Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

warum die großen Betriebe beispielsweise an dieser Stelle auch einen Vorteil haben, nämlich in großen Betrieben kann man umläufig arbeiten, da kann man Vertretungen organisieren und da gibt es dann Schichtarbeit, klar, aber in der Regel auch geregelte Arbeitszeiten,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wie viele Betriebe hat Mecklenburg-Vorpommern in der Milchproduktion?)

und das ist ein großer Vorteil, den wir haben. Ich werbe an dieser Stelle auch noch mal ganz eindeutig dafür, dass Jugendliche in grünen Berufen sich betätigen sollen, denn grüne Berufe haben eine Zukunft. Und so, wie Sie das dargestellt haben, sind da unzumutbare Arbeitsbedingungen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mit unseren Vorschlägen haben sie auch eine Zukunft. Schauen Sie sich unsere Vorschläge an!)

Die sind nicht vorhanden und ich werbe ausdrücklich für diese Branche.

Meine Damen und Herren, wir haben uns mehrheitlich hier dazu bekannt, uns für die Bäuerinnen und Bauern einzusetzen,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das tun wir auch.)

und ich glaube, dass unsere Richtung richtig ist. Das zeigt mir auch ein Facebook-Kontakt, den ich gestern mit einem Bauern aus meiner Region, aus meiner Heimatre

gion, nämlich Malchin, hatte. Der schrieb mir vom Zusammenschluss der drei Molkereien mit insgesamt circa 11.000 Milcherzeugern. Er schrieb wörtlich, das will ich hier zitieren: „Aldi, Lidl, Edeka und Metro beherrschen den Lebensmittelmarkt in Deutschland. Um mit diesen Leuten auf Augenhöhe verhandeln zu können und gleichzeitig qualitativ hochwertige Lebensmittel nach europäischem und deutschem Standard anbieten zu können, ist diese Größe erforderlich. Dieses Unternehmen gehört tatsächlich uns Bauern und ist damit ausschließlich der gemeinsamen Veredelung und Vermarktung unserer Produkte vorbehalten. Wir sind dadurch ein ernst zu nehmender Gegenpol zu Unternehmen wie Nestlé, Müllermilch, Danone oder Unilever.“

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist Monopolbildung. Die Milchbauern sind in der Klemme.)

„Es ist uns sehr wichtig, die weitere Wertschöpfung unserer Produktion selbst in der Hand zu haben.“

Dass die Bauern sich zu einer Erzeugergemeinschaft zusammenschließen, halte ich nicht für eine Monopolbildung. Das halte ich für einen folgerichtigen Schritt, auch um in Zukunft vernünftige Preise am Markt erzielen zu können. Insofern, glaube ich, sind wir an der Stelle gut aufgestellt. – Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Andreas Butzki, SPD: Für jeden Frosch kämpfen Sie. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/823 zur Beratung an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/823. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/823 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, bei Ablehnung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Europäischen Fiskalpakt im Bundesrat ablehnen, Drucksache 6/793.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Europäischen Fiskalpakt im Bundesrat ablehnen – Drucksache 6/793 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Frau Rösler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt wollen auch SPD und GRÜNE dem Europäischen Fiskalpakt am nächsten Freitag zustimmen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja.)

Im Hau-Ruck-Verfahren soll er auch in deutsches Recht umgesetzt werden. Alle, nicht nur die heutigen Krisenländer, sollen gezwungen werden, ihre Schulden abzubauen.

(Egbert Liskow, CDU: Ist auch richtig.)

Klingt doch erst mal ganz gut. Wer mag schon Schulden? Wir auch nicht. Auch wir sagen, öffentliche Schulden müssen reduziert werden, um in Zukunft handlungsfähig zu sein.

Nicht ohne Grund wird aber gerade der Fiskalpakt nicht nur in Deutschland seit Monaten äußerst kontrovers diskutiert. Der Vertrag beinhaltet im Wesentlichen folgende Punkte: Im Staatshaushalt darf das Defizit in der Regel 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen. Wenn sich ein EU-Mitgliedsstaat nicht daran hält, wird automatisch ein Defizitverfahren ausgelöst. Der Europäische Gerichtshof überprüft auf Antrag, ob die Staaten die Schuldenbremse auch in nationales Recht umsetzen. Er kann gegen die sogenannten Haushaltssünder eine Geldstrafe von bis zu 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung verhängen. Das Ganze ist an den Rettungsschirm gekoppelt. Wird der Vertrag nicht in nationales Recht umgesetzt, gibt es kein Geld.

