Protokoll der Sitzung vom 21.04.2016

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

das dürfte Ihnen nicht gleichgültig sein, Herr Dahlemann – bis hoch nach Greifswald. Und dann schauen wir uns das mal an.

(Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, haben wir nicht.

Und jetzt, Herr Heydorn, ich hatte Ihnen ja angekündigt, dass ich auf Sie Bezug nehmen möchte:

(Jörg Heydorn, SPD: Ja.)

Wir müssen doch gemeinsam –

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Sie haben da eine wichtige Arbeit geleistet, eine zu würdigende Arbeit an der Spitze der Enquetekommission –,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

wir haben Handlungsempfehlungen erarbeitet,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

jetzt stehen diese Handlungsempfehlungen vor der Nagelprobe: Nehmen wir sie ernst oder nehmen wir sie nicht ernst? Diese Handlungsempfehlungen besagen, ich darf es ganz kurz zitieren, Frau Präsidentin, Seite 55 folgende unter Punkt C.2.1: „Aus demografischen, wirtschaftlichen sowie qualitätsbedingten Gründen ist die Planung stationärer Versorgung ganzheitlich zu erfassen. Eine qualitätsorientierte Versorgungsplanung umfasst alle Sektoren und berücksichtigt bzw. entwickelt sogenannte area-Indikationen“, eine integrierte Versorgungsstruktur, populationsbezogen. „Kleine Abteilungen“ – und darüber reden wir gerade – „in Krankenhäusern sichern die Erreichbarkeit auch für weniger Bedarfsfälle in den jeweiligen Fachgebieten.“

Wenn das stimmt, das haben wir im Konsens hier verabschiedet,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

wenn das stimmt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist für die Zukunft.)

dann reden wir doch am besten noch mal darüber, wie wir stationäre, teilstationäre und ambulante Versorgung im gesamten Gebiet zusammenführen, nicht nur punktuell, denn sonst hangeln wir uns nur von Krise zu Krise.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist für die Zukunft.)

Jetzt kommt es darauf an, Herr Heydorn, ob wir das ernst gemeint haben mit den Handlungsempfehlungen. Die stehen hier zur Disposition. Wir sagen Ja zu den Handlungsempfehlungen und wollen sie mit Leben erfüllen. An diesem konkreten Beispiel können wir das bestens beweisen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau.)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Barlen von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die wesentlichen Dinge zur Situation in der Versorgungsregion Greifswald, Anklam und Wolgast sind auch in dieser Debatte bereits gesagt worden. Ich möchte das noch einmal, insbesondere mit Blick auf den Redebeitrag unserer Ministerin Birgit Hesse, zusammenfassen.

Die an der Versorgung beteiligten Krankenhäuser in Wolgast und Anklam selber haben angezeigt, dass sich etwas an der Arbeitsteilung und an der Struktur ändern muss, wenn wir langfristig Versorgungssicherheit herstellen wollen. Das ist der Kern und der Ausgangspunkt aller Entwicklungen, die sich in diesem Bereich ergeben haben. Erst anschließend, erst nach der Aufforderung der Versorgungsbeteiligten der beiden Standorte Anklam und Wolgast, haben die zuständigen Planungsbeteiligten sich hingesetzt und haben in sehr ernsthaften Verhandlungen vereinbart, dass das Profil beider Standorte, Wolgast und Anklam, zu schärfen ist und dass so der langfristige Bestand für die Versorgung der Bevölkerung zu sichern ist.

Die Details dieser Vereinbarung sind hier im Landtag nun schon mehrfach besprochen worden, Stichwort Stärkung der Geriatrie, der Intensivmedizin und der Notfallversorgung in Wolgast, Ausbau der Gynäkologie, Geburtshilfe und Kinder- und Jugendmedizin in Anklam. Kollege Koplin ist aus verständlichen Gründen darauf nicht eingegangen, beide Krankenhäuser vermelden mittlerweile, dass sich die Versorgung in den genannten Bereichen positiv entwickelt –

(Patrick Dahlemann, SPD: So ist es. So ist es.)

das ist keine Selbstverständlichkeit für diese Versorgungsregion, es ist ein hervorragender Umstand, den Sie hier möglicherweise natürlich aus parteipolitischen Interessen nicht so benennen – und dass auch arbeitsfähige Strukturen entstanden sind, in kürzester Zeit, mit fachkundigem Personal, mit Routinen der Versorgung der Bevölkerung in der Region und übrigens auch der Touristinnen und Touristen in dieser Region.

