Ausgangspunkt für die Bewertung ist der EU-CO2-Grenz- wert von 130 Gramm je Kilometer. Das ist schön und auch plakativ. Und weil es so schön plakativ ist, haben Sie den Grenzwert gleich in Ihren Antrag übernommen. Das Problem ist nur, so einfach, wie Sie sich das immer machen, ist die Welt nicht. Die GRÜNEN schreiben, dass die CO2Werte aller neu zu beschaffenden Autos des Landes, ich zitiere, „unterhalb der EU-Vorgabe für Neufahrzeuge von 130 g CO2/km liegen“ sollen. Zitatende. Lieber Herr Jaeger, wo haben Sie denn diese Vorgabe gelesen?
So, wie Sie das schreiben, ist es definitiv falsch. Zunächst einmal gelten die Vorgaben aus Brüssel nicht für einzelne Fahrzeuge, sondern für die jeweiligen Flotten der Fahrzeughersteller. Sie können ja gern einen festen Grenzwert für jedes einzelne Fahrzeug fordern, aber das hat dann zumindest mit den EU-Vorgaben nichts zu tun, auf die Sie sich berufen.
Darüber hinaus ist auch der von Ihnen genannte Grenzwert einfach falsch. Orientiert wird sich an 130 Gramm CO2 je Kilometer. Das natürlich ist eben nur ein Ausgangswert. Maßgeblich ist zudem das durchschnittliche Gewicht der verkauften Neuwagen. 130 Gramm gelten für eine Fahrzeugflotte, deren Autos im Schnitt 1.372 Kilogramm wiegen. Liegt das durchschnittliche Gewicht höher, steigt der Grenzwert. Liegt das durchschnittliche Gewicht darunter, sinkt der Grenzwert. Nach der aktuellen Kurve entsprechen 22 Kilogramm Fahrzeugmasse etwa einem Gramm CO2 je Kilometer. Beträgt das durchschnittliche Fahrzeuggewicht beispielsweise 1.800 Kilogramm, gilt für den Hersteller ein CO2-Wert von 150 Gramm je Kilometer. Das ist gar nicht so schwer. Im Zweifelsfall kann ich Ihnen auch einen Taschenrechner geben.
Im Ergebnis müssen Sie sich wieder von mir vorhalten lassen: Entweder haben Sie für die Thematik kein Verständnis oder Sie wollen die Menschen bewusst für dumm verkaufen. Ich weiß noch nicht, was von beiden ich schlimmer finden soll.
Meine Damen und Herren, trotz der fehlerhaften Antragstellung möchte ich aber trotzdem etwas zu dem Kernan
liegen des Antrages sagen. Die Landesregierung ist seit jeher bestrebt, soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen. Das gilt eben auch für den Kauf von Dienstkraftfahrzeugen. Grundlage dafür sind die EU-Vorgaben einerseits, die Bundesvorgaben andererseits. Diese münden dann immer in der jeweiligen Landesregelung. Nach Paragraf 4 der Vergabeordnung des Landes in Verbindung mit Nummer 3 der Kfz-Richtlinien sind der Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen bei der Fahrzeugbeschaffung angemessen zu berücksichtigen.
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es gibt keinen Grenzwert, das können Sie ruhig sagen.)
Maßgeblich ist natürlich die gesamte Lebensdauer des Fahrzeuges. Wir haben also bereits bestimmte Umweltvorgaben, die einzuhalten sind.
Lassen Sie mich doch erst mal ausreden, ich bin noch gar nicht fertig! Seien Sie doch nicht so aufgeregt!
Die praktische Umsetzung erfolgte dann im Landesamt für innere Verwaltung. Das Landesamt ist grundsätzlich für die Beschaffung der Dienstfahrzeuge zuständig. Das LAiV schließt in der Regel einjährige Rahmenvereinbarungen für die verschiedenen Fahrzeugsegmente ab. Dazu gehören Kleinkraftwagen, die kompakte Mittelklasse, die obere Mittelklasse sowie Vans und Transporter. Über diese Rahmenvereinbarung können die Behörden des Landes dann die benötigten Fahrzeuge bestellen. Wichtig ist, das LAiV führt vorweg stets eine vertiefte Marktanalyse durch. Die modernsten Fahrzeuge am Markt werden verglichen. Entscheidend sind dabei die Gesamtkosten während der Nutzungsdauer, aber auch die CO2-Emissionswerte.
Im LAiV werden die Erkenntnisse mit dem Bedarf der Verwaltung zusammengeführt und praxistaugliche Maximalwerte für die CO2-Emissionen ermittelt. Diese werden dann in die Leistungsbeschreibung der Dienstkraftfahrzeuge mit aufgenommen. Und auf Basis dieser Leistungsbeschreibung werden schließlich die Rahmenvereinbarungen geschlossen.
Genau diese praxistauglichen Maximalwerte für die CO2Emissionen entsprechen zu einem großen Teil bereits den Forderungen der GRÜNEN-Fraktion oder liegen sogar noch darunter,
Erstens. Transporter dürfen bis zu 180 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen. Ich denke, das sollte einleuchtend und auch nachvollziehbar sein, dass wir hier Flexibilität benötigen.
Zweitens. Für Dienstwagen der Landesregierung und Staatssekretäre gelten Grenzwerte von 170 beziehungsweise 165 Gramm CO2 je Kilometer, also festgeschriebene Grenzwerte, lieber Herr Jaeger. Auch das ist gerechtfertigt. Diese Fahrzeuge sind rollende Büros. Sie sind entsprechend lang und nicht nur...
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Gerade Herr Schlotmann war mit einem Kleinwagen unterwegs.)
