die 21 Thesen auf ihre Aktualität hin zu überprüfen. Die Ergebnisse sowie Vorschläge zur Fortschreibung sollten in den mit dem Antrag von SPD und CDU geforderten Bericht zur Baukultur einfließen. Dieser Bericht sollte
verschoben werden, um genügend Zeit zu haben, den notwendigen Dialog zu führen und die Kammern, Verbände, Ausbildungseinrichtungen und weitere Partnerinnen und Partner mit einzubinden. Wie immer wurde unser Änderungsantrag damals abgelehnt.
Die Unterrichtung der Landesregierung orientierte sich nah an dem erstmaligen Bericht des Dezembers 2009, der 2010 auch als Broschüre erschien. Er war allerdings mit 13 Seiten ziemlich knapp gehalten.
Auch dieser zweite Bericht spiegelte ausschließlich die Sicht der Landesregierung wider, die Sicht der Architektenkammer und der Ingenieurkammer fehlt. Wieder fehlen Anmerkungen, welche Maßnahmen besonders gut ankamen oder nicht fruchteten, um Baukultur in der Öffentlichkeit publik zu machen und zu befördern. Und erneut zeigte der Bericht das Erreichte auf, aber kein Wort davon, wie es denn mit der Baukultur in Zukunft weitergehen soll angesichts der Herausforderungen des Klimaschutzes, der Inklusion oder auch des demografischen Wandels.
Es gab für mich seinerzeit keinen Grund, diese Unterrichtung auf die Tagesordnung des Landtages zu setzen. Allen anderen ging es wohl auch so, so wurde die Unterrichtung für erledigt erklärt.
Ich habe weitere Gründe, warum die Zeit für diesen Antrag reif ist. Wir feierten vor wenigen Tagen 25 Jahre Stadterneuerung in Mecklenburg-Vorpommern. In Greifswald fand dazu eine Festveranstaltung statt. Unlängst feierte die Architektenkammer 25 Jahre ihres Bestehens. 25 Orte unseres Landes beteiligten sich mit Veranstaltungen am zweiten bundesweiten Tag der Städtebauförderung. In der kommenden Woche wird der Landesbaupreis zum zehnten Mal verliehen und auch der Tag der Architektur findet Ende Juni statt. Diese Anlässe sind meiner Meinung nach geradezu prädestiniert, über Baukultur zu reden und sie auch zu erleben. Schließlich reflektieren die gezeigten oder ausgezeichneten Vorhaben den baukulturellen Anspruch, der von Architekten und Ingenieuren geplant und auch mithilfe der Städtebauförderung umgesetzt wird.
Anlässlich dieser vielen Jubiläen und Aktivitäten sollte man meinen, dass dies auch auf der Internetseite des Netzwerkes „Baukultur Mecklenburg-Vorpommern“ beworben und dokumentiert wird, aber weit gefehlt – gepflegt wird diese Seite vom Ministerium. Dort ist die letzte Pressemeldung von Juni 2015 datiert. Was sagt mir das? Das Netzwerk funktioniert nicht so, wie es notwendig wäre. Das darf nicht so bleiben! Und ich wollte nicht weiter abwarten. Ich wollte nicht warten, bis eine neue Koalitionsvereinbarung die weitere Förderung der Initiative „Baukultur“ und die weitere Begleitung des Netzwerkes „Baukultur“ beinhaltet. Das steht auch jetzt schon drin und ist kein Garant dafür, dass sich etwas in die richtige Richtung tut.
Mit diesem Antrag soll ein Prozess in Gang gesetzt werden, um Vorarbeit zu leisten, Ideen zu entwickeln
und Kompromisse zu suchen, um die Aktualität der Thesen zur Baukultur zu prüfen und Vorschläge für deren Fortschreibung zu machen. Darin involviert sollten neben dem Wirtschaftsministerium die Kammern der Architekten, Ingenieure und Handwerker, die Hochschule Wismar, der Bauverband und auch interessierte Bürgerinnen und Bürger sein. Ziel soll eine Einigung auf allgemeingültige Thesen sein, die wieder für die kommenden 10 bis 15 Jahre Maßstab unserer baukulturellen Ansprüche sind. Das soll und muss in den Fachausschüssen, aber auch öffentlich und breit diskutiert werden.
