Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

fentlicht haben, mit dem von dieser sogenannten Öffnungsklausel Gebrauch gemacht wurde, können von dieser bundesrechtlichen Regelung abweichen. Auf gut Deutsch: In zwei Wochen läuft diese Zeit der Öffnungsklausel ab. Wer jetzt noch Unterschriften sammelt, weiß, dass sein Volksbegehren nicht mehr innerhalb der nächsten zwei Wochen zum Erfolg führen kann, denn schon allein das Verfahren, das unsere Landesverfassung für das Volksbegehren vorgibt, sieht eine Mindestwartezeit vor der Durchführung des Volksentscheides von mindestens drei Monaten vor. Selbst wenn also rein theoretisch morgen die erforderlichen Unterschriften abgegeben würden, selbst wenn dann die Landeswahlleiterin innerhalb von zwei Stunden über die Richtigkeit all dieser Unterschriften entschiede – alles im Konjunktiv, weil praktisch ausgeschlossen –, selbst wenn der Landtag morgen sofort darüber entscheiden würde, wäre aufgrund der danach erforderlichen Mindestwartezeit der Landesverfassung vor Durchführung eines dann folgenden Volksentscheides von mindestens drei Monaten eine Entscheidung in 2015 ausgeschlossen. Wer jetzt noch Unterschriften für 10H beziehungsweise 2.000 Meter Mindestabstand sammelt, sammelt für ein grundgesetzwidriges Volksbegehren und unsere Landesverfassung lässt auf erkennbar grundgesetzwidrige Landesgesetze gerichtete Volksbegehren nicht zu.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

Wer sich das Handeln der Initiatoren der Volksinitiative im Anhörungstermin des Wirtschaftsausschusses anschaut, darf im Übrigen auch davon ausgehen, dass den Initiatoren meine eben gegebenen Hinweise ebenfalls sehr bewusst sind. Ich bin sehr gespannt, ob die Initiatoren des Volksbegehrens diesen offenen und vor allem ehrlichen Umgang mit ihrer auf 2.000 Meter Mindest- abstand gerichteten Initiative jetzt pflegen werden und damit dann auch die im Landtag heute bevorstehende Entscheidung als Ergebnis eines demokratischen Prozesses anerkennen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch in der letzten Landtagssitzung dieses Jahres steht das Thema Windenergie wieder auf der Tagesordnung, der Gesetzentwurf, der suggeriert, dass wir in MecklenburgVorpommern einen unkontrollierten Ausbau der Windenergie hätten.

Sowohl im Energieausschuss als auch im federführenden Wirtschaftsausschuss haben wir uns intensiv damit befasst und wir haben uns im Ausschuss und ebenso im Plenum sehr oft über Windenergie, Abstandsregelungen und die energiepolitischen Ziele in Mecklenburg-Vor- pommern ausgetauscht. Ich habe nicht mitgezählt, wie oft, aber es war sehr oft. Das ist auch gut so, denn die Energiewende ist ein entscheidender wirtschaftlicher und klimapolitischer Entwicklungspfad für das Land.

Heute nun die Volksinitiative und ihr Gesetzentwurf zum zweiten Mal. Ich habe es bereits in der Ersten Lesung gesagt und will es auch heute noch einmal ausdrücklich

betonen: Meine Fraktion nimmt die verfassungsrechtliche Möglichkeit der Volksgesetzgebung mit Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sehr ernst. Diese Instrumente gilt es weiter zu stärken. Die Zugangsbedingungen für die Bevölkerung müssen verbessert, die Quoren abgesenkt werden. Die Initiatoren der vorliegenden Volksinitiative werden mich deshalb an dieser Stelle wahrscheinlich der Heuchelei bezichtigen, weil wir diese Forderung aufmachen und zugleich die vorliegende Volksinitiative ablehnen. Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun, denn die Forderung nach direkter Demokratie heißt nicht, dass man jedes Vorhaben, jede Volksinitiative gut und richtig finden muss.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

In der Endkonsequenz heißt das aber auch, dass man das Ergebnis eines Volksentscheids, kommt er denn zustande, zu akzeptieren hat, auch wenn einem das Ergebnis nicht gefällt.

