Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

Hervorzuheben ist auch, dass wir mit der Universität Greifswald einen Partner gefunden haben, der weltweit anerkannt ist. Und ich bin ausdrücklich dem Bildungsminister dankbar, dass wir hier eine enge Kooperation zwischen unseren Häusern haben. Sie wissen wahrscheinlich, dass das Bundesministerium für Umwelt und Bau ja nun auch eine erhebliche Förderung in die Universität hineingibt und auf der anderen Seite wir auch gerade ausgezeichnet worden sind mit einer doch erheblichen Unterstützung für die MoorFutures, um diese voranzubringen.

Ich finde, das sind Ansätze, dass wir weiterkommen, und ich glaube auch, dass es richtig ist, dass die Fortschreibung – und da nehme ich Ihren Gedanken gerne auf, ohne Zweifel – in der weiteren Entwicklung des Moorschutzes, auch die Gedanken, die Sie hier geäußert haben, sehr wohl eine Rolle spielen sollen. Im Übrigen spielen sie auch eine Rolle: Moore sind insbesondere Lebensräume mit einer spezialisierten Tier- und Pflanzenwelt. Wer das einmal wahrgenommen hat, ich habe das mehrfach getan, den fasziniert das. Ihr Erhalt dient damit der biologischen Vielfalt, und intakte Moore tragen natürlich auch und insbesondere dazu bei, die Freisetzung klimarelevanter Gase zu reduzieren.

All diese Argumente deuten darauf hin, dass die Verbesserung des Klimaschutzes, die Erhöhung der Artenvielfalt oder, wenn man es so will, auch die Niedermoore als Nährstoffsenken zu betrachten und damit die Verbesserung des Wasserhaushaltes noch schärfer in den Blick zu nehmen, sich grundsätzlich auch für den Wald natürlich anführen lassen.

Und ich will Ihnen an dieser Stelle doch noch mal etwas an die Hand geben: Ich selber, wir haben ja in einer Prioritätenliste zur Revitalisierung der Moorwaldstandorte eine Kartierung vorgenommen. Wir wissen heute, dass bis 2020 unser Ziel darin besteht, 4.000 Hektar Waldmoore zu revitalisieren und zu renaturieren, und wir haben mittlerweile 1.500 Hektar umgesetzt. Derzeit in Planung sind noch mal 1.000 Hektar, sodass dann auch der Rest, nämlich 1.500 Hektar, noch mal in neue Projekte gekleidet werden kann.

Ich glaube, man kann feststellen, dass wir auf dem Weg sind, auch und insbesondere, was die Ausgleichsfragen nachteiliger Folgen für den Wald nach dem Paragrafen 15 Absatz 5 Landeswaldgesetz anbetrifft, wir dies nicht erschweren sollen und wollen, sondern dass wir versuchen wollen, auch hier Beiträge zu leisten. Im Übrigen haben Sie ja das, glaube ich, andeuten wollen, dass im Rahmen von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen oder

der Frage, wie können wir mit einem Ökokonto hier arbeiten – auch die Landesforstanstalt ist ja Träger dieser Möglichkeit –, wir auch zu ökosystemaren Dienstleistungen kommen, die über das Moorschutzkonzept als solches hinaus Wirkung entfalten können.

Deswegen halte ich es auch für richtig, dass das Landeswaldgesetz selbstverständlich ausdrücken soll, dass an dem Grundsatz, den Wald zu mehren, die Waldfläche zu mehren, festgehalten werden soll und muss. Das ist ein Auftrag des Landes und da bin ich auch per Gesetz verpflichtet, und das ist für mich nach wie vor die Maxime. Alles andere wäre schlichtweg falsch.

Einmal zur Verdeutlichung: Moorwälder machen immerhin 13 Prozent der Gesamtwaldfläche unseres Landes aus. Wenn ich mir das vorstelle, dass wir über 60.000 Hektar mal eben so entwalden sollten, um daraus reine Moorflächen zu entwickeln, ich glaube, das würde die Allgemeinheit so nicht wollen, und ich würde es persönlich auch nicht akzeptieren.

