Lieber Hikmat, ich kenne dich sehr lange. Ich glaube, die Rede hast du nicht selbst geschrieben. Das ist einfach unhaltbar, was hier vorgetragen wurde. Eben gerade steht der Minister hier vorne und sagt, ja, es gibt große Herausforderungen bei der Gewinnung von Nachwuchskräften im Lehrerberuf. DIE LINKE negiert das und sagt, nein, das gibt es nicht. Die Lehrerbedarfsprognose ist super, die Schwundquoten sind richtig berechnet. Das ist schon ein ziemlich starkes Stück. Aber vielleicht berücksichtigen wir das einfach bei der vom Bildungsminister ausgesprochenen Einladung.
Herr Minister, ich muss Ihnen allerdings in einigen Punkten widersprechen. Sie haben gerade ausgeführt, dass wir für das Jahr 2023 schon zu spät dran sind. Ja, in der Tat, das wird alles sehr knapp. Dafür sind die GRÜNEN allerdings nicht verantwortlich, das muss ich hier noch mal deutlich sagen. Ich glaube, das muss sein, dass das noch mal unterstrichen wird. Aber es kann nicht sein, dass wir, weil wir knapp dran sind, jetzt die Flinte ins Korn schmeißen.
Sie haben gesagt, Sie wollen einiges unternehmen. Aber wozu wird das führen? Wir werden bis 2023 nicht genügend Lehrer einstellen können und das wird zu einem Stau führen, zu einem Einstellungsstau, der in den Folgejahren abgearbeitet werden muss. Das heißt, wir brauchen auch in den Folgejahren bis 2030 zusätzliche Stellen. Schon jetzt – ich werde Ihnen die Zahlen vortragen –, wenn wir Ihre Lehrerbedarfsprognose um elf Prozent erhöhen für die Schulen in freier Trägerschaft, brauchen wir für das Jahr 2025 610 Lehrkräfte zusätzlich neu. Wir bilden aber immer nur knapp 500 aus, und es sollen noch weniger werden, weil bestimmte Studienplätze gestrichen werden.
2029 brauchen wir 637. Da sind wir immer noch weit unter den bisher ausgebildeten 500. Das heißt, bis zum Jahr 2030 haben wir einen erhöhten Bedarf und der wird noch mal höher, weil wir bis 2023, wie Sie erklärt haben, gar nicht genügend ausbilden. Das heißt, wir schieben diesen Bedarf Jahr für Jahr vor uns her. Das wird dazu führen, dass wir sehr große Klassen haben werden. Das möchte ich nicht auf Dauer manifestieren. Das heißt, wir müssen diese entfallenen Einstellungen in den Folgejahren zwingend nachholen, und das wird zu weiteren Spitzen führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich war schon etwas erstaunt, als Herr Brodkorb erklärt hat, die Erhöhung der Kapazitäten, so, wie sie die GRÜNEN vorschlagen, würde nur die Abbruchquoten im statistischen Mittel erhöhen, weil es nicht genügend Studienbewerber gäbe.
Herr Brodkorb, unser Antrag, das muss ich Ihnen nicht erklären, das wissen Sie, besteht aus mehreren Forderungen. Das eine ist die bedarfsgerechte Erhöhung der Studienplätze, aber natürlich auch die Erhöhung der Studienqualität und die Verminderung der Abbruchquoten. Das heißt, die wenigen Bewerber, die wir in den MINT-Fächern haben, müssen wir wie rohe Eier behandeln, damit sie durchkommen und nicht auf der Hälfte der Strecke aufgeben. Deswegen fordern wir die Erhöhung der Studienqualität. Deswegen fordern wir, endlich herauszufinden, wo die vielen Studierenden bleiben, warum sie abbrechen. Ich finde es gut, dass Sie das jetzt angehen. Dass Sie hier eine Studie in Auftrag geben wollen, finde ich großartig. Das haben wir aber schon mal vor zwei Jahren gefordert. Daran kann ich mich erinnern. Aber immerhin, man merkt: Grün wirkt!
