Protokoll der Sitzung vom 11.03.2016

Vielen Dank, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass ich glaube, dass der Antrag der Fraktion DIE LINKE doch zu einer erheblichen Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat,

(Beifall Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

denn ich glaube nicht, dass an diesem Dienstag in dieser Woche der entsprechende Gesetzentwurf durchs Kabinett gekommen wäre, wenn dieser Antrag hier nicht vorgelegen hätte.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Dementsprechend kann man natürlich jetzt trefflich darüber streiten, ob der Antrag veraltet ist

(Heinz Müller, SPD: Wie gut, dass Sie nicht spekulieren, Herr Saalfeld! Das finde ich sehr gut, dass Sie nicht spekulieren.)

oder dass dieser Antrag jetzt eigentlich veraltet ist. Wir müssen doch die ganze Geschichte sehen. Da, muss ich schon sagen, merkt man auch, Opposition wirkt und kann dann auch mal den einen oder anderen Prozess beschleunigen.

(Beifall Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hatten das Thema ja in dieser Woche schon, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Herr Müller, ich freue mich immer wieder über Ihre Zwischenrufe. Ich merke dann, dass Sie das bewegt, und das freut einen, dass man Sie offensichtlich erreicht hat.

(Heinz Müller, SPD: Meine überschüssige Kraft am frühen Morgen. – allgemeine Heiterkeit)

Ja, die muss ja gewaltig sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Diskussion um die Festsetzung von Anschlussbeiträgen beschäftigt uns, die Öffentlichkeit und vor allem die Gerichte seit vielen Jahren. Wer kann eigentlich wie lange für eine Zahlung herangezogen werden? Das ist hier die strittige Frage. Wir haben es mit einem sehr komplexen Thema und mit sehr komplexen Rechtsfragen zu tun, die eine sorgfältige Abwägung und Beratung erfordern. Der Maßstab für eine neue gesetzliche Regelung muss einen adäquaten Ausgleich ermöglichen, und zwar zwischen den Interessen der Allgemeinheit an Beiträgen für Vorteile einerseits und den Interessen des Beitragsschuldners, irgendwann Klarheit zu erhalten, ob und in welchem Umfang er oder sie zu einem Beitrag herangezogen wird. So hat es das Bundesverfassungsgericht definiert. Und ich glaube, dass es völlig verständlich ist, dass die betroffenen Menschen irgendwann Klarheit brauchen. Dieser Aufgabe müssen wir uns endlich hier stellen, und wir merken ja auch, es geht voran.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November des letzten Jahres ist die Situation sicherlich nicht einfacher geworden. Darauf zielt ja der Antrag der Linksfraktion ab. In der Konsequenz musste das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gerade zwei Beitragsbescheide der Stadt Cottbus aufheben. Dass sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf Brandenburg bezieht, macht – das haben wir eben schon diskutiert – die Frage nach einer verfassungskonformen Ausgestaltung bei uns im Land sicherlich nicht einfacher.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, etwas ungewöhnlich erscheint mir dennoch das Vorgehen der Linksfraktion in diesem Fall. Wie Sie selbst schreiben, beziehen Sie sich auf einen Ressortentwurf, der den Fraktionen vorab zur Verfügung gestellt wurde. Ein

beschlossener Gesetzentwurf wurde dem Landtag allerdings erst in dieser Woche zugeleitet. Insofern läuft natürlich Ihre Forderung nach einer Formulierungshilfe etwas ins Leere. Da muss ich Herrn Müller recht geben,

(Heinz Müller, SPD: Danke!)

wir brauchen keine Formulierungshilfe mehr, wenn wir einen völlig ausformulierten Gesetzentwurf vorliegen haben. Dennoch bleibe ich bei meiner ersten Aussage: Hier ist es sicherlich auch dem entsprechenden Antrag zu verdanken, dass es jetzt tatsächlich diesen Gesetzentwurf im Parlament gibt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will jetzt nicht länger reden, als es unbedingt sein muss. Deswegen halte ich mich kurz. Ich danke der Fraktion DIE LINKE für den Antrag, und wir GRÜNEN enthalten uns. Das, denke ich, liegt nahe. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Renz, CDU: Das ist konsequent, ganz konsequent.)

Vielen Dank, Herr Saalfeld.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns ja nun schon ausführlich darüber unterhalten, dass der Gesetzentwurf inzwischen allen Fraktionen vorliegt. Über den Inhalt des Gesetzentwurfes können wir uns dann im April sehr trefflich hier unterhalten. Es gibt zum KAG immer sehr viele Facetten, über die man reden kann und über die wir auch reden werden. Und wie ich Herrn Ritter oder Frau Rösler kenne, wird uns das sicherlich auch im Ausschuss sehr ausführlich betreffen.

