Protokoll der Sitzung vom 18.12.2009

Aber wir sollten uns schon im Verkehrsausschuss – und das ist die Ziffer 2 dieses Antrages – tatsächlich umfassend durch das Verkehrsministerium informieren lassen, damit wir dann sachlich fundiert die entsprechende Diskussion auch gegenüber unseren Parteifreunden in Berlin führen können.

Als letzten Punkt – und ich glaube, das ist das Entscheidende in dem Zusammenhang – sollte natürlich klargestellt werden, in dem Zusammenhang ist eine entsprechende Aufforderung an die Bundesregierung sicherlich sinnvoll, dass Veränderungen im Bundesverkehrswegeplan nur im Einvernehmen mit den jeweils betroffenen Ländern vorzunehmen sind. Es kann im Ergebnis nicht angehen, und das meine ich nicht parteipolitisch bezogen, sondern das ist natürlich eine Sache, die über alle Parteiengrenzen hinweggeht, dass vielleicht eine besondere Stärke bei den Bundestagsfraktionen, der einen oder anderen Landesgruppe oder eine besondere landsmännische Beziehung des einen oder anderen Politikers dann tatsächlich dazu führt, dass entsprechende Veränderungen vorgenommen werden.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Schulte.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Verkehrsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich lasse mich natürlich gern zu etwas Positivem auffordern und werde dem auch nachkommen. Das vielleicht einmal vorweggeschickt.

Meine Damen und Herren, die neue Bundesregierung, das haben wir schon gehört, und ich versuche jetzt auch, das operativ etwas kurzzufassen, hat in Ihrer Koalitionsvereinbarung genau die Festlegungen getroffen, dass der Bundesverkehrswegeplan – so ist die Formulierung – an die aktuellen Bedürfnisse und Entwicklung angepasst werden soll. Ganz spannend wird es dann, wenn gesagt wird, die Bundesregierung will dabei Kriterien zur Priorisierung von Investitionsprojekten entwickeln. Da wäre ich wirklich gerne dabei, bei dieser Entwicklung von solchen Prioritäten.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist ein Deutsch, da geht einem ja der Hut hoch.)

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und Sie sitzen immer im Glashaus, Herr Roolf und schießen um sich rum.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Also irgendwie – nein, das kommt nicht so gut.

Meine Damen und Herren, als Stichworte für die neuen Herausforderungen werden beispielhaft durch die Bundesregierung oder durch Herrn Ramsauer genannt die Herausforderungen bei der effektiven und intelligenten Lenkung von Verkehrsströmen als Dienstleistung für Wirtschaft und Bürger sowie der Umwelt- und Gesundheitsschutz, die demografischen Veränderungen und nicht zuletzt eine Haushaltslage, in der die Spielräume aufgrund der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise äußerst eng geworden sind. Und ich muss Ihnen sagen, na klar, hier stellt sich die Frage nicht, hier gibt es tatsächlich Handlungsbedarf. Aber so weit, so gut.

Ich hatte ja nun das Vergnügen, mit Herrn Ramsauer jetzt schon zweimal zusammenzutreffen in den letzten Wochen, einmal auf der Bauministerkonferenz, die tut hier nichts zur Sache, aber auch auf der Verkehrsministerkonferenz in Heidelberg. Und was ich da zur Kenntnis nehmen durfte, das kann ich Ihnen hier so authentisch schildern, hat nicht unbedingt dazu beigetragen, dass ich beruhigt bin, was diese Ansinnen anbelangt. Mir fehlt wirklich einfach der Glaube, dass es tatsächlich um die gerade von mir genannten Herausforderungen gehen soll oder gehen wird.

Ich bin der Überzeugung, dass es einen einfachen Grund für die Anpassung gibt. Der Bund will zum einen Kosten sparen, und zwar zulasten der Verkehrsinfrastruktur und damit zulasten der Länder, und zum anderen will er Begehrlichkeiten abwehren. Herr Schulte hat der Fairness halber auch gesagt, dass ist nicht nur rein CDU oder FDP, sondern da gibt es auch SPD-Vertreter bundesweit, die in diese Richtung argumentieren, dass hier Finanzmittel im Osten weggenommen werden sollen möglicherweise und im Westen eingesetzt werden sollen. Das kann so nicht passieren.

