Protokoll der Sitzung vom 19.11.2015

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Donnerwetter!)

Ich lade Sie im Gegenzug zu einem Kaffee ein.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Aber kommen wir mal zum Ernst der Angelegenheit zurück. Nach den Redebeiträgen sowohl von Herrn Gundlack als auch von Herrn Minister Glawe kann ich nur zusammenfassen: Gut zu hören, gut, erneut zu hören, dass Sie alles schon wissen. Wenn das jetzt ein Antrag von uns gewesen wäre, hätte die Koalition gesagt, brauchen wir nicht, alles schon erledigt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Also das mit dem Schuppen war neu.)

So, und jetzt haben wir einen umfangreichen Antrag,

(Heiterkeit bei Regine Lück, DIE LINKE: Das sind die feinen Unterschiede zwischen Regierung und Opposition.)

der auch sehr verklausuliert ist, und auf diese Verklausulierung will ich noch mal zurückkommen.

(Minister Harry Glawe: Ja, ich habe acht Jahre aufgepasst.)

Herr Gundlack hat ihn eingebracht und nun haben wir keine Gäste hier, aber für die Öffentlichkeit möchte ich doch versuchen, etwas Licht in diese geheimnisvollen Texte zu bringen. Ich will den Sprech der Koalition in eine einfache, in eine leichte Sprache übersetzen:

(Jochen Schulte, SPD: Jetzt bin ich aber gespannt, ob ich das verstehe.)

Also der Landtag möge heute beschließen, der Tourismus ist für Mecklenburg-Vorpommern sehr wichtig, ganz klar, sowohl in wirtschaftlicher als auch in sozialer und ökologischer Hinsicht, allerdings meinen wir von der SPD, dass die Arbeit des CDU-Tourismusministers verbesserungswürdig ist. Wir von der SPD sind sehr verärgert darüber, dass der Tourismusminister es nicht geschafft hat, rechtzeitig eine neue Tourismuskonzeption zu erarbeiten, schließlich läuft die bestehende Ende dieses Jahres aus, also – das ist ja die Schlussfolgerung – geht MecklenburgVorpommern konzeptionslos in die neue Tourismussaison. Dabei gibt es unzählige Themen, die angegangen werden müssen, wie beispielsweise:

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Kann die Arbeit der Tourismusverbände auf regionaler Ebene verbessert werden? Wie kann die Fördermittelvergabe noch besser gestaltet werden? Wie lösen wir das Fachkräfteproblem in der Tourismusbranche? Das sind die drängenden Fragen, die in der Tourismuskonzeption aufgerufen und dann auch beantwortet werden müssen.

(Zuruf von Minister Harry Glawe – Minister Dr. Till Backhaus: Harry, du sollst leise sein.)

Doch, wie gesagt, der Tourismusminister unseres Landes Harry Glawe lässt die Zeit ungenutzt verstreichen. So würde ich den Antrag interpretieren.

Ich hätte mir vielmehr gewünscht, dass die Koalition mal gefragt hätte, auch öffentlich gefragt hätte, was es denn nun mit der...

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen Moment! Einen Moment, Herr Holter!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das allgemeine Gemurmel nimmt hier so zu, dass man dem Redner nur noch schwer folgen kann. Ich bitte doch jetzt, die Ge

spräche auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Wenn es entsprechende Abstimmungsprobleme gibt, erwarte ich, dass Sie dann nach draußen gehen und hier den Redner seine Rede in entsprechender Form auch vortragen lassen.

(allgemeine Unruhe)

Gibt es hier jetzt noch irgendwelchen Klärungsbedarf oder können wir in der Plenarsitzung fortfahren?

Ich denke, jetzt ist es leise genug, dass wir wieder mit der Rede fortfahren können.

Danke, Frau Präsidentin.

Ich hatte eben gesagt, es wäre doch mal interessant zu wissen: Wie sieht es denn mit der Bäderverordnung, also der Neuregelung der Ladenöffnungszeiten, in Kur- und Erholungsorten beziehungsweise in den Welterbestädten in Mecklenburg-Vorpommern aus? Dort höre ich seit einigen Monaten, daran wird gearbeitet, aber so richtig, kommt nichts auf den Tisch.

