Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

Der Ortsvorsteher für die Ortsteile Cammin, Godenswege und Riepke in Burg Stargard begründet seinen Einsatz für die Zulassung der Öffentlichkeit im Hauptausschuss wie folgt, Zitat: „Damit auch im Hauptausschuss sich nicht nur die Einwohner und Einwohnerinnen des Ortsteils Cammin informieren und Einschätzungen der Ausschussmitglieder, des Bürgermeisters wie auch des Ortsvorstehers vernehmen können, ist die Öffentlichkeit im Hauptausschuss eingeladen, an den Sitzungen des Hauptausschusses teilzunehmen. Dadurch wird Transparenz, Informationsfluss und Bürgerbeteiligung hergestellt. Es würde den kommunalpolitisch interessierten Bürgerinnen und Bürgern entgegenkommen, da sie an den Entscheidungsfindungsprozessen teilnehmen können, Berichte des Bürgermeisters vernehmen, ihrem Informationsbedürfnis nachgehen und besser Beschlüsse nachvollziehen können.“

Und das ist eine Begründung, Herr Müller, die sticht, im Gegensatz zu den ja doch inhaltsleeren Worten, die wir von Ihnen gehört haben.

(Udo Pastörs, NPD: Das waren nur diese Phrasen, die NS-Phrasen.)

Der Anklamer Bürgervorsteher beschreibt die Folgen Ihrer Politik im „Nordkurier“ wie folgt, Zitat:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, das ist die Lügenpresse?)

„Die Leute denken, dass es keinen Sinn mehr macht, etwas gegen die Politik zu unternehmen“,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wieso zitieren Sie aus der Lügenpresse, Herr Köster? – Zuruf von Stefanie Drese, SPD)

„die im Land gemacht wird.“ Zitatende.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was denn nun?)

Vielleicht war beziehungsweise ist es auch Ihr Bestreben, den Bürgern jegliche Hoffnung zu nehmen, damit sich gegen Ihr Elfenbeindasein kein spürbarer Widerstand erhebt. Aber auch hier haben Sie sich bereits verzockt, Herr Müller. Die Bürger begehren immer häufiger gegen Ihre bürger- und inländerfeindliche Politik auf. Wir haben das heute im Rahmen der Aussprache zu diesem Gesetzentwurf wieder gesehen: Ihre Parteiendiktatur wird irgendwann endlich ein Ende finden. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/4465 an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. –

(Jochen Schulte, SPD: Gescheitert ist auch daneben. – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt, bei keiner Stimm- abgabe der NPD.

(Peter Ritter, DIE LINKE:

Was?! Bei keiner Stimmabgabe?! –

Heiterkeit und Unruhe vonseiten

der Fraktion der CDU –

Neue Qualität der Mitarbeit. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Volksinitiative nach Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Änderung der Landesbauordnung MecklenburgVorpommern „Gegen unkontrollierten Ausbau von Windenergie“, Drucksache 6/4450.

Gesetzentwurf der Volksinitiative nach Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Änderung der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) „Gegen unkontrollierten Ausbau von Windenergie“ (Erste Lesung) – Drucksache 6/4450 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heute zur Diskussion stehende Volksinitiative will sich gegen den von ihr behaupteten unkontrollierten Ausbau von Windenergieanlagen wenden. Ich will diese Diskussion gerne nutzen, darauf hinzuweisen, dass bei halbwegs genauem Hinsehen sehr deutlich wird, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern gerade das Gegenteil eines unkontrollierten Windenergieanlagenausbaus praktizieren. Viel- mehr gehen wir hochgradig planend und damit sehr kontrolliert beim Ausbau vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf dabei daran erinnern, dass die Grundregel,

(Udo Pastörs, NPD: Kontrolliert mehr!)

dass sich die Grundregel, Herr Pastörs, für die Errichtung von Windkraftanlagen im Paragrafen 35 des Baugesetzbuches befindet.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Nach diesem Paragrafen sind Windkraftanlagen im sogenannten Außenbereich – zu gut Deutsch: bei uns im kompletten ländlichen Raum – als sogenannte privilegierte Vorhaben im Regelfall zulässig. Zu gut Deutsch heißt das, nach Paragraf 35 dürfen Windkraftanlagen überall dort gebaut werden, wo nicht unmittelbar Wohnbebauung steht und nicht andere harte rechtliche Bestimmungen, beispielsweise aus dem Natur- und Umweltschutzrecht, entgegenstehen.

