Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Daraus folgt, ich müsste jetzt ausrechnen, wie ich diese Strommengen erzeuge. Dann käme ich im Offshorebereich relativ schnell dahin, ich brauche 35.000 MW, um im Bereich Offshore diesen Beitrag zu leisten. Und jetzt gibt es eine ganz einfache Rechnung: Wie lange ist die Lebensdauer dieser Anlagen? Etwa 20/25 Jahre. Dann teile ich die 35.000 durch 25 und erhalte in etwa die Zubaumenge pro Jahr. Das sind 1.400 MW, die ich kontinuierlich jedes Jahr zubauen muss. Der Zubau, der jetzt hier drinsteht, beträgt 750 MW.

Das bedeutet praktisch, setze ich das fort, komme ich niemals auf die notwendige Menge, die ja gleichzeitig auch im Gesetz steht. Da könnte man – ich weiß, dass es jetzt kaum noch möglich sein wird –, aber das sind Sachen für die Zukunft, wo man sagen muss, ihr habt die 600 Terrabitstunden, das ist der richtige Weg, und jetzt legt mal nach. Wie wollt ihr die erzeugen? Dann folgt logisch daraus, was man machen kann: die Einsparmöglichkeiten im Offshorebereich, die vor allem darin bestehen, auch dort das einstufige Vergütungsmodell einzuführen. Und weil die Branche sehr sensibel reagiert, weil sie sehr lange Planungszeiträume hat, sollte man mindestens einen Anreiz vorschlagen, der zu beiderseitigem Vorteil ist, zum Vorteil für die Stromkunden und zum Vorteil für die Offshorebranche. Da wären definitiv Verhandlungslösungen möglich gewesen.

Fotovoltaik bleibt weiterhin das große Stiefkind. Wir bräuchten, um unser Ziel zu erreichen, 100.000 MW Fotovoltaikanlagen in Deutschland aufzubauen, einen jährlichen Zubau von 4.000 MW. Davon sind die 600 MW Freiflächen weit entfernt. Und das, was zusätzlich darüber hinaus möglich ist – also im privaten Haushalt –, da kommen pro Jahr, das sehen wir an den momentanen Zahlen, wahrscheinlich so 1.000 bis 1.200 MW noch obendrauf. Das ist zu wenig in diesem Bereich und es wäre ein klares Signal an Handwerk und Industrie, wenn wir uns zu einem anderen Modell bekennen würden, also mehr drauflegen.

Was wieder verpasst wurde, ist, anzureizen, dass wir nicht mehr die reine Südausrichtung haben. Das Thema wird mit jeder Fotovoltaikanlage, die obendrauf kommt, immer wichtiger. Das mit Batteriespeichern wegzupuffern, wie

manche wohlmeinenden Menschen das gerne fordern, würde die Energiewende noch viel teurer machen. Es ist einfacher, die Module aus Süden auszurichten in OstWest-Richtung. Das ist ganz, ganz einfach und müsste nur im Gesetz gefordert und angereizt werden. Das wird leider nicht gemacht. Positiv ist tatsächlich, dass die 52.000-MWObergrenze im Bereich Fotovoltaik jetzt rausgefallen ist. Das war überfällig, weil das eine Zahl ist, die nicht annähernd ausreicht, um unser Energiewendeziel in der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen.

Das nächste Stiefkind bleibt die Biomasse. Es ist schwer für die Biomassebranche, damit überhaupt umzugehen, mit diesen relativ geringen Ausbauraten. Da hat ja Bayern noch mal mächtig gekämpft und auch, glaube ich, etwas erreicht, was uns auch im Land MecklenburgVorpommern nützen wird. Aber die ganz große verpasste Chance, die wirklich elementar wichtig wäre, ist, einen klaren Schwerpunkt auf das Thema „Einspeisung in die Erdgasnetze“ zu setzen. Man hat jetzt eine Flexibilisierung eingeführt, wonach die relativ ineffizienten, und zwar im Strombereich ineffizienten Biogasanlagen nur noch halbtags produzieren sollen. Der aus meiner Sicht wesentlich bessere langfristige Weg „Direkteinspeisung ins Erdgasnetz“, der die Bauern überhaupt nicht stört, die kriegen ganz genauso ihr Geld für das, was sie anbauen auf dem Feld, der ist nicht angereizt, der tritt sogar immer weiter zurück. Das finde ich ausdrücklich schade. Da sollte man noch mal gucken, ob hier etwas machbar ist.