In den meisten Fällen sind die Ideen, die wir hier im Landtag vortragen, offensichtlich leider nur ihrer Zeit voraus. Irgendwann kommen sie und werden umgesetzt. Das haben wir in vielen Bereichen erlebt. Umweltschutz, Klimaschutz sind nur einige Megathemen. Beim Atomausstieg und in der Bildungspolitik sieht es offensichtlich ganz genauso aus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch mal auf die 12 Millionen Euro, die jetzt zur Verfügung gestellt werden aus dem Hochschulpakt, zu sprechen kommen. Mir war bis heute nicht bekannt, dass Hochschulpaktmittel bisher unverplant waren. Möglicherweise im Hause des Bildungsministers, aber die Universitäten und Fachhochschulen im Land rechnen sehr wohl mit diesen Hochschulpaktmitteln und bei denen sind diese in ihren Kalkulationen schon längst verplant. Möglicherweise haben Sie die 12 Millionen Euro bisher nicht verausgabt und ausgereicht, aber dass sie unverplant waren, das höre ich jetzt hier zum ersten Mal. Das kann ich so nicht glauben. Das werden wir uns aber noch mal im Detail anschauen. An dem Termin, zu dem Sie eingeladen haben, denke ich, ist das kein Thema, weil es da um etwas anderes geht. Aber wir werden uns das sicherlich noch mal ziehen über Kleine Anfragen, das finde ich spannend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der erste Schritt ist, unserem Antrag heute hier zuzustimmen, denn
er fordert etwas, wo sich die Landesregierung in einigen Tagen und Wochen auf den Weg machen möchte. Er fordert Selbstverständlichkeiten wie zum Beispiel, dass die Kapazitäten bedarfsgerecht erhöht werden müssen, nicht überall, nicht pauschal. Im Antrag steht: „bedarfsgerecht“. Wir haben viele interessante Punkte und ich weiß nicht, warum Sie diesem Antrag, so Sie denn unsere Analyse teilen, nicht zustimmen können.
(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Die LINKEN haben das nicht geteilt. – Andreas Butzki, SPD: Wir auch nicht.)
Ja, in der Tat, DIE LINKE braucht auch nicht zuzustimmen. Damit habe ich keine Schmerzen, wenn DIE LINKE da nicht zustimmt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich möchte, weil Sie, Herr Renz, gerade die Fraktion DIE LINKE angesprochen haben, auf ein Problem zu sprechen kommen, was DIE LINKE negiert beziehungsweise ignoriert hat, denn die Lehrerbedarfsprognose ist nicht richtig dahin gehend, dass sie von realen Schwundquoten ausgeht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Der Bedarf wird systematisch unterschätzt.
Nicht berücksichtigt hat die Landesregierung den Einstellungsbedarf der Schulen in freier Trägerschaft. Das, sage ich, streitet Herr Brodkorb auch gar nicht ab. Er hat uns in einer vorherigen Debatte gesagt, wieso soll ich mich denn um den Bedarf der Lehrer von privaten Schulen kümmern. Das kann man gerne so sehen. Aber in der Realität ist es doch so, dass natürlich auch die privaten Schulen oder die Schulen in freier Trägerschaft um den gleichen Lehrermarkt kämpfen und konkurrieren, und die haben teilweise auch sehr attraktive Angebote. Die Anzahl der Lehrer muss deshalb danach berechnet werden, wie groß der Bedarf bei freien wie auch bei öffentlichen Schulen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In der Lehrerbedarfsprognose sind auch die Flüchtlingskinder nicht berücksichtigt. Wie auch? Die zugrunde gelegte Schülerprognose stammt aus dem Jahre 2014, da war der große Flüchtlingsansturm, wenn man ihn denn so nennen mag, überhaupt noch nicht Thema. Auch diese Zahlen sind nicht berücksichtigt, müssen aber in Zukunft berücksichtigt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zudem werden die Stellen für die 240 für die Inklusion meines Erachtens so auch nicht berücksichtigt. Wir haben insgesamt als GRÜNE große Zweifel, ob die überhaupt zusätzlich zur Verfügung gestellt werden beziehungsweise ob diese 240 Stellen wirklich zusätzlich sind.
Möglicherweise werden sie in der Lehrerbedarfsprognose auch nicht berücksichtigt, weil das, was die GRÜNEN gesagt haben, stimmt.
Die sind eh schon eingeplant und es ist das, was man mit dem bisherigen Tableau bewirtschaftet hat, das heißt, es sind eigentlich gar keine zusätzlichen Stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es uns nicht gelingt, hier umzusteuern, bedeutet das irgendwann größere Klassen, mehr Unterrichtsausfall, weniger Zusatzangebote, weniger individuelle Förderung und höhere Belastung für die vorhandenen Lehrkräfte. Lassen Sie uns die Fehler der Vergangenheit, die hier offensichtlich heute niemand mehr bestreitet, nicht wiederholen – das ist die Aufgabe des heutigen Tages –, sondern jetzt wollen und müssen wir ausreichend für gute Unterrichtsbedingungen in den 2020er-Jahren bis 2030 vorsorgen. Sparen Sie also bitte nicht auf Kosten der Schülerinnen und Schüler, wie Sie auch schon auf Kosten der Schülerinnen und Schüler bei den Schulweglängen gespart haben! – Ich danke Ihnen an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Renz hat angekündigt, er würde die Einladung zurückziehen –
Die Richtigstellung bezieht sich auf das, was Sie über die Rede des Abgeordneten Al-Sabty gesagt haben. Ich fand die fachlich nicht so daneben und ich hoffe, auch niemals gesagt zu haben, dass ich mich für die Deckung des Fachkräftebedarfes, was die Ausbildung angeht, an freien Schulen nicht zuständig fühle. Da würde ich Sie bitten, …
… da würde ich Sie bitten, dass Sie mir das belegen, dass ich das jemals gesagt hätte. Dann müsste ich mich dafür entschuldigen, weil es Unfug ist, weil die Schüler an freien Schulen genauso Anspruch auf Unterricht haben wie an öffentlichen, auch auf Lehrer.
