Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

(allgemeine Unruhe)

bleiben bei den Herrschenden meist unberücksichtigt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist totaler Blödsinn!)

Die Konzentration liegt vielmehr auf der Unterstützung von Minderheiten. Im Gegensatz zu den Bundestagsparteien streitet die NPD-Fraktion für eine familienfreundliche und kinderbejahende Atmosphäre in unserem Land. Kinderlachen muss wieder zur Selbstverständlichkeit werden und Armut unter den Kindern ein Problem der Vergangenheit sein.

Sicherlich werden etwa 200 Milliarden Euro jährlich im Bereich der Familienpolitik für insgesamt mehr als 160 Leistungen ausgegeben, davon circa 40 Milliarden Euro fürs Kindergeld, circa 20 Milliarden Euro Ehegattensplitting, was man durchaus in ein Familiensplitting umgestalten sollte, circa 27 Milliarden Euro für die Familienversicherung, was man eher aus Steuergeldern nehmen sollte, circa 16 Milliarden Euro für Kitaplätze. Aber diese riesigen Summen ändern leider nichts an der Tatsache, dass in unserem Land immer noch viele Kinder in Armut leben und schon im Kindergartenalter ein Leben der Entbehrung kennen lernen müssen.

Es ist auch richtig, dass offiziell die Armutsquote der Kinder unter 18 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern von

34,2 Prozent im Jahr 2005 auf 26,9 Prozent im Jahr 2014 gesunken ist. Doch mit diesem hohen Prozentsatz ist Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor das Kinderarmenhaus der Republik. Mehr als jedes vierte Kind hier in Mecklenburg-Vorpommern ist von Armut betroffen, so berichtet der NDR am 11. Januar 2016. Insgesamt leben demnach 62.000 Kinder in Mecklenburg-Vorpommern in einkommensschwachen Haushalten, nur in Bremen und Sachsen-Anhalt sind prozentual noch mehr Kinder von Armut betroffen.

Die LINKEN verkennen aber, dass die vielen Fremden hier in unserer Heimat nur Gäste auf Zeit sind. Ihre Forderung, Zitat, „Auch vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl von Flüchtlingskindern in Mecklenburg-Vorpommern müssen die Anstrengungen zur Bekämpfung von Kinderarmut weiter verstärkt werden“, Zitatende, belegt eindeutig und unverkennbar Ihre inländerfeindliche Haltung.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist Unsinn!)

Verantwortlich für die immer noch große Anzahl der von Armut betroffenen Kinder sind die Rahmenbedingungen, aber auch andere Entwicklungen lassen aufhorchen und zeigen auf, wie kinderfeindlich Ihre Politik ist. Die Kitagebühren für die Eltern steigen stetig. Eine Familie mit drei Kindern – aus Sicht der Politik eigentlich eine Wunschvorstellung –, die alle Kinder in der Kindertagesstätte betreuen ließe, muss mit einem Eigenanteil von mindestens 900 Euro im Monat rechnen.

(Zuruf von David Petereit, NPD)

Es geht auch anders, wie ein Antrag der NPD-Fraktion in dieser Sitzungswoche aufzeigte. In Mecklenburg-Vorpom- mern wächst jedes sechste Kind in einer sogenannten Suchtfamilie auf. Etwa 54.000 Unter-18-Jährige sind in Mecklenburg-Vorpommern von derartigen Familienverhältnissen betroffen. Wer die Sucht im eigenen Elternhaus erleiden muss, ist häufig im späteren Leben ebenfalls sehr stark suchtgefährdet.

Ein weiteres Beispiel für eine unsoziale, eiskalte Politik sind die schwierigen Rahmenbedingungen für die Tafeln hier im Land. Erste Schließungen sind die Folge Ihrer Politik. In Schwerin, hier in der Landeshauptstadt, ist es mittlerweile gar so weit gekommen, dass deutsche Bürger, obwohl wir hier in Schwerin noch deutlich in der Mehrheit sind, schon schlechter behandelt werden.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: 2,5 Prozent.)

