Je nachdem, in welcher Situation sich ein Studiengang oder ein Fach befindet, glaube ich, brauchen Sie auch differenzierte Lösungen. Insofern wird es gar nicht anders gehen, als bis 2023 den Lehrkräftebedarf dadurch zu decken, dass Sie in der Tat auch aus anderen Bundesländern Kolleginnen und Kollegen anwerben. Ich finde das auch nicht schlimm, weil in den vergangenen Jahren haben wir für andere Bundesländer ausgebildet. Ich darf daran erinnern, wir hatten viel mehr Lehramtsabsolventen, als wir eingestellt haben, wegen des Lehrerpersonalkonzeptes. Solche Austauschmechanismen brauchen Sie einfach zwischen den Ländern. Mal hat der eine eine Delle, mal hat der andere eine Delle. Das muss sich im Gesamtsystem ein Stück weit ausgleichen.
Der zweite Punkt wird sein, dass wir über ganz andere berufsbegleitende Qualifikationen werden nachdenken müssen, Beispiel: Studiengang Sonderpädagogik an der Uni Rostock. Daraus lassen Sie uns einen guten Mix machen. Insofern ist dieser Punkt völlig berechtigt, den Sie da anbringen.
Mein Vorschlag wäre, lassen Sie uns da über kreative Sachen nachdenken, gerne gemeinsam. Das ist viel drängender und zielführender, glaube ich, als diese andere Diskussion.
Ich lade Sie zu Folgendem ein: Den Punkt 3 Ihres Antrags kann ich total nachvollziehen und deswegen haben wir Folgendes gemacht. Seit mehreren Monaten verhan
deln wir – die Verhandlungen sind jetzt abgeschlossen – mit Herrn Professor Falk Radisch von der Universi- tät Rostock darüber, eine Studie zu machen über die Schwundquoten oder Erfolgsquoten der Lehramtsstudierenden, um herauszubekommen, an welcher Stelle es eigentlich hakt, denn die wissen das selbst nicht in Rostock. Wir wissen im Moment selbst nicht, wie hoch die Schwundquoten in den modularisierten Studiengängen sind, denn es gibt bis heute noch keine Absolventen. Wir können das noch gar nicht sagen. Professor Falk Radisch hat bereits eine erste Konzeptskizze gemacht und wir stellen 100.000 Euro dafür zur Verfügung. Die Idee ist zunächst, den Status quo zu erheben, nach den Ursachen zu forschen und dann drittens ein Monitoringsystem zu entwickeln, sodass das Zentrum für Lehrerbildung so eine Art Ampelsystem hat und immer merkt, wenn die Daten durchlaufen, in welchem Fach gibt es warum ein Problem.
Jetzt sage ich Ihnen, was ein Problem zu sein scheint, und dann bin ich wirklich fertig: Mir sagen Studierende der Universität Rostock, was sich zum Beispiel im Grundschullehramt abspielt, ist eine Katastrophe. Ich gebe das jetzt mal ungefiltert weiter. Ich frage: Was ist denn los? Da werden die Leute gezielt mit völlig überzogenen Anforderungen in Mathematik rausgeprüft aus dem Studiengang. Da werden in der Grundschulmathematik Sachen verlangt von den Leuten, wo du glaubst, die sollen sich zum Mond rechnen, und das schaffen nicht alle. Das würden exzellente Grundschullehrer sein, aber die werden rausgeprüft von der Uni Rostock.
Die Kurse bestehen Leute, die wirklich super rechnen können, aber manchmal vielleicht nicht den besten Zugang zu den Kindern haben.
(Udo Pastörs, NPD: Herr Brodkorb, wer prüft denn den Zugang, den guten Zugang zu den Kindern? – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
wenn das stimmt, Herr Saalfeld, was mir da Studierende sagen – das wird man ja dann in den Daten von Herrn Radisch sehen –, dann werden wir uns mal über massive Eingriffe in die Hochschulautonomie unterhalten müssen.
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die sind doch nicht beratungsresistent an den Hochschulen!)
Sehr geehrter Herr Saalfeld, dann mache ich es anders: Im Zweifel werden wir uns darüber unterhalten und uns angucken müssen, ob das, was da an Fachveranstaltungen angeboten wird, woran die Studenten scheitern, über
haupt angemessen ist. Dabei geht es mir jetzt nicht darum, das Niveau an den Hochschulen zu senken, sondern die Frage zu stellen: Passt das für eine Grundschullehrerausbildung oder geht es da nicht vielmehr um Mathematikdidaktik und so weiter und nicht darum, dass da an sphärischer Geometrie gebastelt wird, ob das wirklich der entscheidende Punkt ist. Ich glaube, dass wir eine Reihe von Fächern und Lehrämtern erleben werden, wo wir durch solche Eingriffe die Erfolgsquoten deutlich erhöhen, weil wir einfach sagen, Leute, ihr habt da Ansprüche, die sind für den Beruf gar nicht interessant, es sind unnötige Situationen des Rausprüfens und so weiter.
Nee, natürlich nicht. Ich stimme Ihrer Analyse zu, dass wir bis 2023 die Lehrkräfte mutmaßlich nicht allein aus eigenen Absolventen decken können und dass über drei Jahre durchaus ein Risiko besteht, ob wir alle finden oder nicht. Das ist richtig. Ich mache Ihnen das Angebot, dass Sie Vorschläge unterbreiten – ich habe einen Vorschlag jetzt gemacht mit dem Studiengang Sonderpädagogik –, um schnell zu einer Lösung zu kommen, weil acht Jahre können wir nicht warten, dann ist es 2024, dann ist der Ansturm, der hohe Bedarf wieder vorbei.
