Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/5073. Wer dem zu
zustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Zugestimmt hat die Frak- tion DIE LINKE, dagegen gestimmt haben die Fraktion der SPD, der CDU und der NPD. Es gab eine weitere Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Es enthielten sich auch Vertreter der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/5073 abgelehnt.
Ich ergänze noch einmal das Abstimmungsergebnis für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es gab zwei Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die noch mit aufgenommen werden in das Protokoll, und eine Enthaltung, das hatte ich genannt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Selbstständige Schule stärken – Schulgirokonten ermöglichen, Drucksache 6/5067.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Selbstständige Schule stärken – Schulgirokonten ermöglichen – Drucksache 6/5067 –
(Rainer Albrecht, SPD: Ach nee! – Andreas Butzki, SPD: Jetzt wieder! Jetzt wieder! – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schulgirokonten zu ermöglichen, ist eigentlich ein kleiner Baustein, sollte man meinen, wenn man sich den großen Komplex „selbstständige Schulen“ anschaut.
Aber tatsächlich scheint es eine der größten bildungspolitischen Herausforderungen des Bildungsministeriums in dieser Legislatur zu sein, vor allem, wenn man sich anschaut, wie dieses Parlament und auch der Bildungsminister im Zusammenhang mit der Einführung von Schulgirokonten in dieser Legislatur agieren.
Wir brauchen Schulgirokonten beziehungsweise die Schulen brauchen Schulgirokonten, weil es im Moment – und dieser Moment zieht sich zeitlich schon sehr lange hin – sehr schwierig für Schulen ist, beispielsweise mit den Elternbeiträgen für Schulfahrten oder mit Spendengeldern, die im Verlauf von Schulfesten oder Wettkämpfen eingenommen wurden oder auch mit EU-Mitteln, die an die Schulen gehen, umzugehen. Diese Gelder können die Schulen leider nicht selber verwalten, die werden stattdessen, zum Beispiel Elternbeiträge für Klassenfahrten, auf den Privatkonten der Lehrerinnen und Lehrer oder beim Schulverwaltungsamt geparkt. Zu dem Zeit
punkt, wenn die Klasse sich dann tatsächlich auf die Reise begeben will, geht die Sekretärin der Schule oder auch die Klassenleiterin zu diesem Schulverwaltungsamt, holt sich so einen Stapel Geld, steckt es in ihre private Handtasche und hofft, dass sie nicht überfallen wird, wenn sie das Geld abholt, damit sie dann mit den Geldern auch agieren kann.
Wenn wir uns die Zeitleiste anschauen, dann ist diese Problematik bereits im Jahr 2012 das erste Mal hier im Landtag aufgetaucht. Wir haben es in der Debatte zu einer Schulgesetzänderung eingebracht. Dieses Vorhaben wurde sehr unterstützt sowohl von der Schulleitungsvereinigung als auch vom Städte- und Gemeindetag, vom Landesschülerrat, vom Philologenverband und vom Verband Bildung und Erziehung. Nicht zuletzt konnten sich auch alle Fraktionen, die hier im Landtag vertreten sind, dieser Forderung anschließen.
Das Bildungsministerium war bereits im Jahr 2012 der Meinung, dass es grundsätzlich möglich ist, dass die Schulen diese Schulgirokonten einführen können. Trotzdem gab es am 5. Dezember 2012 eine Entschließung. Das ist schon einige Zeit her und auch die Besetzung des Landtages hat sich ein wenig verändert. Deswegen möchte ich Ihnen diese Entschließung noch einmal in Erinnerung rufen. Ich zitiere: „Die Landesregierung wird aufgefordert, die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Schulgirokonten mittels einer Handreichung darzustellen. Zugleich wird die Landesregierung gebeten zu prüfen, ob die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Girokonten im Sinne der Betroffenen ausreichen. Sollte die Landesregierung zu der Auffassung gelangen, dass dies nicht der Fall ist, wird sie aufgefordert, einen Gesetzesänderungsantrag vorzulegen bzw. eine entsprechende Rechtsänderung vorzunehmen.“
Die Ausgangssituation ist also klar: An den Schulen gibt es eine Not, sie hatten bis dahin rechtlich nicht die Möglichkeit, Schulgirokonten zu führen.