Die zuschaltbaren Lasten hatte ich erwähnt, das ist ein wirklich großer Fortschritt, dass das jetzt in der Politik, in der Bundespolitik klar angekommen ist. 2.000 MW werden zwar nicht ausreichen, sind aber ein erster Schritt, der uns Erfahrungen sammeln lässt und der diese Sache vorantreiben kann.

Das andere wichtige Thema ist das Thema Bürgerenergiegesellschaft. Ich habe es in meinem Antrag ein Stück weit rausgelassen. DIE LINKE hat es ja ausdrücklich noch mal im Änderungsantrag aufgegriffen. Wir werden dem Änderungsantrag der LINKEN auch so zustimmen. Warum ich es rausgelassen habe: Der Schwerpunkt für uns bei der Energiewende ist tatsächlich das Thema Klimaschutz. Wir haben auch innerhalb der GRÜNEN die heiße Diskussion, ob nicht eigentlich die Bürgerenergie – also gegen die großen Energiekonzerne und so weiter anzugehen – noch wichtiger sein könnte als das andere Ziel, der Klimaschutz. Dazu muss ich sagen, unterm Strich ist es mir zwar nicht egal, aber es ist auch okay, wenn EnBW den Offshorewindpark baut und ich es nicht nur als Bürgergesellschaft hinkriege, weil ich das Klimaschutzziel nach vorne stelle.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Offshorewindpark als Bürgerenergiepark.)

Nein, es gibt auch noch andere Projekte.

Wir brauchen aber, und das will ich deutlich sagen, auch das Thema Bürgerenergie bei Fotovoltaik, bei Windkraftprojekten, weil uns das die Akzeptanz für diese Energieform erhält.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Natürlich.)

Das sehe ich ein, aber es ist nicht der Schlüsselbegriff in meinem Antrag. Da stelle ich jedenfalls klar das Thema Klimaschutz voran.

Was interessant ist und was auf unser Land zukommen wird, ist, dass die Bundesregierung sagt – was ich übrigens auch für richtig halte –, die Offshoreprojekte werden zukünftig von Bund und Land vorbereitet. Darauf müssen wir uns genehmigungstechnisch auch sehr einstellen. Ich komme nachher noch mal darauf zurück. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Diskussion hat ein Restrisiko, dass wir in einem sehr kleinen Kreis sehr fachlich Interessierter sehr spezifische Diskussionen führen. Tenoriert ist sie ursprünglich über den Klimaschutz kommend. Ich hoffe, dass wir uns einig sind, dass unstrittig ist, dass infolge des Klimaschutzabkommens von Paris natürlich die Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, noch mal stärkere Bemühungen in der Emissionsminderung nach sich ziehen – gar keine Frage. Ich hoffe aber, dass genauso unstrittig ist, dass wir uns in Mecklenburg-Vorpommern und auch in diesem Hohen Hause schon seit Jahren durchaus engagiert mit großer Übereinstimmung für den Klimaschutz einsetzen.

Ich will nur daran erinnern, zeitgleich zum KyotoAbkommen ist das Klimaschutzkonzept dieses Landes verabschiedet worden. Darauf aufbauend hat es den „Aktionsplan Klimaschutz“ gegeben, der auch regelmäßig weiterentwickelt worden ist. Er beinhaltet eine Vielzahl von Maßnahmen und ist natürlich in regelmäßigen Abständen aktualisiert und fortgeschrieben worden, zuletzt im Jahr 2015. Im Frühjahr sind die Klimaschutzaktionen in einem sehr umfangreichen Katalog Bestandteil der Gesamtkonzeption für eine integrierte Energie- und Klimaschutzpolitik der Landesregierung geworden und dort erneut bestätigt worden.