Meine Damen und Herren, neben der äußerst vielfältigen und beeindruckenden Natur haben wir in MecklenburgVorpommern eine genauso große Palette baukultureller Pfunde zu bieten. Es wäre müßig, diese aufzuzählen. Sie kennen sie auch alle. Davon profitiert natürlich in erheblichem Maße unser Tourismus. Viele Gäste kommen gerade wegen der Dichte von Schlössern sowie Guts- und Herrenhäusern oder wandeln auch gern auf der europäischen Route der Backsteingotik.
Landesweit gibt es Beispiele für gelungene Architektur, für kleine und große, moderne, historische, neue und sanierte Bauten aus dem Hoch-, Tief-, Ingenieur- und auch aus dem Landschaftsbau. Regionale Baukultur – das betone ich – und Tourismus profitieren in besonderem Maße voneinander. Das zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Von Investitionen und Wertschöpfung profitieren dabei insbesondere auch die ländlichen Regionen.
Dieses Potenzial muss gehoben und genutzt werden. Baukulturakteure und Touristiker müssen noch weiter aufeinander zugehen. Die Greifswalder Veranstaltung des Netzwerkes „Baukultur“ mit Wirtschaftsministerium und Architektenkammer gemeinsam mit dem Landestourismusverband und der DEHOGA unter dem Titel „Baukultur & Tourismus: Zwei Welten – ein Ziel?“ im Oktober letzten Jahres war ein guter Anfang. So zog der Präsident der Architektenkammer, Herr Brenncke, das Fazit, dass die gemeinsame Betrachtung von Baukultur und Tourismus auf regionaler Ebene verstetigt werden könnte. Das sollte unbedingt Aufgabe des Netzwerkes sein. Auch wäre eine solche Veranstaltung es wirklich wert, im Netzwerk „Baukultur“ dokumentiert zu werden.
Meine Damen und Herren, Thesen zur Baukultur wurden in einigen Städten und Ländern von verschiedenen Ak- teuren und auch zu unterschiedlichen Themen entwickelt. Bei der Fortschreibung sollte da das eine oder andere auch übernommen werden können. Ich will Ihnen Beispiele bieten. So entwickelte „LandLuft“ in Österreich zwölf Thesen für Dörfer. Ich will drei dieser Thesen herausgreifen, die mir besonders gefallen.
Baukultur ist kein abgehobenes Anliegen von Experten, sondern entsteht dort, wo Menschen aktiv die Gestaltung ihres Lebensraumes in die Hand nehmen – im Idealfall entstehen Projektteams von Betroffenen, Experten und politisch Verantwortlichen, die in Summe eine hohe Lösungskompetenz für die Gestaltungsfragen des eigenen Umfeldes mitbringen...
Die hohe Qualität, die Baukultur in der Gestaltung des eigenen Lebensraumes auslöst, wirkt sich positiv auf die subjektive Wahrnehmung der Lebensqualität durch Bürger aus. Die Teilnahme an der Entscheidungsfindung und an Gestaltungsfindungs-Prozessen verstärkt dieses Gefühl.
Baukultur nutzt das Know-how und handwerkliche Potenzial des regionalen Umfeldes stärker, als dies bei Standardlösungen der Fall ist. Baukultur nimmt auch auf regionale handwerkliche Traditionen und Bautechniken einen stärkeren Bezug.“ Zitatende.
Solche Thesen unterstreichen, dass Baukultur ein Haltefaktor für Menschen und ein bedeutender weicher Wirtschaftsfaktor gerade im touristischen Binnenland und überhaupt in ländlichen Regionen ist.
Meine Damen und Herren, bemerkenswert sind auch die sechs Thesen der Bundesstiftung über „Baukultur im Klimawandel“, die sich mit der Energiewende und den Auswirkungen auf Gebäude sowie die Quartiers- und städtebauliche Entwicklung befassen.
