Protokoll der Sitzung vom 21.10.2015

Ich bitte …

… unterrichten.

Frau Karlowski, bitte!

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte um Ihr Gehör, und wer sonst etwas zu klären hat, draußen gibt es die Lobby, damit Frau Karlowski ihre Rede in Ruhe durchführen kann.

Bitte, Frau Karlowski.

Danke, Frau Präsidentin!

Was ist denn ein „regelmäßiger Abstand“? Und was, bitte schön, macht dann der Europa- und Rechtsausschuss mit diesen Informationen?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nichts.)

Das ist offen, vielleicht nichts.

Entwicklungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Wenn wir es ernst damit meinen, dass wir dazu beitragen wollen, dass Menschen in anderen Teilen der Welt nicht mehr hungern und in Elend leben oder sich aus purer Not auf den lebensgefährlichen Weg Richtung Europa machen, müssen wir Entwicklungspolitik herausholen aus der Nische, in der sie leider viel zu oft gesehen wird. Entwicklungspolitik muss alle politischen Entscheidungen und ihre jeweiligen Auswirkungen betrachten. Wir Bündnisgrünen nehmen das sehr ernst und ich bin davon überzeugt, dass Entwicklungspolitik auch immer wieder hinterfragt werden muss, sie muss immer wieder neu ausjustiert und auf die Waage gestellt werden.

Im Juni dieses Jahres fand hier in diesem Plenarsaal die Veranstaltung statt „Wer entwickelt wen wofür?“. Veranstalter war das Eine-Welt-Landesnetzwerk MecklenburgVorpommern. Die Veranstaltung war wirklich sehr gut besucht, der Raum war voll und die interessanten Referate und anregenden Diskussionen wirken bis heute bei mir nach. Es wurde anhand konkreter Zahlen und Beispiele deutlich, dass viele Entwicklungsprojekte ein Hauptziel haben, das mit Entwicklungspolitik eigentlich nicht viel zu tun hat, denn oft geht es darum, und zwar viel zu oft, Absatzmärkte für die eigenen Produkte zu schaffen. Dies wurde beispielhaft für die Bereiche Landwirtschaft, Fischerei und Energie dargestellt.

Es wurde deutlich, dass eine verantwortungsvolle Entwicklungspolitik nicht losgelöst von scheinbar nationalen Fragestellungen gesehen werden kann. Das heißt für mich, Agrarpolitik und Entwicklungspolitik können keine zwei getrennten Politikfelder sein, genauso wie sich Entwicklungspolitik auch in die Wirtschafts-, Umwelt-, Energie-, Sozial-, Finanz- oder Bildungspolitik hineinfinden muss.

In Mecklenburg-Vorpommern ist, Sie haben es gehört, hauptsächlich die Staatskanzlei innerhalb der Landesregierung mit dem Thema Entwicklungspolitik befasst. Diese Aufgabe nimmt sie sehr gewissenhaft wahr, allerdings ist für diese Aufgabe weder ein eigenes Referat noch ein Etat vorgesehen, mit dem man irgendwelche Handlungsspielräume hätte. Im Haushaltsplan der Staatskanzlei werden lediglich, ich zitiere: „Zuschüsse für die Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften aus Transformations- und Entwicklungsländern in Mecklenburg-Vorpom- mern“ bereitgestellt. 2015 sind das 80.000 Euro, 2016 und 2017 jeweils nur noch 25.000 Euro. Das ist wirklich ein schlechter Witz. Da kann doch gerade mal ein Mensch eine Ausbildung erhalten.

Momentan werden zwischen 200.000 und 400.000 Euro im Jahr aus den Einnahmen der BINGO!-Lotterie der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung zur Verfügung gestellt. Das ist natürlich toll und für viele Projekte eine große Hilfe. Dass das Land sich hier aber nicht mit deutlich mehr Geld einbringt, das ist nicht hinnehmbar.

Wir fordern daher, dass der Etat für Entwicklungspolitik drastisch erhöht werden muss und damit auch das erfolgreiche Programm der Promotoren weitergehen kann. Frau Kaselitz hat ja auch angedeutet, dass die Fraktion der SPD daran arbeitet. Das habe ich wohl zur Kenntnis genommen, da werden wir natürlich gemeinsam miteinander dafür streiten können.

Eine weitere Forderung ist, so wie in anderen Bundesländern auch entwicklungspolitische Leitlinien für Mecklenburg-Vorpommern zu formulieren. Ich erinnere mich

gut, dass in der vorhin genannten Veranstaltung im Juni Kollege Rudi Borchert die Leitlinien als wichtiges Instrument der Entwicklungspolitik im Lande ausdrücklich genannt und eingefordert hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Eh, Rudi! – Rudolf Borchert, SPD: Da konnte ich mich leider nicht durchsetzen.)

Ich hoffe daher sehr, dass sich seine Einschätzung nicht geändert hat und er die Forderung, diese Leitlinie als gemeinschaftlich erarbeitetes Bekenntnis zur Entwicklungspolitik in diesem Lande unterstützt. Vielleicht hören wir von Rudi Borchert dazu heute noch ein Wort.

