Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Das wird die Zeit zeigen, genauso wie ich das akzeptiert habe, dass ihr auch Selbstkritik geübt habt und gesagt habt: „Jawohl, wir haben in der Vergangenheit Fehler gemacht.“ Aber ich denke, gerade im Zusammenhang mit eurem Antrag hättet ihr diese Fehler durchaus an dieser Stelle noch mal unterstreichen können. Insofern

danke ich auch für die Klarstellung und für die Aufmerksamkeit.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn’s dir hilft, am Sonnabend. Sei es so! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/5074. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/5074 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 6/5130 zum Thema „Rücknahme der Feststellungsbescheide zur Neuordnung der Krankenhausstandorte Wolgast und Anklam“ vorgelegt. Wir werden diese Vorlagen, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach angemessener Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 26 aufrufen. Ich werde das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrages erteilen sowie die Abstimmung über dessen Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rote Linie bei Abschiebungen nicht überschreiten, Drucksache 6/4986(neu).

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rote Linie bei Abschiebungen nicht überschreiten – Drucksache 6/4986(neu) –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 2015 wurden zehn Albanerinnen und Albaner, darunter mehrere Schwangere, aus einer Flüchtlingsunterkunft in Ros- tock abgeschoben.

(Beifall Michael Andrejewski, NPD: Ja, bravo!)

Eine Schwangere durfte bleiben, weil Ärzte ihr eine Risikoschwangerschaft attestiert hatten.

(Michael Andrejewski, NPD: Weniger bravo!)

Ihr Mann wurde jedoch mitgenommen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Mitgenommen!)

Die Initiative „Rostock hilft“ kritisierte das Vorgehen der Behörden scharf.

(Udo Pastörs, NPD: Verschleppt.)

Ich zitiere:

(Julian Barlen, SPD: Ruhe auf den billigen Plätzen!)

„Was da Montag Nacht in der Unterkunft passiert ist, entbehrt jeder Menschlichkeit: Eine Familie wurde auseinandergerissen“, sagte Julia Reichart, eine Sprecherin des Bündnisses. Ein paar Tage vorher war der große „Bild“-Report „Aufmachen, Polizei! Sie werden heute abgeschoben“ erschienen, dem sich weitere Details zum Vorgehen der Behörden bei nächtlichen Abschiebungen entnehmen lassen. Ich zitiere: „Dann klingeln Polizisten bei Nachbarn, um unbemerkt ins Haus zu kommen … ‚Aufmachen, Polizei! Wir sind hier, weil Sie heute abgeschoben werden.‘ Der Beamte der Ausländerbehörde zeigt der Familie den rechtskräftigen Beschluss. Sofort beginnt eine hitzige Diskussion. ‚Das geht nicht, nicht heute, bin viel krank‘, sagt die Mutter.“

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, klar.)

„Die Frau fällt in Ohnmacht. Sie reagiert nicht auf Zureden und leichtes Schütteln. Der neunjährige Sohn weint bitterlich. Er geht mit seiner kleinen Schwester ins Kinderzimmer,“

(Michael Andrejewski, NPD: Da weint immer einer.)

„spielt mit ihr mit einem Kuscheltier. Darum hat der Polizist gebeten. Dann wird der Kleine noch einmal gebraucht. Er muss für seinen Vater übersetzen. Der Junge ist der Einzige in der Familie, der fließend Deutsch spricht.“ Zitatende.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also, ihr zieht das aber auch durch, das ist ja unglaublich. Ihr wisst gar nicht, was ihr damit anstellt, mit dem Blödsinn.)

Zudem war meiner Fraktion bekannt geworden, dass in Greifswald zwei Kinder aus ihrer Familie abgeschoben worden waren. Für uns waren diese Fälle Grund genug, im Innenausschuss eine Unterrichtung durch das Innenministerium zu den in Mecklenburg-Vorpommern erfolgten Abschiebungen auf die Tagesordnung zu setzen. In dem entsprechenden Antrag hatte mein Kollege Johannes Saalfeld die vom Innenministerium erwarteten Angaben präzisiert. Ich zitiere: „Informiert werden sollte der Ausschuss insbesondere über Umfang und Ablauf der seit dem 2. September 2015 wieder zulässigen Nachtabschiebungen.“

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, da ist doch informiert worden.)

