Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, die in dem NPD-Antrag vorgenommene Würdigung der Gewaltenverschränkung als euphemistische demokratietheoretische Friktion geht aber im Übrigen vollkommen fehl. Stattdessen ist gerade eine Funktionsverschränkung innerhalb des Grundsatzes der Gewaltenteilung eine verfassungstheoretisch – etwa von Roman Herzog, Maunz und Dürig oder von Udo di Fabio im „Handbuch des Staatsrechts“ – hoch anerkannte Konstituante. Insoweit sind fehlende Inkompatibilitäten von Regierungsamt und Mandat nicht per se schädlich, denn Verschränkungen als solche sind anstatt einer allzu strikten Trennung um der Sachgerechtigkeit der Entscheidung und um der Machtmäßigung willen immerhin auch ein Grundanliegen der Gewaltenteilung. Ebenso wie ein zu hohes Maß an Verschränkung kann daher auch ein zu geringes Maß an Verschränkung in gleicher Weise schaden.

Die absolute Grenze der Gewaltenteilung stellt insoweit nur die Kernbereichslehre dar, die einerseits ein Dominieren der Exekutive durch das Parlament – mitregieren – und andererseits ein Dominieren der parlamentarischen Legislation durch die Regierung verbietet. Beides steht jedoch nicht dadurch zu befürchten, dass einzelne Regierungsmitglieder – in unserem Fall sind es bei 71 Parlamentariern 6 Regierungsmitglieder in Mecklenburg-Vorpom- mern – zugleich Abgeordnete sind. Dies beweist auch die Staatspraxis etwa durch den regelmäßigen Verzicht von parlamentsangehörigen Ministern auf die Mitwirkung in Parlamentsausschüssen.

Meine Damen und Herren, man könnte folgendermaßen ein Fazit ziehen: Der von der NPD vorgelegte Gesetzentwurf kann inhaltlich nicht überzeugen, dies insoweit, als dass die in der Landesverfassung trotz Beratung in der Verfassungskommission ausdrücklich nicht geregelte Inkompatibilität von Regierungsämtern mit einem Landtagsmandat zwar theoretisch zu Interessenkonflikten führen kann,

(David Petereit, NPD: Das ist bei den meisten Gesetzen so.)

andererseits in der Praxis von einem diesen theoretischen Nachteil überwindenden Vorteil ist. Der Verfassungsgeber tut mithin gut daran, in Übereinstimmung mit deutscher und europäischer Verfassungstradition von der vorgeschlagenen Inkompatibilitätsregelung abzusehen, dies auch insofern, als dass sich ein Regelungsverzicht in keinem Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung setzt, der verfassungstheoretisch konsequent als eine zulässige und fruchtbare Gewaltenverschränkung offen interpretiert werden muss.

Im Übrigen entbehrt es auch einer gewissen Hybris und Janusköpfigkeit, dass sich ausgerechnet die NPD für die Gewaltenteilung als Scharnier des Rechts- und Demokratieprinzips einsetzt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, das stimmt. Das ist zum Piepen.)

Immerhin haben in der deutschen Verfassungsgeschichte gerade Nationaldemokraten einen nicht zu verschweigenden Anteil daran, dass diese beiden Verfassungsfundamentalprinzipien über Jahre nicht an Wirklichkeit gewinnen konnten. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Heiterkeit und Zuruf von David Petereit, NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Texter, es ist ja schon wieder merkwürdig, was Sie hier am Rednerpult losgelassen haben. Ich nehme jetzt erst mal die letzten Absätze von Ihnen, dass Nationaldemokraten letztendlich der Gewaltenteilung geschadet haben beziehungsweise diese verhindert haben. Ich glaube, Sie haben sich wieder massiv vertan. Sie meinten die Nationalsozialisten, die mit der NPD nachweislich nichts zu tun haben und umgekehrt genauso.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Natürlich nicht! Nein! Natürlich nicht, Herr Köster! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nein!)

Aber es spricht ja wieder Bände, dass Sie noch nicht mal diese beiden Begriffe auseinanderhalten können, und das zeigt letztendlich auch Ihre politische Dummheit, wenn ich das so ausdrücken darf.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Herr Texter, Sie haben unter anderem auch gesagt, es liegt auf der Hand, dass Interessenkonflikte entstehen könnten, sagen aber, ohne es belegen zu können, dass diese nicht auftreten werden. Sie haben auch geäußert, dass das Grundgesetz keine Nichtvereinbarkeit vorsieht. Das Grundgesetz sieht einiges vor: Es sieht auch im Artikel 16a keinen Missbrauch des Asylrechts vor. Das findet massenhaft in der Bundesrepublik Deutschland statt.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Weil im Grundgesetz eine Unvereinbarkeit nicht vorhanden ist, dürfen Sie nicht daraus schließen, dass dieser Missbrauch nicht stattfindet. Der findet auch in Mecklenburg-Vorpommern statt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Dann haben Sie die Doppelfunktion von Ministeramt und Abgeordnetenmandat aus verfassungsrechtlicher und politischer Tradition herausgearbeitet, oder Sie haben es zumindest versucht, diese herauszuarbeiten.