Dieser Paragraf im Baugesetzbuch des Bundes lässt jedoch eine Ausnahme zu und genau die nutzen wir. Wenn in Bundesländern beispielsweise über die Planungsverbände in den regionalen Raumordnungsplänen ausdrücklich Windeignungsgebiete ausgewiesen werden, darf zugleich festgelegt werden, dass außerhalb dieser Gebiete Windkraftanlagen nicht zulässig sind, also nicht diese Privilegierung in Anspruch nehmen. Wir können also durch die oft kritisierten Regionalpläne diese Esdarf-überall-gebaut-werden-Wirkung des Paragrafen 35 deutlich mildern und genau das tun wir.

Sie wissen – und viele von Ihnen aus eigener Erfahrung als ehrenamtliche Mitglieder in den verschiedenen Verbandsversammlungen der vier Planungsverbände, die wir im Land haben –, dass diese Verfahren für die Aufstellung der Regionalpläne mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Das ist auch nichts, was mal eben im Hinterzimmer übers Knie gebrochen wird. Die entsprechende Ausweisung von Windeignungsgebieten wird in den vier Planungsverbänden unter breiter Beteiligung der ehrenamtlichen Mitglieder der Verbandsversammlung vorgenommen. Es wird dabei insbesondere die regionale Erfahrung der Mitglieder in den verschiedenen Gremien der Planungsverbände einbezogen, sodass der oft gewünschte regionale und kommunale Erfahrungsschatz sich in unseren Plänen vollständig abbildet.

Unsere Regionalpläne – im Übrigen genauso wie das Landesraumentwicklungsprogramm – werden zudem von mindestens zwei mehrmonatigen öffentlichen Beteiligungen begleitet. In diesen Beteiligungen wiederum kann sich jede und jeder zu Wort melden. Alle Rückmeldungen, die aus diesen Beteiligungen hervorgehen, fließen dann in die jeweiligen Abwägungen ein. Abwägung heißt in diesem Falle, dass die verschiedenen Interessen miteinander und zuweilen auch gegeneinander in Ausgleich gebracht werden müssen. Wichtig ist mir dabei, jeder kann sich äußern und jede Äußerung findet Eingang in den Abwägungsprozess.

Wer sich die vergangenen Planungsprozesse der Planungsverbände und insbesondere die aktuellen Planungsprozesse anschaut, der weiß auch sehr genau, dass diese Beteiligungen und Anhörungen zu ganz erheblichen und regelmäßig umfangreichen Änderungen in den Verfahrensstadien führen und damit erkennbar ernst gemeint sind. Insgesamt sichern wir auf diese Weise ein sehr transparentes und langfristig planendes Verfahren. Es handelt sich also, wenn man es objektiv und mit einer gewissen Ernsthaftigkeit bewertet, um ein sehr kontrolliertes Planen und ein sehr strukturiertes Vorgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin auch fest davon überzeugt, dass spätestens seit dem, nennen wir es mal „Beinaheurteil“ des Oberverwaltungsgerichtes in Greifswald vor einigen Monaten für die Planungen des Planungsverbandes Vorpommern allen bewusst ist, wie richtig und wichtig genau dieses kontrollierte und planende Vorgehen durch die regionalen Raumordnungsprogramme ist. Wenn das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Rechtskraft erlangt hätte, wäre der Plan in der Planungsregion Vorpommern verworfen worden. Dann hätte ab sofort in Gänze Paragraf 35 Baugesetzbuch gegolten. Damit wäre an allen Orten im ländlichen Raum ab sofort eine Bauantragstellung für Windkraftanlagen möglich gewesen.

