Blick kein Problem entstehen, weil das nämlich in Paragraf 21 des Landeswassergesetzes festgehalten ist. Dafür habe ich im Übrigen auch gekämpft. Es gab mal Zeiten, wo es auch innerhalb der CDU, die sind hoffentlich lange vorbei, Gedanken und Ideen gab, Frau Kleedehn war das damals, um den Haushalt zu sanieren, und Gewässerflächen verkauft werden sollten. Dieses haben wir zum Glück immer abgelehnt. Und deswegen haben wir im Landeswassergesetz festgehalten, jedermann darf unter der Voraussetzung des Gesetzes, des Landeswassergesetzes, nämlich oberirdische Gewässer mit Ausnahmen von Talsperren, Rückhaltebecken und Speicherbecken zum Baden und Eissport benutzen. Und hier sehe ich ausdrücklich noch mal die Gefahr, dass verkannt wird, welche Bedeutung die Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern haben. Sie sind Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen und sie haben damit auch und insbesondere für das Ökosystem eine besondere Bedeutung.

Darüber hinaus sind ihre biologischen Eigenarten und die Vielfalt sowie die wasserwirtschaftlichen Funktionsfähigkeiten zu erhalten und die Gewässergüte zu verbessern. Und Beeinträchtigungen, die ja in den letzten Jahrzehnten im wahrsten Sinne des Wortes wirklich stattgefunden haben, und andere Geschichten, diese Beeinträchtigungen müssen wir einfach aufheben.

Mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die ich im Übrigen gerade durch das Kabinett gebracht habe, sind wir auch vor die Aufgabe gestellt, unsere Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen. Damit ist die Wasserrahmenrichtlinie für circa 8.000 Kilometer Fließgewässer und für 175 Seen, die größer sind als 50 Hektar, absolut relevant.

Zurzeit erreichen in Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren, nur 10 Prozent der Fließgewässer, aber immerhin noch 60 Prozent der Seen den guten ökologischen Zustand. Das heißt, hier ist weiterhin viel zu tun. Und einer Privatisierung würde diese Sanierung der Seen, aus meiner Sicht jedenfalls, entgegenstehen. Im Zeitraum bis 2015 schätzen wir den Finanzbedarf – und den haben wir auch eingestellt im Übrigen –, auf der Grundlage der Bewirtschaftungsvorplanung mit Prioritäten belegt, so ein, dass wir 91,5 Millionen Euro in die Hand nehmen werden, um damit auch unsere Gewässer gesunden zu lassen. Durch mögliche Privatisierungen könnten dazu erforderliche Maßnahmen in ihrer Umsetzung erheblich erschwert und damit die termingerechte Umsetzung gefährdet werden.

Aber nicht nur das, meine Damen und Herren, die Gewässer stellen eben auch wichtige Bestandteile neben Mensch und Tier insbesondere für die europaweiten schützenswerten Natura-2000-Gebiete dar. Allein 878 Seen und Weiher sind innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen von FFH- und damit der Vogelschutzgebietsausweisung der Natura-2000Gebiete unter diesen Schutz gestellt worden.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern muss seine Schutzverpflichtung gegenüber der Europäischen Union erfüllen und damit auch seiner nationalen Verantwortung gerecht werden. Dementsprechend haben wir rund 60 Prozent der gesamten Seenflächen gemeldet, das sind immerhin 45.000 Hektar, die wir im Rahmen der Natura-2000-Gebiete damit unter Schutz gestellt haben und die wir gerade auch mit unserem neuen Naturschutzgesetz sichern werden.

Auch hier würde durch eine Privatisierung durch den Bund die Umsetzung der Naturschutzverpflichtung erheblich erschwert werden und gegebenenfalls, Herr Roolf, würden zusätzliche Kosten durch Entschädigungsleistungen für Nutzungsveränderungen oder durch die Unterschutzstellung bei der Privatisierung zusätzlich auf das Land zukommen. Und das wollen wir einfach gemeinschaftlich hoffentlich vermeiden oder gar verhindern.

Des Weiteren sind aus meiner Sicht alle Wege aus zuloten, damit die Berufsfischerinnen und -fischer und -angler auf den Gewässern, die sie von der BVVG gepachtet haben, auch in Zukunft langfristig zu fairen Konditionen tätig sein können.

