Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, dass Sie das nicht wissen, das ist nicht weiter verwunderlich. Das ist so.)

diese ganze Überformung mit diesen Wirtschaftstrukturen führt am Ende nur zu einer Verunsicherung. Es geht nur noch darum, dass die Theater eben keine Freiheit mehr haben,

(Udo Pastörs, NPD: Richtig, es gibt keine Freiheiten mehr. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh! Sie für die Freiheit der Theater, da bedanke ich mich aber herzlich.)

dass sie nur noch in irgendwelchen Strukturen geknechtet und geknebelt sind und immer nachrechnen, bringt das jetzt was oder bringt das nichts, wenn wir diese Aufführung bringen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist das Erste, was die zumachen würden.)

Die Regierung, uns scheint sich das so darzustellen, dass die Regierung mit ihrer Verzögerungs- und Salamitaktik entweder Druck ausüben will, um den Theatern klarzumachen, ihr müsst die Strukturen nach unserem Willen anpassen, oder wir diskutieren dann eben noch eine Weile, bis es uns passt. Oder aber sie ist unfähig, frist gerecht auf ihre eigenen Gesetzesvorgaben zu reagieren.

Und die Äußerungen des Abgeordneten Körner, die Zeit ist nicht stehen geblieben, das ist ja nun wirklich eine Tautologie. Ich kenne eigentlich keine Zeit, die stehen bleibt, außer vielleicht die in schwarzen Löchern, sagte mir mein Kollege Andrejewski. Aber vielleicht irre ich mich ja und wir befinden uns in der Nähe eines schwarzen Loches.

(Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, Torsten Koplin, DIE LINKE, Peter Ritter, DIE LINKE, Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Der Erlassentwurf sei am 19.03. verschickt worden. Jetzt taucht der Streit auf: War das noch rechtzeitig oder war das nicht rechtzeitig? War es schon passiert oder war es noch passiert, als der Dringlichkeitsantrag kam?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Der Entwurf zum FAG ist doch viel früher erfolgt. Der ist bereits – ich komme zum Ende – im letzten Jahr erfolgt. Man hätte also die Entwürfe wesentlich früher herausschicken sollen, das wäre wesentlich sinnvoller gewesen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Koplin. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gern auf das Gesagte eingehen und noch einmal betonen, warum wir diesen Tagesordnungspunkt beantragt haben und praktisch den Dringlichkeitsantrag haben bestehen lassen. Es ging und es geht uns um zwei Dinge:

Erstens. Wir wollen das Verfahren kritisieren. Sie reden sich das schön, das ist Ihr gutes Recht. Wir halten das, was Sie hier abgezogen haben seit dem Herbst vergangenen Jahres, für nicht korrekt. Und das gilt es hier in Kritik zu stellen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und das Zweite: Wir wollten und wollen uns natürlich mit dem Erlass auseinandersetzen. Ich bin dem Minister dankbar, dass er dargelegt hat, wie die Situation ist. Herr Dr. Körner hat es ja noch geechot. Die Frage, die sich an

uns richtete, na ja, wisst ihr das nicht besser oder versucht ihr zu manipulieren, ist eine sehr seltsame. Sie wissen, Herr Dr. Körner, und alle hier im Saal wissen das, dass es so etwas wie Herrschaftswissen gibt seitens der Koalitionäre, dass Sie praktisch Einblick in Stellungnahmen haben, die ja zu Ihren Händen beziehungsweise zu Händen von Herrn Michallik gegangen sind.

Nun zu dem Erlass: Mich wundert es, Herr Minister, dass dieser Erlass die Normenprüfstelle durchlaufen und sein Okay bekommen hat. Denn, ich will die Kritik an diesem Erlass auf sieben Punkte beschränken, der Erlass missachtet aus unserer Sicht Rechtsnormen:

Der Paragraf 68 Absatz 2 der Kommunalverfassung weist darauf hin, dass Unternehmungen im Bildungs bereich und auch in der Kulturpflege, also im Kulturbereich, nicht wirtschaftliche Unternehmen sind. Behandelt werden sie nach diesem Erlass aber streng nach wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen Kriterien. Wie sich das verträgt, muss uns mal einer erklären.

