Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

(Helmut Holter, DIE LINKE: Frau Oldenburg ist nicht da. – Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Ich möchte reden. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das steht auch so auf der Rednerliste, die wir abgegeben haben.)

Herr Dr. Al-Sabty?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Herr Dr. Al-Sabty war angemeldet.)

Dann spricht jetzt Herr Dr. Al-Sabty für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die Lehramtsausbildung nicht optimal geregelt ist und deshalb ein Großteil der Lehramtsstudentinnen und Lehramtsstudenten das Ausbildungsziel Lehramt nicht erreichen, ist die richtige Diagnose. Die Lösung dieses Problems kann aber nicht die Schaffung immer höherer Lehramtskapazitäten sein. Auch eine Eignungsprüfung im Vorfeld des Studiums würde die Situation nicht wirklich verbessern.

Die nachhaltige Therapie gegen hohe Abbrecherquoten ist ein umfassender Umbau der Lehramtsausbildung. Mecklenburg-Vorpommern braucht eine eigenständige Lehrerausbildung. Das kann man organisieren, indem eigenständige pädagogische Hochschulen geschaffen werden wie in Baden-Württemberg. Alternativ kann man das Zentrum für Lehrerbildung in Rostock so entwickeln, dass das Land auf diesem Wege eine eigenständige Lehramtsausbildung erhält. Das würde zu weniger Studienabbrüchen führen und somit viel Geld sparen, das den Steuerzahlern wegen abgebrochener Lehramtsstudiengänge verloren geht.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Situation ist heute so, dass Lehramtsstudierende die Vorlesungen und Seminare ihres Fachs gemeinsam mit Kommilitonen besuchen, die sich als Spezialisten für dieses Fach ausbilden lassen. Die fachspezifischen Anforderungen im späteren Beruf unterscheiden sich aber erheblich. Der Mathematiker, der Chemiker oder der Biologe sollen nach dem Studium in der Lage sein, auf dem Gebiet der Mathematik, Chemie oder Biologie zu forschen oder zumindest wissenschaftlich zu arbeiten. Der Lehramtsstudent soll später Schülerinnen und Schülern das Fachwissen vermitteln, das in den Rahmenplänen vorgegeben ist.

Natürlich muss in der Lehramtsausbildung ein Wissenschaftsniveau erworben werden, das über den zu vermittelnden Schulstoff hinausgeht, aber das Ausbildungsniveau eines Fachwissenschaftlers ist für den Lehrberuf unnötig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Genau das ist die Ursache dafür, warum viele Lehramtsstudierende überfordert werden und das Handtuch werfen – der Minister ist darauf eingegangen –, denn sie wollen von Anfang an Lehrkraft werden und nicht speziell Mathematik, Chemie, Biologie oder ein anderes Fach auf Spezialfachniveau studieren.

Die Lehramtsausbildung ist außerdem zu praxisfern. Das führt zu späteren Überforderungen im Schuldienst. Die Ausbildung muss im Bereich Didaktik und Pädagogik intensiver werden. Deswegen freue ich mich heute über die 12-Millionen-Erhöhung, die der Minister im Hochschulpakt für diese Sache versprach. Genau deshalb wird meine Fraktion auch weiterhin eine eigenständige Lehramtsausbildung fordern, um in Zukunft Lehrkräfte zwar für den Unterricht an den Schulen gut vorzubereiten, sie aber nicht unnötig mit Spezialwissen zu überfordern.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist nicht richtig, dass zu wenige Studienplätze angeboten werden. Die Aufnahmekapazitäten für die Lehramtsausbildung der Hochschulen im Land sind höher als der Einstellungsbedarf. Im Jahr 2023 werden voraussichtlich 646 und im Jahr 2024 werden ungefähr 552 Lehrkräfte gebraucht. Diesem Einstellungsbedarf stehen 2016 und 2017 gemäß den Zielvereinbarungen 771 Lehramtsstudienplätze gegenüber. Die im Antrag erwähnten Schwundquoten werden nicht zu Lehrkräftemangel führen. Gegenwärtig gelingt es, die ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. Am vergangenen Dienstag waren lediglich 69 Stellen für Lehrkräfte im Land ausgeschrieben und noch nicht besetzt. Auch in der Zukunft wird es zu keinem Lehrkräftemangel kommen.