Das Parlament hat diese Not erkannt und gesagt: Landesregierung handele! Entweder auf einer einfachen Verordnungsebene, gib eine Handreichung heraus, oder, wenn das nicht möglich sein sollte, wir machen eine Schulgesetzänderung.
Aufgrund dieses Entschließungsantrages – wie gesagt, im Dezember 2012 hier im Landtag beschlossen – haben wir zweimal nachgefragt, wie eigentlich der Arbeitsstand, der Verfahrensstand im Ministerium ist. Das war zum einen im März 2013. Damals antwortete die Sozialministerin in Vertretung für den Bildungsminister, ich zitiere: „Ich darf für den Bildungsminister berichten, dass die rechtliche Prüfung des Entschließungsantrages … durch die Landesregierung abgeschlossen ist. Ein Ergebnis liegt vor. Danach wird bestätigt, dass die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Schulgirokonten im Sinne der Betroffenen ausreichen. … Die Handrei
chung für die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Schulgirokonten befindet sich in der Erarbeitung. Sie soll bis zum Ende dieses Schuljahres vorgelegt werden. Eine Rechtsänderung ist nicht vorgesehen.“ Die Sozialministerin sagt also in Vertretung für den Bildungsminister, spätestens im Juli 2013 wird diese Handreichung erarbeitet sein und den Schulen zur Verfügung gestellt werden, sodass die Schulen ab dem Schul- jahr 2013/2014 mit Schulgirokonten arbeiten dürfen.
Wir warten wiederum eine Weile, es ist inzwischen Herbst 2013, und fragen wieder nach: Liebe Landesregierung, wie sieht es denn jetzt eigentlich aus? Können die Schulen endlich Schulgirokonten führen? Wiederum antwortet die Ministerin Schwesig in Vertretung für den Bildungsminister, ich zitiere: „Derzeit werden die bestehenden Möglichkeiten zur Einrichtung und Bewirtschaftung von Schulgirokonten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des Städte- und Gemeindetages umfassend beraten. Es ist beabsichtigt, den Schulleitungen sowie den Schulträgern eine darauf bezogene Handreichung nach Abschluss dieser Beratungen auf dem Dienstweg bekanntzugeben.“ Hier hören wir, die Verordnung ist zwar noch nicht so weit, wie sie eigentlich hätte sein sollen, aber sie befindet sich immer noch auf einem guten Weg und im Prinzip in der letzten Abstimmungsphase – Oktober 2013.
Das Jahr 2014 vergeht, die Klassenleiter gehen immer noch mit ihrer Handtasche zum Schulverwaltungsamt und holen die Gelder ab. Und wir warten auf die Verordnung, die Handreichung. Das Jahr 2015 vergeht, die Klassenleiter gehen immer noch mit ihrer Handtasche dorthin beziehungsweise stellen immer noch ihre privaten Konten zur Verfügung,
wenn es darum geht, Gelder, die für irgendwelche Zwecke benötigt werden, zu verwalten. Die Handreichung liegt nach wie vor nicht vor.
Ende 2015, also mehr als drei Jahre nach der Entschließung, die wir hier im Parlament getroffen haben, fragten wir erneut den Bildungsminister, wie es mit der Handreichung aussieht. Der Bildungsminister antwortete, ich zi- tiere: „Bei Schulen handelt es sich um nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, dementsprechend ist die Einrichtung eines Schulgirokontos durch die Schulen rechtlich nicht möglich. Schulen können nicht Träger von Rechten und Pflichten sein, insofern können Sie selbst kein Konto einrichten und führen.“
Wir stellen also fest, nachdem der Minister zweimal das Parlament nicht oder mehrfach falsch informiert hat, kommt er zu einer anderen rechtlichen Einschätzung.
