Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

Aus dem Ganzen, was ich sage, können Sie zwei Dinge schlussfolgern. Das eine ist, Herr Professor Klaus Klemm, der diese Studie gemacht hat, verfügte über diese Daten, über die ich gerade gesprochen habe, nicht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aha!)

Schlussfolgerung: Seine Prognose ist ein sehr grober Schätzwert, nicht mehr. Zweitens, über diese Daten verfügte vermutlich mein Amtsvorgänger auch nicht. Also auch diese Bedarfsplanung, mit der wir es zu tun haben, wird man auf ihre Plausibilität hin überprüfen müssen. Sie kann zutreffen, ich könnte das mit Sicherheit im Moment nicht sagen.

Eines kann ich mit Sicherheit sagen, innerhalb von vier, nein, drei Monaten – Sie haben ja sozusagen als Termin den 31. Juni benannt – sollen wir das also im gesamten Land bei allen Trägern abfragen, mit den Jugendämtern alles kommunizieren, das fachlich selber überprüfen, in der Regierung abstimmen und Ihnen vorlegen. Das ist völlig unmöglich, also jedenfalls, wenn es am Ende seriös sein soll. Wenn Sie sich mal bei Ihren Kollegen erkundigen, die länger im Parlament sind, wie lange die Planung und die Erhebung der Daten im Bereich der Lehrerbedarfsplanung gedauert hat, wo es einfacher ist, weil uns die Statistiken bereits vorliegen, weil das unsere Beschäftigten sind. Das war ein extrem komplexes Vorhaben und das ist hier eher noch komplizierter.

Das heißt, selbstverständlich wird es eine solche Bedarfsplanung geben – selbstverständlich befinden sich die beiden Häuser, die dafür zuständig sind, das Sozial- und das Bildungsministerium, dazu bereits in Gesprächen – und diese wird Ihnen vorgelegt werden. Ob diese die Detailschärfe erreichen wird, die ich jetzt eben gerade mit Ihnen skizziert habe, kann ich Ihnen nicht mal sagen, weil, wenn die Träger und die Kommunen dabei nicht mitmachen – weil die am Ende die fachlich Zuständigen sind, die Jugendämter –, dann haben wir ein Problem, weil uns diese Daten als Land erst einmal nicht vorliegen. Insofern ist das auch mit Unsicherheiten behaftet.

Was mich ein bisschen stört, ist, dass Sie bisher nur den Staat in den Blick nehmen und sagen, wir müssen uns also nicht nur über die Bedarfskapazitäten und die Ausbildungskapazitäten Gedanken machen, sondern auch über die Frage der Attraktivität des Erzieher/-innenberufes. Also ich denke, die rot-schwarze Koalition tut dafür im Moment eine Menge und hat auch in der Vergangenheit eine Menge dafür getan. Ich darf daran erinnern, dass sich die Gruppengrößen in den Kitas deutlich verringern werden, das hat durchaus etwas mit der Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes zu tun.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich würde mir aber wünschen, dass Sie in derselben Intensität, wie Sie die Verantwortung des Staates anmahnen, anmahnen, dass die Träger selbst als Arbeitgeber sich darum kümmern, dass sie attraktive Arbeitsverhältnisse für ihre Beschäftigten schaffen, denn in aller Regel sind das nicht wir, sondern freie Träger.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das habe ich aber gesagt. Das habe ich schon beantragt.)

Dann würde ich mal vorschlagen, das ist aber nur eine Anregung, dass das Parlament im Ausschuss eine Anhörung macht, die Träger einlädt und sie mal fragt, was sie denn tun wollen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gut, dass Sie das sagen.)

um die Attraktivität der Arbeitsverhältnisse gemeinsam mit uns als Land voranzubringen. Ich denke, man muss beides berücksichtigen.