Auch finden wir die Rechtsnormen des Paragrafen 19 Absatz 2 des FAG verletzt. Da steht drin, Sie zitieren das im Erlass sogar, dass eine Verteilung der Mittel verlangt wird entsprechend dem Bedarf und unter Berücksichtigung der überörtlichen Bedeutung. Der Bedarf ist ein ganz anderer als das, was Sie zuweisen. Das wissen Sie selber, das ist auch einzugestehen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Man kann das so vertreten wie Sie oder es in die Kritik stellen wie wir, aber es ist ein Fakt, dass das nicht dem Bedarf entspricht.

(Marc Reinhardt, CDU: Das wissen Sie selber.)

Sie verteilen keineswegs entsprechend dem Bedarf, sondern nach einem Konstrukt. Der Erlass ist insofern ein Konstrukt, bei dem am Ende alles auf die Zielsumme 35,8 Millionen Euro hinausläuft.

Zweiter Kritikpunkt: Der Erlass missachtet das Eckpunktepapier in mindestens einem Punkt.

(Zuruf von Minister Henry Tesch)

Doch, Herr Minister, das will ich Ihnen beweisen. Im Eckpunktepapier aus dem Jahr 2008 steht, dass die bis dahin vollzogenen Kooperationen und Fusionen – und ich blicke jetzt mal nach Stralsund, Greifswald und Putbus – gewürdigt werden. Wenn man sich den Erlass anschaut, wird diese Form der Kooperation, die ja schon vorher stattgefunden hat, überhaupt nicht gewürdigt. Dieser Standort wird genauso behandelt wie andere auch. In sofern ist es ein Fakt, dass hier ein Widerspruch zwischen dem Eckpunktepapier und dem Erlass besteht.

Dritter Kritikpunkt: Der Erlass entstellt den Gedanken von Kultur als freiwillige kommunale Aufgabe. Es wird immer wieder darauf verwiesen, die Kommunen wären ja dafür verantwortlich.

Ich habe mich mal gefragt: Wie ist es eigentlich zu dieser freiwilligen Aufgabe gekommen? Was steckt dahinter? Nach 1945 wurde Kultur zur freiwilligen Aufgabe der Kommunen, weil man nach zwölf Jahren Nazidiktatur und kulturpolitischer Gleichschaltung Kultur als frei willige Aufgabe, als Akt der freiheitlich-demokratischen Ordnung verstanden sehen wollte. Heute wird diese freiwillige Aufgabe der Kultur nur fiskalisch verstanden und nur fiskalisch interpretiert. Das ist nicht in

Ordnung. Kommunen im Verschuldungsfalle haben ausweislich der Erlasse des Innenministeriums im sozialen und kulturellen Bereich zu streichen. Die gleichen Kommunen haben ausweislich des Erlasses des Bildungsministeriums mindest 2 Millionen Euro auf den Tisch zu legen, um überhaupt die vollständige Fördersumme entsprechend des Erlasses zu bekommen.

Ein vierter Kritikpunkt: Der Erlass benachteiligt aus unserer Sicht einwohnerschwache und einkommensschwache Regionen. Die Fördermittelzuweisung erfolgt zum beträchtlichen Teil nach dem Kriterium „Einwohnerinnen und Einwohner“. Theaterstandorte in einwohnerschwachen Regionen, die es mit zwingender Logik schwerer haben, die Häuser voll zu bekommen, erhalten nach dem Erlass noch dazu weniger Geld. Was für ein Verständnis von Landesentwicklung, von Kulturpolitik und von gleichwertigen Lebensverhältnissen?! Im Übrigen ist das ein Verfassungsgebot.

Fünfter Kritikpunkt: Der Erlass ermöglicht – ermöglicht, ich will das nicht unterstellen, dass das gemacht wird – willkürliches Handeln. Der Erlass arbeitet nämlich mit Begriffen, die nicht hinreichend definiert sind. Was heißt denn „tragfähige Kooperation“? Wer bestimmt, wenn das nicht definiert ist im Erlass, was eine „tragfähige Ko operation“ ist?