Deswegen – und ich glaube, auch im Namen aller, die daran teilgenommen haben, sprechen zu dürfen –, bezogen auf die Vorstellungen des Waldbesitzerverbandes in der Sitzung in der vergangenen Woche, glaube ich, der Waldbesitzerverband hat sich in der einen oder anderen Frage hier nicht unbedingt einen Gefallen getan. Wir sprechen – noch mal – immerhin von 60.000 bis 70.000 Hektar Waldfläche in unserem Land. Und wenn man das alles betrachtet, dann müssen wir natürlich auch aufpassen, dass wir hier das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern wir müssen die Waldbesitzer, auch die privaten Waldbesitzer, bei dieser Frage „Umstrukturierung der Wälder“ selbstverständlich mitnehmen.

Ich vermute, Sie möchten mir eine Frage stellen.

Herr Minister, sind Sie bereit, …

Ich bin bereit.

… Frau Dr. Karlowski die Frage zu beantworten?

(allgemeine Heiterkeit – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Immer bereit!)

Bei Frau Karlowski bin ich meistens immer bereit.

Herr Minister!

Bitte, Frau Dr. Karlowski.

Ich habe Ihre Ausführungen jetzt gerade so verstanden, dass Sie am Landeswaldgesetz, ohne Punkt und Komma zu verschieben, festhalten wollen, sodass bei jeder Wiedervernässung das Landeswaldgesetz greifen würde, sodass in jedem Fall ein Waldausgleich bei einer Wiedervernässung dann stattfinden würde? Habe ich das richtig verstanden?

(Beate Schlupp, CDU: So steht es gar nicht drin im Landeswaldgesetz.)

Ja. Aber Sie sollten mir wirklich noch ein bisschen lauschen, denn es kommt jetzt eigentlich der Kern,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

denn wie alles im Leben, Frau Karlowski, ist es tatsächlich eine Ermessensfrage. Insofern, formal betrachtet – dann will ich darauf gleich eingehen –, formal betrachtet sind Moorwälder natürlich auch Wälder im Sinne der Gesetzgebung. Das ist nun mal so. Alles andere wäre auch nicht gut, wenn wir das plötzlich anders bewerten. Es liegt somit nicht im Ermessen der obersten Forstbehörde zu entscheiden, ob es sich um Wald oder nicht um Wald handelt. Dies ist vielmehr im Landeswaldgesetz ganz klar definiert. Dem gesetzlichen Waldbegriff unterliegen im Wald liegende oder die ihm verbundenen und ihm dienenden Flächen. Das ist nun mal so dort niedergeschrieben und das hat dieses Hohe Haus, im Übrigen auch mit einem der modernsten Waldgesetze, die wir haben, 2011 so beschlossen.

Dies gilt auch für Moore, die damit diese Kriterien erfüllen. Das heißt aber auch, dass die oberste Forstbehörde für die Wiedervernässung von Waldmooren, die nach der Vernässung im Sinne dieses Gesetzes Wald bleiben, keinen Ausgleich verlangt. Das heißt, es ist also die Frage, deswegen habe ich es bewusst an den Anfang gestellt: Wie können wir es organisieren, dass die Waldmoore im Sinne des Waldgesetzes Wald bleiben? Das heißt: Paludikulturen, feuchte, nasse Landwirtschaft.

Und ich persönlich, ohne jetzt ins Detail zu gehen, aber Sie können es sich vorstellen, bin hocherfreut, dass die Verhandlungen, die ich selber geführt habe, das Laubholzsägewerk in Malchow wieder in Betrieb nehmen zu können, auch dabei eine strategisch wichtige Rolle spielen, nämlich dass die Waldbesitzer – ob wir als Land als einer der größten Waldbesitzer, aber auch die Privaten – diese Produkte der Zukunft natürlich am Markt platzieren sollen. Ich glaube schon, dass, wenn man über Zertifizierungsverfahren daraus vielleicht auch ein ökologisches zusätzliches Produkt macht, Frau Karlowski, um Anreize zu schaffen, auch diese nasse Landwirtschaft technischtechnologisch zu unterstützen, wir den Waldbegriff nicht ändern müssen und damit die Ausgleichsnotwendigkeit nicht gegeben ist. Das heißt...

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bei reiner Naturschutzfläche?)