Wenn Sie sich mal dieses Beispiel in Brandenburg anschauen, was da passiert ist, dann wissen Sie wahrscheinlich auch, dass das wirklich zu einem Riesenunmut in der Bevölkerung geführt hat, dass dort die Privatisierungen stattgefunden haben. Wir wollen in jedem Fall verhindern, dass es bei den Gewässerflächen zu einer ähnlichen Preistreiberei kommt, wie wir dieses bei den landwirtschaftlichen Nutzflächen oder zum Teil auch beim Wald zu erkennen haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass im Landtag gebeten worden ist, ein Moratorium zur Aussetzung der Privatisierung von BVVG-Flächen außerhalb des EALG zu fordern, und ich mich daran auch halte. Wir werden am Montag im Übrigen auch die weiteren Verhandlungen in Berlin zu diesem Thema führen. Auf Druck meines Hauses ist es gelungen, dass es tatsächlich zu diesem Verkaufsstopp gekommen ist und wir derzeit in intensiven Verhandlungen sind.

Ich will abschließend insofern noch mal deutlich machen: Ich bin davon überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern kein Verständnis dafür haben, dass Seen in MecklenburgVorpommern mir nichts, dir nichts einfach privatisiert werden sollen. Ich glaube, damit stehen wir mitten in der Gesellschaft. Aus unserer Sicht ist eine Übertragung der BVVG-Wasserflächen auf das Land die optimale Lösung. Das Angebot, das ich ausdrücklich noch mal unterbreiten werde, diese Bundesratsinitiative werde ich mit Beschlussfassung unverzüglich auf den Weg bringen. Das kann ich hier absolut versichern. Und ich meine, dass wir gut beraten sind, wenn wir im Rahmen des nationalen Naturerbes diese Flächen auf unser Land dann übertragen bekommen.

Ich will abschließend meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die neue Bundesregierung diesem Ansatz hoffentlich Rechnung trägt und damit vorhandene Steuer geschenke aus den Koalitionsvereinbarungen nicht zulasten der Länder gehen und es über Umwege dann noch wiederum zu zusätzlichen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern kommt. Ich hoffe, Sie können diese Dinge nachvollziehen, und ich wünsche mir, dass wir schnell zu einem greifbaren Ergebnis kommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Minister Backhaus.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Professor Dr. Tack. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seenland, Seenflächen gehören nicht in Spekulantenhand, war das Credo der Fraktion DIE LINKE hier in der Aktuellen Stunde der Landtagssitzung im Monat Oktober. In dieser Aussprache haben wir bereits eine hohe Übereinstimmung gegen die Privatisierung der Seen, die im Eigentum des Bundes sind und durch die BVVG verkauft werden sollen, erreicht.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Wir haben auch unsere Auffassung dargelegt, dass diese Ablehnung der Seenprivatisierung durchaus in einen regulären Antrag gehörte. Warum es nun einen Dringlichkeitsantrag gegeben hat, ist mir noch nicht völlig klar. Ist es die Kleine Anfrage meines Kollegen Peter Ritter auf Drucksache 5/2867 zur Privatisierung von Gewässern durch die BVVG, die Sie zur Eile getrieben hat, oder ist es die gegenwärtige Situation?

In der Antwort schrieb die Landesregierung, dass sie bereits intensiv mit dem Bund im Sinne des vorliegenden Antrages verhandelt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sicher ist sicher. Deswegen haben sie heute diesen Antrag.)

Musste dann dieser Antrag heute noch nachgeschoben werden? Käme der Antrag von uns, von der Opposition, hätte ihn die Koalition sicher mit dem Hinweis auf die intensiven Verhandlungen mit dem Bund, siehe Kleine Anfrage von Peter Ritter, abgelehnt.

(Torsten Renz, CDU: Das ist eine Vermutung. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Oder ist es schon ein Ergebnis der Heilung der SPD vom neoliberalen Wahn, wie der Ministerpräsident Sellering gestern in der „Ostsee-Zeitung“ zitiert wird?

(Ute Schildt, SPD: Freut euch doch, dass wir den stellen!)

Nichtsdestotrotz, öffentliche Güter wie Seen gehören in öffentliche Hände und nicht in die Hände von Bodenspekulanten.

(Michael Roolf, FDP: Ist jeder Private ein Bodenspekulant?)

Das ist der eine Grund unserer Ablehnung der Seenprivatisierung in unserem Lande.

(Michael Roolf, FDP: Was ist das für eine Einstellung, Mann?!)

Den zweiten Grund haben wir bereits in der besagten Aktuellen Stunde benannt. Die Privatisierung der landwirtschaftlichen Nutzflächen durch die BVVG hat weder die Stabilisierung der Agrarstrukturen zum Inhalt und Ziel noch die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes.

Die unserem Antrag „Entwicklungschancen im ländlichen Raum erhalten – Bodenzugang für einheimische Landwirtschaftsbetriebe sichern“ folgende Anhörung hat dieses deutlich belegt. Wie soll diese Institution, die BVVG, mit ihrem jetzigen Privatisierungsauftrag etwas für das öffentliche Wohl tun? Deshalb wiederhole ich hier noch einmal unsere Position aus der Aktuellen Stunde: Sämtliche noch in der Hand der BVVG befindlichen Seen sind durch eine Gesetzesänderung auf Bundesebene so schnell wie möglich unentgeltlich an die betreffenden Länder zu übertragen. Ich habe allerdings meine Bedenken, ob unter den jetzigen Regierungsverhältnissen eine

Lösung im Sinne des vorliegenden Antrages schnell möglich wird.