Für eine breite Kommunikation und Informationen zu diesen landesspezifischen Aktivitäten, aber auch zu Maßnahmen und Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene gibt es extra eine eigene Internetseite „klimaschutzaktionen-mv.de“. Ich behaupte, Klimaschutz war auch bisher bereits aktiver Bestandteil der politischen Arbeit, noch mal, der Landesregierung und ausdrücklich gerade auch dieses Hohen Hauses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wesentlicher Faktor, wenn wir umweltschädliches CO2 einsparen wollen, ist aber – und das ist das Thema, was Sie mit dem Antrag vorrangig angetastet haben – die Nutzung erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Strom und Wärme, sicherlich auch der Mobilitätsbereich, aber Sie haben jetzt vor allen Dingen auf den Strombereich geguckt. Das ist im Übrigen einer der Gründe – ich glaube, da waren wir uns auch über die demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses hinweg weitgehend einig –, dass in den letzten Jahren der erhebliche Ausbau von

erneuerbaren Energien in diesem Lande natürlich gerade auch diesem Ziel dienen solle. Wir wissen alle miteinander, rein rechnerisch können wir den Strombedarf im Land Mecklenburg-Vorpommern inzwischen komplett aus erneuerbaren Energien decken. Wir sind sogar an nicht wenigen Tagen des Jahres zu einem Stromexportland geworden. Gemeint ist bei Export insbesondere der Export in andere Bundesländer.

Wir tragen damit natürlich erheblich zur CO2-Einsparung im Land selber bei. Der letzte CO2-Bericht hat gezeigt, im Lande selber haben wir sogar eine ganz leicht abnehmende Tendenz. Die ist deshalb etwas unglücklich, weil, wenn man nur auf die Zahl schaut, wirkt es fast wie Stagnation. Wenn man sich aber die Zunahme des Stromverbrauches anschaut, die sich mit wachsender Industrie auch erklären lässt, dann haben wir insgesamt über die letzten Jahre hier im Land pro erzeugte oder verbrauchte Stromkilowattstunde einen durchaus positiven CO2-Beitrag geleistet.

Ich stimme Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu guter Letzt ausdrücklich zu, dass ohne das EEG – ich glaube, das gehört zu einer ehrlichen Bilanz dazu – diese Schritte in der Gesamtrepublik, aber auch bei uns nicht möglich gewesen wären und das EEG ganz zweifelsfrei ein, wenn nicht sogar der Geburtshelfer der Energiewende – im Strommarkt wohlgemerkt – im Strommarkt ist und sich als absolutes Erfolgsmodell gezeigt hat.

Auch wenn ich für die Iranreise zuweilen schräg angeschaut werde, das Thema Energiewende hat eine Riesenrolle im Iran gespielt. Und zu meiner persönlichen Überraschung – so tief im Film war ich im dortigen Recht nicht –, es gibt dort quasi so etwas Ähnliches, sehr viel profaner, aber so etwas Ähnliches wie das EEG, weil der Iran ganz bewusst – ein bisschen aus Klimaschutzgründen, aber vor allen Dingen aus anderen Gesichtspunkten, die zum Beispiel etwas mit autarken Systemen in der Fläche zu tun haben – sehr nachhaltig auf Solarenergie, auf Windkraft und auch auf Biomasse schaut. Also das, was wir mit dem EEG hier einmal vorgelegt haben, wird jetzt in anderen Ländern abgewandelt auf die jeweiligen Bedarfe in ähnlicher Weise nachvollzogen.

Auch Russland hat im Rahmen des Russlandtages im Energiepanel sehr deutlich gezeigt, auch dort gibt es zwischenzeitlich artverwandte Regeln. Die sind natürlich immer nach den eigenen rechtlichen Spezifika ausgestaltet, aber es zeigt sich, dass das EEG sich durchaus in anderen Ländern in ähnlichen Formen als Ideengeber wiederfindet. Also das absolute Erfolgsmodell wird durchaus anderswo geteilt.

Aber genauso klar ist auch – und damit bin ich bei Ihrer Kritik am Ausschreibungsmodell –, genauso klar ist auch, die erneuerbaren Energien sind aus den Kinderschuhen heraus und dem müssen natürlich gesetzgeberische Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Genau dem dient dann auch die aktuelle Umsetzung des Ausschreibungsmodells für die verschiedenen erneuerbaren Energieerzeugungsarten im EEG.

