Ich möchte jetzt auf einige Aspekte eingehen. Ich fange an mit Ihnen, Frau Schlupp. Sie erwähnten die Tierwohlinitiative. Ja, wir waren jetzt gerade als Agrarausschuss in Brüssel und haben dort auch einen Vertreter des Bauernverbandes getroffen, der sehr offen dargestellt hat, wie diese Tierwohlinitiative funktioniert. Die funktioniert so, dass es bestimmte Absprachen zwischen Erzeugern und Verkäufern gibt, aber dass der Kunde im Laden nicht die Chance hat zu sehen, ob das Produkt, was er nun kauft, eines ist, was mit dem hohen Tierwohlstandard produziert wurde oder nicht. Das heißt, die Lebensmittelketten machen etwas Werbung für tierwohlkonforme Produktion – das haben Sie vielleicht auch schon wahrgenommen bei einigen dieser Ketten –, die Realität hat dann aber einen ganz kleinen Anteil nur an diesen tierwohlkonform produzierten Produkten. In ihrem Warensortiment ist das nicht zu finden für den Konsumenten.
Also, Frau Schlupp, ich denke, diese Tierwohlinitiative ist nicht hilfreich, um die erforderlichen Weichenstellungen zu befördern, und sie ist keinesfalls hilfreich, dem Verbraucher die Transparenz und die Wahlfreiheit zu ermöglichen, die er oder sie wirklich braucht. Ich denke, das ist eine jetzt schon gescheiterte Initiative. Die Medien haben auch entsprechend darüber berichtet.
Herr Krüger ist auf die Großvieheinheiten eingegangen. Dazu, denke ich, ist es wirklich wichtig, noch mal die beiden Anträge nebeneinanderzulegen, den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Mecklenburg-Vorpommern auf dem Weg zu einer gesellschaftlich akzeptierten Tierhaltung“ einerseits und die Beschlussempfehlung des Agrarausschusses andererseits. In der Beschlussempfehlung wird ausgesagt, dass diese zwei Großvieheinheiten schon eine wunderbare Basis seien, die auch jetzt schon wissenschaftlich fundiert sei.
Sie nicken, Herr Krüger. Das sehen wir anders. Diese zwei Großvieheinheiten pro Hektar sind einfach der gängige Standard. Sie bringen uns keinen Schritt weiter und sie sind...
Sie sind keinesfalls wissenschaftlich begründet. Diese zwei Großvieheinheiten haben sich etabliert als gute fachliche Praxis, aber wenn man das einfach mal in richtige Zahlen umrechnet, in den großen Betrieben, die wir hier auch haben, dann nehmen wir einfach mal das Beispiel von dem 1.000-Hektar-Betrieb. Was heißt das dann, zwei Großvieheinheiten? Das wären einfach 2.000 Kühe in dem Fall oder, wenn man das auf Hähnchen umrechnet, das kann ich jetzt nicht so schnell gewährleisten, sind das schon leicht Millionen von Hähnchen, die man dann halten dürfte. Von daher sagen wir zu diesem Maß
von zwei Großvieheinheiten, ja, auch unsere Fraktion erkennt an, es muss einen Flächenbezug geben zwischen Tierhaltung einerseits und der Fläche des Betriebes andererseits, denn da ist …
In der Formulierung in der Beschlussvorlage ist der Dissens, dass das wissenschaftlich schon fundiert sei.
Aber lassen Sie mich meinen Gedanken zu Ende führen – wenn Sie mich unterbrechen, dann fällt es mir schwer, den Gedanken zu Ende zu führen –: Wir brauchen einen Bezug zwischen der Zahl der Tiere und der Fläche, wir brauchen diesen Flächenbezug, denn wir brauchen die Möglichkeiten, den Boden zu düngen, den Kreislauf zwischen Tier, Boden und Ernährung zu schließen, und nicht nur den ökologischen Kreislauf zu schließen, den Stoffkreislauf, sondern auch den Wirtschaftskreislauf.
Diese zwei Großvieheinheiten sind eine Basis, die es weiter regional zu untersetzen gilt und an die Forderungen gekoppelt sind, die wir unter Punkt 4 aufgelistet haben. Die überschneiden sich interessanterweise mit den Forderungen, die Herr Tack in seiner Rede, aber nicht mehr in der Beschlussvorlage und auch zum Teil nicht im Ursprungsantrag aufgeführt hat,
und zwar fordern Sie unter Punkt 4 a), das Futter für die Tiere soll überwiegend von betriebseigenen Flächen gewonnen werden. „Überwiegend“ heißt 50 Komma irgendwas Prozent. Sie haben jetzt 50 genau genommen, ich würde 51 nehmen. Wir fordern die Möglichkeit, die Gülle und andere landwirtschaftliche Reststoffe müssen auf den betriebseigenen Flächen ausgebracht werden können – da haben Sie fast unseren Antrag in Ihrer Rede vorgelesen –,
und wir fordern, der Lebendtiertransport muss so gestaltet sein, dass die Transportdauer minimiert wird, und den Tieren, egal welche Tierart, sind Freilaufställe zur Verfügung zu stellen. Den Milchkühen ist Weidegang zu ermöglichen, Wassergeflügel braucht Zugang zu Wasserflächen. Wir fordern ein Amputationsverbot für Körperteile von Nutztieren, also beispielsweise das Kupierverbot für Ringelschwänze bei den Schweinen und ein Amputationsverbot von Schnäbeln beim Geflügel. Wir wollen den Einsatz von Reserveantibiotika komplett beenden.