Ehe ich zu den Gründen komme, weshalb wir den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen, möchte ich nur einige wenige Anmerkungen zum Eklat in der Anhörung machen. Abgesehen davon, dass das Verhalten der Vertreter vom Aktionsbündnis „Freier Horizont“ außerordentlich respektlos war – damit kann ich leben, ich habe schon Schlimmeres erlebt –, haben sie aber gezeigt, dass sie an einer sachlichen Diskussion gar nicht interessiert sind. Nur sie allein fühlten sich im Besitz der Wahrheit und haben deshalb auch das Ultimatum, von dem bis jetzt noch gar keiner gesprochen hat, gestellt.

(Jochen Schulte, SPD: Jetzt schon.)

Sie haben uns auch nicht die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen. Stattdessen haben sie ein unwürdiges Spielchen veranstaltet, das dem Anliegen nicht gerecht wird. Ich hätte mich gern in konstruktiver Atmosphäre noch einmal mit den Argumenten auseinandergesetzt, das gilt auch für das unterbreitete Ultimatum.

(Jochen Schulte, SPD: Das haben sie wahrscheinlich befürchtet.)

Aber das ist jetzt nicht mehr zu ändern.

Warum lehnen wir nun die Volksinitiative ab? Es geht im Kern, das ist schon gesagt worden, um die Frage: Zehn Mal die Höhe einer Windkraftanlage als Abstand in Mecklenburg-Vorpommern, ja oder nein? Wir haben als LINKE – und ich insbesondere – immer betont, dass eine 10H-Regelung das Ende der Energiewende in Mecklenburg-Vorpommern bedeuten würde. Auch wenn zehn Mal die Höhe eigentlich keine Abstandsregelung, sondern eine Höhenbegrenzung ist, das soll bedeuten, dass stufenförmige Windparks entstehen würden, niedrige Windräder in 1.000 Meter Entfernung von der Wohnbebauung, höhere weiter hinten. Ich habe es schon mehrfach gesagt und ich will das auch hier noch einmal tun, ich bezweifle sehr stark, dass eine solche Anordnung die Akzeptanz von Windrädern erhöht. Das haben mehrere der Anzuhörenden auch bestätigt.

Erstens müssten, um die gleiche Energieleistung zu erreichen, deutlich mehr kleinere Windräder aufgestellt werden, und zweitens haben mehrere wissenschaftliche

Untersuchungen belegt, dass Akzeptanz und Abstand nichts miteinander zu tun haben. Darum geht es dem Bündnis „Freier Horizont“ auch nicht. Zumindest den Sprechern passt die Energiewende nicht. Ich hätte Herrn Schumacher gerne nach seinen Alternativen zum Ausbau der Windenergie gefragt. Schluss mit dem Atomausstieg, Kohle als Zukunft für die Energiegewinnung oder was sind die Alternativen?

Richtig ist, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, Energie zu gewinnen: Sonne, Wasser, Biomasse, Erdwärme. Aber ohne Windenergie wird die Energiewende in Deutschland nicht zu machen sein, vor allem nicht, wenn es auch um preisgünstige Energieerzeugung geht. Die Energiewende wird nur mit einem Energiemix zu schaffen sein, einem Energiemix, bei dem keine Form per se ausgeschlossen wird. Aber mit einer 10HRegelung würde das für die Windenergie zutreffen.

Ich möchte nicht unter den Tisch kehren, dass es mit dem Ausbau der Windenergie zu Belastungen der Bevölkerung kommt. Das zu verschweigen wäre unehrlich. Windräder haben eine optische Wirkung. Die einen mögen Windräder toll finden, andere finden sie einfach nur grauenhaft und unglaublich störend. Die Landschaft verändert sich. Ich habe Verständnis dafür, dass es Menschen gibt, die nicht in Jubel ausbrechen, wenn in der näheren Umgebung ein Windpark entsteht. Deswegen haben wir immer gesagt, dass die Menschen, die diese Belastung haben, auch etwas dafür bekommen müssen, einen Ausgleich, die Möglichkeit, von den Veränderungen zu profitieren. Ein Lösungsansatz ist mit dem Bürgerbeteiligungsgesetz nun auf dem Weg.

Ich möchte aber auch betonen, dass sich die Menschen, die Windräder als große Belästigung empfinden, die Frage nach der Alternative stellen müssen. Ist ein Atom- oder ein Kohlekraftwerk in der Nähe schöner, besser, erträglicher und vor allem umweltfreundlicher? Der eine oder andere mag sogar dazu Ja sagen, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass der Landtag über alle Fraktionsgrenzen hinweg alles dafür getan hat, dass die MIBRAG bei Lübtheen nicht Braunkohle fördert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aus gutem Grund.)