Wie beschreibt der „Norddeutsche Rundfunk“ in einem Beitrag vom 8. März 2016 die Lage? Zitat: „Seit einiger Zeit kommt noch eine neue Gruppe dazu: Flüchtlinge. Und das bringt die Schweriner Tafel in Bedrängnis. Die gespendeten Lebensmittel reichen einfach nicht mehr aus,“

(Udo Pastörs, NPD: Dann müssen mehr gespendet werden.)

„die Zahl der Bedürftigen ist zu groß, deshalb hat die Tafel seit Ende November 2015 einen Annahmestopp. Manche sehen die Flüchtlinge schon als Konkurrenz:“

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hetzen, das können Sie gut.)

„‚Durch die ganzen Flüchtlinge alleine bleibt manchmal nicht mehr viel für die Deutschen. Das habe ich gemerkt wo ich mich angemeldet habe.‘“

Frau Gajek, das ist immer noch ein Zitat.

„‚Die haben mich noch gerade so aufgenommen, weil hier schon so viele Ausländer drin sind‘, sagt zum Beispiel eine junge Mutter. In Schwerin wird versucht das Verhältnis zu wahren: Ein Drittel Deutsche, ein Drittel Osteuropäer und ein Drittel Flüchtlinge werden versorgt.“ Zitatende.

Ein politisches System, in dem das eigene Volk benachteiligt wird, ist dem Untergang geweiht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, das ist doch so ein Quatsch!)

Ihre Sozialpolitik, Frau Gajek, ist nicht nur inländerfeindlich, sondern auch asozial. Die NPD-Fraktion lehnt den Antrag ab. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Koplin für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Landesregierung aus SPD und CDU ist – wohl auch zur eigenen Verblüffung – die Erkenntnis gereift, dass man mit dem Thema Kinderarmut etwas anfangen kann, dann nämlich, wenn es für die Darstellung des eigenen Erfolgs tauglich ist. Schmähte man bisherige Analysen, etwa den Forschungsbericht der AWO zu Armutslagen in M-V, als lästig und nannte dessen Inhalt herabwürdigend „redundante Information“, kam der Verteilungsmonitor der Böckler-Stiftung zur Kin- derarmut geradezu gelegen. Freudig klaubte man hieraus einzelne Botschaften, und zwar die, die als eigener Erfolg gedeutet werden könnten.

Mit der Pressemitteilung aus dem Sozialministerium vom 19.02. wurde sogleich ausgerufen, dass, Zitat, Mecklenburg-Vorpommern im Kampf gegen Armut „Erfolge“ verzeichne. Wer aber ist Mecklenburg-Vorpommern? Ist hier von einem Subjekt des Handelns die Rede oder von einem Staatsgebilde innerhalb der Bundesrepublik? Das sei als mediengerechte Rhetorik dahingestellt. Was aber ist „Erfolg“ an dieser Stelle? Diesen macht die Landesregierung alleinig an einem Punkt aus, Zitat: „Die Armutsquote bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sank zwischen 2005 und 2014 um mehr als sieben Prozentpunkte.“ Das stimmt, um 7,3 Prozent, um es genau zu sagen.

(Ralf Mucha, SPD: Das ist kein Erfolg?)

Das ist ein Erfolg, aber – bitte hören Sie auf meine weitere Argumentation – fatalerweise hat die mit dem Lesen der Böckler-Studie bei der Landesregierung sofortig einsetzende Euphorie den Blick dafür verstellt, dass dieser Wert einer vertiefenden Erklärung bedarf, da er sonst falsch interpretiert wird und somit zu falschen Schlussfolgerungen führen könnte. Auf diese Weise hat die Landesregierung darüber hinweggesehen, dass es sich in Mecklenburg-Vorpommern bei der gesunkenen Armutsquote um eine in der Studie der Böckler-Stiftung so bezeichnete „sprunghafte Veränderung“ handelt. Die wiederum kommt zustande, wenn relativ viele Menschen

mit einem Einkommen dicht an der Armutsgrenze leben müssen. Verändert sich statistisch die bundesweite Armutsgrenze,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist das Problem.)

also der Wert von 60 Prozent des Durchschnittseinkommens in Deutschland, auch nur ein wenig, kommt es zu eben diesen sprunghaften Veränderungen bei der Armutsquote. Somit verkennt die Landesregierung das derartig begründbare singuläre Ereignis und blendet folglich aus, dass sich zwischen – und das ist das Interessante – 2005 und 2013, also dem erfassten Vorjahreswert, die Armutsquote mit minus 1 Prozent so gut wie gar nicht verändert hat. So etwas nenne ich einen politischen Trugschluss.