Ich hatte für meinen Teil schon sehr deutlich den Eindruck, dass allen Beteiligten –, und ich meine damit, sowohl den Befürwortern als auch den kritischen Stimmen der Windkraftnutzung im Land – zum damaligen Zeitpunkt für einen kurzen Augenblick der Atem gestockt hat. Allen ist klar erkennbar gewesen, was das bedeutet hätte. Spätestens in dem Moment war auch für alle kritischen Stimmen der Windkraftnutzung im Land deutlich, wie sehr kontrolliert und strukturiert hier der Windkraftausbau eben gerade dank dieser Planungsprozesse in den regionalen Planungsverbänden betrieben wird.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, die durch die Landesregierung empfohlene 1.000-Meter-Abstands- regelung ist auch sachlich begründet, worauf ich gern eingehen will. In unserem Bundesland, um mal diesen unkontrollierten und breiten Ausbau in Prozenten zu bezeichnen, sind aktuell nicht einmal 0,7 Prozent der Landesfläche – Sie können auch gern von 7 Promille sprechen –, nicht einmal 0,7 Prozent der Landesfläche für Windeignung ausgewiesen.

(Udo Pastörs, NPD: Das sagt nichts aus.)

Auch die jetzt in den vier Planungsverbänden erfolgenden Fortschreibungen der Regionalpläne führen bei Weitem nicht zu einer überbordenden Nutzung der Landesfläche. Selbst wenn in den bisher ja noch gar nicht abgeschlossenen Verfahren der vier Planungsverbände die

Flächen, die bisher dort in den Entwürfen vorgesehen sind, überwiegend tatsächlich endgültig in den Plänen festgesetzt würden – alles im Konjunktiv! –, bliebe die genutzte Fläche knapp über 1 Prozent der gesamten Landesfläche.

(Rudolf Borchert, SPD: Da haben sie aber noch keine Baugenehmigung.)

Auch dies zeigt sehr deutlich, von einem unkontrollierten Ausbau, meine Damen und Herren, sind wir meilenweit entfernt! Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, unkontrolliert, und das muss man bei diesem Antrag wissen und mit sehen, könnte die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland werden, wenn die Forderung nach einem Abstand von 2.000 Metern zwischen Wohnbebauung und Windeignungsgebieten Gesetz würde, und dann nach Möglichkeit noch bundesweit. Wir sind schon mit unserer Empfehlung an die vier Planungsverbände, dass 1.000 Meter Abstand eingehalten werden sollten, eher im deutlich oberen Bereich dessen, was in Deutschland angewendet und empfohlen wird. Wir haben sehr früh diesen deutlich größeren Abstand als anderswo gewählt, um den damals schon absehbaren, sich heute in der Realisierung befindlichen deutlich höheren Anlagen zu entsprechen.

Wenn man sich anschaut, wie hoch der Anteil der Landesfläche sein könnte, den wir maximal bei diesem vorgegebenen Abstand von 1.000 Metern überhaupt für Windeignungsgebiete nutzbar machen könnten, hätten wir – noch mal wiederholt – eine Chance auf knapp über 1 Prozent der Landesfläche, die ausgewiesen werden könnte. Dabei fallen dann der Erfahrung nach in den Planungsprozessen in aller Regel noch einige Flächen weg, weil sich besondere, beispielsweise naturschutzfachliche Fragen ergeben oder andere Einschränkungen bestehen und einstellen.

Wenn dieser Abstand, den wir aktuell haben, von 1.000 Metern auf 2.000 Meter verdoppelt würde, dann – das wäre ja die erste arithmetische Grundrechenart – halbiert sich eben nicht die potenziell nutzbare Fläche linear, sondern sie vermindert sich deutlich überproportional. Von derzeit knapp über 18.000 Hektar, die denkbar wären, bei einem Abstand von 1.000 Metern überhaupt ausgewiesen zu werden, würden bei 2.000 Metern Abstand lediglich noch 830 Hektar übrig bleiben – noch mal: von 18.000 Hektar! Statt knapp über 1 Prozent denkbar nutzbarer Fläche der Gesamtlandesfläche blieben überhaupt nur noch zwischen 0,03 und 0,04 Prozent der Landesfläche theoretisch denkbar übrig, und auch da würde man dann noch manche Restriktion entdecken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun mag man argumentieren, wenn es nützt, dann sei es das wert. Die wissenschaftlichen Erhebungen, die wir durch die entsprechenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen der Vortragsreihe des Energieministeriums, die auch im Internet übertragen wird und heute noch jederzeit abrufbar ist, haben vorstellen lassen, geben hierfür jedoch keinerlei Anlass, diese positive Wirkung anzunehmen. Es gibt nach diesen ausdrücklich empirischen Studien, die breitenwirksam angelegt sind, gerade keinen Zusammenhang zwischen der Distanz von der Wohnbebauung zu den Windkraftanlagen und den gefühlten oder tatsächlich bestehenden Beeinträchtigungen, Belastungen oder entsprechend empfundenen Unannehmlichkeiten.