Wie schätze ich im Moment die Lage ein? Wie gesagt, wir haben zwei Prognosen vorliegen. Eine von Professor Klaus Klemm und eine von der Landesregierung unter der Verantwortung einer rot-schwarzen Regierung.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

Beide Prognosen kommen auf Daten, die mich zu einer vorsichtig optimistischen Einschätzung veranlassen. Jedenfalls dann, wenn ich unterstellen darf, dass die Daten, die unser Haus berechnet und mir vorgelegt hat, richtig sind. Diese ergeben nämlich, dass wir zum nächsten Ausbildungsjahr in Mecklenburg-Vorpommern 500 Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher im ersten Jahr vorfinden werden. 500 junge Menschen können im nächsten Jahr bei uns beginnen mit der Erzieher/-innenausbildung. Sie haben selber den Bedarf auf 350 bis 400 taxiert.

Das heißt, gemessen an den Zahlen, die Sie für notwendig halten – obwohl wir, muss ich sagen, gar keine wirklich verlässlichen Daten haben, um diese Zahl mit Sicherheit benennen zu können –, gemessen an dem, was Sie angemahnt haben, bewegen wir uns im Moment durchaus in einer ganz vernünftigen Situation. Dabei ist nicht in Rechnung gestellt, dass eine Zunahme der Inanspruchnahme, dass eine Verkleinerung von Gruppen in den Kitas auch dadurch aufgefangen werden kann, darauf bin ich eingangs schon eingegangen, dass sich die Teilzeitquote verändert, die Erzieherinnen andere Verträge bekommen, sie eben nicht teilweise nur 20 Stunden arbeiten – da gibt es eine Reihe von Kitas, in denen das so ist – oder 25, sondern auch 30 oder 35 Stunden. Das heißt, auch dort gibt es noch Regulationspotenzial.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sind weit davon entfernt, in diesem Bereich ähnliche Verhältnisse vorzufinden, wie wir es in manchen Teilbereichen bei den Lehrern haben. Es ist völlig berechtigt, die Forderung aufzustellen, dass wir in regelmäßigen Abständen eine entsprechende Kapazitätsplanung vorzunehmen haben. Das werden wir auch tun. Ich werde den zuständigen Fachausschuss auch zu gegebener Zeit darüber unterrichten, wie wir uns das vorstellen, auf welcher Grundlage. Aber es bleibt dabei, dies ist ein gesetzlicher Auftrag, der ohnehin besteht, und solange wir nicht gegen das Gesetz verstoßen oder erkennbar anders handeln, als es im Gesetz steht, würde ich Sie bitten, durch solche Anträge nicht den Eindruck zu erwecken, es könnte vielleicht doch anders sein. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut.)

Das Wort hat nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete!

Bevor ich anfange, Herr Brodkorb, doch noch ein, zwei Wörter, weil ich finde es schon ein Stück weit vermessen, die Realität dessen, was viele Erzieherinnen und Erzieher hier im Land erfahren, so lapidar abzuwälzen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hat er gar nicht gemacht!)

weil es letztendlich hier nicht nur um die Ausbildung geht, sondern es geht um das Gesamtgefüge des KiföGs, um die Umsetzung und, ich denke, um das, was alle hier wollen, das Wohl der Kinder, die in diesen Einrichtungen sind.

Ich glaube, da wird die Realität so ein bisschen verkannt und die Schuld immer wieder an die Träger gegeben. Für das, was gerade im Sozialausschuss derzeitig läuft, nämlich eine Anhörung für diesen Bereich hinzubekommen, haben wir nun von Ihnen die Unterstützung bekommen. Ich denke, das ist auch noch mal ein Zeichen an den Ausschuss, hier doch eine öffentliche Anhörung für das KiföG sozusagen anzuberaumen, weil wir der Auffassung sind – und ich denke, DIE LINKE auch –, dass es an der Zeit ist, den Fachkräftemangel zu betrachten, aber eben noch sehr viele andere Bereiche, nämlich: Wie sieht es aus, wenn der Schlüssel sich wei

ter senkt? Wie geht das mit den Fachkräften in Mecklenburg-Vorpommern weiter?

Grundsätzlich stimmen wir dem Antrag der LINKEN zu, dass etwas gegen den zukünftigen Personalmangel im Bereich Kita-Betreuung getan werden muss. Auch wenn in diesem Antrag die Landesregierung lediglich dazu aufgefordert wird, dem regelmäßigen Fortschreiben des Bedarfes an Ausbildungsplätzen gerecht zu werden, so wird sich die Landesregierung wohl kaum den Anforderungen des selbst beschlossenen KiföGs versperren können. Wahrscheinlich ist der Antrag deshalb so milde formuliert, damit sich die Landesregierung dem Antrag anschließen muss und damit überhaupt etwas passiert.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Genau.)