Im Antrag sind die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger – Herr Saalfeld ist darauf eingegangen – nicht berücksichtigt, denen eine Lehramtsbefähigung zuerkannt wird. Es wäre fatal, das alles nicht zu beachten, denn die Folge der im Antrag geforderten Erhöhung der Lehramtsaufnahmekapazität wären arbeitslose Lehrerinnen und Lehrer in der Zukunft.

Sehr geehrte Damen und Herren, dass bei der Erstellung der Lehrkräftebedarfsprognose 2016 bis 2030 die Schulen in freier Trägerschaft nicht einbezogen wurden, ist so nicht richtig. Personalfluktuation wurde berücksichtigt und damit auch Lehrpersonal, das an Privatschulen wechselt.

Meine Fraktion sieht mit Sorge, dass seit Jahren viele Plätze im Vorbereitungsdienst und für Referendarinnen und Referendare nicht besetzt werden können. Wir stimmen Ihnen zu, dass die Landesregierung die Ausbil

dungsbedingungen attraktiver gestalten muss. Die Übergänge vom Studium in den Beruf müssen besser geregelt werden. Auch das ist eine wirksame Maßnahme, um die Schwundquoten zu verringern. Wenn die Landesregierung gemeinsam mit den Hochschulen die Ursachen für die hohen Studienabbruchquoten ermittelt, wird sie hoffentlich zu dem Ergebnis kommen, dass eine eigenständige Lehramtsausbildung eingerichtet werden muss. Meine Fraktion wird sich der Stimme enthalten.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Dr. Al-Sabty.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Butzki für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf heute meine Kollegin Susann Wippermann vertreten. Ich werde aber auf das Redemanuskript verzichten, weil ich denke, der Minister hat es sehr ausführlich und klar dargestellt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich will bloß drei, vier Zahlen nennen, weil die vonseiten der GRÜNEN nicht richtig dargestellt worden sind.

Am Dienstag in der Arbeitskreissitzung – wir hatten auch Vertreter des Bildungsministeriums da – habe ich gefragt, wie die Bewerbung für Stellen für das kommende Schuljahr aussieht. Es wurde mir dort mitgeteilt, dass es bis auf acht Lehrerstellen überall mindestens eine oder mehrere Bewerbungen gibt, und das im ersten Durchlauf. Ich finde, das ist ein sehr gutes Ergebnis.

Das Zweite: In Deutschland werden immer noch mehr Lehrer fertig, als gebraucht werden. Der Minister hat es auch gesagt, vorher haben wir für den Markt ausgebildet, jetzt sind, denke ich, die Länder dran, für die östlichen Länder, also auch für Mecklenburg-Vorpommern auszubilden.

Vor fünf Jahren hatten wir nur einen Einstellungstermin für Referendare. Ich war in der Familie selbst betroffen, weil meine Tochter auch eine Wartende ist und die Termine so ungünstig lagen. Jetzt haben wir zwei Einstellungstermine. Auch da haben wir ganz schnell reagiert. Herr Renz hat schon darauf hingewiesen, wir haben eine große Werbekampagne. Wir haben dafür gesorgt.

Ich habe mich auch persönlich für die Verbeamtung der Lehrkräfte eingesetzt, damit wir gleiche Startbedingungen für die jungen Kollegen haben.

Die Probleme, die nicht zu leugnen sind, liegen im MINTBereich. Für die, die nicht wissen, was MINT ist: Es ist nicht die Farbe der GRÜNEN und es ist auch keine Geschmacksrichtung, sondern damit sind die mathematischnaturwissenschaftlichen Fächer gemeint.

