Protokoll der Sitzung vom 20.04.2016

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch darauf wird im Landesaktionsplan gegen häusliche Gewalt verwiesen. Das ist gut, zielt aber noch nicht darauf ab, dass besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vornehmlich in Wohnungen oder alternativen Wohnformen untergebracht werden sollten. Es ist vielmehr eine allgemeine Anweisung für die Unterbringung aller Flüchtlinge.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen wir uns die Realität bei der dezentralen Unterbringung in Wohnungen an: An der Schwelle von der Erstunterbringung bis zu den Kommunen sind die Unsicherheiten zurzeit besonders groß. Mit ihrer Anerkennung sind sofort die Städte und Gemeinden zuständig. Viele Flüchtlinge sind in der Übergangsphase tatsächlich obdachlos. Die Wohnungslosenunterkünfte sind derzeit voll, darunter sind auch Flüchtlinge. An eine Wohnung ist nur schwer heranzukommen. Vermieter verlangen mittlerweile Gehaltsbescheinigungen für bis zu drei Monate, eine SchufaAuskunft und eine Vorvermieterbestätigung. Wie soll das ein Flüchtling alles vorweisen können, noch dazu, wenn er sich in einer besonderen Bedrohungssituation befindet?

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten es zudem für grundlegend notwendig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften und in der Migrationsberatung für die Situation und Belange von Frauen, Kindern und homosexuellen Flüchtlingen zu sensibilisieren. Zudem sehen wir eine flächendeckende Integrations- und Kulturmittlung im ganzen Land als unverzichtbar an, um den Flüchtlingen die individuellen Rechte und gesellschaftlichen Standards wie Gleichberechtigung und Gleichstellung sowie die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen in unserer Gesellschaft zu vermitteln und unter Berücksichtigung des Herkunftskonzeptes der Flüchtlinge zu verstehen und einzuordnen.

Und wir verlangen zu Recht von den Flüchtlingen, dass sie sich an den Integrationskursen zu beteiligen haben, um genau diese unsere Lebensgrundlagen zu erfahren und zu erleben. Wenn aber die Flüchtlinge im ländlichen Raum untergebracht sind, die Integrationskurse in den Städten unseres Landes stattfinden und die ÖPNVAnbindung vom ländlichen Raum in die Städte nicht gegeben ist, wie soll der Flüchtling dann die von uns aufgestellte Erwartungshaltung erfüllen können, wenn er nicht die Möglichkeit hat, die Integrationskurse zu besuchen?

Mehrsprachige Informationsblätter zur Orientierung sind gut und wichtig, es gibt auch einen Angebotsflyer der Frauenhäuser und Beratungsstellen, der von den Beschäftigten der Schutzeinrichtungen in M-V erarbeitet

und in mehreren Sprachen veröffentlicht wurde. Das ist super, reicht aber allein nicht aus. Ganz wichtig ist die persönliche Beratung. Flüchtlinge müssen Vertrauen schöpfen, um mit den Personen, die ihnen weiterhelfen können, über sehr private und persönliche Belange zu reden, sich zu öffnen und Fragen stellen zu können. Das gibt die Beschäftigten- und Betreuungssituation gegenwärtig im Land, in den Landkreisen einfach nicht her.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nicht mehr.)

Sollen das etwa auch noch die bis zu zwei Integrationslotsen in den Landkreisen leisten?

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben neulich die Integrationslotsen in meiner Kreistagsfraktion zu Gast gehabt, in der Mecklenburgischen Seenplatte. Da muss man sich mal mit denen hinsetzen und reden, welchen Belastungen die ausgesetzt sind. Das funktioniert so nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Was ich in dem Antrag allerdings vermisse, ist die Benennung, an wen die Forderungen gerichtet sind. Sind es die Betreiber der Unterkünfte, die getrennte Wohnbereiche und Schutzräume zur Verfügung stellen sollen? Ist es das Land, ich vermute es mal, das die Richtlinien ändern und das Flüchtlingsaufnahmegesetz novellieren soll? Oder ist es auch der Bund, der einheitliche Standards bestimmen und verstärkt in die Pflicht genommen werden soll?