Wir haben das jetzt von Frau Bernhardt schon gehört und auch ich weiß als jahreslanges Mitglied des Jugendhilfeausschusses hier in Schwerin, dass es diese Probleme gibt und dass die Personaldecke bei den Kitas in Mecklenburg-Vorpommern immer dünner wird.

Der Kindertagesbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern droht in den nächsten Jahren ein erheblicher Personalmangel. Dies liegt an mehreren Faktoren – schon mal benannt, aber doppelt hält manchmal besser –: einerseits an der Überalterung des Personals, andererseits an der zunehmenden Abwanderung in andere Bundesländer und auch an der Unattraktivität des Berufes. So treffen in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr, und es sind meistens Frauen, auf Arbeitsbedingungen, die sehr schwierig sind. Wir haben das letztens gehört, dass wir hier über einen Mindestlohn diskutiert haben. Ich weiß und auch DIE LINKE weiß und auch Frau Schwesig, dass wir hier über Tariflöhne reden und nicht über den Niedriglohnsektor.

Aber auch die schrittweise Absenkung des Betreuungsschlüssels von 1 : 18 auf zunächst 1 : 17 spielt eben eine nicht zu unterschätzende Rolle. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es keine festen Vorgaben des Landes zur Bestimmung des Personalbedarfs, sodass dieser von den Trägern oft zu eng berechnet wird. Viele der Fachkräfte arbeiten zudem unfreiwillig in Halb- und Teilzeitbeschäftigung. Nur 21 Prozent aller Beschäftigten haben überhaupt eine Vollzeitstelle. Das Lohnniveau ist ebenfalls nicht zufriedenstellend. Trotz Überalterung der Fachkräfte und dem Problem, dass viele neu ausgebildete Fachkräfte aus unserem Bundesland in die anderen Bundesländer reisen, erklärte die alte Landesregierung pauschal, im Land würden bereits heute ausreichend Fachkräfte ausgebildet – auch eben haben wir das wieder gehört. Das ist die Drucksache 5/4377. Ist ja schön, wenn sie hier ausgebildet werden. Aber was nützt uns das, wenn die besten Kräfte unser Land verlassen? Man muss also nicht nur die Kapazitäten betrachten und erhöhen, sondern auch die Abwanderung der Fachkräfte verringern, indem man dieses Berufsfeld im bundesweiten Kampf um die Fachkräfte attraktiver gestaltet.

Die notwendige Reform der Ausbildung einschließlich Akademisierung und Programme für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger wurden bisher von der Landesregierung nicht oder nicht ausreichend in Angriff genommen. Auch fehlen wesentliche Ansätze für eine integrative und inklusive Bildungsarbeit für Kinder mit Behinderungen. Diese werden weiterhin auf Sondereinrichtungen verwiesen.

Aus Sicht der GRÜNEN sind folgende Dinge bei der Betrachtung und Ermittlung der Maßnahmen zur Bewältigung des aktuellen und zukünftigen Personal- und Fachkräftemangels zu berücksichtigen: Erstens sind die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen, da sie von der durch die Landesregierung 2008 eingesetzten Expertenkommission als zu knapp erachtet und durch die schrittweise Senkung des Betreuungsschlüssels notwendig werden. Wir haben hier und heute unterschiedliche Zahlen gehört. Schon allein, weil es unterschiedliche Zahlen gibt, denke ich, besteht Handlungsbedarf. Zweitens, ein Quereinstieg in dieses Berufsfeld über den zweiten Bildungsweg ist zu vereinfachen, vor allem für Männer, die oftmals erst nach dem Elternjahr merken, wie viel Spaß ihnen das Arbeiten mit Kindern macht.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Den Männeranteil zu erhöhen, hat sich der Koalitionsvertrag in der Ziffer 192 auch fest vorgenommen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, genau.)