Wichtig ist, dass alle Ministerien und die Gruppen und Verbände des Eine-Welt-Landesnetzwerkes sich an der Erarbeitung der Leitlinien in angemessener Weise beteiligen können. Ich möchte, dass Mecklenburg-Vorpommern in der Entwicklungspolitik Verantwortung übernimmt. Dazu gehört dann nach meiner Überzeugung auch die Einrichtung eines entwicklungspolitischen Beirates, der sowohl die Erarbeitung der Leitlinien begleitet als auch deren Umsetzung überwacht.

Meine Damen und Herren, holen Sie die Entwicklungspolitik in diesem Landtag heraus aus ihrem Dornröschenschlaf! Nehmen Sie sich ein Beispiel an den vielfältigen haupt- und ehrenamtlichen Initiativen im Land, ohne die es keine Entwicklungspolitik in Mecklenburg-Vorpommern geben würde! Stimmen Sie unserem Änderungsantrag auf der Drucksache 6/4622 mit der vorhin erwähnten kleinen Korrektur zu! Dann sind Sie einen ganzen Schritt weiter als mit dem Ursprungsantrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

(Heinz Müller, SPD: Jetzt kommen wir zu den deutsch-polnischen Beziehungen.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! SPD und CDU haben sich hier zusammengetan, um bürgerschaftliches Engagement für die Entwicklungshilfe zu würdigen. Das ist frech. Denn in Wirklichkeit betreiben Sie Anti-Entwicklungspolitik. Sie bekennen sich ganz offen dazu, sind sogar stolz darauf, dass Sie den Entwicklungsländern das Wertvollste, was diese haben, wegnehmen wollen: junge, qualifizierte Leute. Damit wird ja die Aufnahme so vieler sogenannter Flüchtlinge gerechtfertigt. Sie seien hoch qualifiziert, jeder ist ein Herzchirurg, jeder ist ein Raketentechniker, deshalb seien sie ein Gewinn für den Arbeitsmarkt und für die deutsche Volkswirtschaft. Sie würden auch die Renten bezahlen, sie würden das überalterte deutsche Volk verjüngen, alles wunderbar.

Wenn das stimmen würde, was soll dann bitte aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea werden, wenn Sie sich die gut ausgebildeten jungen Leute schnappen? Das ist nicht Entwicklungshilfe, das ist Vampirismus. Wie ein Vampir saugen Sie die Dritte Welt und Osteuropa aus und nut

zen den syrischen Bürgerkrieg als Gelegenheit, um sich mit neuem Personal zu versorgen. Sie plündern die Gesundheitssysteme dieser Länder, holen die Ärzte raus und preisen das als große humanitäre Tat. Sie behaupten, man könne hoch moralisch sein und gleichzeitig Kasse machen, bunt, tolerant, Willkommenskultur und maximaler Profit.

Das geht aber nicht. Steinreiche Heilige kennt die Heiligengeschichte der Katholischen Kirche nicht. Heilige sind in der Regel arm. Sie wollen aber maximalen Profit machen.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Also ist Ihr Gerede von Entwicklungshilfe und Flüchtlingshilfe reine Heuchelei. Die Wahrheit ist, dass es einen Verlust für die Dritte Welt und Osteuropa darstellt, wenn Sie sich die nach den dortigen Maßstäben qualifizierten Leute greifen, womit Sie die dortigen Volkswirtschaften bewusst und bösartig zerstören.

Es ist aber für uns kein Gewinn, wenn diese Leute kommen. In der neuen Ausgabe, der aktuellen Ausgabe des „Focus“, können Sie einen Artikel mit der Überschrift „Ingenieure auf Realschulniveau“ von Professor Heiner Rindermann lesen, Zitat mit freundlicher Genehmigung der Präsidentin: „Der Bildungsstandard der meisten Einwanderer aus Vorderasien und Afrika ist niedrig, ihre Fähigkeiten sind limitiert. Die Folgen werden bitter sein“ – bitter für die Entwicklungsländer, denn dort fehlen sie. Und da hilft Ihre komische Lotterie auch nichts,

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD: Komische Lotterie!)

wenn Sie den Leuten die qualifizierten Menschen wegnehmen und dann ein paar Millionen rüberschicken aus einer Lotterie oder ein paar Lotterielose schicken. Ein Lotterielos ist kein Ersatz für einen Arzt.

Bitter für uns ist es aber auch, weil Ingenieure und Ärzte auf Realschulniveau unsere Wirtschaft und auch unseren Patienten schaden und nicht nützen. Deshalb ist es zynisch, wenn SPD und CDU die großen Entwicklungshelfer geben. Sie sind das Gegenteil. Es ist widersinnig, dass wir Millionen als Entwicklungshilfe nach Afghanistan geben und gleichzeitig arbeitsfähige junge Männer aus Afghanistan begrüßen und für die Willkommenspartys feiern. Es ist widersinnig, wenn wir unsere Soldaten nach Afghanistan schicken und wehrfähige junge Männer aus Afghanistan hier begrüßen mit Willkommenspartys. Das alles ist dumm und bösartig, genau wie Sie. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Sehr gut.)

