Protokoll der Sitzung vom 16.03.2012

Und es ist auch nicht attraktiv, wenn man wie bisher zukünftig nicht mehr mit dem sogenannten Jobticket sein Fahrrad umsonst mitnehmen kann. Ich habe gestern sehr erfreut gehört, dass sich dies ab dem Jahre 2013 ja wieder ändern soll.

Es ist auch nicht attraktiv, wenn man etwa aus Mecklenburg kommend nach Greifswald oder ins Umland will und Umsteigeverbindungen hat am Stralsunder Bahnhof und lange Wartezeiten in Kauf nehmen muss, die die Bahn konkurrenzlos unterlegen machen im Vergleich zum privaten Fahrzeug.

Und es ist auch nicht attraktiv, wenn man sich als Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs dem Wirrwarr der unterschiedlichen Tarife stellen muss und sich dort mit viel, viel Mühe zurechtfinden muss.

Sehr geehrte Damen und Herren, als wir diesen Antrag eingebracht haben, waren uns die Kürzungen, die wir jetzt zu erwarten haben im Bereich der Regionalbahnen und die jetzt durch die Medien gegangen sind, noch nicht bekannt.

Und ich möchte an dieser Stelle auch noch mal ausdrücklich sagen, weil es ja in der Vergangenheit viel Kritik am Verkehrsminister gegeben hat, ich halte diese Kritik zu großen Teilen für ungerechtfertigt, weil sie von einem zentralen Punkt ablenkt. Sie lenkt von dem zentralen Punkt ab, dass die Verantwortung für die Ausfinanzierung dieser Angebote, für die Reduzierung der Ausfinanzierung und für die Notwendigkeit, dass das Land in immer stärkerem Maße in die Kostenträgerschaft einsteigen muss, wenn es die Angebote erhalten wollte, dass diese Verantwortung in der Tat nicht hier im Verkehrsministerium liegt, sondern sie liegt auf Ebene der Bundesregierung. Und das möchte ich an dieser Stelle einmal ausdrücklich feststellen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Wir glauben, dass vor dem Hintergrund der jetzt aktuellen Debatte auch um die Frage, welche Strecken sollen herausgenommen werden, dieses Thema etwas komplexer behandelt werden muss. Deshalb schlagen wir selbst vor, den Antrag der Bündnisgrünen-Fraktion in den zuständigen Fachausschuss, das wäre der Verkehrsausschuss, zu verweisen. Sollte das hier in diesem Gremium keine Mehrheit finden, dann beantrage ich hiermit vorsorglich – wir haben das ja in der Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer angekündigt –

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

namentliche Abstimmung zu unserem Antrag. Ich bitte um Zustimmung zum Verweisantrag, wenn nicht, um Zu

stimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will sagen, dieses Thema, einen SPNV zu organisieren in einem Land, das ist ja nun nicht neu.

(Regine Lück, DIE LINKE: Aber immer wieder schwierig.)

Und da gibt es immer sehr unterschiedliche Ansichten, was man alles tun muss, um ein bedarfsgerechtes Angebot in einem Lande zu organisieren.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber attraktiv muss er sein.)

Und jeder weiß auch, wie schwer …

Und auch attraktiv ist.

Da gibts eine Diskussion, die kenne ich auch: Muss man zuerst die Bahnstrecke bestellen und dann gucken, dass da Leute reinkommen, oder soll man erst mal gucken, ob überhaupt Leute da sind, die mit dem Zug fahren wollen, und dann die Bahnstrecke bestellen? Ich kenne diese Probleme und diese Diskussionen, die es da gibt. Und es hat auch alles was für sich. Das will ich gar nicht bestreiten. Nur, und das zeigt sich nun wirklich auch bei Ihrem Antrag, ich finde, wir sind gut beraten, wenn wir Fakten zugrunde legen und uns dann entscheiden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist richtig.)

Und, meine Damen und Herren, ich weiß eine Menge, was mir alles einfallen würde, was schön wäre für dieses Land, was ich mir wünschen würde. Aber ich muss am Ende konstatieren, es gibt bestimmte Grenzen, innerhalb derer ich mich zu bewegen habe. Da kann ich jetzt lange rumreden. Und wenn Sie zum Schluss gesagt haben, die Verantwortung liegt da in Berlin, dann stellen Sie den Antrag doch in Berlin, dann können wir uns diese halbe Stunde hier sparen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir unterstützen Sie gerne. – Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Machen wir doch einen gemeinsamen Antrag!)

Weil das bringt ja nichts, wenn ich selber sage in einem Antrag, also das Problem muss eigentlich in Berlin gelöst werden, aber ich versuche es jetzt mal hier mit einem Antrag an den Minister, wo Sie sagen, der ist gar nicht zuständig. So habe ich es verstanden.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, nein, nein! Das haben Sie völlig falsch verstanden.)