Zwischenzeitlich – wir haben das Thema bereits mehrfach im Landtag behandelt – hat sich natürlich auch an den Rahmenbedingungen und an den Ursachen für die Bitte der Betreiber, das Leistungsspektrum der Krankenhäuser zu verändern, nichts geändert. Deshalb erscheint es kaum vorstellbar, dass seitens des Sozialministeriums die von der Volksinitiative geforderte Rücknahme des Bescheides sich überhaupt begründen lässt.

Mit Blick auf die Überweisung der Volksinitiative in den Sozialausschuss möchte ich natürlich auch noch mal an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, um da die Erwartungshaltung etwas auf realistische Füße zu stellen, dass wir als Landtag nicht für die Krankenhausplanung zuständig sind. Nichtsdestotrotz ist es aber so, dass wir selbstverständlich die Aktivitäten der Bürgerinitiative für den Erhalt der Gynäkologie und der Geburtshilfe sowie der Kinder- und Jugendmedizin am Kreiskrankenhaus Wolgast respektieren. Da wurden mit sehr viel Elan Tausende Unterschriften gesammelt und das hat ein ganz konkretes Ergebnis, nämlich dass wir das Thema heute für die Durchführung einer Anhörung in den Sozialausschuss überweisen. Ich kann Ihnen versichern, im Rahmen dieser Anhörung werden wir alle Argumente, aber selbstverständlich auch alle Gegenargumente mit einer Vielzahl von Experten und Beteiligten noch einmal sehr ausführlich diskutieren und bewerten.

Meine Damen und Herren, letztlich werden wir aber auch im Sozialausschuss an einer Wirklichkeit nicht vorbeikommen, nämlich dass – Ministerin Hesse ist darauf eingegangen – alle Beteiligten der Planungsbeteiligtenrunde der in Rede stehenden Arbeitsteilung zwischen Wolgast und Anklam zugestimmt haben, und nicht einfach nur so, sondern um eine langfristige Sicherung von Versorgung zu erreichen und vor allen Dingen noch mehr, um einen ruinösen Wettbewerb zwischen den Fachdisziplinen zu verhindern.

Ich bin im Rahmen der Aussprachen zuvor hier im Landtag darauf eingegangen und das ist übrigens auch Sinn und Zweck der von Ihnen, sagen wir mal, ausschnitthaft tendenziös zitierten Dinge aus dem Enquetebericht: Von einem planlosen, erratischen Wegbrechen von einzelnen Abteilungen und Strukturen profitiert am Ende niemand. Und um das auch noch mal klarzumachen: Eine solche Ablehnung von gezielten Anpassungen, wie hier insbesondere von der LINKEN, im weiteren Verlauf wahrscheinlich auch von den GRÜNEN eingefordert,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nö!)

also solche gezielten Anpassungen abzulehnen, bedeutet am Ende, dass man damit lebt,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass solche Abteilungen auch einem ruinösen Wettbewerb unterliegen und möglicherweise dann, ohne dass man strategisch darauf eingerichtet ist, nicht mehr der Versorgung zur Verfügung stehen. Das wollen wir verhindern, weil das sozusagen nicht nur in Wahlkampfzeiten, sondern vor allen Dingen auch außerhalb von Wahlkampfzeiten, Kollege Koplin, keinem Patienten nützt, keinem Angehörigen nützt und vor allen Dingen keinem Beschäftigten dieser Einrichtung nützt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Wenn wir beim Thema Beschäftigung sind: Es bleibt dabei – und da nützt es auch nicht, jetzt den Teufel an die Wand zu malen –, heute und in Zukunft werden in der Versorgungsregion Vorpommern-Greifswald und heute und in Zukunft werden auch in allen anderen Regionen des Landes alle Menschen, alle Arbeitskräfte, alle Fachkräfte gebraucht, die einen Versorgungsbeitrag in Medizin und Pflege leisten können. Alle werden gebraucht,

was man übrigens auch daran erkennt, dass mir kein Fall bekannt ist von einem Beschäftigten oder einer Beschäftigten im Kontext dieser Umstrukturierung, die nicht wunschgemäß eine Weiterbeschäftigung an einem Standort sozusagen gefunden hat. Alle werden gebraucht, aber wir werden bereit sein müssen, im Interesse der langfristigen Sicherung der Versorgung die Arbeitsteilung jeweils anders bezogen zu überdenken und auch anzupassen, und dazu sind wir bereit.