In Vorpommern gab es eine große Volksbewegung gegen die Pläne von DONG Energy, ein Steinkohlekraftwerk zu errichten. Und es ist Ihnen allen auch nicht neu, mit den Hinterlassenschaften des Atomkraftwerkes in Lubmin haben wir ebenfalls so unsere Probleme. Ein atomares Endlager will schon gar keiner vor der Tür. Wo sind dann die Alternativen?

Eine andere Diskussion ist auch immer wieder die Frage nach dem Infraschall. Ja, Windkraftanlagen erzeugen Infraschall, und ja, ich sehe nach wie vor Forschungsbedarf in Fragen der Erzeugung und Auswirkungen von Infraschall. Aber, meine Damen und Herren, wir brauchen auch nicht so zu tun, als gäbe es noch keine Erkenntnisse zu diesem Thema. Die bisherigen Erkenntnisse aus der Forschung besagen, Infraschall hat Auswirkungen auf den Menschen, aber je weiter die Quelle entfernt ist, desto geringer sind die Auswirkungen. In Mecklenburg-Vorpommern soll ein Abstand von 1.000 Metern zur Wohnbebauung gelten. Auch von den Experten in der Anhörung wurde betont, dass bei diesem Abstand sämtlicher Schall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt. Man kann also davon

ausgehen, dass es keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen gibt.

Ich habe zum Beispiel noch nie davon gehört, dass Menschen, die direkt an Meeresküsten wohnen, dort freiwillig aufgrund von Infraschall wegziehen, denn Meeresbrandung ist eine natürliche Form, bei der Infraschall erzeugt wird. Aber selbstverständlich muss der Schutz der Menschen im Vordergrund stehen. Deshalb haben wir uns in Auswertung der Anhörung dafür eingesetzt, dass die Landesregierung sich für eine zügige Überarbeitung der TA Lärm starkmacht, denn dieses Dokument für den Schutz vor Lärm ist schon etliche Jahre alt und sollte an die neuen Lebensbedingungen angepasst werden.

Meine Damen und Herren, es ist fast immer so, dass Extreme nicht gesund sind. Das ist beim Essen so, beim Trinken oder auch beim Sport. Zu viel oder zu wenig ist nie gut. „Ausgewogen“ heißt das Zauberwort. Eine 10HRegelung ist ein extremer Auswuchs, weil sie die verfügbare Fläche um circa 90 Prozent verringert. Keine Regelungen zum Ausbau der Windenergie zu haben, wäre ein anderes Extrem. Ich halte die Regionalplanung für das geeignete Mittel, um den Ausbau der Windenergie im Land zu steuern und die Belange von Mensch und auch Tier zu berücksichtigen. An diesem Weg sollte nicht gerüttelt werden.

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung noch: DIE LINKE wird immer darüber streiten, wie die Energiewende am besten zu schaffen ist, damit alle Menschen möglichst davon profitieren. Da gibt es eine ganze Menge Baustellen, auch hier bei uns im Land. Wir werden uns weiter vor Ort den kritischen Fragen stellen und versuchen, Lösungen zu finden, aber wir werden keine Diskussion darüber führen, ob die Energiewende notwendig ist.

Und eine letzte Bemerkung: In Paris wurde ein verbindliches Klimaabkommen verabschiedet. Es macht Hoffnung, dass 195 Staaten die Erderwärmung auf unter zwei Grad begrenzen wollen. Es macht Hoffnung, dass die Staaten sich bei der Umsetzung ihrer freiwilligen Beiträge einem Kontrollmechanismus unterwerfen wollen. Es macht Hoffnung, dass zumindest die Forderung nach dem Ausstieg aus der energetischen Verwertung fossiler Rohstoffe im Abkommen steht. Die Arbeit ist trotzdem noch lange nicht getan. Jedes Land muss erst in der Praxis unter Beweis stellen, dass es den Ernst der Lage erkannt hat. Das gilt auch für Deutschland, auch für Mecklenburg-Vorpommern. In jedem Stadtwerk, bei jedem Energieerzeugungsunternehmen geht es auch um die Dekarbonisierung. Die Energiewende in der Stromproduktion, bei der Wärmeerzeugung und im Verkehr ist Deutschlands wichtigster Beitrag zum Klimaschutz. Einen weiteren Rückschritt dabei können wir uns nicht leisten. Daran sollte sowohl die Politik des Landes als auch die des Bundes gemessen werden. Wir stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Volksinitiativen können ja auch etwas Gutes haben, nicht nur, weil sie zu dem demokratischen Grundwesen gehören und das natürlich auch