Bei diesen Änderungen – da bin ich dicht bei Ihnen – sind nicht all unsere Landeswünsche in Erfüllung gegangen. Aber ich behaupte genauso fest – das ist eine Diskussion, die sich länger hingezogen hat –, wir konnten an vielen Stellen für unser Bundesland wichtige Punkte in den Diskussionen platzieren und finden die heute auch

wieder. Das Ergebnis ist dann das, was einen guten Kompromiss auszeichnet, es ist nämlich etwas, was niemanden ganz zufriedenstellt. Das spricht sehr dafür, dass der Kompromiss relativ gut gelungen ist. Da muss man eben auch sehen, dass die Meinungen durchaus weit auseinandergehen, sowohl zwischen den Bundesländern – Nord und Süd haben da nuanciert unterschiedliche Auffassungen – als auch zwischen Bund und Ländern und innerhalb des Bundestages.

Bei der Windkrafterzeugung an Land sind die norddeutschen Forderungen – das ist auch von den norddeutschen Ministerpräsidenten gemeinsam ganz ausdrücklich im Wismarer Appell getragen worden – nach 2.500 Megawatt netto nicht durchsetzbar gewesen. Aber die Windkraft an Land – Sie haben eben einen anderen Punkt betont –, das scheint mir der eigentliche Erfolg der Verhandlungen der letzten Wochen und Monate zu sein. Die Windkraft an Land ist eben nicht zum reinen Rechenposten geworden mit einem untersten Auffangnetz von im Extremfall unter 2.000 Megawatt brutto. Wir sind also nicht mehr der reine Puffer, der rechnerisch übrig bleibt, wenn alle anderen den Kuchen gegessen haben. Es ist nicht mehr der Brotkrumen, der vom Tisch fällt, sondern ganz ausdrücklich, für Windkraft an Land gibt es jetzt einen eigenen Zielkorridor, der eben nicht mehr rechnerisches Überbleibsel ist.

Deshalb, die festen Ausbauwerte für Windkraft an Land sind einer der großen Verhandlungserfolge der letzten Wochen und Monate, im Übrigen für die norddeutschen Länder insgesamt. Da haben sie in vorzeigbarer, in vorbildhafter Weise zusammengestanden und haben damit dann auch einen politischen Erfolg erzielt. Ab 2017 sollen zunächst jährlich 2.800 Megawatt brutto jährlicher Zubau entstehen, ab 2020 dann die von Ihnen angesprochenen 2.900 Megawatt. Noch mal, nicht als Auffangnetz, nicht als subsidiäres Auffangnetz und vorher kommt ein Rechenexempel, sondern als eigener, selbstständiger Ausbaukorridor. Windkraft an Land ist damit wieder auf Augenhöhe bei den Zielzahlen mit den anderen Ausbaumöglichkeiten für erneuerbare Energien.

Und ja, das sind Bruttowerte, das ist in der Tat der Wermutstropfen, aber gemessen an der Ursprungsforderung nach der flexiblen Rechenposition ohne jede Vorhersehbarkeit eines festen jährlichen Zubaus mit einem lediglich untersten Auffangnetz von im Extremfall unter 2.000 MW brutto ist das, was wir jetzt haben, eine spürbare Verbesserung. Ich bin Ihnen da auch für Ihre deutlichen Hinweise dankbar. Gerade mit dem festen Korridor von 2.800 beziehungsweise 2.900 Megawatt ist damit eine für die industrielle Pipeline planbare Größe erreicht, die nicht volatil als Rechenposten von Jahr zu Jahr unvorhersehbar schwankt, sondern berechenbar gleich groß über mehrere Jahre besteht. Das ist zum Teil Repowering, zum Teil Neubau, aber für die, die sich da gewerblich industriell betätigen, ist das ein fester Korridor, in dem sie sich bewegen. Die sind nicht jedes Jahr davon abhängig, was nun gerade zufällig als Restrechengröße übrig bleibt.