Ja, auf den reinen Naturschutzflächen,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da muss ich ganz klar sagen, wenn wir hier über reine Naturschutzflächen reden, dann ist das ein anderes Thema. Auch da sage ich noch mal: Mecklenburg-Vorpom- mern hat in Bezug auf den Naturschutz Ausgleichsflächen oder auch die Waldflächen und deren Unterschutzstellung, 10 Prozent. Es gab mal die Strategie der Bundesregierung, wo Rot-Grün eine Biodiversitätsstrategie entwickelt hat, da ging es darum, 5 Prozent der Waldfläche aus der Produktion zu nehmen. Mecklenburg-Vorpommern hat heute 10 Prozent oder exakt 9,8 Prozent aus der kompletten Produktion genommen. Das heißt, den doppelten Anteil der Planungen der Bundesrepublik Deutschland haben wir im Rahmen Nationales Naturerbe, im Rahmen

der Kernzonen der Nationalparke, das kennen Sie alle. Also darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten.

Und auf der anderen Seite, in Naturschutzflächen, auf FFH- und Vogelschutzgebietsflächen, die diesen Begriff in sich tragen, was Biotopgestaltung und so weiter anbetrifft, sind wir auch die Ersten in Deutschland, die dann bereit sind, den Waldbesitzern Ausgleichszahlungen zu zahlen, um damit für Verständnis zu werben.

Das heißt unterm Strich: Wir sind der Auffassung, auf den Ausgleich der nachteiligen Folgen der Ausgleichsmaßnahmen kann nach Paragraf 15 Absatz 6 des Landeswaldgesetzes verzichtet werden, wenn es sich um eine naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme handelt – auch die Frage haben Sie eben noch mal gestellt – und zusätzlich, wenn das öffentliche Interesse dabei, das Betretungsrecht, nicht eingeschränkt wird. Auch das haben wir schon erfolgreich mit dem einen oder anderen Projekt …

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Praxis zeigt was anderes.)

Ja.

Insofern will ich auch noch mal unterstreichen: Es besteht somit nicht die Gefahr, dass Ausgleichsmaßnahmen eine Kette von weiteren Ausgleichsmaßnahmen – das ist ja wahrscheinlich die Sorge von Ihnen – nach sich ziehen, dass der Anreiz zu gering ist, in eine Renaturierung oder Revitalisierung zu gehen. Für kleinere Flächen im Wald, die durch das Moorrenaturierungsprogramm baumfrei werden, ist ebenfalls kein Umwandlungs- und Ausgleichsbedürfnis nach Paragraf 15 Landeswaldgesetz gegeben.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Praxis sieht anders aus.)

Bei der Novellierung im Jahr 2011 wurden bereits Sonderregelungen berücksichtigt, die das Begehren Ihrer Fraktion aufgreifen. Vielleicht müssen wir darüber noch mal in einer der nächsten Sitzungen näher aufklären. Wenn jedoch großflächige Waldflächen vernichtet werden im Rahmen von Baumaßnahmen – die Nord Stream ist ein Beispiel dafür –, dann muss ich schon sagen, selbstverständlich ist es notwendig, dass Ersatz geschaffen wird.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Selbstverständlich.)

Wo kommen wir denn da hin? Oder wenn jetzt die A 14 gebaut worden ist: Wer da mal langgefahren ist, der sieht, welche Eingriffe wir in den Wäldern vorgenommen haben. Selbstverständlich – und da ist auch die eine oder andere Moorsenke mit dabei gewesen –, selbstverständlich muss es dann der Fall sein, dass dort ausgeglichen wird. Alles andere würde ja auch den Ansatz des Natur- und Umweltschutzes konterkarieren.

Das heißt, noch mal ausdrücklich, der Waldflächenerhalt, gerade auch in einem waldärmeren Gebiet – und wir sind ja mit Niedersachsen und insbesondere SchleswigHolstein waldarm mit 23, 24 Prozent, wir haben jetzt mittlerweile Schleswig-Holstein hinter uns gelassen, deutlich hinter uns gelassen –, aber unser Grundsatz lautet, dass wir alles daransetzen wollen, dass der

Waldmehrung natürlich Vorschub gegeben wird und dass in der Zukunft der Gesundheitszustand der Wälder sich weiter verbessern wird.