(Minister Harry Glawe: So etwas nennt man kritischen Diskurs, nicht, Herr Koplin?)

Unglücklicherweise, Herr Glawe, aber folgerichtig setzt sich dieser Trugschluss fort, denn die Landesregierung sieht eine Ursache der Entwicklung darin, dass, Zitat, die „Eltern wieder Arbeit finden“.

(Minister Harry Glawe: Wir haben über Milch gesprochen.)

Eltern ist ein Wort in der Mehrzahl, und weil Sprache Denken offenbart, wird zugleich erkennbar, dass die Landesregierung Alleinerziehende mit Kind beziehungsweise Kindern wohl nicht so richtig auf dem Schirm hatte. Im Übrigen sind aktuell 90,1 Prozent der Alleinerziehenden weiblich. Aber genau auf diese Familienform ist besonders zu achten. Das größte Armutsrisiko tragen Alleinerziehende mit Kindern, auch hierzulande.

Weil – und das, Herr Köster, an Ihre Adresse – die Böckler-Stiftung das Thema „Armut in Familien“ lediglich unter dem Aspekt der Zuwanderung anreißt und wir alle darauf achten müssen, dass es nicht entscheidend ist, woher ein Kind kommt, das in Armut lebt, sondern dass Kinder nicht in Armut leben sollen, ist es zwingend, sich die Erwerbs- und Einkommenssituation von Alleinerziehenden in Mecklenburg-Vorpommern genauer anzusehen. So ist mit Blick auf eine aktuelle Studie der Bundesagentur festzustellen, dass sich die Zahl der Alleinerziehenden mit Kind seit 2005 – das ist ja immer der Betrachtungszeitraum – hierzulande um 5.000 Personen verringert hat. Die Zahl der Erwerbspersonen unter ihnen, die in Vollzeit tätig sind, sank im gleichen Zeitraum um 2.200. Die Zahl der in Teilzeit Beschäftigten hat sich jedoch entgegen diesem Trend auf 14.800 fast verdoppelt.

Hieraus ist zu erkennen, dass verständlicherweise Teilzeitjobs von Alleinerziehenden bevorzugt werden. Abzuleiten ist aus diesen Zahlen jedoch auch, dass viele Alleinerziehende mittlerweile mehrere Jobs ausüben, um überhaupt über die Runden zu kommen. Am Montag dieser Woche, am Rande des Deutsch-Polnischen Wirtschaftskreises in Szczecin, habe ich eine Unternehmensberaterin, Frau Rollin – Herr Dahlemann, Sie kennen sie –,

(Patrick Dahlemann, SPD: Ja.)

gefragt: Wie ist das zu erklären? Und sie sagt, sie kann das auch noch nicht abschließend erklären, aber sie kann Beispiele nennen, dass es sogar Alleinerziehende

gibt, die in Vollzeit arbeiten, etwas über 451 Euro bekommen und dann noch sozusagen einen Zweitjob mit annehmen müssen, um über die Runden zu kommen. Das ist nicht hinnehmbar. Auf diese Weise wandelt sich die soziale Situation mit diesen mehreren Jobs jedoch nicht unbedingt zum Guten. Wo vorher Mangel an Einkommen herrschte, besteht jetzt zumindest die Gefahr des Mangels an gemeinsam verbrachter Zeit.