Im Fotovoltaikbereich, würde ich behaupten, haben wir Ähnliches angetroffen. Die 4.000 Megawatt waren, offen eingestanden – ich kenne die Diskussion, glaube ich, ganz gut –, bei keinem ernsthaft im Pott, wenn wir die Länderdiskussion anschauen. Hier werden jährlich 600 Megawatt ab Anlagengrößen von 750 KW ausgeschrieben und auch hier, da bin ich ja dicht bei Ihnen, gibt es Licht und Schatten. Aber auch hier sind einige der kritischen Punkte noch

mal berücksichtigt worden: etwas höhere Werte, die Einbeziehung und insbesondere, dass das, was kleine Verbraucher für sich tun, was durchaus über 1.000 MW pro Jahr liegen dürfte, wenn das weiterhin vernünftig vermarktet wird, obendrauf kommt. Fotovoltaik lebt, anders als bei Wind, ja nicht nur vom gewerblichen Großausbau, sondern gerade auch von vielen Kleinprojekten, sodass der Gesamtwert deutlich über diesen 600 MW liegen wird.

Bei der Biomasse werbe ich auch sehr für das, was da am Ende gelungen ist. Es ist nämlich gelungen, dass diese überhaupt mit den anderen gleichberechtigt ausgeschrieben wird. Das war ursprünglich in den Überlegungen der Bundesregierung gar nicht vorgesehen. Das ist auch der Erfolg dieser Bund-Länder-Verhandlungen. Biomasse sollte nicht ausgeschrieben werden und wäre damit aus Sicht der gesamten Branchen zunehmend und endgültig aufs Abstellgleis geraten. Wir haben das gesamte Verfahren hindurch – zumindest für Bestandsanlagen, das war uns immer als Allererstes wichtig –, die Forderung erhoben, Biomasse ebenfalls auszuschreiben, damit sie wieder gleichwertig mitschwimmen kann. Mit 150 Megawatt in den kommenden drei Jahren und 200 Megawatt ab 2020 ist da auch ein wichtiger Schritt erreicht worden.

Gerade für die Bestandsanlagen im Lande hatte ich große Sorgen, dass wir nicht nur Strom abschalten, sondern hier auch noch die erneuerbare Wärme, die zum Teil ausgekoppelt wird. Ich glaube, auch da haben wir viel mehr erreicht, als wir zunächst gehofft hatten, als die ersten Entwürfe vorlagen, auch wenn, und das will ich deutlich als Wermutstropfen benennen, gerade beim Thema Altholz leider noch keine Lösung erkennbar war. Ein Thema, das ebenfalls – nicht nur, weil wir Anlagen im Lande hatten, sondern weil Altholzentsorgung an der Stelle eine sinnvolle synergetische Entsorgung war – nach unserer Überzeugung einen eigenen Punkt verdient hätte. Für Bestandsanlagen – auch das wird man sagen müssen, das ist ja momentan im Kompromiss noch gar nicht erkennbar – wird sicherlich, für Bestandsanlagen Biomasse wohlgemerkt wird sicherlich auch noch einmal definiert werden, welche Qualitätsstandards erfüllt sein müssen, damit Bestandsanlagen künftig erfolgreich an Ausschreibungen teilnehmen können. Wenn dabei aber zum Beispiel Wärmenutzung und andere Standards eine Rolle spielen, ist das im Sinne der Akzeptanz und einer ganzheitlichen Sicht auf das Thema Energiewende nach meiner Überzeugung durchaus sinnvoll. Wir haben da in der Vergangenheit ja auch manche Sünde dabei, die uns in der Diskussion über Biomasse große Probleme bereitet. Wenn da etwas hochgezont wird und insbesondere die Wärmeauskopplung und -nutzung zur Verpflichtung würde, fände ich das nicht ernsthaft von der Hand zu weisen.