Im Ergebnis bringt also die entsprechende Verdopplung der Abstandsfläche für die Beteiligten nach wissenschaftlich empirischen Studien gar nichts, sie bringt aber, meine Damen und Herren, eines gewiss, sie bringt eine erhebliche Gefahr für die Energiewende. Diese braucht die Windkraft, vor allem diese neben der Solarkraft an Land kostengünstigste Form der Stromerzeugung durch regenerative Energien. Den Windstrom benötigt insbesondere auch die gesamte Bundesrepublik Deutschland, auch unseren, wenn sie bis 2022 die letzten Kernkraftwerke Stück für Stück vom Netz nehmen will. Die Windkraft braucht aber auch der Klimaschutz, damit die wegfallende Stromerzeugung dann nicht durch Kohlekraftwerke kompensiert werden muss.

Ich bin mir bewusst, dass eine Vielzahl von Vorurteilen von denen, die kritisch schauen, bemüht wird. Die immer wieder befürchteten körperlichen Leiden und Krankheiten sind jedoch durch die gerade genannten Studien in keiner Weise belegt worden, insbesondere nicht der Zusammenhang. Der gern zitierte Infraschall ist durch keine belastbare wissenschaftliche Studie oder Aussage nachvollziehbar. Vielmehr sprechen die Regionen innerhalb und außerhalb Deutschlands, in denen Windkraft zum Teil schon zwei Jahrzehnte und mehr auch in der Nähe von Wohnbebauung an Land intensiv genutzt wird, gerade dagegen, dass diese Anlagen zu Epidemien führen würden. Es sind keinerlei Erkenntnisse bekannt, dass dort besondere Krankheitshäufungen auftreten, und ich bin mir sicher, wenn dem so wäre, dann wäre das gerade durch die kritischen Stimmen längst pressewirksam öffentlich gemacht worden. Wir würden solche Sachverhalte kennen.

Und soweit immer wieder der nicht benötigte Strom zitiert wird: Die abgeregelten Windkraftanlagen machen nicht, wie zuweilen vielleicht auch die Mediendarstellung gefühlt nahelegt, ein Viertel oder mehr des erzeugten Onshorewindstroms aus. Nein, meine Damen und Herren, das liegt weit – weit! – unter einem Prozentpunkt im Jahr. Dies ist durch Stromleitungsbau im Übrigen lösbar, wird angegangen werden und wird auch schon umgesetzt.

Die Energiewende ist aber nicht nur eine gemeinsame nationale Aufgabe. Sie ist für dieses Land, für Mecklenburg-Vorpommern insbesondere eine riesige wirtschaftliche Chance für eine Reindustrialisierung. Die Studie der SPD-Landtagsfraktion hat dies im Übrigen deutlich mit aktuellen Zahlen belegt. Die entstandenen Arbeitsplätze in diesem Bereich der erneuerbaren Energien bringen diesem Bundesland ein neues industrielles Rückgrat. Die dort gezahlten Löhne liegen deutlich über dem landesweiten Durchschnitt. Wer die Windkraft in diesem Land ohne gute Argumente abwürgen will, schadet nachhaltig den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen dieses Landes. 1.000 Meter, wie wir sie aktuell haben, schaffen die erforderlichen Sicherheitsabstände. Mehr ist weder begründbar noch vor dem Hintergrund der benötigten Strommengen vertretbar.

Ich möchte Sie daher bitten, sich der Volksinitiative in den bevorstehenden Ausschussberatungen intensiv