Letzten Endes geht es doch – und genau das ist in unseren Augen der Kern der Maßnahmenempfehlungen der Enquetekommission – darum, die Standorte der medizinischen und pflegerischen Versorgung überhaupt zu er- halten, insbesondere im ländlich-peripheren Raum. Da beachten wir eine Vielzahl von Dingen: die demografische Entwicklung, die Nutzungszahlen, die vorhandenen Kapazitäten, die geografische Verteilung – Ministerin Hesse ist darauf eingegangen – und vor allen Dingen beachten wir dabei den überaus angespannten Fachkräftemarkt.

Wenn der wirtschaftliche Bestand – und da appelliere ich wirklich eindringlich –, wenn der wirtschaftliche Bestand von Einrichtungen und Versorgungsangeboten insgesamt gefährdet ist, dann ist es rational besser, das Angebot durch Umstrukturierungen zu erhalten, deutlich besser, als die offensichtlich von Ihnen favorisierte Strategie „Ganz oder gar nicht“ zu verfolgen. Ich muss wirklich sagen, diese kritische Situation für die Versorgung in der Region Vorpommern-Greifswald, diese kritische Situation auch für die Beschäftigten parteipolitisch hier zu instrumentalisieren, wie das seitens der LINKEN eben zu hören war, das halte ich für problematisch.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ich auch.)

Meine Damen und Herren, trotz allen Unmuts und allen Ärgers müssen wir unseres Erachtens festhalten: Der Krankenhausstandort in Wolgast ist mit einer gestärkten Geriatrie und einer gestärkten Notfallversorgung, von der übrigens auch Kinder und Touristen profitieren, langfristig auf sichere Beine gestellt worden. Genau dieses Ergebnis dieser Anpassungsmaßnahmen, dieser veränderten Arbeitsteilung, auch wenn sie jetzt im Augenblick wirklich für sehr viel Ärger sorgt, genau diese Anpassungsmaßnahme ist unseres Erachtens im Sinne der Bevölkerung und ist auch gut für die Region. Im Gegenteil hätte ein einfaches „Weiter so“ die Versorgungssicherheit sehr ernsthaft gefährdet. Auf die besondere Herausforderung mit Blick auf Usedom und die Urlaubssaison ist Ministerin Hesse eingegangen, Stichwort „pragmatische Lösung mit der Kassenärztlichen Vereinigung“.

Meine Damen und Herren, ich möchte es an dieser Stelle damit bewenden lassen. Wie gesagt, wir überweisen heute die Bürgerinitiative in den Sozialausschuss, um dort eine Expertenanhörung durchzuführen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist eine Volksinitiative!)

Genau, die Volksinitiative überweisen wir und wir werden diese Vielzahl an Aspekten dort noch mal transparent besprechen. Ich bin gespannt auf die Anhörung und bitte um Überweisung. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum oder – wie er gerade genannt wurde – peripheren ländlichen Raum ist katastrophal schlecht. Das Gesundheitssystem funktioniert nicht, bestehend aus praktischen Ärzten, Fachärzten und den Krankenhäusern. Am wenigsten kritisch ist es bei den praktischen Ärzten, da kriegt man noch relativ leicht einen Termin. Kritischer wird es schon, wenn der praktische Arzt nicht weiterkommt und eine Überweisung ausstellt zum Facharzt. Dort sind dann Wartezeiten von drei, vier und noch mehr Monaten üblich. Mir sind Fälle bekannt, wo jemand auf einen Termin beim Augenarzt vier Monate und länger warten musste. Und selbst, wer einen Termin bekommt und zu diesem erscheint, wird nicht unbedingt behandelt, weil Notfälle vorgezogen werden, zum Teil echte Notfälle, weil man auch durch die lange Wartezeit zum Notfall werden kann, wenn das Leiden sich verschlimmert, zum Teil aber auch durch Leute, die sagen, dann erkläre ich mich eben zum Notfall und drängele mich vor.

Hier fallen insbesondere, auch wenn Sie das nicht gerne hören, sogenannte Flüchtlinge auf, die sich mit beispielloser Dreistigkeit und Unverschämtheit vordrängeln,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh, es reicht!)

ganz besonders bei Kinderärzten,