Meine Damen und Herren, ich kann die Verärgerung der SPD gut verstehen. Herr Gundlack ist darauf eingegangen. Am 30. September fand im Lokschuppen Pomerania in Pasewalk die alljährliche Veranstaltung der Sparkassen, das Sparkassen-Tourismusbarometer, statt. Da haben Professor Dr. Feige und Dr. Zeiner die positiven, aber auch die negativen Entwicklungen des Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Alle, die bei der ITB oder bei ähnlichen Veranstaltungen dabei waren, wissen, dass sie das in einer sehr beeindruckenden Art und Weise tun.

Ich möchte heute aus der Vielzahl der Themen zwei wichtige Themen herausgreifen, die sich – und ich bin auch der Meinung – zwangsläufig in einer neuen Tourismuskonzeption wiederfinden müssen. Da geht es zuerst um die Hotelklassifizierung, denn die Klassifizierung hat gewissermaßen einen erheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Gäste. Ich glaube, schon bei der Auswahl eines Hotels schaut man, wie dieses Hotel eingestuft wurde, welche Klassifizierung, also welche Bewertung, Qualität das entsprechende Hotel hat.

In Deutschland beträgt der Anteil klassifizierter DEHOGABetriebe insgesamt 43 Prozent. Da geht es um Hotels als solche und die Hotels Garni im Besonderen.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

In Ostdeutschland beträgt die Quote 44 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern liegen wir – hören Sie bitte zu – bei 38 Prozent, damit um 6 Prozent unter dem ostdeutschen Durchschnitt und 5 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Auch innerhalb des Landes gibt es erhebliche Unterschiede. Während auf Rügen und Hiddensee der Anteil der klassifizierten Hotels bei 42 Prozent liegt, haben wir hier in Westmecklenburg lediglich ein Drittel zu verzeichnen, also ein Drittel der Hotels haben eine entsprechende Einstufung.

Wir brauchen, Herr Minister und meine Damen und Herren der Koalition, eine Klassifizierungsoffensive, eine wirksame Kampagne mit dem DEHOGA, um deutlich zu machen, wir wollen Qualitätssicherung, wir wollen Aus

bau der Qualität und wir wollen damit den Gästen zeigen, dass wir an diesem Thema arbeiten.

Andererseits müssen wir, das hat der Minister angesprochen, etwas mehr für die Internationalität tun. Ja, da geht es um Marketing, es geht um Werbung außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern und außerhalb von Deutschland. Immerhin ist es notwendig, dass neben diesem zielgerichteten Marketing auch etwas im Land getan werden muss, und das beginnt oft bei einfachen Dingen.

Ich habe oft internationale Gäste und dann wird nach einer Speisekarte in einer Fremdsprache gefragt, zumindest in Englisch, vielleicht Französisch, vielleicht auch Spanisch. Versuchen Sie das mal in gängigen Restaurants hier in der Landeshauptstadt oder auch anderswo in Mecklenburg-Vorpommern! Da werden Sie schon Schiffbruch erleiden. Das heißt also, wir haben hier die Möglichkeiten, mit fremdsprachigen Speisekarten entsprechende Angebote zu machen.

Oder fragen Sie mal nach den Fremdsprachkenntnissen der Servicekräfte, sowohl in den Gaststätten als auch in den Hotels. Das, glaube ich, ist eine Herausforderung, vor der wir stehen. Wir haben mehrfach darüber gesprochen.

Jeder hat die Erfahrung auf Flughäfen im Ausland gemacht, dass dort Servicekräfte an ihrer Brust je einen entsprechenden Button haben mit einer Landesfahne und der Sprache, der sie mächtig sind neben der Sprache des Landes, in dem man sich gerade aufhält. Es ist doch auch schön für uns, wenn wir im Ausland sind, wenn man in Deutsch angesprochen wird.

Also wenn es um Speisekarten geht oder um die Ansprache von Gästen, egal welcher Sprache, sind Englisch, Französisch, Spanisch, glaube ich, gesetzt. Aber wie sieht es mit den Sprachen der Nachbarn aus? Schwedisch, Dänisch, Polnisch, auch Norwegisch, das sind, glaube ich, alles Herausforderungen, die man in einem neuen Tourismuskonzept darstellen muss, denen man aber auch Maßnahmen folgen lassen muss. Das ist meines Erachtens eine wichtige Herausforderung. Daran haben, wie wir wissen, auch die Touristiker selbst ein riesengroßes Interesse. Deswegen will ich Ihnen sagen – man kann das jetzt detailliert untersetzen –, es ist wichtig, dass die Landestourismuskonzeption aktualisiert wird, dass das schleunigst auf den Weg gebracht wird, um hier mehr Qualität zu erreichen.