Meine Damen und Herren, wenn ich die letzten Wochen noch einmal rekapituliere, muss ich feststellen, dass die ersten Äußerungen des neuen Bundesverkehrsministers im Hinblick auf diese angesprochene Priorisierung einen, ich habe das so formuliert, leicht blauweiß karierten Klang hatten und deshalb bei den Vertretern der Wirtschaft, aber auch der Politik im Norden und insbesondere im Osten Deutschlands über alle Parteigrenzen hinweg – auch in weiten Teilen der Union, das kann ich bestätigen, das war auf der Verkehrsministerkonferenz so – die Alarmglocken tatsächlich läuten lassen mussten.

In einem im „Hamburger Abendblatt“ erschienenen Interview von Herrn Ramsauer vom 4. Dezember hatte Herr Ramsauer dann die aus seiner Sicht wichtigsten Verkehrsprojekte benannt – aus seiner Sicht die wichtigsten Verkehrsprojekte benannt –, und zwar den Ausbau der Rheintalbahn von Karlsruhe nach Basel, die Autobahn 1 von Lübeck bis ins Saarland, die Fehmarnbeltquerung und Stuttgart 21.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Stuttgart 21!)

Sie hören an dieser Aufzählung, es gab kein einziges Projekt in Ostdeutschland und in Mecklenburg-Vorpommern schon gar nicht. Und da sage ich: Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Ich will nicht schwarzmalen, aber die Signale aus Berlin sind alles andere als ermutigend.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, und da stimme ich Herrn Schulte zu, wir müssen über Parteigrenzen alle zusammen aufpassen, dass das Landesinteresse hier gewahrt wird, und das gilt insbesondere auch für die Kollegen der verschiedenen Parteien im Bundestag. Deshalb – und das meine ich nicht sarkastisch oder ironisch – begrüße ich es wirklich, wenn der Landtag heute beschließt, dass mögliche Veränderungen im Bundesverkehrswegeplan nur im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern erfolgen sollen.

Ich möchte kurz auf Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan noch einmal hinweisen, die für uns hier im Land aktuell die größte Bedeutung haben. Das sind beim Straßenbau die Autobahn A 14 von Schwerin nach Magdeburg und die Weiterführung der B 96 auf Rügen. Bei den Eisenbahnstrecken drängen wir weiterhin auf den Abschluss des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 1 – Lübeck, Bad Kleinen, Rostock, Stralsund – sowie auf den schon lange geplanten Ausbau der Strecken Rostock–Berlin und Stralsund–Pasewalk–Berlin für höhere Geschwindigkeiten und Achslasten. Im Koalitionsvertrag steht zwar, dass die VDE-Schiene bis 2017 fertig sein sollen, die konkreten Signale für die VDE 1 weisen aber – bisher zumindest – eher auf einen Termin weit nach 2020 hin. Ich rufe in Erinnerung: Das sollte eigentlich 1999 fertig sein. 1999!

Meine Damen und Herren, gerade die Entwicklung bei den zuletzt genannten Vorhaben belegt, wie wichtig Transparenz bei der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes ist. Der Bund muss die Länder im Sinne eines offenen Dialogs an seinen Planungen beteiligen. Sie müssen tatsächlich Gelegenheit haben, ihre Belange einzubringen, die dann auch angemessen und sachlich begründet zu berücksichtigen sind. Das wäre mein Verständnis von föderaler Zusammenarbeit und gemeinsamem Wirken im Interesse des nationalen Gemeinwohls.