Ich glaube, die Antwort, die Ihnen gegeben wurde – auch von Herrn Al-Sabty und da hat er vollkommen recht –, war, da uns die Personaldaten der freien Schulen nicht zur Verfügung standen …
(Heiterkeit bei Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist schwer bei Ihnen! – Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD)
Da wir die Daten nicht hatten, weil wir keinen Zugriff haben auf die Personaldaten der freien Schulen, haben die Kollegen Folgendes gemacht: Sie haben prognostische Annahmen getroffen. Sie haben sich erstens das Durchschnittsalter der Lehrer an freien Schulen angeguckt. Das ist fünf Jahre jünger als bei uns. Daher ist der Ersatzbedarf statistisch gesehen fünf Jahre später erst da, also genau dann, wenn die nächste Lehrerbedarfsprognose kommt. Das heißt natürlich nicht, dass sie keine ausscheidenden Lehrer haben. Das ist jetzt reine Statistik.
Dann haben sie geguckt, wie viele Lehrer sind in der Vergangenheit aus dem öffentlichen Schulwesen unter anderem ins private Schulwesen gewechselt. Daraus ergeben sich Quoten oder Bedarfe für freie Schulen.
Ich habe das jetzt noch ausrechnen lassen, Herr Saalfeld: Über den gesamten Betrachtungszeitraum entspricht allein diese Fluktuation 2.200 Lehrkräften. Wir haben ein Potenzial von 2.200 Lehrkräften, die nicht in der Unterrichtsversorgung abgebildet sind, weil wir sie sozusagen als Verlust, als abgängig im öffentlichen System gerechnet haben aus der Vergangenheit heraus. Diese Fluktuationsquoten gab es aber nur durch das LPK, weil viele Lehrer aus dem öffentlichen Bereich in den privaten gewechselt sind, weil sie nicht der Zwangsteilzeit ausgesetzt sein wollten. Das war ein ganz großes Motiv, in die freien Schulen zu gehen. Das heißt, im Moment gehen wir sogar davon aus, dass dieser Fluktuationsfaktor der Bedarfe eher überschätzt wird, weil wir haben nur zehn Prozent der Lehrer oder der Schüler an freien Schulen, also 1.000/1.500 Lehrkräfte, und wir haben noch eine Steuerungsreserve von 2.200 bis zum Jahr 2030 auf Basis unserer Rechnung. Das kann Ihnen Herr Beise, der das alles gerechnet hat, gerne noch mal darstellen.
Insofern ist die Annahme falsch, dass die freien Schulen darin nicht berücksichtigt sind. Richtig ist, sie sind nicht nach demselben System rechnerisch berücksichtigt wie die öffentlichen. Da haben wir im Bildungsausschuss gesagt, wir werden jetzt die Personaldaten der freien Schule nachträglich abfragen und selber noch mal rechnen, wie hoch der Ersatzbedarf der freien Schulen tatsächlich ist. Wenn der deutlich niedriger ist als 2.200 – und davon können Sie ausgehen –, müsste im System ausreichend Spielraum sein. Da hatte Herr Al-Sabty fachlich komplett recht.
Eine Bitte, Herr Saalfeld: Herr Renz möchte kommen, ich nehme an, Herr Butzki kommt, Frau Oldenburg, Herr AlSabty vielleicht auch. Es ist ja ein Thema zwischen Hochschule und Schule. Eigentlich ist es ein Hochschulthema, aber irgendwie muss man am Ende Ahnung haben von Schule, wenn man das Thema bearbeiten will. So eine Runde macht nur Sinn, finde ich – deswegen so halb zurückgezogene Einladungen –, wenn wir da wirklich über Plattitüden hinauskommen.
Moment! Ja, wodurch? Was heißt das? Was müssen wir machen? Meine Bitte, mein Wunsch ist, dass jeder mit konkreten Vorschlägen kommt, wie man es machen kann, damit wir,