Wir hatten noch einen anderen interessanten Sachverständigen dabei. Das war jemand von der Industrie- und Handelskammer in Hagen. Der Mann war von der Ausbildung her, wenn ich das richtig verstanden habe, Behindertenpädagoge, kam aus der Behindertenpädagogik, hatte mal in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen gearbeitet, war jetzt bei der IHK gelandet. Seine Aufgabe bestand darin, letztendlich Betriebe zu beraten, wie man Arbeit anders organisiert, um auf diese Art und Weise Menschen mit Arbeitseinschränkungen den Einstieg in Betriebe zu ermöglichen. Hagen liegt am Rand vom Sauerland und auch im Sauerland ist die Situation
so, dass sich das Thema Fachkräfte als schwierig darstellt. Die gehen rein, machen in den Unternehmungen Untersuchungen und gucken, wie man Arbeit anders organisieren kann, wie man auf diese Art und Weise Menschen, ob das nun ältere sind oder Menschen mit Behinderungen, in Arbeitsgelegenheiten bringt.
Also das sind alles Dinge, wo ich sage, das muss man in Angriff nehmen, das muss man machen, denn die Menschen haben es verdient, dass man sich um sie kümmert.
Wenn man sich jetzt mal anguckt, was das für ein Programm ist, um das es hier geht, dann muss man sagen, es sollen 280 Millionen bundesweit verteilt werden. Wenn man den Königsteiner Schlüssel zur Anwendung bringt, dann sind das für Mecklenburg-Vorpommern 7 Millionen Euro.
Das Geld soll ausgegeben werden für Haushalte, wo zwei, also beide Elternteile erwerbslos sind und mindestens zwei Kinder in dieser Bedarfsgemeinschaft leben, und das jüngste muss mindestens sechs Jahre alt sein. Das heißt also, dieses Programm nimmt eine Einschränkung vor, wo ich sage, das ist jetzt nicht wirklich der Weisheit letzter Schluss. Also dafür jetzt eine Bundesratsinitiative zu starten, von der man weiß, dass die Erfolgsaussichten so wahnsinnig auch nicht sein werden, da sage ich, wir sind hierbei schon viel besser.
Der Bildungsminister hat darauf aufmerksam gemacht, es gibt bei uns dieses Projekt des Familiencoaches. Dafür stehen 17 Millionen Euro zur Verfügung.
Wir haben das ausgedehnt aufs ganze Land. Das heißt also, das ist das, worum es geht: Menschen in prekären Situationen, die es vielleicht auch ein bisschen schwerer haben, dabei zu unterstützen, Arbeit zu finden, in Arbeit zu bleiben, entsprechende Betreuungsangebote für ihre Kinder zu finden, sie zu unterstützen beim Thema Schulbesuch, ein Bindungsglied zu sein zur Schule, aber auch zur Kindertagesstätte. Und wie gesagt, wenn ich ein paar Millionen mehr zur Verfügung hätte, dann würde ich eher das Geld da reinstecken, um Leute zu begleiten und zu unterstützen, um Arbeitsplätze zu erhalten und dann auch zu behalten, und jetzt nicht riesige Kraft dafür investieren, auf der Bundesebene ein Projekt anzuschieben, was letztendlich nur sehr wenigen zugutekommt. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde doch mal ganz gern ein paar Zahlen nehmen, weil man kann auch immer unterschiedliche nehmen und kommt dann zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Aber eins vorneweg: Kinderarmut ist ein Dauerthema, Kinderarmut hat eben weitreichende Folgen. Wir haben das jetzt, glaube ich, wirklich fast in jeder Sitzung, dass wir gerade Kinderarmut aus den unterschiedlichen Facetten betrachten. Und ich denke, es ist notwendig, dies doch interdisziplinär und sektorenübergreifend zu tun.
Wir haben hier heute sehr stark den Arbeitsmarkt. Sie kennen meine Kritik dazu, weil ich denke, das SGB VIII darf nicht geschwächt werden, und es ist eigentlich eine große Aufgabe des SGB VIII. Hier wird deutlich, wo kommunale Missfinanzierung hinführt, dass leider in den Bereichen gespart wird. Aber Kinderarmut hat eben auch eine Geschichte und die fängt häufig bei den Eltern an.
Von daher würde ich gern noch mal ein paar Zahlen darstellen: In Mecklenburg-Vorpommern sind mehr als ein Drittel der Kinder und Jugendlichen, Herr Heydorn, unter 18 und gelten als einkommensschwach. Trotz sinkender Arbeitslosenzahlen und vergleichsweise guter Wirtschaftsdaten ist die Armut in Mecklenburg-Vorpom- mern weiterhin gestiegen. Das zeigt beispielsweise der Armutsatlas des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes aus dem Februar dieses Jahres. Demnach lebten 2013 23,6 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner unterhalb der Armutsgrenze. Und damit sind wir nach wie vor auf dem vorletzten Platz hinter Bremen. Ich denke, da kann man nichts schönreden, sondern nach wie vor gelten 27,8 Prozent der Menschen als warm,
Ich würde gern auf zwei Punkte zu sprechen kommen, weil in Ihrem Antrag ja am Anfang unter Punkt I gesagt wird, dass den „die Existenz und Teilhabe sichernden Einkommen eine Schlüsselrolle“ zukommt. Wir diskutieren immer wieder für ihre Grundsicherung, wir diskutieren das bedingungslose Grundeinkommen, wir diskutieren auch die Frage der Abschaffung des Ehegattensplittings. Also das sind alles Punkte, die seit Jahren diskutiert werden, die letztendlich nach wie vor patriarchale Strukturen befördern und nicht die Arbeit gerecht verteilen.
