Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Herr Holter, Sie haben es vorhin noch mal vorgetragen. Wir hatten das, glaube ich, im Ausschuss auch diskutiert. Es ist ein Missverständnis, dass freiberufliche Leistungen, die nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden – so ist ja die Kritik –, unterhalb der europäischen Schwellenwerte ausgeschrieben werden müssen. Schon immer wird in der VOL/A Paragraf 3 Absatz 5 Buchstabe h geregelt, dass derartige Leistungen freihändig vergeben werden können. Zusätzlich gilt die Verwaltungsvorschrift, in der dies noch einmal bekräftigt wird. Es gibt hier also kein Regelungsdefizit, sondern maximal ein Vollzugsdefizit. So oder so müssen die Vergabestellen alle relevanten Bestimmungen des Vergaberechts beachten. Und wenn es dort Wissensdefizite gibt, sind diese zu beheben.

Wir kommen zur Präqualifizierung. Es ist schon ein wenig verwunderlich, dass man, wenn man eigentlich Verfahrenserleichterungen und eine Entbürokratisierung will, zusätzliche Dinge ins Gesetz aufnehmen möchte. Aber die Kritik war von den IHKs da, damit muss man sich beschäftigen. Auch hier sind wir der Auffassung, dass die Vorschriften, die gefordert werden, überflüssig sind. Alle Regelungen, die die Präqualifizierung betreffen, sind in der VOB/A und der VOL/A sowie im Zubenennungserlass enthalten. Das heißt, alle Handwerker haben sich in der Vergangenheit sehr wohl in die Liste bei dem Verein für Präqualifizierung eintragen können und das können sie auch in Zukunft.

Es wird nämlich in ganz Deutschland ein Ziel verfolgt: Länderübergreifend hat man sich dazu verständigt, dass man ein einheitliches Präqualifizierungssystem möchte und kein Parallelsystem, was dann auch noch

gesetzlich … Also es ist ja regelrecht paradox, ein Parallelsystem aufzunehmen, wenn man eigentlich von Vereinfachung und Entbürokratisierung spricht. Das zu den Bauleistungen. Zu den Wertgrenzen hat Herr Schulte Stellung genommen.

Meine Damen und Herren, es ist angeklungen, das Verfahren wurde kritisiert. Der Opposition ging es zu schnell: Evaluierung im März, Erste Lesung im Oktober, Anhörung im November, Auswertung im Dezember und Zweite Lesung heute. Ja, das Verfahren ist vergleichsweise zügig. Jetzt haben Sie, Herr Holter, in der SVZ gesagt, dies sei schon deswegen nicht nachvollziehbar, weil es ja auf Bundesebene auch eine Novelle geben wird.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber das hat Herr Schulte doch gerade berichtet.)

Ja, richtig, das hat er und das stimmt ja,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Eben.)

keine Frage, keine Frage! Ich habe dem nichts entgegenzusetzen, was Herr Schulte gesagt hat. Er hat einhundertprozentig recht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das wäre ja auch schlimm.)

Eigentlich ist es ja damit genug erklärt. Dennoch möchte ich Sie auf Artikel 31 Grundgesetz hinweisen. Normenkollisionen werden zugunsten des Bundesrechts gelöst

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist ein schlecht gemachtes Gesetz.)

oder einfacher: Bundesrecht bricht Landesrecht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist mir bekannt. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Ja, dann weiß ich nicht, warum Sie diese Äußerungen in der SVZ tätigen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Weil mir gerade so war, Herr Waldmüller.)

Wenn das Evaluierungsgutachten eindeutig feststellt, dass die Befürchtungen bezüglich des Vergabegesetzes nicht eingetreten sind, und an einigen Stellen Denkanstöße für weitere Verfahrenserleichterungen setzt, ist die zügige Herangehensweise richtig. Von dem Änderungsgesetz versprechen wir uns einen Abbau von Bürokratie- und Prozesskosten, zum Beispiel durch den Verzicht auf eine Information unterlegener Bieter in Schriftform. Die Handhabung des Gesetzes wird klarer und einfacher, der Aufwand für Vergabestellen und Unternehmer wird sich verringern. Wir reden also über Verfahrenserleichterungen und Bürokratieabbau. Und weil Vergabestellen und Unternehmen im Land hiervon nicht früh genug profitieren können, ist die zügige Herangehensweise allemal gerechtfertigt. Lassen Sie uns also das Gesetz heute auf den Weg bringen! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Fraktionsvorsitzende der LINKEN Herr Holter.

Danke, Frau Präsidentin! Ich hatte ja ganz bewusst meine Rede eingekürzt und wollte auf einige wichtige Punkte eingehen,

(Regine Lück, DIE LINKE: Das kann man ja nicht auf sich sitzen lassen.)

aber erstens, Herr Schulte, lasse ich mir von Ihnen nicht vorschreiben, womit ich mich während einer Landtagssitzung beschäftige. Ich verfolge die einzelnen Tagesordnungspunkte und ergreife dann das Wort zu dem Tagesordnungspunkt, zu dem ich meine, hier reden zu müssen.