Gut. Also okay.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Jedenfalls noch mal, wir sollten uns an die Fakten halten und die Fakten, finde ich, sind: Der Haushalt liegt ja inzwischen vor, für den SPNV stehen round about 235 Millionen in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung. Der Minister hat einen Brief geschrieben an die Verkehrsträger,

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

aber auch an viele, viele andere, dass wir Probleme haben mit der Finanzierung, dass wir gezwungen sind, bestimmte Einsparungen vorzunehmen im Lande. Es geht, glaube ich, um eine Größenordnung von etwas über 20 Millionen. Das weiß ich auch jetzt gar nicht im Detail, wie die Dinge dort zusammenhängen. Ich finde, wenn man aber diese Gemengelage kennt, jetzt – und ich bin bei den Fakten – einen Antrag zu stellen, lasst uns hier und heute einen Zug, einen Nachtzug Rostock–Stralsund bestellen, dann, finde ich, ist das schon etwas, …

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deshalb der Verweisantrag.)

Nee, nee, der Antrag bleibt ja so, wie er ist. Also das können Sie ja nun nicht machen.

… dann finde ich das einfach nicht sachgerecht.

Und wenn wir noch weiter mit den Fakten agieren, dann müssen wir auch sagen, diese Nachtverbindung ist – das ist zumindest meine Erkenntnis, ich habe natürlich gefragt – geprüft worden im letzten Jahr und der Bedarf ist nicht festgestellt worden. Es sei ein negatives KostenNutzen-Verhältnis ermittelt worden und demzufolge auch nicht bestellt worden.

So, Ihre Reaktion auf diese Fakten: Wir stellen den Antrag im Landtag. Kann man machen, aber ich sage Ihnen ganz klar – hier handelt es sich um eine Größenordnung, glaube ich, von etwa 200.000 Euro –, wenn das das Agieren der Zukunft sein soll, na dann herzlichen Glückwunsch!

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Danke.)

Und so verstehe ich das Primat der Politik nun nicht, dass man ohne jede Prüfung sagt – und ich lese jetzt Ihren Antrag vor –, …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Trotz jeder Prüfung!)

Ja, trotz zumindest einer Prüfung, die bereits erfolgt ist. Richtig. Danke.

… dass man sagt, der Landtag fordert die Landesregierung auf, ich verkürze es etwas, eine Strecke Rostock– Stralsund als Spätverbindung zu bestellen, Punkt, und diese Spätverbindung möglichst unverzüglich einzurichten.

Wissen Sie, mag sein, dass Sie ein solches Verständnis haben, eine solche Vorgehensweise, dann kommen aber bei mir so leicht ideologische Erinnerungen hoch. Das hatten wir mal. So gehts eben nicht. Man muss schlichtweg bestimmte Fakten anerkennen und deswegen ist meine Empfehlung, dass man sich wirklich zunächst nach gründlicher Prüfung dann entscheidet.

Und wenn Sie jetzt gesagt hätten – vielleicht kommen Sie dann damit beim nächsten Mal –, lasst uns schneller den integrierten Landesverkehrswegeplan erarbeiten, das hat Substanz. Dann muss der Minister sagen, wie schnell er das hinkriegen kann, weil das ist ja wichtig. Es macht ja gar keinen Sinn, einzelne Verbindungen hier rauszugreifen und zu sagen, das legen wir heute fest, die wird jetzt gemacht. Das disqualifiziert wirklich auch dieses Gremium und das sollten wir nicht tun.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deswegen überweisen in den Ausschuss.)

Meine Damen und Herren, aus dieser Sicht heraus kann man diesem Antrag so nicht folgen. Ich rede über diesen Antrag. Sie haben den gestellt, dann müssen Sie auch dazu stehen. Sie hätten ihn verändern können, das wäre noch bis heute vor der Sitzung auch möglich gewesen. Dieser Antrag, so, wie er hier liegt, kann weder beschlossen werden noch überwiesen werden. Wir müssen an dem Thema arbeiten, das ist gar keine Frage, aber mit diesem Antrag kommen wir da nicht weiter. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Lück.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden sich sicherlich wundern, dass ich, auch wenn ich nicht verkehrspolitische Sprecherin bin, hier zu diesem Thema sprechen möchte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber du bist aus Rostock.)

Aber als Rostockerin fühle ich mich sozusagen direkt angesprochen. Eine zusätzliche Spätverbindung zwischen Rostock und Stralsund ist für mich nicht nur wünschenswert, sondern sie ist auch notwendig.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.