(Udo Pastörs, NPD: Tja.)

Aus politischer Tradition und auch aus verfassungsrechtlicher Tradition – zumindest hier in Mecklenburg-Vorpom- mern und in Deutschland – waren auch die direkte Demokratie und das Frauenwahlrecht nicht vorgesehen und ich hoffe nicht, dass Sie beides infrage stellen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Es bedarf der politischen und moralischen Vernunft, hier eine Trennung von Amt und Mandat durchzuführen. Es ist ein merkwürdiger Widerspruch, so der schon von mir erwähnte Professor von Arnim in seinem Buch „Das System“, wenn normale Beamte nicht dem Bundestag – und

ich füge hinzu, dass dies selbstredend auch für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern Gültigkeit besitzt – angehören dürfen, vielmehr ihre Rechte und Pflichten ruhen, damit Interessenkonflikte möglichst verhindert werden, aber ausgerechnet für die Spitzen der Exekutive keine derartigen Unvereinbarkeitsbestimmungen bestehen.

(Jochen Schulte, SPD: Das liegt nur daran, dass Professor Arnim das System nicht begreift.)

Nach Artikel 45 der Landesverfassung MecklenburgVorpommerns dürfen die Mitglieder der Landesregierung kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben. Warum soll diese Regelung nicht auch für das Abgeordnetenmandat gelten? Es ist doch vollkommen einleuchtend, dass die Ausübung von Ministeramt und Abgeordnetenmandat zu vielen Interessenkonflikten führt. So sind die genannten Minister als Abgeordnete stimmberechtigt, wenn in Anlehnung an Artikel 50 Absatz 2 der Landesverfassung eine Vertrauensabstimmung über den Ministerpräsidenten durchgeführt wird. Viele weitere Beispiele wurden hierzu genannt.

In Bremen und Hamburg ist diese Verquickung der Funktionen per Verfassung untersagt. Eine derartige Regelung benötigen wir auch in Mecklenburg-Vorpommern. Aus diesen Gründen haben wir von der NPD-Fraktion diesen Gesetzentwurf vorgelegt und fordern die Trennung von Ministeramt und Abgeordnetenmandat. Es gibt keinen einzigen sachlichen Grund – und Herr Texter hat auch nicht einen sachlichen Grund genannt – für die Doppelfunktionsausübung. Vielleicht ist ein Grund, dass Ihre Minister noch mehr Geld erhalten sollen. Dieser Grund kann aber nicht zählen und insofern ist eine Trennung herbeizuführen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der NPD zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Danke. Und die Stimmenthaltungen? – Zugestimmt hat die Fraktion der NPD, dagegen stimmten die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und es hat sich niemand enthalten. Damit ist der Überweisungsvorschlag abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

Vereinbarungsgemäß rufe ich an dieser Stelle auf den Tagesordnungspunkt 33: Beratung des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des Landtages gemäß § 15 Absatz 3 Satz 6 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, hier die Zielvereinbarungen 2016 bis 2020 mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald vom 18. Dezember 2015, der Universität Rostock vom 18. Dezember 2015, der Hochschule für Mu- sik und Theater Rostock vom 18. Dezember 2015, der Hochschule Neubrandenburg vom 17. Dezember 2015, der Fachhochschule Stralsund vom 18. Dezember 2015 und der Hochschule Wismar vom 17. Dezember 2015. Das ist die vorliegende Drucksache 6/5060.

Antrag der Landesregierung Zustimmung des Landtages gemäß § 15 Absatz 3 Satz 6 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern hier: Zielvereinbarungen 2016 bis 2020 mit der – Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

vom 18. Dezember 2015,

Universität Rostock

vom 18. Dezember 2015,

Hochschule für Musik und Theater Rostock

vom 18. Dezember 2015,

Hochschule Neubrandenburg

vom 17. Dezember 2015,

Fachhochschule Stralsund

vom 18. Dezember 2015,

Hochschule Wismar

vom 17. Dezember 2015.

Drucksache 6/5060 –

Das Wort zur Begründung hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit den Zielvereinbarungen zwischen dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und den Hochschulen des Landes, die Ihnen heute die Landesregierung zur Zustimmung vorlegt, wird die Zielvereinbarungsperiode für den Zeitraum 2016 bis 2020 eingeleitet.

Die Zielvereinbarungen bauen auf den Eckwerten der Hochschulentwicklung auf. Gemäß Beschluss des Landtages vom 11. März 2015 über die Fristverlängerung zum Abschluss der Zielvereinbarungen und nach der Zustimmung des Landtages zu den Eckwerten der Hochschulentwicklung am 2. Juli 2015 waren die Zielvereinbarungen bis zum 2. Januar 2016 abzuschließen. Dem ist die Landesregierung mit den vorliegenden Zielvereinbarungen fristgerecht nachgekommen.

Die Zielvereinbarungen sind in einem intensiven und über Monate dauernden Prozess erarbeitet worden.