Das ist wirklich skandalös. Wir wollen die prophylaktische Bestandsbehandlung mit Antibiotika bei der Erkrankung von Einzeltieren untersagen.
Diese Forderungen von a) bis f) unter Punkt 4 untersetzen die von uns in die Diskussion gebrachten Obergrenzen in der Nutztierhaltung von 15.000 Legehennen, 16.000 Masthühnern, 2.000 Truthühnern, 600 Rindern, 500 Mastschweinen, 560 Sauen und 500 Aufzuchtferkeln.
Diese Zahlen, das habe ich in der Eingangsrede schon gesagt, sind abgeleitet von Kriterien, die sich an dem Menschen, der das Tier betreut, oder an dem Tierverhalten orientieren. Sie haben bisher jede andere Alternativzahl in der Diskussion abgelehnt. Es wäre auch möglich gewesen, die Zahlen, die in der Anhörung vom AbLVertreter, von Eckehard Niemann, gefallen sind, zu nehmen, der gesagt hat, die jetzt gültigen Zahlen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wären schon als Obergrenzen – sie sind ja zurzeit keine Obergrenzen – eine gute Lösung. Aber Sie verweigern jede Obergrenzendiskussion, sondern schieben das vor sich her.
Ich spreche jetzt insgesamt alle an, nicht nur Sie, Herr Krüger. Sie schieben das vor sich her – einen Moment – und Herr Tack meint, das muss irgendwann passieren, eine mittelfristige Lösung müsse her.
Meine Damen und Herren, heute ist deutlich geworden, ich finde das wirklich einen ganz besonderen Moment: Der Wendepunkt in der Nutztierhaltung ist dieses Jahr da, wenn wir auch noch Differenzen an verschiedenen Stellen haben. Ich spüre ganz deutlich, dass ein Umdenken bei so gut wie allen merklich eingesetzt hat. Es ist nur noch eine Frage des Tempos und der genauen Ausgestaltung. Aber diese Chance – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben –, die sich jetzt hier bietet, die muss wirklich Handlungen nach sich ziehen, die in der Jetztzeit liegen, nicht in ferner oder mittlerer Zukunft.
Herr Tack, da, denke ich, haben wir verschiedene Vorstellungen, was das Tempo angeht. Herr Tack, Sie sprechen auch für Obergrenzen, aber eben nicht jetzt. Sie stellen Forderungen auf, hinter die Sie dann wieder zurückfallen, weil Sie der Beschlussvorlage zustimmen.
Ich habe bei den LINKEN ein bisschen den Eindruck, sie wollen das Ziel so von hinten durch die Brust ins Auge. Sie wollen es, aber irgendwie stehen sie sich doch selber sehr im Wege dabei,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Professor Tack hat das exakt formuliert, geradeheraus, mit dem Ziel vor den Augen, nicht durch die kalte Küche.)
Ich denke, auf einen Aspekt wäre vielleicht noch einzugehen. Ich hatte in der Eingangsrede gesagt, es gibt zum Teil wenig zusammenhängende Forderungen in der Beschlussvorlage, das möchte ich noch mal untersetzen. Zum Beispiel wird unter Ziffer II Punkt 2.1 bei a) gesagt, „der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene bzw. europaweit“ und so weiter, ich lasse das mal weg, „dafür einzusetzen, dass … der aktuelle Wissensstand aufgearbeitet wird“ und so weiter.
Das ist eine sehr offene, sehr unkonkrete Forderung und steht auch in keinem Zusammenhang mit den oben genannten Ausführungen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Dr. Karlowski, Sie haben mir leider nicht die Möglichkeit gegeben, meine Frage zu stellen. Was ich nicht verstanden habe, ist, Sie haben ausgeführt mehrere Parameter, die für Sie wichtig sind, der Mensch, das Tier, das sind wichtige Parameter. Ich wollte Ihnen nur die Frage stellen, ob die Ökonomie denn gar keine Rolle spielt.
Es ist Ihnen von Professor Tack vorgerechnet worden, der Minister hat gesagt, was es bedeutet, wenn man Ihre Zahlen hier entsprechend in Anwendung bringt. Darauf sind Sie mit keinem Wort eingegangen.
Am Ende müssen die, die die Tiere halten, davon leben. Das ist kein Hobby, dass sie die Tiere halten, um sie zu streicheln oder Ähnliches, sondern die leben davon.
Wir brauchen Größenordnungen, die in die Region passen, wir brauchen Größenordnungen, die akzeptiert sind, und wir brauchen Größenordnungen, die am Ende die Landwirte auch ernähren können.