Warum es zur Verzögerung bei diesem Gesetzentwurf gekommen ist, haben wir eigentlich auch schon gehört. Es ist sicherlich richtig, dass wir abgewartet haben, bis uns alle Gerichtsurteile, auch das vom 5. November – das haben wir heute ebenfalls schon gehört –, vorliegen und wir quasi alles in diesem Gesetzentwurf berücksichtigen oder vielleicht auch noch berücksichtigen werden. Wir werden natürlich jetzt nicht anfangen, die kommunalen Aufgabenträger anzuweisen und zu bitten, Bescheide auszusetzen. Ich glaube, das liegt auch gar nicht in unseren Möglichkeiten, da die ja am Ende immer frei in ihrem Handeln sind.

Wir werden das KAG – es liegt inzwischen allen Fraktionen vor – im April im Landtag behandeln, wir werden es in den Ausschuss überweisen und uns dort auch sehr fundiert damit beschäftigen. Insofern – das haben meine Vorredner schon gesagt – ist dieser Antrag aus unserer Sicht, auch aus Sicht der CDU-Fraktion, erledigt. Sie als Linksfraktion könnten ihn eigentlich zurückziehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das werden wir nicht tun, Herr Reinhardt.)

Das war mir klar, sonst hätten Sie es ja schon getan.

Ich glaube auch nicht – Herr Saalfeld, auch wenn Sie das gesagt haben –, dass der Antrag dazu geführt hat, dass das Gesetzgebungsverfahren jetzt beschleunigt wurde. Es ist ja schon lange vor dem Antrag in Gang gesetzt worden. Insofern glaube ich, ist das ganz normal hier an der Reihe. Wir werden uns im nächsten Landtag damit...

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ein historischer Zufall.)

Ob ein historischer Zufall oder nicht, Frau Berger, das glaube ich nicht.

Wir werden uns auf jeden Fall im nächsten Landtag damit beschäftigen. Insofern gibt es dazu heute nicht mehr zu sagen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Heinz Müller, SPD)

Vielen Dank, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Gesetzgebungsprozess beim KAG M-V musste man sich – zumindest bisher – wohl so

vorstellen: Die Zweckverbände Wasser/Abwasser melden ihre Wünsche an und der sogenannte Gesetzgeber setzt die eins zu eins um. Von einem Interessenausgleich zwischen den Zweckverbänden und den Grundstückseigentümern kann zumindest bisher keine Rede sein. Die Zweckverbände dürfen dem betroffenen Bürger nach Belieben Kosten aufdrücken, auch rückwirkend. Das ist die Altanschließerproblematik.

Von dem, der irgendwann vor 1990, selbst zu Kaisers Zeiten, an das Wasser-/Abwassersystem angeschlossen wurde, können die Zweckverbände jederzeit verlangen, dass er sich an nach 1990 getätigten Investitionen zu beteiligen habe, egal, wann diese Investitionen nach 1990 stattfanden, egal, ob sie in irgendeiner Weise sinnvoll waren, ob sie dem betroffenen Grundstückseigentümer nutzten, ob er sie überhaupt brauchte und wollte, und egal, wie teuer das alles war. Sie können dann machen, was sie wollen, bisher auch ohne zeitliche Begrenzung in die Zukunft. In Brandenburg gab es Fälle, da waren rückwirkend geforderte Altanschließerbeiträge höher als der Verkehrswert der Grundstücke.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Tja, die gelten jetzt.)

In der Region Güstrow wurden von einer 82-jährigen Rentnerin vor Jahren – im Jahre 2007 – 17.000 Euro gefordert. Da kann man durchaus darüber nachdenken, ob das nicht gegen das Übermaßverbot verstößt, das dem Staat auferlegt, verhältnismäßig zu handeln.

(Udo Pastörs, NPD: Die sind gierig, die sind maßlos gierig.)

Freigestellt sind die Zweckverbände faktisch auch von der Pflicht, rechtskonforme Satzungen zu erlassen. Wenn aufgrund einer Satzung Anschließerbeiträge verlangt werden und diese Satzung von einem Gericht für rechtswidrig erklärt wird – das ist häufig genug vorgekommen in Mecklenburg-Vorpommern –, dann darf der Verband einfach eine neue Satzung erlassen und die gleiche Forderung noch mal erheben.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Faktisch läuft das Ganze auf ein Enteignungsprogramm hinaus.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Jeder Eigenheimbesitzer ist ständig bedroht durch maßlose und willkürliche Beitragsforderungen, auch was andere Beiträge angeht, etwa zum Straßenbau.

Jetzt hat das Verfassungsgericht zugunsten zweier Cottbuser Grundstückseigentümer entschieden, dass hinsichtlich der brandenburgischen Rechtslage nicht rückwirkend für Altanschlüsse aus DDR-Zeiten zur Kasse gebeten werden darf. Inwieweit der Referentenentwurf, der jetzt vorliegt, dies berücksichtigt, inwieweit er die Missstände beseitigt, darüber kann man Prognosen abgeben. In meiner Kristallkugel sieht es, würde ich sagen, eher schlecht aus. Aber ein Basisgebot der Fairness ist wohl, dass man den überhaupt erst mal liest. Das habe ich noch nicht getan, werde ich aber zur nächsten Landtagssitzung erledigt haben. Dann werden wir unsere Meinung dazu sagen.