... in einem Stadtstaat wie Hamburg unterwegs, sondern sie sind in einem Land mit großer Fläche unterwegs. Gewicht und Motorleistung fordern ihren Tribut. Und deswegen ist es auch gerechtfertigt.
Es gibt ja auch Umweltminister, die fahren mit einem A3 durchs Land, um besonders umweltfreundlich dastehen zu können. Da kann ich mich nur wundern. Der A3 ist zweifelsohne ein tolles Auto, doch wer als Minister viel unterwegs ist, wer dementsprechendes Personal mit hat, um vor Ort zu sein – wie Sie es auch immer fordern –, um die Gespräche mit den Betroffenen zu führen, braucht Platz und die entsprechenden Möglichkeiten, um solche Fahrten durchzuführen.
Die dritte und mit Abstand größte Ausnahme sind aber natürlich die Sonderfahrzeuge. Ich will hier nur beispielhaft die Polizei, die Forstverwaltung und das Vermessungswesen nennen.
Hier werden ganz bestimmt funktionale Anforderungen an die Fahrzeuge gestellt, die oftmals mit höheren CO2Emissionen einhergehen. Nehmen Sie nur ganz klassisch die Funkstreifenwagen. Nicht nur bei Einsätzen auf den Autobahnen kommt es ganz erheblich auf die Motorleistung des Fahrzeuges an. Wir müssen hier auch aus sicherheits- und aus einsatztaktischen Gründen Kompromisse eingehen. Insofern ist die Forderung der GRÜNEN nach einem einheitlichen Grenzwert völlig weltfremd und wird daher von meinem Haus und auch mir entschieden abgelehnt.
Meine Damen und Herren, zu guter Letzt möchte ich noch mal auf die Grenzen der heutigen Technik hinweisen und die Hoffnungen von Ihnen, Herr Jaeger, hier
zumindest dämpfen. Die GRÜNEN werden sicherlich auf andere Länder und andere Minister und Senatoren verweisen, die vermeintlich umweltfreundlichere Fahrzeuge nutzen.
Also wenn man kleinere Autos nimmt, ich sprach den A3 an, dann ist das sicher der Fall, aber für uns keine generelle Option. Und wir haben ja im Fuhrpark auch A3. Wenn man auf größere Fahrzeuge nicht verzichten will, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt man einen kleineren Motor oder man setzt auf alternative Antriebsmodelle, vorzugsweise einen Hybrid- oder gar einen Plug-in-Hybrid-Antrieb.
Der Hamburger Senat macht das recht konsequent und gilt bei der deutschen Umwelthilfe prompt als Klassenprimus. Und tatsächlich mag das funktionieren – viel Stadtverkehr, kurze Distanzen, die Hansestadt ist perfekt für Hybridantriebe. Aber ich frage Sie: Glauben Sie ernsthaft, dass Sie mit einem Hybridfahrzeug als Minister in Mecklenburg-Vorpommern wirklich schadstoffärmer unterwegs sind? Auf dem Papier mögen ja niedrige Emissionswerte stehen, aber auf der A 20 Richtung Vorpommern lösen sich diese schnell im wahrsten Sinne des Wortes in Luft auf. Im Gegenteil, entsprechend optimierte Dieselmotoren sind da nicht nur günstiger in der Anschaffung, sondern sie sind auch effizienter und vor allen Dingen sind sie umweltfreundlicher. Mecklenburg-Vorpom- mern ist ein großes Flächenland und dünn besiedelt. Wir müssen hier weite Wege gehen und wir müssen auch in Zukunft große Strecken zurücklegen. Es ist doch geradezu absurd, uns vor diesem Hintergrund mit Hamburg zu vergleichen.
Ich sage Ihnen eins, der CO2-Ausstoß ist maßgeblich vom Treibstoffverbrauch abhängig. Deswegen schadet ein Kleinwagen, mit dem jeden Tag 200 Kilometer zurückgelegt werden, der Umwelt natürlich mehr als ein Sportwagen, der höchstens am Wochenende für eine Spritzfahrt genutzt wird.
Das Dilemma wird kein CO2-Grenzwert lösen. Wenn Sie also die CO2-Belastung effizient reduzieren wollen, müssen Sie an der Tankstelle ansetzen. Da gab es von den GRÜNEN in der Vergangenheit ja schon immer wieder bemerkenswerte Initiativen. Wir lassen uns also auch in Zukunft überraschen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obergrenzen für den CO2Verbrauch von Fahrzeugen zu definieren, festzulegen und dann bei der Beschaffung einzuhalten – ja, das klingt sehr gut, das klingt sehr umweltbewusst und das klingt sehr konsequent.
(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist es auch. Das ist es auch, Herr Müller. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ja, ja, ja. Aber schön wäre es, wenn man da vielleicht ein bisschen weiter gehen würde, nicht nur wohlklingende Worte machen würde, sondern sie auch konkreter unter
setzen würde. Und so finde ich diesen Antrag, wenn ich ihn lese, eigentlich seltsam weich und seltsam inkonsequent.
Er sagt, wir haben in der EU eine Grenze, die liegt bei 130 Gramm pro Kilometer. Der Herr Innenminister hat etwas über die Qualität dieser Grenze gesagt, das muss ich nicht wiederholen. Aber nehmen wir es doch einfach mal so, dann wird gesagt, ja, wir wollen eine Grenze haben, die muss besser sein als bei der Europäischen Union. Aber den Mut zu sagen, wie viel wir denn wollen, den Mut haben Sie nicht. Das Soll schieben Sie der Landesregierung zu. Die soll selbst sagen, wie viel es denn drunter sein soll.