Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

(Rudolf Borchert, SPD: Och! Wenn die Ursachen der Defi nition schon nicht stimmen, dann kann ja nichts klappen.)

Dringliches Ziel, werte Kollegen, muss es jetzt sein, die Staatsverschuldung abzubauen und dem Finanzmarkt Grenzen zu setzen, die ein nochmaliges Entstehen einer solchen Krise verhindern.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber diese Mittel müssen gut durchdacht sein. Die von Ihnen und speziell von Ihnen, Herr Borchert, referierte Finanztransaktionssteuer sehe ich unter den gegebenen Umständen als ungeeignet an. Hier stimme ich den ablehnenden Argumenten des IWF zu.

Werte Kollegen der LINKEN, Ihr Antrag beschreibt lediglich eine bekannte Situation und wesentliche Punkte gehen unserer Meinung nach in die falsche Richtung. Ich kann nach wie vor nicht verstehen, dass Sie unter den gegebenen Umständen das Wort „sparen“ meiden wie der Teufel das Weihwasser.

(Irene Müller, DIE LINKE: Weil es kein Sparen ist, sondern Kürzen. – Torsten Koplin, DIE LINKE: „Sparen“ ist positiv besetzt.)

Sparen heißt immerhin Ausgaben zu dezimieren und nicht Einnahmen zu erhöhen. Sparen ist etwas anderes, als Einnahmen zu erhöhen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Dann ziehen wir mal die Steuererleich- terungen für die Gaststätten zurück.)

Es ist wohl so, dass aus volkswirtschaftlicher Sicht ein antizyklisches Staatsverhalten oftmals Sinn macht.

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: 1 Milliarde geht für die Hoteliers weg.)

Die aktuelle Situation darf dabei aber nicht aus den Augen verloren werden. Die Aussage Ihrer Bundestagsabgeordneten Katja Kipping bei „Maybrit Illner“ am vergangenen Donnerstag,

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

dass Sparen der falsche Weg aus der Krise ist, ist für mich nicht nachvollziehbar,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

denn es ist offensichtlich, dass ohne Spardiktate die Wirkung der bereitgestellten Gelder verpuffen würde. Ohne Spardiktat kommt es nie zur Ausgabenkontrolle und die nächste Krise wäre bereits in Sicht.

(Hans Kreher, FDP: Ganz genau. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Weiterhin fordern Sie die Auflage eines europäischen Konjunkturprogramms.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Auch hier möchte ich Ihnen widersprechen, denn wichtig ist, die Rahmenbedingungen zu koordinieren.

(Rudolf Borchert, SPD: Das haben wir doch vor neun Monaten gerade gemacht in Europa.)

Mit Ihrem Vorschlag wollen Sie lediglich weitere Fehlanreize schaffen und in staatliche Hoheiten eingreifen.

Zum Punkt II bleibt zu sagen, dass die Bundesregierung gerade bei den Spekulationsgeschäften und im Steuervollzug bereits im erheblichen Umfang tätig ist.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und sehr erfolgreich! Und sehr erfolgreich!)

Wie die FDP zur Steuererhöhung steht, brauche ich hier nicht zu wiederholen.

(Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Irene Müller, DIE LINKE)

Zur Unterrichtungsforderung an die Landesregierung gehe ich davon aus, dass die Landesregierung so wie in der Vergangenheit auch dieser Pflicht im Ausschuss und gegebenenfalls auch hier rechtzeitig nachkommen wird. Denn wichtig und von entscheidender Bedeutung ist die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für eine Unterrichtung ist. Die Auswirkungen müssen dann auch wirklich seriös beziffert werden können, damit nicht wieder Nebelkerzen gezündet werden, die sich im Nachhinein nicht bewahrheiten. Wir lehnen den Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Frau Reese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der LINKEN gibt uns während dieser Landtagssitzung die Möglichkeit, wieder über die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise zu diskutieren. Im Mittelpunkt steht dieses Mal der Eurorettungsschirm.