(Marc Reinhardt, CDU: Das werden wir ja sehen, ne?)

Aber der Wechsel des Bundesfinanzministers im Bund macht es zumindest der SPD jetzt leichter, eine deutliche Forderung zu formulieren und vielleicht auch durchzusetzen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das Erste stimmt, aber das Zweite glaube ich nicht.)

Bisher gibt es auch im Rahmen des Moratoriums des Verkaufs der landwirtschaftlichen Nutzflächen durch die BVVG keine greifbaren Ergebnisse. Seen, meine Damen und Herren, sind öffentliche Güter und ein wesentlicher Standortfaktor für den Tourismus – das ist eben auch in der Rede von Herrn Minister Backhaus klar geworden – und zudem ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems.

Die Privatisierung der Gewässer birgt die Gefahr, dass Badestellen, Stege und Uferwege nicht mehr nutzbar sind oder Freizeitbetätigung auf den Seen wie Angeln – das hatten wir neulich als Thema hier –, Wassersport und Baden durch private Eigentümer verboten oder kostenpflichtig werden. „Zutritt verboten“-Schilder vor Seen sind mit der Allgemeinwohlverpflichtung des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren.

Wir unterstützen die Proteste der Gemeinden und Fischer, zum Beispiel rund um den Malchiner See, und sprechen uns nachdrücklich für die kostenlose Übergabe der Gewässer als Allgemeingut in die Hand des Landes aus. Insbesondere ist uns deshalb auch die Formulierung des Punktes II.2. wichtig, der bestimmt, dass die in Landeseigentum übertragenen Flächen in Landeseigentum bleiben. Wir werden dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Dr. Tack.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade vor vier Wochen haben wir uns, wir haben es heute schon gehört, in der Aktuellen Stunde mit der Problematik der beabsichtigten Privatisierung von bundeseigenen Gewässern durch die BVVG befasst. Schon damals bestand Einigkeit darüber, dass der Zugang zu den Gewässern für die touristische Nutzung, Angelei und Fischerei auch in Zukunft gewährleistet sein muss. Gerade bei den Seen ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden, dass das Grundeigentum eine zentrale Rolle für die Erreichung ökologischer Ziele spielt. Zudem wollen die Menschen im Land, dass die Seen weiterhin als öffentlich zugängliches Allgemeingut erhalten und öffentlich zugänglich nutzbar bleiben. So können die Gewässer für öffentliche und ökologische Belange am besten gesichert werden.

Da derzeit im Treuhandgesetz Paragraf 1 Absatz 1 und 6 eine Privatisierungspflicht normiert ist, muss zunächst die Aussetzung der Verkäufe realisiert werden. Mit der Verlängerung des derzeit laufenden Moratoriums soll die Privatisierung der Gewässer in den neuen Bundesländern auch in Zukunft unterbleiben. Langfristig gilt es, die gesetzliche Grundlage so zu ändern, dass Gewässer in das Eigentum des Landes überführt werden können.

Vor dem Hintergrund, dass die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH als Nachfolgeinstitution der Treuhandanstalt auf dem Territorium der neuen Länder bereits eine Gewässerfläche von 14.000 Hektar privatisiert und dadurch einen Erlös von über 15 Millionen Euro erzielt hat, haben wir uns als Koalitionsfraktionen entschieden, diesen Dringlichkeitsantrag einzubringen. Und so viel, Herr Minister Backhaus, sei mir an der Stelle erlaubt, seit 1998 waren es, glaube ich, Grüne und SPD, die hier die Landwirtschafts- und Umweltminister stellten.

Nach Aussage der BVVG könnten in naher Zukunft noch weitere 15.000 Hektar Gewässerfläche privatisiert werden. In Mecklenburg-Vorpommern befinden sich derzeit noch 227 Gewässer von unterschiedlicher Größe im Bestand der BVVG. Sie umfassen eine Gesamtfläche von 4.200 Hektar. Darunter – auch das haben wir schon öfter gehört – befindet sich auch ein Teil des Malchiner Sees auf dem Territorium des Landkreises Demmin. Die BVVG hat zwischenzeitlich erklärt, dass sie bis Ende des Jahres keine Seen verkaufen will. Mit dem vorläufigen Verkaufsstopp der BVVG ist das Problem allerdings nicht gelöst, sondern lediglich verschoben.