Protokoll der Sitzung vom 18.11.2015

Von vielen wird das noch gar nicht wahrgenommen, aber es etablieren sich immer mehr alternative Erzeuger- und Vermarktungsprojekte wie die solidarische Landwirtschaft oder auch Foodcoops. Gerade diese Formen der Landwirtschaft, wo die Verbraucher unmittelbar miteinbezogen werden, bergen ein riesiges Potenzial zur Bewahrung einer vielfältigen Agrarstruktur und sollten im Aufgabenspektrum des Kompetenzzentrums eine große Rolle spielen.

Noch im Juli setzte sich die SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, die ökologische Landwirtschaft weiter auszubauen. Ein Schwerpunkt wurde dabei in der Grundlagenforschung gesehen, genauer gesagt die in der nachhaltigen Tier- und Pflanzenzucht sowie in der ökologischen Saatgutforschung. Völlig zu Recht verweist man darauf, dass sich konventionelle Zuchtunternehmen in den letzten Jahrzehnten systematisch aus der Ökolandbauforschung verabschiedet haben. Sie konzentrieren sich immer mehr auf nur wenige ertragsstarke Züchtungsprogramme. Statt in den Wachstumsmarkt Bio zu investieren, vernachlässigen Sie konsequent die Grundlagenforschung. Diese Grundlagenforschung sollte aus unserer Sicht von der Landesforschungsanstalt übernommen werden.

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Ökolandbau eine riesige Chance für die Landwirte, für die Agrarstruktur, für Arbeitsplätze auf dem Land, für die Vielfalt an Pflanzen und Tieren, für die Natur und für das Image des Landes ist.

(Thomas Krüger, SPD: Das sehen wir auch so.)

Die Ausstrahlungskraft und die Lebensqualität im Lande steigen und damit steigt auch die Anziehungskraft für Touristen. Ich glaube, dass es nicht nur ein klares Bekenntnis des Landwirtschaftsministers zum Ökolandbau braucht,

(Thomas Krüger, SPD: Mensch, wir haben die meisten Ökolandbauern in Deutschland!)

sondern dass alles dafür getan werden muss, die ökologische Landwirtschaft zu einem Aushängeschild für Mecklenburg-Vorpommern zu machen.

Schauen Sie mal nach Bayern!

(Vincent Kokert, CDU: Das ist immer gut, wenn man sich an Bayern orientiert. Dann macht man nichts verkehrt.)

Beratung und Forschung gehören genauso dazu wie die glaubwürdige Einbindung des Ökolandbaus in das Landesmarketing. Dann darf der Ökolandbau aber nicht länger als Feigenblatt der Landwirtschaftspolitik in diesem Lande wirken, womit man sich bei passender Gelegenheit gerne schmückt. Aber für alle sichtbar im Lande ist die agrarindustrielle Produktion von Massenwaren für den Weltmarkt. Und hier liegt offensichtlich weiterhin das Hauptaugenmerk. Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Karlowski.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der zuständige Landesminister Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem Redebeitrag, das muss ich sagen, bin ich ein bisschen traurig,

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil ich der Überzeugung war, dass Sie in den letzten vier Jahren, fast viereinhalb Jahren, ein bisschen was wahrgenommen haben in diesem Lande.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber es scheint wohl so zu sein, dass Sie die realen Entwicklungen dieses Landes nicht zur Kenntnis nehmen wollen oder vielleicht nicht können. Das mag so sein, deswegen will ich den Versuch unternehmen, Ihnen deutlich zu machen, wo wir stehen.

Den ökologischen Landbau und auch die Wettbewerbsfähigkeit haben Sie bei den Fragen, die Sie aufgeworfen haben, wissentlich vergessen. Denn unterm Strich geht es im ökologischen Landbau sowohl um die öffentlich anerkannten Leistungen als auch um die ökologischen Systemdienstleistungen, die wir im Übrigen in einer Vorreiterrolle in Deutschland übernommen haben. Es muss selbstverständlich auch darum gehen, dass diese ökologisch wirtschaftenden Betriebe, die Betriebe als solches, auch im Wettbewerb bestehen können.

Deswegen glaube ich, wenn ich Ihnen die Zahlen andeu- te – Sie haben ja eben Herrn Krüger dazwischengerufen, wir sollen mal nach Bayern fahren, ich bin gerade mit Ihren Kollegen auf der Umweltministerkonferenz in Augsburg gewesen und wenn Sie das miterlebt hätten, welche Demonstrationen es dort gegeben hat gegen die Politik Bayerns, auch im ökologischen Landbau –, dass wir, die anerkannten ökologischen Anbauverbände Deutschlands, sagen, dass sich Mecklenburg-Vorpommern in einer komfortablen Situation befindet.

(Thomas Krüger, SPD: Hört, hört!)