Am 9. Mai haben die EU-Finanzminister der IWF und EZB ein in der Geschichte der EU beispielloses Maßnahmenbündel zur Rettung des Euros geschnürt. Insgesamt sage und schreibe 750 Milliarden Kredite und Bürgschaften, davon 500 Milliarden von EU und 250 Milliarden vom IWF, sollen nicht nur Griechenland, sondern auch bedrohte Staaten vor dem Bankrott retten und damit auch den Euro stabilisieren. Deutschland wird sich mit Garantien für Kredite in Höhe von insgesamt 147,6 Milliarden Euro an diesem Hilfspaket beteiligen. Wichtig dabei ist vor allem, dass durch dieses Rettungspaket ermöglicht wird, dass in Not geratene Staaten Kredite aufnehmen können, ohne die überhöhten Zinsen an den Kapitalmärkten zahlen zu müssen.

Ich möchte jetzt im Einzelnen auf die Punkte des Antrages der LINKEN eingehen und zuerst zu Punkt 1 die Position der SPD deutlich machen. Ja, es ist zutreffend, dass diese finanziellen Hilfen für Griechenland und andere Euroländer notwendig und alternativlos sind. Warum? Der Zusammenbruch europäischer Staaten und ein instabiler Euro würden in Europa und in Deutschland Hunderttausende von Arbeitsplätzen kosten. Gerade Deutschland als Exportnation der Welt Nummer zwei wäre besonders negativ betroffen.

Insofern ist die Hilfe für Griechenland und andere europäische Staaten bester Selbstschutz für Deutschland. Trotzdem hat die SPD im Bundestag nicht zugestimmt. Sie hat sich der Stimme enthalten. Warum? Das ist bekannt:

Als Erstes kritisiert die SPD das schlechte Krisenmanagement der Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzlerin, weil aus unserer Sicht diese Maßnahmen viel zu spät eingeleitet wurden und Deutschland dort viel zu lange gezögert hat.

Zweitens wurden in einer beispiellosen Art und Weise die Rechte des Bundestages, des Parlaments, ausgehebelt, was zu Recht vom Bundespräsidenten Lammert kritisiert wurde und von vielen anderen Parlamentariern.

Drittens, das ist das Entscheidende für die SPD, es ist nicht erkennbar, dass diese Bundesregierung in der Lage oder bereit ist, wirklich verbindliche Festlegungen zur Beteiligung der Verursacher der Krise an den Kosten zu treffen.

Zum zweiten Punkt des Antrages der LINKEN. Ja, es stimmt, Sparpakete – und ich sage jetzt ganz bewusst nicht „Spardiktate“ – können die Krise und damit die wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Probleme verschärfen. Zurzeit werden in mehreren europäischen Staaten Sparprogramme aufgelegt: in Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Irland, Frankreich, Großbritannien und jetzt auch in Deutschland. Nach Berechnung der Commerzbank wollen diese Länder ihr Defizit bis 2013 insgesamt über 300 Milliarden Euro senken. Durch das Absenken der Staatsausgaben in dieser Größenordnung besteht die große Gefahr, dass die Konjunktur absackt, in die Tiefe fällt, die Binnennachfrage weiter geschwächt wird. Das heißt, es besteht die große Gefahr, dass Wachstum kaputt gespart wird und wir von der bisher richtigen Strategie abweichen. Denn die Strategie gerade in den letzten Monaten war auch mit Einbeziehung der Konservativen und der Liberalen, durch Konjunkturprogramme und durch Kurzarbeit, sprich Arbeitszeitverkürzung, der Krise entgegenzusteuern.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Das soll jetzt auf einmal alles nicht mehr wahr sein?

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Jetzt gibt es eine neue Strategie und für die SPD

(Hans Kreher, FDP: Das war damals schon mit festgelegt, auch von Steinbrück. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

ist an der Stelle ganz klar: Wir halten diese neue Strategie für falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Aus aktuellem Anlass möchte ich kurz auf das 80-Milliarden-Sparpaket in Deutschland eingehen, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Wir werden in der nächsten Landtagssitzung noch einmal Gelegenheit haben, ausführlicher darüber zu sprechen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hätten wir gestern schon haben können, Rudi.)

Aus Sicht der SPD ist dieses Sparpaket nicht sozial gerecht und es ist auch nicht konjunkturunschädlich.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist kein Sparpaket, das ist ein Kürzungspaket. Sparen ist was anderes.)

Das wäre die Voraussetzung für eine sinnvolle Haushaltskonsolidierung.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ein Einsparpaket, kein Sparpaket.)

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es ist unstrittig, übrigens auch bei LINKEN, damit meine ich nicht ausdrücklich die Fraktion DIE LINKE, in Europa, dass selbstverständlich die öffentlichen Haushalte konsolidiert werden müssen. Allerdings,