Zweitens. Wenn Sie sagen, dass unsere Änderungsanträge durch die Entscheidungen des Bundes – wenn Sie sich auf die Sitzungen des Wirtschaftsausschusses des Bundestages beziehen – überholt sind, Herr Waldmüller, dann muss ich sagen, dass Ihre Novelle mit dem, was der Bund macht, auch überholt ist.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Das ist nämlich der Punkt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

Wir wissen – das haben wir doch in der Anhörung gehört –, dass der Bund im April mit seiner Novelle kommen wird, was die Vergabemodernisierung betrifft. Ich habe Sie immer wieder gefragt, warum denn diese Eile, warum müssen Sie jetzt im Dezember 2015 dieses Gesetz novellieren,

(Regine Lück, DIE LINKE: Das kann kein Mensch erklären.)

obwohl das jetzige Gesetz bis Ende 2016 Gültigkeit hat.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ich habe nichts gehört.)

Das haben Sie bisher nicht erklärt. Ich hätte einfach die Entscheidung des Bundes abgewartet und dann eine große Novelle des Vergabegesetzes in Mecklenburg-Vor- pommern auf der Basis der Bundesentscheidungen gemacht.

(Torsten Renz, CDU: Im Juni am besten. Am besten im Juni als Wahlkampfthema.)

Zum Bürokratieabbau: Sie haben alle, die jetzt hier geredet haben, über Erlasse, über Verordnungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern gesprochen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist auch Demokratieabbau.)

Das Ziel – und das ist in der Anhörung auch zum Ausdruck gekommen –, das Ziel einer Novelle soll doch darin bestehen, denen, die in diesen Vergabestellen sitzen, die Arbeit zu erleichtern. Und unsere Vorstellung war, dass

man ein Dokument schafft, in dem alle Regeln aufgenommen sind. Das wäre eben das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern. Das wäre Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das hat auch etwas mit Demokratie zu tun.)

Dann, Herr Schulte, geht es um die Frage – auf dem Gang haben wir uns beide schon kurz unterhalten – der Leiharbeiter. Wenn wir uns also auf das Mindestlohngesetz und die 8,50 Euro beziehen, dann wissen wir alle, dass in dem Mindestlohngesetz Ausnahmen fixiert sind. Was ist beispielsweise mit jungen Leuten? Was ist mit Langzeitarbeitslosen, die eingestellt werden vom Arbeitgeber, um einen entsprechenden Auftrag zu realisieren? Wenn wir also über den vergabespezifischen Mindestlohn sprechen, dann will ich Ihnen sagen, dass in dem Mindestlohngesetz auch geregelt ist, dass für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter bis zum 1. Juli 2016 ein Mindestlohn von 8,20 Euro gilt. Und wenn der Satz, den Herr Waldmüller gerade geprägt hat: „Bundesrecht bricht Landesrecht“, gilt, dann gelten die 8,50 Euro hier eben nicht für die Leiharbeiter, die bei solchen Aufträgen eingesetzt werden.

Zu den Schwellenwerten, von denen Herr Schulte und andere hier gesprochen haben, ich will jetzt speziell Herrn Schulte ansprechen: Was die Leistungen unter 50.000 beziehungsweise 10.000 Euro betrifft – natürlich weiß ich, dass es Tarife im Baubereich gibt, natürlich weiß ich, dass Tarife deutlich über dem Mindestlohn liegen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das müssen Sie uns aber trotzdem noch mal erklären, Herr Waldmüller.)

Ich hoffe – das wollen wir alle –, dass mehr bezahlt wird als der Mindestlohn.

Wenn ich auf der einen Seite im Gesetz einen vergabespezifischen Mindestlohn regele, auf der anderen Seite aber, was Sie als SPD ja auch fordern, gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordere, dann ist es ja wohl auch gerechtfertigt zu sagen, wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Da wollen wir eben von der Tarifhoheit ausgehen. Das, was ich gehört habe, das will ich hier deutlich sagen, ist – da habe ich gar nichts Neues verkündet, Herr Schulte, das habe ich ja von Ihnen gehört, das war auch gar nicht so gemeint, dass ich da jetzt irgendwas ausplaudere, sondern das haben Sie öffentlich bekannt gemacht –, dass es bei der großen Novelle genau um die Tariftreue geht.

Warum machen wir das denn nicht jetzt schon? Wir könnten uns darauf einigen, dass man bei den Tarifen und beim Mindestlohn sagt – wir beide, Jürgen Suhr und ich, haben darüber gesprochen –, warum orientieren wir uns nicht an dem, was im öffentlichen Dienst zurzeit passiert. Man kann auch eine andere Orientierung nehmen, aber es wäre eine Orientierung und dann hätten wir auch eine Dynamisierung des Mindestlohns. Sie schreiben 8,50 Euro fest. Warum? Warum sagen Sie nicht, es gibt eine Dynamisierung

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil sie es nicht hinkriegen.)

und auf dieser Grundlage wird auch eine tarifliche Vereinbarung für die Beschäftigten erreicht, auch über die Vergabe öffentlicher Aufträge? Damit können Sie der Politik einen Impuls für eine Dynamisierung des Mindestlohns und auch für eine Verbesserung der tariflichen Entlohnung der Beschäftigten geben. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Schulte für die Fraktion der SPD.

Nur um einige Punkte vielleicht noch mal klarzustellen, die angesprochen worden sind.