verbrieftes Recht ist. Insofern grundsätzlich auch, wie von der Fraktion DIE LINKE, erst einmal Respekt und Anerkennung für jede Form von Volksinitiative.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Volksinitiativen haben aber auch den Vorteil, dass man sich mit einem Thema etwas tiefgründiger und umfassender befassen kann, darf, soll oder muss – in diesem Falle zwei Ausschüsse. Ich kann mich nur bedanken, federführend beim Wirtschaftsausschuss. Ich bedanke mich für den Bericht des Ausschussvorsitzenden, für die gute Zusammenarbeit. Wir haben uns sehr intensiv mit dem Thema „Abstandsregelung 10H“, welche Folgen, befasst, und das war auch gut so.

Und drittens: Volksinitiativen können auch zur Klarheit beitragen. Ich glaube, es war ein Vorteil, sich einmal etwas intensiver mit dem Anliegen des Aktionsbündnisses „Freier Horizont“ und den angeschlossenen Bürgerinitiativen auseinanderzusetzen und sich vor allem die Fragen zu stellen: Was wollen die eigentlich? Welche Ziele haben sie, welche Motive? Warum machen sie überhaupt diese Volksinitiative? Bei der Amtsgerichtsstrukturreform war das relativ einfach und gut erkennbar. Wir wollten, oder die Antragsteller zumindest wollten Amtsgerichte erhalten, möglichst keine Zweigstellen. Aber bei der Volksinitiative, die 10H-Regelung mit der Länderöffnungsklausel in Gang zu setzen, war die Frage schon berechtigt: Was ist die Zielsetzung?

Wenn man sich die Verlautbarungen der Initiatoren angesehen, angehört und sie auch noch mal nachgelesen hat, ist das relativ einfach. Ich zitiere einmal aus dem Protokoll der Anhörung des Aktionsbündnisses „Freier Horizont“ oder der Initiatoren der Volksinitiative. Folgendes Zitat zu der Frage der Zielsetzung: „Die Akzeptanz der Bevölkerung ist jedoch für das Gelingen der Energiewende und den hierzu erforderlichen Ausbau von Möglichkeiten zur Erzeugung Erneuerbarer Energien wesentlich.“ Und jetzt kommt es: „Diese Akzeptanz ist erfahrungsgemäß abhängig von der Höhe der WEA und ihrer Entfernung zu den Wohnungen betroffener Anlieger.“ Ganz klar formuliert.

Daraus könnte man die Schlussfolgerung ziehen, dass sich scheinbar die Antragsteller, die Initiatoren um die Akzeptanz der Windenergie Sorgen machen, und man könnte annehmen, wenn man mal etwas Positives unterstellt, sie möchten uns gute Ratschläge geben, wie könnte man die Akzeptanz von Windenergie als tragende Säule der Energiewende verbessern. Das könnte man ja so annehmen. Das Problem ist nur, dass bei der Anhörung erwartungsgemäß alle Sachverständigen, alle Experten komplett zu einer ganz anderen Erkenntnis gekommen sind, nämlich zu der Erkenntnis, dass es keine belastbaren wissenschaftlichen Nachweise dafür gibt, dass die Abstandsregelung zu einer Erhöhung der Akzeptanz der Windenergie führen könnte – durch die Bank alle.

Natürlich gibt es Akzeptanzprobleme, aber die haben ganz andere Ursachen, nicht den konkreten Abstand einer Anlage zur Wohnbebauung. Einige wurden schon genannt, ich möchte sie noch mal auflisten. Manche Menschen stören sich an der aus ihrer Sicht sogenannten Verschandelung des Landschaftsbildes, nämlich unabhängig vom Abstand. Da spielt der Abstand erst mal

überhaupt keine Rolle. Es stört manche Menschen einfach, die Anlagen in der Landschaft zu sehen. Oder es ist die Angst vor dem angeblichen Wertverlust ihrer Immobilie, es ist das Sich-gestört-Fühlen durch die nächtliche Befeuerung oder durch Geräusche, Schall, möglicherweise auch die Angst vor gesundheitlichen Problemen.