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erst heute haben die Kommunen eine verstärkte finanzielle Unterstützung des Bundes und der Länder bei der Unterbringung der Flüchtlinge gefordert, und das nicht zum ersten Mal. Reaktion? Bislang gleich null. Aber bei uns ist ja alles in Ordnung.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag greift viele wichtige Anliegen auf und hätte es verdient, angenommen zu werden, um voranzukommen. Da das aber offensichtlich nicht möglich ist, versuchen wir es vielleicht mit einem niederschwelligen Angebot, indem wir sagen: Lassen Sie uns den Antrag in den Ausschuss überweisen, um gemeinsam weiter an dieser Frage zu arbeiten! Aber ach nein, wir sind ja kurz vor Ende der Legislatur und wir haben ja so viel zu tun in den Ausschüssen, da ist für Anträge der Opposition leider kein Platz. Aber vielleicht geben Sie sich doch einen Ruck und stimmen der Überweisung in den Ausschuss zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag, den wir heute von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf dem Tisch haben, ist so bereits Ende letzten Jahres im Bundestag gelaufen. Insofern hinken Sie der Entwicklung tatsächlich ein Stückchen hinterher.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ach was!)

In Punkt 1 des Antrages stellen Sie erst mal prinzipiell auf den Schutz der Flüchtlinge vor Anschlägen und Angriffen von außen ab. In dem Punkt sind sich, glaube ich, alle Fraktionen einig. Wer sich bei uns im Land rechtmäßig aufhält und vor Krieg und Gewalt geflohen ist, der wird von unserem Rechtssystem auch geschützt, und zwar mit allen Mitteln, die der Rechtsstaat hergibt. Insoweit hat der Landtag den Punkt 1 mehrfach bekräftigt. Ich weiß nicht, warum wir hier im Landtag unsere Meinung ständig und immer wieder wiederholen müssen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist so im Leben, das machen Sie auch immer.)

Punkt 1 des Antrages ist also absolut überflüssig.

Es geht Ihnen aber auch inhaltlich gar nicht um den Punkt 1, das ist nur der Fuß in die Tür zu Ihren weiteren Forderungen. Die Punkte 2 bis 7 Ihres Antrages bauen inhaltlich aufeinander auf, ich werde sie deshalb auch im Zusammenhang behandeln.

In den Punkten 2 bis 7 fordern Sie spezielle Rückzugsräume für Kinder und Frauen, aber auch für – wie Sie es nennen – „besonders schutzbedürftige Geflüchtete“, also Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle. Da stellt sich beim ersten Lesen zunächst die Frage: Wie groß und wie akut ist denn dieses Problem? Der Schutz von Frauen und Kindern, von denen Sie hier vornehmlich sprachen, gerade wenn sie allein reisend sind, der erschließt sich mir sofort, aber mit wie vielen Ihrer Meinung nach besonders gefährdeten Geflüchteten haben Sie gesprochen? Sie haben selbst gesagt, dass es unklar sei, wie viele Betroffene es gibt, insofern klingt die Begründung etwas konstruiert.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also ich habe einiges vorgelesen.)

Der Minister hat dazu bereits ausgeführt und auch ich sehe das jetzt nicht als akutes Problem an. In der Praxis ist es doch so, dass selbst in den Hochzeiten der Flüchtlingswelle in Mecklenburg-Vorpommern immer versucht wurde, die Auslastung der Unterkünfte weit unter 100 Pro- zent zu halten, um so insgesamt eine gewisse räumliche Trennung und Handlungsspielraum für spezielle Einzelfälle zu ermöglichen, inklusive Personen mit Behinderungen oder derjenigen, mit denen sich der Antrag hier beschäftigt. Alle Mitarbeiter der Einrichtungen sind in der Vermeidung von Konfliktsituationen geschult. Es gibt spezielle Spielzimmer für Kinder, es gibt interkulturelle Cafés, die als Treffpunkt und dem interkulturellen Austausch und Kennenlernen dienen sollen, es gibt Räumlichkeiten für sportliche Aktivitäten und es gibt Räumlichkeiten für die ungestörte Religionsausübung. Ich glaube, das Land, aber auch die Mitarbeiter vor Ort sind in solchen Anliegen absolut flexibel und versuchen, im Rahmen des Machbaren jeglichem Anliegen gerecht zu werden. So werden Familien und Alleinerziehende mit Kindern deshalb schnellstmöglich in dezentralen Unterkünften untergebracht.

Morgen sprechen wir ja noch zum Thema Kinderschutz. Die Unterrichtung der Landesregierung führt dazu auch Entwicklungsziele mit entsprechender Fachlichkeit aus. Aber dass jetzt für jegliche sexuelle Ausrichtung oder Lebenseinstellung spezielle Wohnmöglichkeiten geschaf

fen werden können, ist einfach realitätsfremd. In erster Linie dienen die Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte der Versorgung der Menschen. Sie sollen ein Dach über dem Kopf haben, Essen und Kleidung, und sobald der weitere Weg beschritten werden kann, sprich die Zuweisung in die Kommunen beziehungsweise in die dezentrale Unterbringung erfolgen kann, dann passiert das auch so.