Die Sicht der Länder einzubringen, ist auch deshalb wichtig, weil deren Anliegen oftmals eben nicht nur rein regionale Interessen abbilden. Ich verweise hier ausdrücklich auf die bei der EU anstehende Revision der transeuropäischen Verkehrsnetze und auch die mit EU-Mitteln geförderte Entwicklung des Ostsee-Adria-Korridors, bei dem sich Mecklenburg-Vorpommern sehr nachdrücklich für eine strategische Einbindung der Seehäfen in Rostock und Sassnitz als Knotenpunkte für die Verkehre nach Skandinavien, ins Baltikum und nach Russland einsetzt.

In diesem Zusammenhang freue ich mich wirklich, dass nach den ostdeutschen Raumordnungsministern etwas nicht Alltägliches passiert ist, nämlich dass auch die für Wirtschaft und Verkehr zuständigen Ressortchefs der norddeutschen Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auf der Tagung in Bremerhaven die Ausdehnung des Kernnetzes der Verkehrsachsen aus Süd- und Südosteuropa nach Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich zu ihrer gemeinsamen Forderung erhoben haben. Ich kann hier aus dem Nähkästchen plaudern und sagen, das war nicht ganz einfach. Es war nicht ganz einfach, die Kollegen der anderen norddeutschen Bundesländer davon zu überzeugen. Trotzdem haben sie es getan und dafür bin ich dankbar.

Hier wird deutlich, wie wichtig der von mir angesprochene Ausbau der Schienenverbindung von Berlin nach Norden für den Gütertransport ist. Allerdings, auch das gebe ich zu, zwar ungern, aber ich gebe es trotzdem zu, das Ziel der Bahn bei manchen Entscheidungen ist häufig nicht ganz durchschaubar. Ich sage das mal ganz diplomatisch und vorsichtig. Auch Herr Kreher kennt davon ein Spiel. Das kann heute hü heißen und morgen schon hott. Und die Wirklichkeit wird dann irgendwo dazwischen liegen. Aber da kann, sage ich, nicht die gemeinsame Basis für eine Arbeit liegen.

Meine Damen und Herren, verkehrssichere Planung in einem Transitland wie Deutschland weist heute mehr denn je auch eine internationale Komponente auf und wir können und dürfen sie schon deshalb nicht einer wie auch immer gearteten Hinterzimmerdiplomatie in Berlin oder, ironisch formuliert, einer Bierzeltdiplomatie überlassen. Ich bin natürlich gerne bereit, dem Landtag zu dem gewünschten Zeitpunkt umfassend zu berichten, und ich hoffe, dass wir dann über einige positive Entwicklungen diskutieren können. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zur Planung und zum Ausbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur in unserem Land klingt sicher erst einmal gut und sollte eigentlich Unterstützung verdienen. Mir fehlt nur der konkrete Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur bei uns im Land. Insofern soll der Landtag heute mal wieder die Landesregierung auffordern, im Bund aktiv zu werden. Langsam frage ich mich, ob die derzeitigen Regierungsparteien alle Brücken in Richtung Berlin – ob zur Bundesregierung oder zum Bundestag – abgebrochen haben oder ob auch Funkstille zwischen den Koalitionspartner herrscht. Anders kann ich mir nicht mehr die vielen Aufforderungen an die Landesregierung erklären, endlich in Berlin aktiv zu werden.

Dennoch, den vorliegenden Antrag möchte ich nicht in Bausch und Bogen verbannen, kann doch die Landesregierung sicherlich jede Unterstützung des Parlaments gebrauchen, wenn es darum geht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber nicht, wenn sie von uns kommt.)

Position gegen Schwarz-Gelb in Berlin und die Ramsauer’sche Verkehrspolitik zu beziehen. Der Minister hat es ja hier auch geschildert.