Abgesehen davon ist es dringend notwendig, den von der Böckler-Stiftung geweiteten Zeithorizont der Jahre 2005 bis 2014 in Fragen der Bewertung in Mecklenburg-Vor- pommern auf die jüngste Vergangenheit zu fokussieren. Betrachten wir ausschließlich die Jahre 2013/2014, so ist festzustellen, dass die Anzahl der arbeitslosen Alleinerziehenden in Mecklenburg-Vorpommern von 8.094 auf 8.589, also um 6,1 Prozent zugenommen hat. Bei den arbeitslosen Alleinerziehenden zwischen 25 und 50 Jahren stieg diese Quote gar um 7,6 Prozent. Aber das wiederum ist nicht der Böckler-Stiftung, sondern den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zu entnehmen.

Was sagt uns das Ganze? Die Armutslagenentwicklung von Kindern in Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere in Alleinerziehenden-Familien, ist keine Erfolgsstory. Es wäre geradezu fahrlässig, die Situation schönzureden. Und es gibt keinen Grund, die Leistungen der Landesregierung auf diesem Gebiet abzufeiern. Vielmehr ist es geboten, sich durch eine eigenständige Armuts- und Reichtumsanalyse einen vertiefenden Blick zu verschaffen und daraus entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Was das betrifft, so verweist die Landesregierung auf die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und erhofft sich daraus – ich beziehe mich eben noch mal auf diese Pressemitteilung vom 19.02. – einen weiteren „Abbau des Armutsrisikos“.

Auch diesbezüglich beweist die Landesregierung, dass sie die Studie der Böckler-Stiftung allenfalls oberflächlich gelesen hat. In ihr heißt es nämlich, Zitat: „Mindestlöhne beugen dem Armutsrisiko von Familien jedoch nur dann vor, wenn es beiden Elternteilen gelingt, ausreichend viele Stunden zu arbeiten. Dies kann nur unter geeigneten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gelingen.“

Zitatende. Mindestlöhne sind aus unserer Sicht nur eine geeignete Rahmenbedingung, wenn sie entsprechend der sozioökonomischen Entwicklung angepasst, also armutsfest sind und bleiben. Deshalb fordern wir schon seit längerer Zeit die Anhebung des Mindestlohns auf mindestens 10 Euro.

Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt keinen Königsweg aus der Kinderarmut, aber zahlreiche Maßnahmen, um sie zu reduzieren. Da sich Kinderarmut nicht monokausal erklären lässt und auf eine Ursache reduzieren lässt, kann sie auch nur mehrdimensional bekämpft werden. Zu unterscheiden wäre nach verschiedenen Handlungsfeldern, auf denen die Maßnahmen gegen Kinderarmut ansetzen müssen. Notwendig ist demzufolge eine in sich konsistente, aber auch konstruktiv miteinander verzahnte Arbeits- und Beschäftigungs-, Bildungs-, Gesundheits-, Wohnungsbau- und Stadtentwicklungs-, Familien- und Sozialpolitik.

Um einen Aspekt in diesem Zusammenhang zu erwähnen, verweise ich, Herr Glawe, auf das Zukunftsprojekt der LINKEN: Arbeit statt Arbeitslosigkeit. Wir haben uns nämlich – in der Tat, Sie haben darauf heute verwiesen – vorgenommen, mit verschiedenen, insgesamt mindes

tens 15 Zukunftsprojekten aufzuwarten, um ganz deutlich und ganz konkret zu sagen, was wir mit dem 4. September, mit dem Wahltag verbinden. Wir sagen, der natürliche Rückgang der Arbeitslosigkeit und eine in den letzten Jahren gesunkene Arbeitslosenquote dürfen nicht länger als Ausrede für eine nicht bedarfsgerechte und unterfinanzierte Förderpolitik herhalten.

(Udo Pastörs, NPD: Jawohl, das sagen wir auch.)

Vor allem muss endlich anerkannt werden, dass der erste Arbeitsmarkt für die von der Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen nicht genügend Perspektiven bietet. DIE LINKE will daher eine an den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen ausgerichtete Förderung. Darüber hinaus sollen diejenigen, die arbeiten wollen, aber keine Arbeit finden, wieder eine sinnvolle Beschäftigung erhalten. Diesem Ziel entsprechend untersetzen wir das mit verschiedenen Maßnahmen,