Einer Darstellung in zwei Sätzen – das ist das letzte große Thema, auch vorhin angesprochen – ist die Offshorewindkraft leider beinahe nicht zugänglich. Dafür sind die Regelungen und die Probleme hier zu detailliert und feinziseliert. Dieses Thema hat in den vergangenen Monaten durchaus alle emotionalen Höhen und Tiefen der norddeutschen Länder in der Diskussion durchlebt. Auch hier gilt, es könnte noch optimaler sein. Aber gerade bei diesem Thema haben wir stark gekämpft und waren bei der Frage, die wir gemeinsam mit den norddeutschen Nachbarn vertreten haben, durchaus nicht erfolglos.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Aber, das gehört auch dazu, sobald es beim Thema Offshore ostseespezifisch wird, wird es dann, freundlich formuliert, sehr einsam für uns. Da die norddeutschen Bundesländer in der großen Länderfamilie an sich schon nicht nur mit Freunden umgeben sind – Offshore gilt vielen mittel- und süddeutschen Bundesländern leider als der Schuldige an der Preisentwicklung der EEG-Umlage, völlig unsinnig, aber es ist leider so –, ist das Thema Offshore nur im norddeutschen Verbund gemeinsam lösbar und da ist die Ostsee alleine – im norddeutschen Verbund – dann auch noch mal wieder ein Einsamkeitsfaktor. Deshalb, das will ich deutlich sagen, wird es auch hier bis zur letzten Minute darauf ankommen, dass wir als Norddeutsche unseren vollen Einsatz zeigen. Da hoffe ich, dass auch durch die Bundestagsdebatten in einigen feineren Nuancen noch Veränderungsprozesse realisiert werden.

Aber wenn wir jetzt die festen Ausbaukorridore je Energieerzeugungsart resümieren, wenn wir sie Revue passieren lassen, wird eines deutlich: Auf die Kritik, ob formal am Gesamtausbaukorridor von 40 oder 45 Prozent festgehalten wird, kommt es nach unserer Überzeugung nicht entscheidend an, denn dieser Prozess lebte immer davon, dass Windkraft onshore die Rechengröße blieb. Das ist beseitigt. Es gibt für jede der Erzeugungsarten einen eigenen Korridor. Die 40 bis 45 Prozent sind nettes Beiwerk, sind aber jetzt nicht mehr Gegenstand für eine der Energieerzeugungsarten, dass sie repressiv wirken und auf die Rechengröße Einfluss haben.

Ich weiß, dass das wunderbare Diskussionen auslöst, würde mich aber an dem Kriegsschauplatz nur begrenzt aufhalten wollen, weil es nach meiner Überzeugung auf die Ausbaukorridore ankommt. Für uns war deshalb nicht die Überschrift „40 oder 45“ entscheidend. Wir haben auf die Werte der einzelnen erneuerbaren Energieerzeugungsformen geschaut, die waren für uns maßgeblich. Sie sind sicherlich nicht durchgängig Gründe zum Jubeln, aber eben auch nicht mehr wechselseitig voneinander abhängig. Sie beschreiben jeweils einzelne Ausbauziele und darauf kam es uns an. Von daher sind wir an der Stelle durchaus zufrieden, soweit man mit einem Kompromiss zufrieden sein kann.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt auch Punkte, die uns noch einiges Kopfzerbrechen bereiten werden. Für die Windkrafttarife an Land wird es eine Einmaldegression von fünf Prozent geben. Auch hier ist es in Verhandlungen gelungen, eine ausreichende Vorlaufzeit – wenigstens das! –, eine ausreichende Vorlaufzeit zu vereinbaren. Dieser außerordentliche, einmalige Preisabschlag von fünf Prozent greift – in Anführungszeichen – erst zum 1. Juni 2017, also mit Planungsvorlauf und nicht kurzfristig, wie es zwischendurch ernsthaft im Raume stand.

Beschäftigen werden uns zudem die Netzengpassgebiete. In Gebieten mit einer festgestellten Netzengpasssituation wird der weitere Windkraftzubau an Land auf 58 Prozent des Durchschnitts der drei Vorjahre beschränkt. Diese Regelung dürfte bei uns zumindest zunächst nicht greifen. Wir werden das aber in den nächsten, den kommenden Jahren genau zu beobachten haben, damit uns daraus kein Nachteil erwächst. Das damit verfolgte Ziel, Netzausbau und Windkraftzubau stärker zu verzahnen, ist aber nach meiner Überzeugung nicht von der Hand zu weisen. Auch Sie hatten es ja ausdrücklich als durchaus wichtiges Ziel mit benannt. Dieses Netzengpassmanagement greift

ein wichtiges Anliegen dieser EEG-Novelle auf, die Steigerung der Akzeptanz für den Ausbau erneuerbarer Energien. Diese Akzeptanz leidet ganz erheblich – ich erlebe das täglich in Diskussionen und Sie werden es nicht anders erleben –, wenn durch Netzengpässe der Zubau nur noch dazu führt, dass Abregelungen aus Sicht der Menschen überdurchschnittlich gesteigert werden.