Auch da tragen die Maßnahmen der letzten Jahre große Früchte. Wenn ich heute feststellen darf – ich habe gerade gestern den Zustand der Wälder öffentlich bekanntgemacht –, dass nur noch zehn Prozent unserer Wälder, unserer Bäume geschädigt sind, also 90 Prozent sich in einem sehr guten bis guten Zustand befinden, dann ist das ja auch ein großer Erfolg.

Insofern, glaube ich, ist es so, dass wir auf dem Weg sind, auch in dieser Frage Ausnahmetatbestände zu entwickeln. Und sollte sich tatsächlich an der einen oder anderen Stelle herausstellen, dass es im Rahmen der Landesforst oder auch im Privatbereich Probleme gibt bei Ökosystemdienstleistungen und deren Umsetzung, dass es da Hemmnisse gibt, dann ist man natürlich bereit und wir auch bereit, gegebenenfalls mit einem Erlass oder mit einem Prozess der Gesetzgebung gegenzusteuern.

Ich glaube aber auch, dass wir feststellen müssen, und das ist abschließend noch mal eine Aussage: Wir müssen bei Wiedervernässungsprojekten aufpassen, dass wir die allgemeine Bevölkerung mitnehmen. Was haben wir für Diskussionen im Nationalpark Müritz gehabt! Es ist natürlich so, wenn große Areale absterben und dann die Diskussion vor Ort losgeht, dann sind diejenigen in der Regel verschwunden, die sich die Vernässung gewünscht haben, und man steht in der Regel alleine da. Aber siehe da, es ist ja ein Wunder der Natur, dass sich die Natur wirklich schnell erholt, und man kann wunderbare Bilder der Entwicklung in diesem Bereich heute aufzeigen.

Insofern, glaube ich, kommen wir mit der aktuellen Regelung, die wir haben, weiter, auch pragmatisch weiter. Und wenn es fachlich gerechtfertigte Fragen gibt, wo es Probleme gibt, dann sind wir gerne bereit, da einzugreifen, denn letztlich ist unser Wald ein hohes und schützenswertes Gut. Dieses Multitalent Wald wird uns auch für die Zukunft viele Möglichkeiten – auch der Wirtschaftsentwicklung – bringen. Aber auch für das Gesundheitsland oder letzten Endes für den Klimaschutz oder die Energiewende ist der Wald einfach ein Multitalent und ich hoffe, dass wir da weiterkommen. Sie sehen, dass wir auf einem recht guten Weg sind. Andere beneiden uns um dieses Programm.

Ich habe mich im Übrigen sehr gefreut, dass Niedersachsen jetzt auch dabei ist, ein Moorschutzkonzept zu machen, das den Namen „Patent Mecklenburg-Vorpom- mern“ trägt. Wir sind mit Schleswig-Holstein dabei, die MoorFutures umzusetzen. Also ich glaube, wir haben hier auch mit grünen Häusern eine recht gute Zusammenarbeit. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Minister hat bereits ausgeführt, dass Mecklenburg-Vorpommern mit mehr als 290.000 Hektar Moorfläche eines der moorreichsten Länder der Bundesrepublik Deutschland ist. Seit dem Jahr 1990 wurden, wenn ich das aus meinen Kleinen Anfragen zusammenrechne, fast 48.000 Hektar

Moorfläche wiedervernässt. Hierfür wurden allein im Zeitraum von 2002 bis 2013 circa 41,8 Millionen Euro aus EU- und Landesmitteln aufgewendet. Durch derartige Renaturierungsmaßnahmen wurden dabei in Größenordnungen, auch das muss gesagt sein, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Flächen einer wirtschaftlichen Nutzung entzogen.

Viele von Ihnen kennen sicher den Anblick der abgestorbenen Bäume im Anklamer Stadtbruch. Vor Ort herrscht auch heute noch viel Unverständnis über die mit der Maßnahme einhergehende Baumvernichtung. Und das ist nicht das einzige Akzeptanzproblem. Es gibt Einschränkungen der Lebensqualität der Anwohner durch erhöhte Wasserstände, Vernässung von Kellern, Verunreinigung des Trinkwassers, aber auch Mückenplagen im Ergebnis von Wiedervernässungsmaßnahmen.

Zahlreiche Beispiele wie Polder Kamp, Swinemoor, Polder Bargischow/Gnevezin,