Ich will an dieser Stelle auch betonen, dass wir, wenn Sie sich das anschauen, Frau Karlowski, die finanzielle Ausstattung für den ökologischen Landbau über Jahre hinweg weiter nach oben gefahren haben,

(Thomas Krüger, SPD: Eben.)

weil ich und auch wir im Land an den ökologischen Landbau glauben und weil wir mittlerweile auch die Kompetenzregion des ökologischen Landbaus in Deutschland darstellen. Ich will das an ein paar Zahlen deutlich ma

chen: 168 Millionen Euro werden in dieser Förderperiode für den ökologischen Landbau bereitgestellt werden.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch nie hat es in der Geschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern so viel Geld für den ökologischen Landbau gegeben. Allein für die Umstellung und die Beibehaltungsförderung sind es mehr als 30 Millionen im Vergleich zu der vorherigen Förderperiode. Da mag der eine oder andere denken, na ja, das ist ja interessant, aber ich werde in den nächsten Tagen die Fortschreibung des ökologischen Kompetenzwerkes MecklenburgVorpommern vorstellen.

Dann will ich die vier wichtigsten Punkte neben der finanziellen Ausstattung noch mal herausstellen, nämlich Beratung und Bildung. Das, was Sie angedeutet haben, haben Sie ja aus unserem Konzept abgeschrieben.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin meiner Fraktion wirklich sehr, sehr dankbar – wir haben das während unserer Klausurtagung meiner Fraktion vorgestellt –, und ich bin sehr dankbar, dass meine Fraktion – ich weiß nicht, ob Sie überhaupt schon mal ein Konzept vorgelegt haben, jedenfalls für den ökologischen Landbau,

(Tino Müller, NPD: Die GRÜNEN hatten noch nie ein Konzept.)

für die Landwirtschaft habe ich nichts davon erkannt, meiner Fraktion ist dieses Konzept vorgestellt worden –, ich bin dankbar, dass das einstimmig beschlossen worden ist. Da heißt es, ich darf zitieren: „Bildung und Beratung als Grundpfeiler des nachhaltigen Wirtschaftens“.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und der Etat?)

Oder zweitens …

Ja, der Etat – auch den darf ich Ihnen anbieten: Das sind insgesamt 18 Millionen Euro für die Bereiche Bildung, Qualifizierung und Beratung. Im Übrigen haben sich in Mecklenburg-Vorpommern – wenn Sie das nicht wüssten, würde ich ja noch sagen, okay, das muss man anerkennen, aber ich habe es Ihnen im Agrarausschuss vorgestellt, dass wir als Einzige in Deutschland in die Beratung einsteigen – 68 Unternehmen der Beratung beworben und sind akkreditiert worden. Wir sind die Einzigen in Deutschland, die jetzt einsteigen in eine 100Prozent-Erstförderung und Beratung, Erstberatung, …

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und die sind alle im ökologischen Kompetenzzentrum angesiedelt, Herr Backhaus?)

Hören Sie erst mal zu und dann können Sie nachher Ihre Fragen stellen!

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

…. und die 18 Millionen Euro in Qualifizierung, Bildung und letzten Endes auch in Beratung hineinstecken wer

den, weil ich der Auffassung bin, dass das Wissen auch in einem Netzwerk weitergegeben wird. Ob das Ökokompetenzzentrum oder Netzwerk heißt, unterm Strich zählt eins, nämlich dass das, was an Maßnahmen bereitgestellt wird, in den Betrieben ankommt, wir zu einer Stabilisierung dieser Betriebe kommen, sich dieses Netzwerk ausdehnt und letzten Endes damit hoffentlich mehr Betriebe den Weg in den ökologischen Landbau finden.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: So erreichen Sie dieses Ziel?)

Dann heißt es als Zweites: „Praxisorientierte Forschung und Vernetzung zur weiteren Optimierung“. Auch das wissen Sie und haben es wahrscheinlich von uns abgeschrieben. Da stellen Sie hier die Forderung und wir haben es letzten Endes umgesetzt. Nach einer nachhaltigen Stärkung und damit verbunden auch nach dem Ausbau der ökologischen Wirtschaftsweisen ist sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht eine intensive Begleitung durch die Forschung in MecklenburgVorpommern weiter notwendig.

Dann haben wir einen Grunddissens, und das müssten Sie eigentlich auch wissen – Sie kommen ja aus der Wissenschaft oder haben zumindest versucht, wissenschaftlich zu arbeiten,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das erkenne ich hoch an, das erkenne ich hoch an –, dann wissen Sie, dass wir eine abgestufte Forschungsentwicklung in Deutschland haben: Das ist die Grundlagenforschung, das ist die angewandte Forschung oder das ist, wenn man es so will, auch die begleitende Forschung durch universitäre oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann sage ich Ihnen hier und heute auch noch mal ausdrücklich, dass natürlich die angewandte Forschung durch die Landesforschung umzusetzen ist. Wenn Sie es mitbekommen haben, haben wir auch da die Konsequenzen weiter umgesetzt und in Richtung des ökologischen Landbaus Forschungskapazitäten bereitgestellt. Ich sage noch mal – ich selber habe den Begriff geprägt und darauf bin ich stolz –: öffentliches Geld für öffentliche Leistungen. Die Förderung des ökologischen Landbaus wird auch unter diesem Blickwinkel im Rahmen der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik ausdrücklich bedacht.

Und Ihre Aussage, wir würden landwirtschaftliche Nutzflächen nicht für den ökologischen Landbau bereitstellen – ein Kriterium bei der Bewerbung, …

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nicht als prioritär. Das war meine Rede. Sie haben nicht zugehört.)