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Kaselitz von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte es angekündigt, in einem der letzten Newsletter vom Eine-Welt-Landes- netzwerk war zu lesen:

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Newsletter!)

„… die aktuellen Ereignisse rund um die Situation und den Umgang mit Geflüchteten in Deutschland und welt

weit treiben … viele Menschen an, setzen Energien und Engagement frei und zeigen, dass Entwicklungspolitik auch Inlands- und Bildungsarbeit ist und weiter sein muss.“

Als Bildungspolitikerin ist es für mich die Bildungsarbeit, die eine der wichtigsten Säulen in der Entwicklungspolitik darstellt. Und unser Einsatz für das Promotorenteam hat auch das Ziel, mit Bildung erste dauerhafte Schritte im Land zu gehen. Das menschliche Zusammenleben ist künftig auf Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen angewiesen. So ist national und international Bildung für nachhaltige Entwicklung von besonderer Bedeutung. In den nächsten Jahren wird sich entscheiden, wie globale Herausforderungen wie der Klimawandel, die Wasserknappheit oder der Rohstoffmangel zu meistern sind, wie es uns gelingt, gesellschaftliche Zusammenhänge in der Welt zu analysieren und zu werten. Das wird wichtig.

Mit der 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung sind neue, universelle Ziele für alle Länder der Erde aufgestellt. Dabei wird Bildung für nachhaltige Entwicklung als ein eigenes Ziel benannt und alle Staatschefs und Staatschefinnen der Welt haben diese Sache unterschrieben. Bildung für nachhaltige Entwicklung hat das Ziel, eine zukunftsfähige Welt zu gestalten.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das machen wir schon ein halbes Jahrhundert.)

In den Jahren 2005 bis 2014 war mit der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung der Einstieg in dieses Thema gegeben. Auf Beschluss der Vereinten Nationen im Dezember 2014 wurde mit einem Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung als Folgeprogramm angeknüpft. Ziel ist eine Verstetigung und Intensivierung der Aktivitäten in allen Bildungsbereichen, um den Fortschritt hin zu einer nachhaltigen Entwicklung zu beschleunigen.

Auf dem Weg von Projekt zu Struktur soll sich Bildung für nachhaltige Entwicklung künftig stärker und breiter aufstellen. Wichtig ist dabei unter anderem die politische Unterstützung durch strukturelle und inhaltliche Verankerung im Bildungsbereich und in der Nachhaltigkeitspolitik der Länder, die Multiplikator/-innen-Qualifikation von Lehrkräften, Erzieher/-innen, Ausbilder/-innen und weiterer Akteure bei einer Neuorientierung der Lehrinhalte und Lehrmethoden, die Verstärkung der lokalen Vernetzung, die Stärkung und Mobilisierung der Jugendlichen sowie die Etablierung von Netzwerken.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das ist wichtig, Netzwerke.)

In der Landesarbeitsgemeinschaft Bildung für nachhal- tige Entwicklung und über das Institut für Qualitätsentwicklung werden Ideen entwickelt zur Umsetzung des Weltaktionsplanes. Dazu wurden bereits Zukunftswerkstätten, eine Tagung und Fortbildungen genutzt. Als Ergebnis, zum Beispiel für den Bereich Schule, wurde die Arbeit in vier Schwerpunktfeldern angeregt: Bildung für nachhaltige Entwicklung im Unterricht, in der Lehr-, Aus- und Fortbildung, Schaffung von Netzwerken und ein ganzheitlicher Ansatz in der Schule. Und weiterhin ist für 2016 eine Konferenz zu den Themen Friedenserziehung, Konfliktbewältigung, Flucht, gemeinsam in Frieden leben, Umgang mit Lebensmitteln, Kleidung und Technik geplant. Eine ähnliche Landestagung gab es in diesem Jahr

bereits zum Thema Inklusion und Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Auch im Schulgesetz unseres Landes finden wir in Paragraf 3 Lernziele, die dem Anspruch an Bildung für nachhaltige Entwicklung gerecht werden, zum Beispiel: Die Schülerinnen und Schüler sollen in der Schule insbesondere lernen, soziale und politische Mitverantwortung zu übernehmen, die eigene Meinung zu vertreten und die Meinung anderer zu respektieren, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einzutreten, Konflikte zu erkennen, zu ertragen und sie vernünftig zu lösen, Ursachen und Gefahren totalitärer und autoritärer Herrschaft zu erkennen, ihnen zu widerstehen und entgegenzuwirken, Verständnis für die Eigenart und das Existenzrecht anderer Völker, für die Gleichheit und das Lebensrecht aller Menschen zu entwickeln,

(Udo Pastörs, NPD: Jaja, grau ist alle Theorie.)