So, wie es derzeit läuft, ist es nicht immer gut, weder für die Energiewende noch für die Baukultur. Sie sehen, das ist nur ein winziger Ausschnitt an Anregungen für die Fortschreibung. Wir sollten den Prozess jetzt einleiten und viel Sach- und Fachverstand nutzen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, einen breit angelegten Diskussionsprozess zu den 21 Thesen im Rahmen der Initiative „Baukultur Mecklenburg-Vorpommern“ aus dem Jahre 2003 einzuleiten. Ziel soll sein, die Thesen auf ihre Aktualität hin zu überprüfen sowie den Fortschreibungs- und Ergänzungsbedarf zu ermitteln. Seit dem Jahre 2001 haben sich zahlreiche Akteure verpflichtet, dieses Bauerbe zu erhalten, zu pflegen und sinnvoll zu nutzen. Architekten, Ingenieure und Vertreter aus Politik und Verwaltung haben sich in der Initiative „Baukultur MecklenburgVorpommern“ zusammengeschlossen, um sich engagiert für hochwertige moderne Architektur und eine nachhaltige Regional- und Stadtentwicklung einzusetzen.
Als erstes Bundesland hat im Jahr 2003 der Landtag Mecklenburg-Vorpommern einen Beschluss zur Förderung der Baukultur gefasst. Ziel ist es, auf Grundlage eines breiten öffentlichen Dialogs eine schrittweise
Verbesserung der Baukultur im Land zu erreichen. Im Jahre 2003 wurde die Initiative „Baukultur MecklenburgVorpommern“ gestartet. Im Ergebnis dieser Initiative sind 21 Thesen zur Entwicklung der Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet worden. In den 21 Thesen wurden Wege und Maßnahmen, wie Baukultur umgesetzt und konstruktiv entwickelt werden kann, auf vielfältigen Veranstaltungen auch öffentlich diskutiert.
Meine Damen und Herren, seit 1998 würdigt die Landesregierung gemeinschaftlich mit der Architektenkammer und der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern herausragende Bauwerke im zweijährigen Rhythmus mit dem Landesbaupreis. Der Landesbaupreis wird vom Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, der Architektenkammer und der Ingenieurkammer am 16. Juni 2016 bereits zum zehnten Mal verliehen. Frau Lück hat auch darauf hingewiesen.
Am 22. Juni 2016 wird in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock der 12. Rostocker Architekturpreis vergeben und am 25. und 26. Juni 2016 begehen wir in Mecklenburg-Vorpommern den Tag der Architektur mit einem vielfältigen Rahmenprogramm im gesamten Land. All diese Aktivitäten bringen die Umsetzung der Thesen zur Entwicklung der Baukultur zum Ausdruck und bezeugen somit den breiten Dialog zur weiteren Stärkung der Baukultur in unserem Land.
Meine Damen und Herren, Baukultur ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sowohl auf der staatlichen als auch auf der privaten Ebene. Gebautes ist auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens, dabei sinnvoll erfahrbar im Alltäglichen wie im Einzigartigen. Baukultur ist natürlich auch Prozesskultur, die Veränderung und Wandel berücksichtigt. Baukultur hilft, das Alte zu bewahren, und schafft gleichzeitig die Verbindung zum Neuen, zum Modernen, spannt somit die Brücke aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Die Weiterentwicklung der Baukultur bedeutet nichts anderes, als die Geschichte und Tradition des Landes zu bewahren und auf moderne innovative Architektur und nachhaltige Regional- und Stadtentwicklung zu setzen.
Baukultur heißt aber auch, mit unserer Umwelt verantwortungsvoll umzugehen. Dabei müssen ebenso ökologische und wirtschaftliche Qualitäten berücksichtigt und mit den soziokulturellen Anforderungen in Einklang gebracht werden. In diesem Sinne braucht Baukultur ein Umfeld, das von einer hohen Sensibilität und Verantwortung aller für die Qualität unserer Häuser, Straßen, Plätze, Brücken und Parks gekennzeichnet ist. Erste Warnzeichen sind mit Dämmplatten vermummte Wohnsiedlungen und historisch wertvolle Bausubstanz oder zu Kleinkraftwerken umgebaute Bauernhöfe. Die Gestaltung der gebauten Umwelt, die Bewahrung des kulturhistorischen Erbes und der Schutz unserer einmaligen Landschaft sind von immenser Bedeutung für die Einwohner und die zahlreichen Touristen, die MecklenburgVorpommern jedes Jahr besuchen.