Und drittens und abschließend, bessere Arbeitsbedingungen müssen geschaffen werden. Dazu zählen das Lohnniveau und die Vollzeitbeschäftigung, damit die in Mecklenburg-Vorpommern frisch und gut ausgebildeten Fachkräfte nicht abwandern, sondern hier ihre gute Arbeit gut bezahlt ausüben können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Dr. Seemann.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich es ganz kurz machen und dem Minister für die ausgezeichnete Rede zu dem vorliegenden Antrag gratulieren, weil er eigentlich zu dem Antrag alles gesagt hat, was man dazu sagen muss.

Wir sind laut Gesetz, Paragraf 11a, dazu verpflichtet, eine Bedarfsanalyse zu machen. Dazu brauchen wir keinen neuen Antrag. Wir haben die Grundlagen mit der Analyse, die wir im letzten Jahr erhalten haben, bekommen. Diese muss fortgeschrieben werden. Und gerade was die Sinnhaftigkeit von jährlichen Analysen angeht, das war ja der Ausgangspunkt, dass wir den Paragrafen 11a geändert haben. Herr Brodkorb wies zu Recht vor allen Dingen auf seine Initiative und die von Herrn Heydorn hin, denn vor dem Inkrafttreten des KiföGs erfolgte die Bedarfsplanung für neu einzustellende Fachkräfte auf Grundlage eines Beschlusses des Landesjugendhilfeausschusses aus dem Jahre 2007.

Auf Basis dieses Beschlusses prognostizierte das Bildungsministerium in Absprache mit dem Sozialministerium genau jährlich den Bedarf. Der lag dann immer bei 300 bis 400 Ausbildungsplätzen. Damit das jährlich nicht mehr gemacht werden muss, damit nämlich den Trägern genau diese Arbeit nicht mehr gemacht wird, haben wir uns geeinigt, dass wir eine in die Zukunft ausgerichtete

Bedarfsplanung machen. Der Minister hat es gesagt, die Landesregierung wird natürlich den gesetzlichen Auftrag umsetzen.

Frau Gajek, noch ein Wort zu Ihrer Rede. Wo ist sie jetzt?

(Vizepräsidentin Silke Gajek: Hier!)

Ach, Entschuldigung, Sie haben gewechselt. Entschuldigung!

Sie haben die Gelegenheit jetzt genutzt, um eine Generalabrechnung zum Thema Kita zu machen, dies aber aus meiner Sicht sehr unsachlich. Sie haben nicht zum Antrag gesprochen, der wirklich nur auf die Erstellung einer Statistik ausgerichtet war, sondern Sie haben hier dargestellt, was Sie für Mankos sehen, obwohl die Landesregierung zum Teil – aus meiner Sicht – an diesen Problemen schon längst arbeitet. Wir sind schon dabei, die Situation für die Erzieherinnen zu verbessern. Erinnern Sie sich vielleicht mal daran, dass die Träger nicht gerade amüsiert gewesen sind, dass wir die Regelung gefunden haben, Erzieherinnen dürfen nur noch eingestellt werden, wenn sie mindestens mit 25 Stunden eingestellt werden. Wir wissen, dass es nicht wenige Träger gab, die Erzieherinnen weit unter 25 Stunden eingestellt hatten, wodurch das Entgelt, das diese bekommen haben, natürlich nicht zum Leben gereicht hat. Hier so zu tun, als wenn da in den letzten Jahren nichts passiert ist, das geht einfach an der Realität vorbei. Aber, Frau Gajek, das war ja auch gar nicht Inhalt des Antrages. Ich hätte mich schon gefreut, wenn Sie ein wenig zum Antrag geredet hätten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Den Antrag brauchen wir nicht. Es wird gearbeitet, die Probleme werden im Land gesehen und sie werden auch von der Landesregierung und von der Regierungskoalition angepackt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder einmal bejammern die LINKEN den zu erwartenden Fachkräftemangel bei den Erzieherinnen in den Kindertagesstätten im Land, ohne allerdings darauf hinzuweisen, dass die PDS von 1998 bis zum Jahre 2006 in der Landesregierung saß und in dieser Zeit bereits versagte.