Viele Bürger beschweren sich, das war ja auch Thema im Petitionsausschuss, über die mangelnden Informationen, schlechte informelle Beteiligungsformen, mangelnde Transparenz. Andere Bürger beschweren sich über die mangelnden Möglichkeiten der wirtschaftlichen Beteiligung. Das heißt, es gibt eine ganze Latte von unterschiedlichsten Gründen für Akzeptanzprobleme, nur eines wird gar nicht oder fast gar nicht genannt, nämlich die Frage des konkreten Abstands zur Windkraftanlage.

Wenn es das ganz offensichtlich nicht ist, was das Ziel der Initiatoren war, dann kann man die Frage stellen: Was ist denn nun das eigentliche Ziel der Volksinitiative gewesen? Sie haben es nie so richtig klar benannt, aber ich glaube, inzwischen ist es dem Letzten klar geworden, was die Zielsetzung ist. In einem Satz in ihrer Stellungnahme wird es, glaube ich, auch deutlich. Der ist sehr kurz. Sie formulieren konkret: „Ein Ausbau der WKA in MV trägt nicht zum Gelingen der Energiewende bei.“ Ich könnte auch verallgemeinernd sagen, der Ausbau der Windenergie in Deutschland trägt nicht zum Gelingen der Energiewende bei. Das ist die Kernthese und damit wird deutlich, man lehnt die Windenergie als tragende Säule der Energiewende grundsätzlich ab. Das wäre deutlich und ehrlich, wenn die Initiative das auch so klar gesagt hätte.

Es lohnt sich auch mal, die sogenannten fachlichen Grundlagen der geistigen Führer der Antiwindkraftbewegung anzusehen. Zum Beispiel empfehle ich, einmal unter www.vernunftkraft.de nachzusehen. Da findet man immer wieder verschiedene Gegenargumente gegen Windenergie. Kleines Zitat, der sogenannte „Mythos 3“: „Windkraft und Photovoltaik können kurz- bis mittelfristig Atom und Kohle ersetzen. Ihr möglichst schneller Ausbau muss daher oberste Priorität haben.“ Aus deren Sicht ist das ein Mythos. „Fakt“ aus Sicht der Windkraftgegner oder des Aktionsbündnisses „Freier Horizont“ ist nämlich: „Photovoltaik und Windindustrie sind, abgesehen von wenigen besonders bevorzugten Lagen, in Deutschland ein reines politisches Placebo – allerdings ohne nennenswerten Effekt, dafür mit starken negativen Nebenwirkungen.“ Sich diesen Satz noch mal vor Augen zu führen, ich glaube, das macht deutlich, welche Denkrichtungen es hier gibt.

Fotovoltaik und Windindustrie sind eben kein reines politisches Placebo, das sind die entscheidenden, die entscheidenden tragenden Säulen für das Gelingen der Energiewende in Deutschland. Wenn es darum geht, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen und 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren zu erzielen, geht das logischerweise nur mit Windstrom oder mit PV-Strom. Das heißt, wer die Energiewende will, muss sich zu Windstrom und PV-Strom bekennen.

Berechnungen des Fraunhofer-Instituts gehen davon aus, dass wir zukünftig von den circa 600 Terawattstunden Strombedarf in Deutschland etwa zwei Drittel, also über 400 Terawattstunden aus Windstrom on- und off-

shore erzeugen müssen. Ohne den Windstrom wird die Energiewende nicht funktionieren. Wer klipp und klar sagt, das wäre nur ein Placebo, der verabschiedet sich von der Energiewende. Das ist natürlich besonders makaber und besonders kritikwürdig vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidungen von über 190 Staaten in Paris zum Weltklimavertrag.

So weit weg sind diese Initiativen von den Realitäten und den Herausforderungen der notwendigen Umstellung der zukünftigen Energiesysteme, weg von den fossilen Energieträgern, hin zu den erneuerbaren! Insofern tragen Volksinitiativen in dem Falle vielleicht etwas zur Information und zur Aufklärung bei, damit man auch weiß, wer wo steht und wer welche Ziele hat. Dann kann das vielleicht auch noch etwas Gutes sein.

Meine Damen und Herren, die Volksinitiative zur Anwendung einer 10H-Regelung mit Nutzung der Länderöffnungsklausel in Mecklenburg-Vorpommern ist gescheitert. Meine Damen und Herren, das ist gut so, das ist gut für das Gelingen der Energiewende und das ist auch gut für unser Land Mecklenburg-Vorpommern. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)