Und unser Land geizt dabei nicht mit seinen Reizen. So beeindrucken die Städte und Dörfer in MecklenburgVorpommern durch ihr einzigartiges Erscheinungsbild und ihr kulturelles Erbe. Die Hanse- und die Residenzstädte, die Ackerbaustädte, die Bäderorte mit ihrer einzigartigen Architektur, aber auch die vielen Guts-, Fischer- und Bauerndörfer sind dabei typisch für unser
Land. Unverwechselbare Architekturgeschichte bieten die über 2.000 Schlösser, Herrenhäuser, Gutshäuser mit ihren Parkanlagen und natürlich die Gotteshäuser in beeindruckender Backsteingotik. Der Städtetourismus hat sich zu einem echten Wirtschaftsfaktor entwickelt.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, das Thema Baukultur ist auch im Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern als eine Leitlinie in der Landesentwicklung formuliert. Viele Landesbauten sind als Beitrag zur Baukultur im Ergebnis von Architekturwettbewerben entstanden. Um die Debatte um die Qualität von der Baukultur in der Öffentlichkeit zu fördern, bedarf es weiterhin eines kontinuierlichen Dialogs zwischen allen an Planung und Bauprozess Beteiligten mit den Nutzern.
Das Landesparlament hat auf Initiative der SPD-Fraktion 2012 die Regierung beauftragt, regelmäßig über die Initiative „Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern“ zu unterrichten. Der erste Bericht Ende 2013 über die Aktivitäten der Initiative „Baukultur“ war insofern eine gute Grundlage für die weitere Diskussion und die weitere Arbeit.
Um auch in Zukunft auf eine hohe Baukultur setzen zu können, bedarf es einer Verstetigung der Initiative „Baukultur“. Unser Ziel muss es weiterhin bleiben, das öffentliche Bewusstsein für die gebaute Umwelt zu stärken und die Bürgerinnen und Bürger für Baukultur zu begeistern,
denn eine Erhöhung der Attraktivität der Städte und Dörfer führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität und kann insbesondere einem weiteren Bevölkerungsrückgang im Land entgegenwirken.
Meine Damen und Herren, natürlich wird vielfach auch mit öffentlicher Unterstützung und mithilfe von Transferleistungen des Bundes gebaut. Seit Jahren ist die Städtebauförderung ein Erfolgsprogramm und eine tragende Säule, wenn es um die kontinuierliche städtebauliche Erneuerung geht.
Die SPD-Fraktion von Mecklenburg-Vorpommern und ihr Koalitionspartner bekennen sich zu den besonderen baulichen Werten des Landes, die sich hier als Ergebnis der mehr als tausendjährigen Baugeschichte als gebaute Kultur darstellen. Vor diesem Hintergrund fördern wir die Initiative „Baukultur Mecklenburg-Vorpommern“ und werden den Aufbau des Netzwerkes auch zukünftig begleiten. Mit dem Netzwerk wollen wir erreichen, die Akzente im baukulturellen Leben Mecklenburg-Vorpommerns zu bündeln und die Aktivitäten besser aufeinander abzustimmen. Auch mit Blick auf die Bundesebene wird das Thema Baukultur durch die Gründung der Bundesstiftung „Baukultur“ besonders befördert.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, die Baukultur ist ein wichtiger Standort- und Wirtschaftsfaktor für Mecklenburg-Vorpommern.
Die Wichtigkeit dieses Themas haben wir im Jahre 2012 durch eine Antragsinitiative „Baukultur in MecklenburgVorpommern“ unterstrichen. Ziel des im Jahre 2014 initiierten Antrages „,Kunst am Bau‘ als Ausdrucks