Das Zweite, was ich Ihnen anbiete, ist, dass Sie zum Beispiel, wenn Sie möchten, gerne zu einem Gespräch eingeladen werden können mit Herrn Professor Falk Radisch, das wir demnächst führen, wo wir darüber diskutieren wollen, wie so ein Monitoringsystem, so eine wissenschaftliche Studie aussehen kann. Da Sie großes Interesse an dem Thema haben, sind Sie herzlich eingeladen. Ich bin gespannt, ob Sie daran teilnehmen möchten,
Insofern glaube ich trotzdem, dass man Ihren Antrag am Ende ablehnen muss, weil er von der falschen Prämisse ausgeht, die Probleme, …
… die Probleme bis zum Jahr 2023 ab dem Jahr 2024 zu lösen. Dann kommen wir ein Jahr zu spät. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das stimmt. Wir brauchen über das Jahr 2023 hinaus mehr Absolventen, als wir haben.)
Bevor Sie beginnen, Herr Renz, ein Hinweis: Da der Bildungsminister seine angemeldete Redezeit um sieben Minuten überschritten hat, werden wir jetzt den Fraktionen die entsprechenden zusätzlichen Redezeiten zuordnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Stichwort ist „Minister“, den möchte ich gleich direkt ansprechen. Ich gehe davon aus, dass die Einladung nicht nur an die Fraktion DIE GRÜNEN geht, sondern möglicherweise ebenso an die CDU-Fraktion. Auch wir sind an dem Thema interessiert.
(Heiterkeit bei Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das haben Sie sich aber so nicht anmerken lassen.)
dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können. Demzufolge werden wir uns auch diesen inhaltlichen Ausführungen anschließen.
Ich will zwei, drei Dinge aus meiner Sicht zu dieser Thematik allgemein sagen. Es ist, wie nicht nur die Diskussion es zeigt, sondern auch das tägliche Leben, tatsächlich sehr kompliziert und komplex. Insbesondere das, was an Lösungen umgesetzt werden soll, ist umso schwieriger.
Wenn wir hier nur die Diskussion führen, was den Nachwuchs im Lehrerbereich betrifft, dann sollte man nicht das demografische Problem außer Acht lassen. Die Herausforderung an sich trifft nicht nur, weil es eines Tages ebenso um die Anzahl der Bewerber geht, den Bildungsbereich, sondern auch andere Bereiche des öffentlichen Dienstes – ich will nur mal die Polizei nennen – spielen da sicherlich eine Rolle und verschärfen möglicherweise die Situation noch mehr.
Wenn man dann noch differenziert in die Fachkombinationen geht, ist es so, gesellschaftlich gesehen, dass wir insbesondere im Bereich des mathematisch-technischen Fächerkanons besondere Probleme haben werden. Das hat sich abgezeichnet und hängt mit der Ausrichtung unserer gymnasialen Ausbildung seit 1990 zusammen. Auch hier hat sich die Gesellschaft geändert, wenn ich an die Kombination denke, was man abwählen kann, und Ähnliches und inwieweit schon in früheren Jahren Wert gelegt wird auf eine Ausbildung zum Beispiel im physikalischen Bereich. Auch das hat sich geändert. Das sind alles Dinge, die dazu beitragen, dass es nicht einfach ist, was Lösungen betrifft.
Das Problem dafür, dass wir heute im Jahre 2016 schon an einem schwierigen Punkt angelangt sind, ist natürlich in der Vergangenheit zu suchen. Dafür sind nicht unbedingt die heute hier anwesenden Personen hauptverantwortlich, weil es ein längerer Prozess ist, aber die Tatsache – und es fällt mir auch seit ein, zwei Jahren unheimlich schwer, hier zu agieren und zu sagen, ja, Seitenein
steiger sind ein Teil der Lösung – zeigt deutlich, dass in der Vergangenheit gewisse Versäumnisse, die ich eben kurz angerissen habe, aufgetreten sind und wir mit solchen Lösungen operieren müssen.
Was wir in der aktuellen Legislaturperiode gemacht haben, sind Dinge, die sind bekannt: Verbeamtung, Werbekampagnen und Ähnliches. Was die Zukunft betrifft, um die Situation zu meistern, das ist ein bunter Strauß von Lösungen, von denen der Minister einige hier angedeutet hat. Ich will mich da nur anschließen und sagen, ja, wir sollten unterschiedliche Lösungsansätze diskutieren, so, wie angeboten, und schauen, dass wir perspektivisch das Problem in den Griff bekommen, weil die Herausforderungen ab 2020 riesig sind. Ich wünsche da allen politisch Verantwortlichen oder Tätigen schon viel Vergnügen, wenn wir dann riesige Probleme in der Praxis haben, den Unterricht abzudecken.
Insofern, ich habe da keinen Schaum vorm Mund, habe die Debatte aber auch nicht so aufgenommen. Lassen Sie uns an Lösungen arbeiten! – Danke schön.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Frau Oldenburg ist nicht da. – Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Ich möchte reden. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das steht auch so auf der Rednerliste, die wir abgegeben haben.)