„Wichtig wäre zudem eine Darstellung, wie mit besonders schutzbedürftigen Personen (Minderjährige, Menschen ab dem vollendeten 65. Lebensjahr, Schwangere, Alleinerziehende, Eltern mit minderjährigen Kindern sowie Menschen mit ärztlich attestierten oder offensichtlichen psychischen Erkrankungen“

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

„oder anerkannter Schwerbehinderung)

(Michael Andrejewski, NPD: Also alle.)

verfahren wird.“ Zitatende.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

In der dann folgenden Ausschusssitzung, passenderweise am 10. Dezember 2015, dem Tag der Menschrechte, machte Staatssekretär Lenz lediglich einige allgemeine Ausführungen zur Abschiebepraxis der Landesregierung.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist doch völliger Blödsinn. Waren Sie dabei?)

Die einzige konkrete Zahl, die er nennen konnte, war die, dass zwischen dem 3. September und dem 10. Dezember 2015

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das Protokoll sagt etwas ganz anderes als das, was Sie da gerade erzählen.)

444 Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern abgeschoben worden waren.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, zu wenig. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zum Umfang und Ablauf der seit dem 2. September 2015 wieder zulässigen Nachtabschiebungen konnte er nichts sagen. Aus Sicht meiner Fraktion ist ein solcher Umgang mit dem Parlament, dem obersten Staatsorgan, nicht angemessen.

Unser Antrag zielte nicht auf allgemeine Informationen zur Abschiebepraxis ab, sondern auf konkrete Angaben dazu, wie viele Nachtabschiebungen es im vergangenen Jahr gab und wie diese abgelaufen sind. Da die Informationen, die mein Kollege Johannes Saalfeld im Innenausschuss erhalten hatte, unvollständig waren, reichte er mit mir zusammen am 16. Dezember 2015 eine Kleine Anfrage mit dem Titel „Abschiebungspraxis der Landesregierung“ ein. Unter anderem wollten wir wissen, wie die Landesregierung zu vermeiden versucht, dass es bei Abschiebungen zu Familientrennungen kommt, wie viele nächtliche Abschiebungen im Jahr 2015 erfolgten, wie viele Familien mit minderjährigen Kindern nachts abgeschoben wurden und wie bei der Abschiebung von Familien der Schutz des Kindeswohls gewährleistet wird.

Die Antwort auf diese Kleine Anfrage liegt uns zwar mittlerweile vor, aber erst seit gestern, und das, obwohl bei Antworten auf Kleine Anfragen eine 10-Tage-Frist zur Anwendung kommt, die wegen der Weihnachtsfeiertage am 6. Januar 2016 ablief. Bei uns um eine Fristverlängerung zu bitten, hielt die Landesregierung nicht für nötig. Noch einmal: Ein solcher Umgang mit dem Parlament ist aus unserer Sicht nicht angemessen. Doch kommen wir zurück zur Sache.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das wäre schön.)

In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage heißt es – ich zitiere: „Es liegt grundsätzlich im“ Ermessensbereich „des Betroffenen, Familientrennungen zu verhindern“. Zitatende. Bei dem eingangs erwähnten Fall aus Rostock war das ja nicht der Fall. Warum musste der Mann der Risikoschwangeren unbedingt abgeschoben werden? Welcher Schaden wäre dem Land entstanden, wenn er noch ein paar Wochen in Rostock geblieben wäre?

(Michael Andrejewski, NPD: Der wäre länger geblieben.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jede durch eine Abschiebung verursachte Familientrennung ist eine zu viel.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Nach Angaben der Landesregierung wurden im Jahr 2015 1.050 Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern ab- geschoben, davon 80 Prozent in der Nacht. Wie viele Familien mit minderjährigen Kindern darunter waren, da- zu gibt es keine vollständigen Angaben.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Mein Gott! Ein Glück, dass wir solche Gutmenschen wie Sie haben! Das rettet die Welt.)

Die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin sowie der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte teilten mit, insgesamt 24 Familien seien von einer Abholung zur Nachtzeit betroffen gewesen. Die anderen Landkreise führen keine entsprechende Statistik.

(Michael Andrejewski, NPD: Anders geht es doch gar nicht.)