Sehen wir uns also die drei Punkte des Antrages im Einzelnen an:

Im ersten Punkt wird verlangt, dass die vorgesehene Anpassung des Bundesverkehrswegeplanes in einem transparenten Verfahren erfolgt. Die Auffassung meiner Fraktion kann ich dazu ganz kurz darstellen: Transparenz finden wir immer gut. Grundlage für die Anpassung ist aber die Verkehrsprognose bis 2025. Das Dumme daran ist, dass darin keine verkehrspolitischen Szenarien und auch keine konkreten verkehrspolitischen Maßnahmen erwähnt werden, und auch ein verkehrspolitisches Gesamtkonzept ist so nicht erkennbar. Deshalb sind die Befürchtungen, die der Verkehrsminister Schlotmann

eben geäußert hat, in Bezug auf die schwarz-gelbe Priorisierung bestimmter Projekte auch aus diesem Blickwinkel nachvollziehbar.

Zum Punkt 2: Der Antrag geht aus meiner Sicht fälschlicherweise davon aus, dass der Planungsstand eines Projektes darüber entscheidet, ob es im Bedarfsplan bleibt oder nicht. Dieser Planungsstand kann ein Kriterium sein, denn fertig geplante Projekte streicht man nicht einfach so, anders als solche, bei denen die Planung noch nicht begonnen hat. Die sind dann sozusagen mehr in Gefahr. Aber den Verkehrsausschuss über den Planungsstand zu informieren, auch damit kann ich gut leben.

Allerdings hätte hier auch schon ein Blick in die Bundestagsdrucksache 16/11591 vom Januar dieses Jahres weitergeholfen. Das ist die detaillierte Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Horst Friedrich, Jan Mücke, Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP zur Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes 2003.

Und beim Punkt 3 Ihres Antrages finden Sie natürlich meine volle Unterstützung, wenn es sich denn um die Änderung der Bedarfsgesetze handelt, und dass es eigentlich darum geht, hat Herr Schulte ja vorhin hier ausgeführt. Besonders interessant finde ich aber, und das hat der Minister hier ja auch so ein bisschen durchgucken lassen, dass Landesregierung und Koalitionsfraktionen befürchten, dass es dieses Mal kein Einvernehmen zwischen der Bundesregierung und den Ländern gibt. Und wenn ich dann heute Morgen in den Nachrichten gehört habe, dass die Ertüchtigung der Strecke Berlin– Rostock nicht 2013, sondern erst 2015 endgültig fertig sein soll, dann kann ich wirklich nur noch Unverständnis darüber äußern, wie hier Bahnpolitik gemacht wird in dieser Bundesrepublik.

(Regine Lück, DIE LINKE: Genauso ist es. – Reinhard Dankert, SPD: Ja, Schröder ist weg.)

Und wenn es bei der Unterstützung der Landesregierung in dieser Hinsicht, wie ich schon am Anfang bemerkte, Kommunikationsschwierigkeiten nach Berlin gibt, dann, finde ich, sollten wir Minister Schlotmann in diesem Falle den Rücken stärken. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Koplin, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Danke schön.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Liskow von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Kollege Schulte hat ja, glaube ich, im Namen der Koalition den Antrag sehr zutreffend und auch aus meiner Sicht umfangreich begründet. Ich denke, dass man dazu grundsätzlich erst einmal nichts mehr sagen muss. Ich möchte aber noch zwei, drei andere Gesichtspunkte hier anknüpfen.

Aus meiner Sicht ist es natürlich wichtig, dass sich die norddeutschen Länder zusammen hier auch starkmachen, um die Verkehrsprojekte für Norddeutschland durchzubekommen. Ich denke, der Bundesverkehrsminister hat bewusst einen Parlamentarischen Staatssekretär aus Norddeutschland berufen, Herrn Ferlemann, der schon ganz genau auf die Interessen Norddeutschlands achten wird.

Natürlich kann man, Herr Minister, aus den Äußerungen aus der Presse das eine oder andere vermuten, dass wir verkehrstechnisch etwas abgehängt werden könnten. Andererseits muss man natürlich auch sagen, wir haben seit 1998 einen Verkehrsminister gehabt, der ein Ostdeutscher war und auch SPD-Mitglied. Wir haben versucht, auch da die Interessen Norddeutschlands umzusetzen. Es ist in den letzten 19, 20 Jahren hier in Mecklenburg-Vorpommern verkehrstechnisch auch sehr viel passiert, das muss man auch sagen.