Was nicht passieren wird, meine Damen und Herren, ist, dass wir die Ihrer Meinung nach besonders gefährdeten Geflüchteten von ihren Mitflüchtlingen separieren werden. Meinungsfreiheit und sexuelle Selbstbestimmung gehören mit zu unseren Grundrechten. Damit muss man in Deutschland umgehen können, wenn man hier bleiben möchte und Schutz einfordert.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Praktisch wurde das bislang so gehandhabt, dass bei Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage die Parteien in getrennte Unterkünfte verbracht wurden, um die Konfliktsituation zu neutralisieren, und das gilt für alle, sei es für die Ihrer Meinung nach besonders gefährdeten Flüchtlinge wie für alle anderen Personen.

Ich sehe Ihre Forderungen, liebe Kollegen von den GRÜNEN, ich sehe aber auch das, was vor Ort schon geleistet wird. Das, finde ich, haben Sie in Ihrem Antrag komplett ausgeblendet. Ich sehe auch absolut keine Aussagen zur Machbarkeit Ihrer Forderungen. Das war auch ein Kritikpunkt gegenüber Ihren Bundestagskollegen und da sind Sie nicht einen Schritt weiter gegangen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich finde, wir – und da möchte ich noch mal ganz ausdrücklich auch alle Mitarbeiter und Ehrenamtlichen einbeziehen, die sich Tag für Tag für die Geflüchteten einsetzen –, wir sind, was den Schutz der Geflüchteten und die zahlreichen Maßnahmen für Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern angeht, auf einem sehr guten Weg. Frauen und Kindern bringen wir besondere Aufmerksamkeit entgegen, da werden wir auch weiter dranbleiben, für den Rest des Antrages sehe ich einfach keinen realen Bedarf.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir jetzt nicht anders erwartet.)

Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Stimmung im Volk gekippt ist, wissen Sie nicht erst seit den Protestaufzügen im gesamten Bundesgebiet. Nun kommt der Frühling und die Proteste scheinen – zumindest in der Öffentlichkeit – wieder abzuflauen. Doch unter der Oberfläche brodelt es dennoch weiter. Mit Ihrer Provokationspolitik auf allen gesellschaftlichen Ebenen scheinen Sie von den GRÜNEN weiter Öl ins Feuer gießen zu wollen. Neben den Pädophilen- und Drogenskandalen widmen Sie sich nun einmal mehr dem induzierten Irresein.

Nachdem Sie mit aller Kraft versucht haben, auch den letzten kriminellen Einwanderer als Kriegsflüchtling zu verkaufen, gehen Sie nun einen Schritt weiter. In Ihrem Helferwahn, der sich freilich auf alles Fremde, jedoch nicht auf das eigene Volk bezieht, wollen Sie tatsächlich die Auswüchse Ihrer verkorksten Politik mit erneuten Maßnahmen verschärfen. Die Aufnahme von Asylanten aus aller Welt führte in der jüngsten Vergangenheit zu millionenschweren Belastungen. Zu Recht gingen und gehen in der Bundesrepublik weiter Leute auf die Straße, um diese großzügigen Geld- und Sachleistungen zuerst für die eigenen Kinder, Greise und hilfebedürftigen Menschen einzufordern.

Als wäre die Spaltung der Gesellschaft in „pro Asyl“ und „kontra Einwanderung“ nicht schlimm genug, gehen Sie von den GRÜNEN nun noch einen Schritt weiter: Sie verschärfen die Situation noch mehr. Was meinen Sie, wie eine am Existenzminimum lebende Mutter die Forderung nach noch mehr Fürsorge für Fremde aufnimmt?

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hetze, Hetze, Hetze!)

Wie müssen sich Eltern fühlen, die zusehen müssen, wie der Staat mit Schaufeln deutsches Geld

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

für fremde Interessen aus dem Fenster wirft?

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das, was Sie im Zusammenleben unseres Volkes, Herr Ringguth – Stichwort „Generationsvertrag“ und so weiter –,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Recht auf Asyl.)

nicht leisten wollen, soll nun auf jede noch so kleine Personengruppe ausgeweitet werden.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist doch Quatsch!)

Beispiele? Bitte schön: