Protokoll der Sitzung vom 21.04.2016

ganz besonders bei Kinderärzten,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ist Ihnen so was aufgefallen? – Zurufe von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

wo Deutsche kaum noch drankommen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Unerträglich!)

Das hört man überall, Sie vielleicht nicht, weil Sie als einschüchternd auftretende Obrigkeit wohl nicht von den Leuten hören, was deren wirkliche Sorgen sind, aber man hört das an allen Ecken und Enden. Das wird unter vorgehaltener Hand, wie das in Halbdiktaturen so üblich ist, von einem zum anderen gesagt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach Gott! – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Julian Barlen, SPD: Die hören doch das Gras wachsen.)

Ja, Sie haben keine Ahnung von normalen Lebensverhältnissen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Weil er so viel Gras raucht. Genau das ist es.)

Und in dieser Situation die Liquidierung des Krankenhauses Wolgast einzuleiten, ist natürlich das Falscheste, was man tun kann. Ich rede hier von Einleitung der Liquidierung. Ich glaube nicht an dieses komische Konzept, wo

nach man eine Kombination bilden will aus einer Geriatrie und einer Notfallaufnahme. Das kann auf Dauer gar nicht funktionieren.

Die Sozialministerin hat sich furchtbar aufgeregt darüber, dass die Mehrheit der Leute in Wolgast sagt, das wird ein Altersheim und weiter nichts. Genau das wird es auch werden. Das kann dann auch noch profitabel betrieben werden, aber die Notaufnahme wird da auf Dauer nicht bestehen, weil das auch nicht in die Interessen der entsprechenden Lobbyisten passt. Das ist eine reine Beruhigungspille, soll bis zur Wahl noch helfen und dann wird es vorbeigehen nach einer gewissen Schamfrist.

Wir haben immer noch die Situation, dass wir in Wolgast die Notaufnahme haben – noch! –, aber auf der anderen Seite sind die Kinderärzte jetzt in Anklam. Notaufnahme ohne Kinderärzte, Kinderärzte ohne Notaufnahme am anderen Ort – was passiert mit Kindern in medizinischen Notfällen? Aber man hat gesagt, das geht irgendwie, das ist in Ordnung, das haben wir alles im Griff. Aber nur Blabla, nach der reinen Logik kann das gar nicht funktionieren und ist eine Fehlkonstruktion. Dahinter steckt eben nicht das Interesse des Volkes oder das Wohl des Volkes. Das Volk hat sich ja gerade in der Volksinitiative, die wohl von einem Großteil der Leute in Wolgast und der Umgebung unterstützt wird, ganz klar geäußert. Die Beschäftigten, soweit sie das noch wagen unter diesen Verhältnissen, sind im Krankenhaus Wolgast auch gegen diese Umstrukturierung, wie sie so schönfärberisch genannt wird. Es sind die Lobbyisten, die das durchsetzen, und die Sozialministerin hat ja eine schöne Aufzählung der ganzen Lobbyorganisationen hier vorgebracht.

Man kann das unter einem Buchtitel subsumieren – voriges Jahr ist das Buch herausgekommen –, der Buchtitel heißt „Weiße Mafia“ und behandelt die zweifelhaften Machenschaften in der Gesundheitsbranche. Das ist eben der Kernpunkt des Ganzen: Es ist nicht nur Lokalpolitik und nicht nur regionale Landespolitik, es ist ein allgemeiner Missstand, dass das Gesundheitswesen in der Hand von finanziell interessierten Lobbyistengruppen ist und nicht in der Hand des Staates, der das Allgemeinwohl zu vertreten hat. Da bedürfte es allerdings einer Totalumstellung dergestalt, dass der Staat das Gesundheitswesen übernimmt und diesen ganzen Lobbyismus ausmerzt. Anders kann es nicht funktionieren.

Was geplant ist mit dem Krankenhaus Wolgast, das ist, wie ich schon sagte, die Einleitung der Beseitigung und dahinter steckt die Universitätsmedizin Greifswald, die hier wieder mal rücksichtslos ihre Interessen durchgesetzt hat, weil der stärkste Lobbyismus sich immer durchsetzt, ganz egal, was die Politik macht oder was in den Gesetzen steht.

(Beifall David Petereit, NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lindner von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Erhalt des Wolgaster Krankenhauses, die kinderärztliche Versorgung, die geriatrische Versorgung – 19.096 Menschen haben für den Erhalt der medizinischen Versorgung im Wolgaster Krankenhaus unterschrieben. Das Mittel der Volksinitiative ist in der Verfassung verankert. Es sieht in MecklenburgVorpommern aus gutem Grund hohe Hürden vor. Deswe

gen sind wir gut beraten, der Volksinitiative mit Respekt zu begegnen. Wir bedanken uns bei den Beteiligten der Volksinitiative für ihren Einsatz, für die klaren Forderungen, mit denen man sich auseinandersetzen kann und muss, für den Mut und die Zeit, sich in Bewegung zu setzen.

Bei dem Thema gibt es inhaltlich noch viel zu diskutieren. Deshalb haben auch wir im Sozialausschuss der Anhörung zugestimmt. Die Anhörung wird zeitnah vorgesehen, damit Gewissheit für alle Beteiligten entstehen kann. In der Anhörung werden wir noch einmal ausgiebig mit den Verantwortlichen, den Experten und den Querdenkern über das Thema diskutieren.

Ich sage es heute noch mal, das habe ich letztens schon mal gesagt, die CDU-Fraktion hat sich zu allen Krankenhausstandorten bekannt, und zu diesem Wort stehen wir. Dabei sehen wir nachhaltige Entwicklungschancen für die Gesundheitsversorgung in der Region, ganzheitliche regionale Strukturen gesundheitlicher Versorgung könnten hier entstehen und beispielgebend wachsen. Ich darf aus der Werbung zitieren: „Wir geben Profil.“ Die Volksinitiative hat uns die Aufgaben gestellt und wir nehmen sie gerne an. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Klatschen! – Beifall Marc Reinhardt, CDU)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir freuen uns, einmal mehr festzustellen, dass Demokratie für uns in Mecklenburg-Vorpom- mern lebt – im Hinblick auf anstehende Ereignisse vielleicht eine ganz wichtige Feststellung.

Die Volksinitiative zu einem regionalen Ausschnitt der gesundheitlichen Versorgung ist die erste Stufe der direkten Demokratie, auch wenn dieser Schritt auf dem Weg zu einem Volksbegehren nicht vorgeschrieben ist. Mehr als 15.000 Unterschriften von Wahlberechtigten – es sind genau, Herr Lindner hat es schon gesagt, 19.096 Menschen, die vor Ort mit der Entscheidung der Landesregierung und der Planungsbeteiligten nicht einverstanden sind, aber am Ende die Konsequenzen der Politik tragen müssen. Sie haben sich ganz klar zur Landespolitik positioniert, nicht nur ein demokratisches Recht, sondern eine wichtige Auseinandersetzung mit der Lebensumwelt, mit dem echten Leben. Darüber freue ich mich. Deshalb ist dieser Tagesordnungspunkt mir persönlich außerordentlich wichtig.

Besonders schön ist auch der Aspekt, dass wir auf diese Art und Weise gezwungen sind, uns mit einem Thema zu beschäftigen, und das bei einem Thema, das bei zu vielen Kolleginnen und Kollegen ein verächtliches „Ach, Sie schon wieder!“ auslöst.

(Patrick Dahlemann, SPD: Na, das stimmt aber so nicht. Das ist Quatsch, was Sie da sagen.)

Ja, wir schon wieder, aber diesmal nicht aus eigenem Antrieb, sondern 19.096 Menschen, Herr Dahlemann, haben das unterschrieben.

(Patrick Dahlemann, SPD: Natürlich.)

Diesmal sitzen wir alle gemeinsam im Boot und da steigt niemand aus und erklärt, die Landesregierung habe doch korrekt entschieden, der Träger habe entsprechende Anträge gestellt und, und, und. Diesmal werden wir uns gemeinsam fachlich auseinandersetzen müssen. Der zuständige Ausschuss für Arbeit, Gleichstellung, Gesundheit und Soziales wird eine Anhörung zu der gesundheitlichen Versorgung in Wolgast und Anklam, ganz genau zur Wiedereröffnung der Abteilungen Kinder- und Jugendmedizin sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Kreiskrankenhaus Wolgast durchführen. Wir werden sehen und hören, warum die Landesregierung nicht ein regionales Versorgungskonzept entwickelt hat, das die geplanten Krankenhäuser genauso einbezieht wie die Akteurinnen und Akteure der Selbstverwaltung. Warum gibt es noch nicht das überfällige Modellprojekt, eine integrierte Versorgung, die die Qualitätsideen der Bundesregierung und die wirtschaftlichen Zwänge der Landesregierung und der Krankenkassen berücksichtigt und zugleich Patienten- und Patientinneninteressen vor Ort umsetzt?

In der Satellitengestaltung rund um die Uni in Greifswald liegen alle Chancen für eine zukunftsweisende Umstrukturierung der medizinischen, vor allem aber für ein Konstruieren der integrierten Versorgung. Aber da will ich auch nicht vorgreifen. Vielleicht zieht die Landesregierung fachlich betrachtet ja noch ein rosa Kaninchen aus dem Hut.

Die Aussprache heute bezieht sich auf die aktiven Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Es geht um ihren Ansatz für die Belange der Menschen vor Ort, und das in Größenordnungen und nicht als Individualgemecker. Dazu habe ich in diesem Hause auch schon genug gehört. Ich begrüße diesen zielgerichteten Einsatz der Menschen vor Ort und bin immer wieder erleichtert, dass demokratische Rechte ihren Weg in unser Parlament finden.

Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sehen einer umfassenden Diskussion im Ausschuss mit Begeisterung entgegen, weil wir uns die umfängliche Versachlichung des Themas erhoffen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat noch einmal die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bildungsminister hat vorhin gesagt, ihm ist das Diplom sehr wichtig. Ich kann Ihnen sagen, mir sind unsere Krankenhäuser im Land sehr wichtig, und das schließt selbstverständlich das Krankenhaus in Wolgast ein. Insofern möchte ich ganz gerne noch auf ein paar wenige Punkte eingehen.

Herr Koplin, was Sie gemacht haben, finde ich, ist etwas, was schon bedenklich ist. Sie haben allen Experten im Krankenhauswesen die Kompetenz abgesprochen, eine fachlich-sachlich richtige Entscheidung zu treffen.

(Patrick Dahlemann, SPD: So ist es.)

Sie negieren Fakten und Zahlen beziehungsweise verdrehen diese sogar. Sie sagten, die steigenden Zahlen

der Pädiatrie zeigen steigende Geburten. Ich habe mir die Zahlen von Wolgast noch mal angeschaut und möchte Ihnen die einfach gerne noch mal vorlesen: Wolgast 2010 364, 2011 374, 2012 424, 2013 408, 2014 317, 2015 311. Steigende Zahlen sind das nicht.

(Patrick Dahlemann, SPD: Sehen anders aus. – Julian Barlen, SPD: Hat er ja letztes Mal schon verdreht. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Zur Pädiatrie hatte ich bereits beim letzten Mal ausgeführt: 2013 1.186, 2014 1.062. Auch dort sind es keine steigenden Zahlen. Insofern bitte ich einfach zu berücksichtigen, dass wir hier Fakten haben, und ich finde es richtig, dass wir diese Fakten diskutieren. Und um ehrlich zu sein, ich freue mich auf die Anhörung, denn dann kommen endlich auch diejenigen zu Wort, die uns beraten haben.

(Patrick Dahlemann, SPD: Richtig. Richtig.)

Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass unsere Entscheidung, die wir gemeinsam getroffen haben, bestätigt wird. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall Heinz Müller, SPD – Zuruf aus dem Plenum: Wir laden die Landrätin zur Anhörung ein. Die kann sich doch mal positionieren dazu.)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, die Volksinitiative auf Drucksache 6/5357 zur Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ungleichbehandlung beenden – kostenlose Schülerbeförderung landesweit durchsetzen, Drucksache 6/5314.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ungleichbehandlung beenden – kostenlose Schülerbeförderung landesweit durchsetzen – Drucksache 6/5314 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Berger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.