Der Minister hat vorhin gesagt, dass in Rostock Physik nur zu 20 Prozent gewählt wird. Wir können sie nicht wie zu damaligen Zeiten einfach zwingen, das zu studieren. Damit würden wir möglicherweise zusätzlich Abbrüche provozieren. In anderen Fachrichtungen noch weit über den Durst auszubilden, die nachher keine Lehrerstelle

bekommen, also arbeitslos sind, sehe ich als großes Problem.

Damit will ich es bewenden lassen. Wir werden als SPDFraktion diesen Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Butzki.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Pastörs für die Fraktion der NPD.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich glaube, die Debatte hat im Kern klar herausgearbeitet, dass in den letzten 20 Jahren hier, was die Vorausschau und die Versorgung mit qualifiziertem und ausreichendem Lehrerpersonal angeht, geschlafen wurde.

Der zweite Punkt ist, dass es wohl unmöglich ist, aus den westlichen Bundesländern in ausreichender Zahl und Qualifikation für diese Wegstrecke, die der Herr Minister uns hier aufgezeigt hat, das Personal anwerben zu können, was benötigt wird. Es wird aus Sicht unserer Fraktion selbstverständlich nötig sein, hier hochflexibel diese Lücke zu schließen. Ich bin mit Sicherheit kein Experte im Voraussagen, wie man in dem wirklich komplizierten Feld der Schulversorgung Modelle entwickeln kann, Personalkonzepte entwickeln kann, die diese schwierige Phase, die wir jetzt vor uns haben, in den nächsten 10/15 Jahren, wie Sie sagten, Herr Brodkorb, zu schließen ist.

Insofern kann ich nur feststellen, dass der Antrag der GRÜNEN nicht nur notwendig ist, sondern dass er zum Teil etwas mehr Licht in die sachliche Debatte gebracht hat durch die differenzierte Darstellung durch Herrn Brodkorb. Insofern werden wir dem Antrag der GRÜNEN in diesem Falle nicht zustimmen können, weil wir glauben, dass die von den GRÜNEN argumentierten Punkte weitestgehend nicht klar beweisen, dass es so ist.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das liegt nur daran, dass Sie keine Ahnung haben und das nicht bewerten können.)

Auch die Punkte, die der Herr Minister ausführte, scheinen da wie ein wahrscheinlicheres Szenario und insofern werden wir uns in diesem Falle bei dem Antrag enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Saalfeld für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Herr Pastörs, ich glaube, mit so vielen Worten haben Sie noch nie umschrieben, dass Sie einfach keine Ahnung haben und deswegen auch nicht beurteilen können, wie es mit den Argumenten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Argumenten des Ministers aussieht. Die Konsequenz daraus ist, dass Sie sich enthalten. Das

steht Ihnen natürlich frei, aber seien Sie dann so ehrlich und sagen Sie, dass Sie von der Materie null Ahnung haben.

Ich möchte mich allerdings nicht sehr lange bei Ihnen aufhalten.

(Heinz Müller, SPD: Das lohnt sich auch nicht.)

Genauer gesagt – genau –, will ich mich gar nicht bei Ihnen aufhalten.

(Udo Pastörs, NPD: Warum tun Sie es dann?)

Ich möchte zurückkommen zur wirklich interessanten Debatte, die hier durch uns GRÜNE angestoßen wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zunächst einmal, Herr Brodkorb, ich nehme Ihre Einladung von dieser Stelle aus herzlich an. Meine E-Mail-Adresse ist öffentlich bekannt. Ich freue mich auf die entsprechende Terminabstimmung. Wenn Sie den Kollegen Renz mit einbinden würden, wäre ich umso glücklicher.

(Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

DIE LINKE hat heute hier erklärt, dass es keine Probleme gibt. Ich glaube, DIE LINKE brauchen Sie nicht einzuladen,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)