Abschließend möchte ich auf ein spezielles Thema hinweisen. Herr Minister Glawe – und das geht auch Herrn Backhaus an im Übrigen –, Herr Minister Glawe hat über die touristischen Potenziale im Binnenland gesprochen. Da gibt es einen speziellen Konflikt, das gebe ich zu. Es geht darum, regionale touristische Angebote, Anziehungspunkte auszubauen. Aber gegenwärtig werden solche Anziehungspunkte regelrecht in Bedrängnis gebracht. Es geht, Herr Minister Backhaus, um die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Die bedeutet ja nichts anderes als ein Aus für historische und jahrhundertalte Stauwerke, denn die Richtlinie verfolgt das Ziel, die Durchgängigkeit der Fließgewässer sicherzustellen, und das ist mit dem Entfernen sämtlicher Querbauwerke verbunden.

Das spricht nicht gegen die Wasserrahmenrichtlinie. Ich spreche über die Konsequenzen dieser Richtlinie, und

das hat mit den alten Wassermühlen in MecklenburgVorpommern ganz konkret zu tun, denn das, was zurzeit passiert im Lande, führt dazu, dass den alten Wassermühlen im sprichwörtlichen Sinne das Wasser abgegraben wird. Beispielhaft möchte ich hier nennen die Wassermühle in Kuchelmiß mit Museum und Café, die ein beliebtes Ausflugziel und auch ein Highlight einer Wanderung im Nebeltal darstellt, oder auch die Wassermühle Vellahn, die sich als Kulturmühle für Veranstaltungen und Seminare weit über die Region hinaus einen Namen gemacht hat. Auch bei der Wassermühle Warin herrschte am Tag des technischen Denkmals großer Besucherandrang. Jetzt fallen aber die Wasserrechte weg. Mit dem Ersatz der Stauwerke durch Fischtreppen sind auch die Zeiten der Schauvorführungen vorbei.

Deswegen: Mit diesem Verlust der Wasserrechte kann die Wassermühle nicht mehr betrieben werden und damit geht auch ein Stück Kulturgut verloren. Und das, Herr Minister Backhaus, Herr Minister Glawe und meine Damen und Herren der Koalition, ist, glaube ich, doch eine Herausforderung für uns. Wenn wir über Anziehungspunkte für den Tourismus im Binnenland sprechen, dann geht es auch um diese historischen Kulturgüter. Wir sind der Auffassung, dass wir darüber sprechen müssen. Wir sind der Auffassung, dass man darüber sprechen muss, wie man die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und den Erhalt von wertvollem Kulturgut in Form der Wassermühlen tatsächlich lösen kann. Das ist eine Herausforderung, der wir uns, der sich die Politik insgesamt stellen muss.

Es muss hinterfragt werden, ob beispielsweise mithilfe von Fischwanderhilfen aus denkmalpflegerischer Sicht besonders wertvolle Wassermühlen in ihrer Funktion erhalten bleiben können. Dafür müsste jedoch bekannt sein, welche Mühlen als besonders sensibel zu betrachten sind. Ich weiß nicht, ob Sie eine Übersicht über die Mühlen – in dem Falle die Wassermühlen – in Mecklenburg-Vorpommern haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Klar hat er die.)

Nach Auskunft des entsprechenden Vereins gibt es eine solche Liste nicht.

Es wäre gut und wichtig, dass wir uns, dass sich die Beteiligten zusammensetzen und darüber reden, wie die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen ist und wie kulturhistorisch und denkmalpflegerisch wichtige, wertvolle Wassermühlen tatsächlich zu erhalten sind. Ich will das hier mit auf den Weg geben, ich will das hier ansprechen, weil ich das im Sinne einer höheren Attraktivität des Tourismuslandes Mecklenburg-Vorpommern für wichtig halte.

Wir werden Ihrem Antrag, wir werden auch den Änderungsanträgen zustimmen. Der Antrag selbst wird an der Politik in Mecklenburg-Vorpommern wenig beziehungsweise gar nichts ändern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, man weiß es nicht.)

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Die Koalition wird sich ja schon was dabei gedacht haben.)

Vielen Dank, Herr Holter.