Diese Netzengpassregelung steht aber nicht allein, um diese Abregelungsprobleme in den Griff zu kriegen. Es soll nach dem Bund-Länder-Kompromiss eine Regelung für zuschaltbare Lasten – auch von Ihnen angesprochen – zur Nutzung von anderenfalls abgeregeltem erneuerbarem Strom geben. Die Schleswig-Holsteiner hatten dankenswerterweise diese Diskussion mit einem umfangreichen Gutachten qualitativ sehr gut vorbereitet. Von uns mitgetragene Initiativen im bisherigen Bundesratsverfahren werden mit der jetzt getroffenen Vereinbarung zu dieser Frage Gesetzesrealität werden. Wir hoffen, dass diese Testballons, um die soll es zunächst gehen, für zuschaltbare Lasten ein breites Anwendungsfeld zulassen – das wäre wichtig, dass das Feld breit bleibt –, das auch uns Pilotprojekte möglich macht, weil – da bin ich dicht bei Ihnen – da müssen wir gemeinsam unbedingt Dinge mit im Boot haben.

Zu guter Letzt hat die Landesregierung, allen voran der Ministerpräsident höchstselbst, hartnäckig dafür gekämpft, dass die Bund-Länder-Vereinbarung vorsieht, dass das Bundeswirtschaftsministerium in nicht allzu weiter Ferne einen Vorschlag für die Abschaffung der sogenannten vermiedenen Netzentgelte auf Wind- und Solarstrom, also die sogenannten volatilen Stromquellen, vorlegt. Damit wird eine faktisch unglaubliche Ungerechtigkeit, die zumindest heute in keiner Weise mehr zeitgemäß ist, ernsthaft und zeitnah auf den Prüfstand kommen. Das war ein Riesenverhandlungserfolg und ist im Übrigen erst in letzter Minute gelungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bundeskabinett – Sie haben es angesprochen – hat am Mittwoch den Reformentwurf des EEG beschlossen. Aus diesem Grunde ist die jetzige Behandlung einen Tick zu spät, um in den Bund-Länder-Verhandlungen noch ernsthaft Wirkung zeigen zu können. Denn mit dem sehr komplexen Bund-Länder-Kompromiss sind umfangreichere Veränderungen zum jetzigen Zeitpunkt hinsichtlich ihrer Erfolgschance mehr als unwahrscheinlich geworden. Auch wenn ich weiß, dass wir das jetzt hier und heute zum Teil unterschiedlich bewerten werden, vom Abwürgen der Energiewende, wovon im Eingangstext bei Ihnen die Rede ist, sind wir nach meiner Überzeugung zum Glück noch ein ganzes Stück entfernt, auch wenn wir uns an verschiedenen Stellen in den Verhandlungen noch mehr hätten vorstellen können, keine Frage. Aber das ist das Schicksal von Kompromissen, denn uns gegenüber saßen nicht wenige, die sich auch erheblich weniger hätten vorstellen können.

Kompromisse führen in der Regel zu Lösungen zwischen den verschiedenen Positionen. Keiner setzt sich ganz durch, keiner ist ganz zufrieden, und, ich wiederhole mich hier gern, das entspricht ja auch dem Wesen eines guten Kompromisses: Keiner ist ganz zufrieden. In diesem Sinne verstehe ich die hier noch folgende Debatte auch als Beleg dafür, dass Zufriedenheit in Gänze nie erreicht werden kann, aber dass wir umgekehrt jetzt pragmatisch mit Kompromissen werden umgehen müssen. Ich glaube immer noch, dass das, was ursprünglich auf dem Tisch

lag, uns deutlich mehr Schaden zugefügt hätte als das, was in den Verhandlungen letztlich gelungen ist. – Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die rege Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Dr. André Brie, DIE LINKE, und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister.