Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

Indem der Staat seine Werbungskosten in voller Höhe anerkennt, subventioniert er Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit, was ja immer als großes Ziel angepriesen wurde. Warum tut er das aber nur für diejenigen, die 401 Euro und mehr im Monat hinzuverdienen? Wer nämlich nur einen Monatslohn in Höhe von 400 Euro erhält, dem wird lediglich eine Pauschale in Höhe von 100 Euro an Werbungskosten zugestanden, der normale Freibetrag, ganz egal, wie hoch seine mit dem Beruf verbundenen Ausgaben in Wirklichkeit sind.

Wo steht denn geschrieben, dass geringfügig Beschäftigte, die nicht mehr als 400 Euro verdienen, automatisch kürzere Arbeitswege haben und daher weniger Fahrtkosten, dass sie keine Arbeitsmittel benötigen, ihre Kinder nicht betreut werden müssten, während sie arbeiten, und ihre Autos nie zur Reparatur und nie zum TÜV müssten? Ich möchte nicht wissen, wie viele Arbeitsgelegenheiten nicht wahrgenommen werden konnten, weil die betreffenden Hartz-IV-Empfänger einfach nicht in der Lage waren, die Fahrtkosten zum Arbeitsort aufzubringen, und der Staat die nicht übernahm.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz besagt, dass im Wesentlichen Gleiches gleich und im Wesentlichen Ungleiches ungleich behandelt werden soll. Kann mir mal jemand erklären, worin das im Wesentlichen Ungleiche bestehen soll zwischen einem Leistungsempfänger, der 400 Euro verdient, und einem, der 401 Euro bekommt, sodass eine solche Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre, dass der eine nur eine Pauschale von 100 Euro Werbungskosten hat und der andere sämtliche wirklich anfallenden Kosten im Zusammenhang mit seiner Arbeitsausübung angerechnet bekommt, unter Umständen ein Vielfaches, obwohl beide vielleicht sogar haargenau den gleichen Arbeitsweg haben? Das ist reiner Wahnsinn.

Die neue Regierungskoalition in Berlin wollte doch ursprünglich einmal bewirken, dass Hartz-IV-Empfänger mehr hinzuverdienen dürfen, was jetzt, da man ihnen das Elterngeld streichen will, umso notwendiger werden dürfte. Hier wäre ein ganz einfacher Vorschlag, das zu erreichen, indem man – wie der Antrag es vorsieht – den Paragrafen 11 Absatz 2 SGB II Satz 2 ersatzlos streicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

(Stefan Köster, NPD: Der Sozialretter Deutschlands.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Schauen wir uns die Sache doch mal an, die uns dieser NPD-Antrag hier vorstellt! Zur Sache kann man sagen: Jeder, der bis zu 400 Euro verdient, erhält einen Pauschalfreibetrag von 100 Euro im Monat, das sind 25 Prozent – eine sehr großzügige Regelung,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

eine sehr großzügige Regelung, weil auch der, der 120 oder 130 Euro verdient, kriegt einen Pauschalfreibetrag von 100 Euro.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist Moralisieren, aber kein Rechtsanspruch.)

Darauf hat uns der Antragsteller nicht aufmerksam gemacht.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr großzügig im Bereich der Banken. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Und das ist, denke ich, auch nicht des Pudels Kern. Ich will heute in meiner Rede mal untersuchen, wie authentisch das denn ist, was hier Herr Andrejewski uns immer vorträgt zum Thema SGB-II-Leistungsbezug.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist nötig, dass er das tut.)

Der Antrag der NPD ist ja auch unvollständig, weil es müsste,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

wenn er ausführlich und vollständig wäre, ja auch drinstehen, dass Sozialleistungen nur zu gewähren sind an deutsche Volkszugehörige,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

wie es das NRW-Parteiprogramm aussagt:

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das steht aber dort nicht.)

„Sozialleistungen in Deutschland haben allein den Deutschen zu dienen!“,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Zitat aus dem Wahlprogramm NRW 2010.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

NPD-Bundestagswahlprogramm: „Deutsches Geld für deutsche Aufgaben!“,

(Stefan Köster, NPD: Richtig. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

„die Beschränkung von Sozialleistungen nur auf deutsche Familien“.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es richtig.)

Das steht in den SGB-II-Anträgen,

(Stefan Köster, NPD: Vollkommen in Ordnung.)

in den SGB-II-Anträgen, die die NPD hier immer wieder vorlegt, nicht drin.

(Udo Pastörs, NPD: Aber es ist konkludent so gemeint.)

Und um das ideologisch ein bisschen zu erklären, würde ich gerne mal zitieren aus einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Greifswald vom 23.03.2010. Da heißt es, Zitat: „Die Vorstellung von der ‚Volksgemeinschaft‘, in der das ‚Volk‘ als kollektive, nach ethnischen und rassischen Kriterien definierte – Ganzheit verstanden wird,“

(Udo Pastörs, NPD: Ist vorbei.)

„ist der Gegenentwurf zum Grundgesetz“

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

„und gilt der NPD als Allheilmittel für alle Probleme, die Globalisierung und die Immigration mit sich bringen. Dabei werden diejenigen Teile der Bevölkerung“ – jetzt kommt es –, „die nach Ansicht der Partei nicht der ‚Volksgemeinschaft‘ angehören, oft als ‚Asoziale‘ und ‚Schmarotzer‘ diffamiert“.

(Stefan Köster, NPD: Vollkommen falsch.)

Und wenn man sich jetzt – und damit kommen wir also zu der Authentizität der Reden von Herrn Andrejewski –, wenn man sich jetzt die Biografie von Herrn Andrejewski mal ansieht, dann muss man sagen, na ja, ist ja beeindruckend. 36 Semester hat Herr Andrejewski studiert.

(Udo Pastörs, NPD: Darum ist er so gut.)

36 Semester, das sind 18 Jahre.

(Stefan Köster, NPD: Sie hätten auch ein paar nötig. – Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

Wenn man davon ausgeht, dass ein Studienjahr den deutschen Steuerzahler rund 10.000 Euro kostet, dann hat Herr Andrejewski 180.000 Euro an Steuermitteln verbraucht.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Da sehen Sie mal, was der wert ist!)

Und nachdem er sein Studium abgeschlossen hat, hat er sich unmittelbar nach Anklam begeben und hat ja dann weiter Hartz IV studiert.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorher war er noch in Lichtenhagen. – Udo Pastörs, NPD: Vorher war er auch in Lichtenhagen. – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Er war nämlich mehrere Jahre Transferleistungsempfänger. Transferleistungsempfänger, frei gewähltes Schicksal, er hat sich nicht als Jurist um Arbeit bemüht,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Versuchen Sie doch mal, als Jurist Arbeit zu bekommen! Es gibt Tausende von Arbeitslosen.)