Der Respekt gegenüber dem Gesetzgeber und dem Auskunftsrecht der Abgeordneten sollte es doch zumindest gebieten, dass, wenn hier wiederholt falsche rechtliche Auskünfte gegenüber dem Landtag vorgenommen werden, diese auch irgendwann korrigiert werden und das Ganze nicht einfach stillschweigend in der Schublade verschwindet.
Es geht darum, welche Vorstellungen wir als Parlament von den Sachen haben, die wir selber hier beschließen und wo wir alle gemeinsam dahinterstehen. Wir wollen etwas einführen, aber die Landesregierung reagiert nicht. Deshalb heute unser Antrag – nahezu vier Jahre, nachdem der Landtag beschlossen hat, dass die Schulgirokonten eingeführt werden sollen –, jetzt tatsächlich darauf zu dringen, dass die schulgesetzliche Möglichkeit dafür geschaffen wird, dass es an den Schulen endlich zu einer Arbeitserleichterung kommen kann.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Meine sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Schulgirokonten ist in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand von Anträgen und Kleinen Anfragen gewesen, Frau Berger ist darauf bereits eingegangen. Wie der jüngste Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeigt, herrscht dort trotz wiederholter ausführlicher Darlegungen durch die Landesregierung immer noch ein anderes, in meinen Augen falsches Verständnis bezüglich des Begriffes „Schulgirokonto“. Lassen Sie mich dies näher ausführen.
In der öffentlichen Diskussion wird der Begriff „Schulgirokonto“ größtenteils untechnisch und als Oberbegriff für verschiedene denkbare Arten von für Schulen geführten Konten verwendet.
Schulgirokonten sind nämlich in zweierlei Ausführungen denkbar, in zweierlei Ausführungen, Frau Berger.
Einerseits – und von diesem Begriffsverständnis ist die Landesregierung stets ausgegangen und hat dies auch so kommuniziert – besteht die Möglichkeit der Einrichtung eines Girokontos durch den kommunalen Schulträger.
Ein solches sogenanntes Girokonto auf Guthabenbasis wird durch den kommunalen Schulträger eingerichtet, durch den kommunalen Schulträger geführt und vom kommunalen Schulträger dann der jeweiligen Schule zum Gebrauch zur Verfügung gestellt. Ein solches kommunales Girokonto auf Guthabenbasis ist nach meiner Ansicht auch folgerichtig, da es nach Paragraf 102 des Schulgesetzes Aufgabe des Schulträgers ist, ich zitiere, „den Sachbedarf des Schulbetriebs zu decken.“ Diese vorzugswürdige Variante für die Führung eines Schulgirokontos ist bereits jetzt ohne Schulgesetzesänderung möglich, den Lehrkräften, Schulen und Schulträgern seit Jahren bekannt und wird auch erfolgreich praktiziert.
Ich komme zum jüngsten Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Der Vorwurf ist, dass die Entschließung des Landtages vom 5. Dezember 2012 zur zweiten Novelle des Schulgesetzes durch die Landesregierung nicht ordnungsgemäß umgesetzt und über die Umsetzung wahrheitswidrig unterrichtet worden sei. Die Entschließung lautet, ich zitiere: „Zugleich wird die Landesregierung gebeten zu prüfen, ob die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von“ Schul-„Girokonten im Sinne der Betroffenen ausreichen.“
Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zur Einrichtung eines Girokontos durch den Schulträger habe ich Ihnen gerade abschließend dargelegt. Ich habe Ihnen auch dargelegt, dass diese Möglichkeit durch Schulen und Schulträger bereits seit Jahren erfolgreich praktiziert wird und damit im Sinne des Entschließungsantrages ausreichend ist. Nach meinem Verständnis ist damit der zitierte Entschließungsantrag nicht nur abgearbeitet, sondern über das Prüfergebnis auch wahrheitsgemäß informiert worden.
Der Vorwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beruht nun trotz wiederholter Darlegung der Landesregierung im oben genannten Sinne auf dem bewussten Gebrauch eines anderen Begriffsverständnisses. Als Schulgirokonto kann nämlich andererseits auch ein Konto verstanden werden, das durch die Schulen in eigener Verantwortung eröffnet und bewirtschaftet wird.