Und schon haben wir das Problem: Parchim sagt, wir kooperieren, der Erlass und auch das Eckpunkte papier verlangen eine Kooperation oder eine Fusion. Nun machen die Parchimer das mit den Rostockern. Nun wird gesagt, nee, wenn ihr in absehbarer Zeit nicht fusioniert, dann bekommt ihr kein Geld. Wodurch ist das denn rechtlich gedeckt? Also da stelle ich noch mal ein großes Fragezeichen hinter.

Sechster Kritikpunkt: Der Erlass hat keine ausreichende Anreiz- und Steuerungsfunktion. Ein Teil der Zuwendungen für die Theater und Orchester wird auf Basis rückwirkender Datenlagen ausgereicht. Da rückwirkende Daten- und Faktenlagen nicht geändert werden können, fehlt natürlich die Steuerungsmöglichkeit. Innovationen wie beispielsweise hier in Schwerin die Theater- und Thekennacht werden aus unserer Sicht nicht ausreichend gefördert. Es wird von den Theatern und Orchestern immer verlangt, sie sollen innovativ sein. Irgendwann erschöpft sich das mal. Wie wird denn diese Innovation, die da angemahnt wird und herausgefordert wird, mit Anreizen versehen, honoriert?

Siebtens und letzter Punkt: Der Erlass ist ein Dokument des Zweifelns am Erfolg des eigenen Regierungskonzeptes. Der Punkt 6 des Erlasses – weil ich das eben schon gehört habe, kennt er den Erlass nicht, das ist so und so immer so eine Masche, den für unglaubwürdig hinzustellen, der erzählt nur Unwahrheiten und versucht zu manipulieren; ich gebe mein Wissen preis und mache daraus eine Argumentation, so wie Sie auch – weist fusions bedingte Mehrkosten aus. Diejenigen, die fusionieren oder kooperieren, haben da natürlich Mehrkosten, die sollen sie auch ersetzt bekommen. Die bekommen sie aber nur ersetzt – und da bitte ich jetzt mal sehr aufmerksam zuzuhören –, wenn woanders Gelder frei werden, weil nicht fusioniert wird.

Na, wie ist denn das jetzt? Also geht die Landesregierung von vornherein davon aus, dass in Teilen das Konzept überhaupt nicht umgesetzt wird oder fehlschlägt? Oder im umgekehrten Fall: Wenn alle fusionieren und kooperieren, ist ja kein Geld mehr da zum Verteilen für

die Mehraufwendungen. Also haben alle, die fusioniert und kooperiert haben, an der Stelle einen finanziellen Schaden. Das ist der Umkehrschluss.

Wir erhalten unseren Antrag aufrecht. Der Erlass muss unverzüglich und, das möchten wir betonen, deutlich verändert kommen. Sie haben das angekündigt, das ist klar, daran haben wir keine Zweifel, dass Sie daran arbeiten und es auch entsprechend Berücksichtigung gibt. Wir legen aber parlamentarisch Wert darauf, dass hier noch mal der Finger auf die Wunde gelegt wird und wir uns das Recht, darüber zu debattieren und entsprechend Einfluss zu nehmen, und zwar in Gänze, nicht nehmen lassen wollen. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Danke schön, Herr Koplin.

Es hat noch ums Wort gebeten für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dr. Körner. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mit einer kurzen Erwiderung das hier vorgetragene Engagement unseres geschätzten Kollegen Koplin noch einmal mit einem Fragezeichen versehen.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr gut. Sehr gut.)

Herr Koplin, Sie haben in Ihren Ausführungen angedeutet, dass Sie wissen, wie die Anhörungsfrist war, nämlich bis zum 12.04. Sie haben in Ihren Ausführungen aus keiner Stellungnahme einer Kommune zitiert.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Da habe ich auch kein Recht zu.)

Ich gehe davon aus, Sie haben keine dieser Stellungnahmen gelesen, denn sonst, wie ich Sie kenne, hätten Sie sicherlich aus der einen oder anderen Stellungnahme das rausgezogen, was Wasser auf Ihre Mühlen wäre, um es hier darzustellen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, das steht gar nicht drin?)

Im Gegenteil, Sie haben hier die Koalitionäre fast beschimpft mit Herrschaftswissen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, das ist doch so. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Ich muss sagen, seit Ende …