Ein zweiter Punkt – und ich denke, den müssen wir auch einmal diskutieren – ist natürlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben hier immer den Fokus auf dem SGB II, aber es gibt eben auch die Wohlstandsvernachlässigung. Es ist die Zeitarmut, die viele haben, und wir müssen uns fragen: Wie ist Wirtschaft zurzeit aufgestellt? Wie weit werden Familien insofern erpresst, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf dann doch irgendwo ins Individuelle abrückt?
Und ich komme mit Amazon und beispielsweise dem Vorschlag, dass Frauen sich doch zur Familienplanung bitte
ihre Eizellen einfrieren lassen müssen, und dann könnte es ja mal irgendwann auch in die Betriebsplanung passen.
Sorry, das geht nicht! Das ist einfach so, dass die Wirtschaft hier eingreift, wo es nicht mehr darum geht, von Existenzsicherung zu reden,
sondern wo in individuelle Familienprozesse eingegriffen wird. Und das finde ich einfach erschreckend, wie hierzu in der Bundesrepublik derzeitig diskutiert wird. Wir brauchen eine Existenzsicherung und von daher, denke ich, ist der Vorschlag des Aktionsplans ein Übergang.
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen. Es geht hier um niedrigschwellige Beratungsstrukturen. Wir haben eine kommunale Daseinsvorsorge, Aufgaben und Pflichten. Es ist doch so, dass in vielen Bereichen, wo die kommunale Aufsicht ist, die Beratungsdienste gerade ein Stück weit runtergefahren wurden. Und wer weiß, von den Vereinen, die meistens die Leistungserbringer für diese Leistungen sind, wissen wir, dass diejenigen, die dort arbeiten, zum Teil nur Jahresverträge haben und häufig zum Jahresende wieder eine Kürzung bekommen. Also wenn hier drinsteht zum Beispiel, bei den niedrigschwelligen Beratungsstrukturen greift man gern auf die Mehrgenerationenhäuser zurück,
dann bitte müssen auch diese irgendwo finanziell gesichert sein, sodass die Beraterinnen und Berater eben auch ihre Arbeit erledigen. Und ich denke, manchmal kommt mir das so vor, dass jeder nach einer Lösung sucht, aber eigentlich brauchen wir eine gute
Ein zweiter Punkt ist der Familiencoach. Es ist jetzt schon zweimal das Erwerbslosenparlament angesprochen
worden. Ich sehe den Familiencoach insofern ein Stück weit kritisch und habe mich dort auch mit Frau Volke vom AFW unterhalten, dass es eben vom ESF finanziert wird und ein Projekt ist, wo eine Struktur aufgebaut wird, wo Familien ein Jahr in die Beratungsleistung kommen. Die Frage ist, was mit dem Übergangsmanagement ist, was ist, wenn die Ansprüche, die Leistungen so nicht erfolgen. Ich denke, das sind ganz, ganz große Aufgaben.
DIE LINKE hat das ja als Schwerpunkt, glaube ich, wenn ich das richtig verstanden habe, in ihrem Landtagswahlkampf nächstes Jahr. Ich würde mir wünschen, wenn jetzt die Stärkung des SGB II so gefordert wird, dass doch bitte immer wieder diskutiert wird, wie die Jugendhilfe – weil das ist originäre Aufgabe der Jugendhilfe – gestärkt werden kann. Es kann nicht sein, dass Vorschläge gemacht werden, die in Mecklenburg-Vorpommern nur eine Haltbarkeit bis 2020 haben. Ich denke, da müssen Antworten kommen, wie wir das hier für Mecklenburg-Vorpommern umsetzen wollen.
Und ein Letztes: Wenn unter Punkt II Absatz 2 steht, dass die psychosoziale Betreuung, die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung, Drogen- und Suchtbera
tung verzahnt werden sollen, das setze ich voraus. Ich mag diese Stigmatisierung nicht. Man hat manchmal so den Eindruck, als wenn Menschen, die in Hartz IV leben, auch diese Leistungen brauchen. Ich denke, wenn wir eine gesunde Daseinsvorsorge haben, wo Beratung niedrigschwellig angeboten wird und der- oder diejenige, der Beratung und Hilfe braucht, hingehen kann, ohne lange Wartezeiten zu haben, dann muss das eben nicht mehr der Ansatz eines Aktionsplanes sein. Nichtsdesto- trotz müssen wir uns gegen Kinderarmut einsetzen. Wir werden den Antrag unterstützen.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ja, wir thematisieren Armut immer wieder. Wissen Sie, warum wir das machen? Weil es da draußen Leute gibt, Kinder gibt, die hungrig zur Schule kommen, die hungrig in die Kindertageseinrichtung kommen, weil es arme Eltern gibt.
Das finde ich auch positiv an dem Aktionsplan des DGB und der BDA. Die haben sich aufgemacht, um Maßnahmen gegen Kinderarmut und Elternarmut aufzuschreiben. Ich denke, dass das der richtige Weg ist.