Meine Damen und Herren, kein Wunder also, dass erhebliche verfassungs-, finanz- und wirtschaftspolitische Gründe gegen den Fiskalpakt sprechen. Das sagen nicht nur DIE LINKEN, sondern auch die Gewerkschaften oder auch der Deutsche Städte- und Gemeindetag. Der hat erklärt, dass der Fiskalpakt keinesfalls zulasten der Kommunen gehen darf.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist ja auch was anderes.)

Auch wenn gestern der Deal mit SPD und GRÜNEN zustande kam, sind Teile der SPD nach wie vor skeptisch. Viele SPD-Bundestagsabgeordnete unterzeichneten vor noch gar nicht langer Zeit einen Artikel „Rettet die Währungsunion!“, nachzulesen in der SPD-Parteizeitung „Vorwärts“ vom 5. Juni 2012.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vorwärts immer.)

Ich zitiere: „Die den Krisenländern aufgezwungene harte und einseitige Sparpolitik führt noch tiefer in den Abgrund und europaweit in die Rezession. Millionen Menschen leiden unter den Diktaten der ,Troika‘. Es ist zuallererst die deutsche Bundesregierung, die mit ihrem doktrinären Sparwahn, ihrer ideologischen Marktfixierung und ihrem dogmatischen Zentralbankverständnis eine Lösung der Krise verhindert.“ Zitatende.

(Udo Pastörs, NPD: Die letzte Rettung.)

SPD-Parteizeitung, wohlgemerkt!

Meine Damen und Herren, auch die Bundesländer und allen voran die Landtage müssten gegen den Fiskalpakt aufbegehren, denn es wird ganz klar in das Budgetrecht, das sogenannte Königsrecht der Parlamente, eingegriffen. Die Schuldenbremse in unserer Landesverfassung gilt ab 2020,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die des Bundes ab 2016, aber bereits 2013 sollen die Schuldenregelungen des Fiskalpaktes greifen. Es ist bekannt, dass die deutsche Schuldenbremse sich auf den Bund und die Bundesländer bezieht. Die europäische Schuldenbremse hingegen zielt auch noch auf die Kommunen ab. Die aber sind das schwächste Glied in der Kette und haben gar nichts zu melden. Was wird die Folge sein? Leistungskürzungen auf allen Ebenen ohne Rücksicht auf Verluste. Der Staat zieht sich weiter zurück. Wer, meine Damen und Herren, hat dies auszubaden?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die kleinen Leute, die nun wirklich gar nichts für die hohen Staatsschulden können.

Meine Damen und Herren, leicht auszumalen ist auch, was denn in den betroffenen Staaten passiert, die die Kriterien nicht einhalten können. Die Staatsausgaben werden massiv reduziert, Löhne und Renten sinken, in der Folge auch die Steuereinnahmen. Die wirtschaftliche Lage verschlechtert sich noch mehr. Öffentliche und private Investitionen gehen drastisch zurück. Die Arbeitslosigkeit, insbesondere bei jungen Menschen, nimmt dramatisch zu.

Meine Damen und Herren, das alles sind keine Schreckensszenarien oder Schwarzmalereien. Das alles ist bittere Realität. Wir brauchen nur nach Griechenland zu schauen, um uns die Folgen vor Augen zu führen. Wir brauchen nur die Nachrichten aus Spanien oder Italien zu lesen, um festzustellen, wohin eine so rücksichtslose, einseitige Sparpolitik führt. Und so was wollen wir in der EU? Das wollen wir auch in Mecklenburg-Vorpommern? Die hiesige Koalition findet die deutsche Schuldenbremse toll, das wissen wir.

(Egbert Liskow, CDU: Wissen wir.)

Beim Fiskalpakt aber versuchte sich die SPD zu korrigieren und entdeckte ihr soziales Gewissen. Und weil sie nicht so richtig wusste, was sie tun sollte, taktierte sie umher, typisch SPD eben. Die SPD sagt, wir stimmen zu, wenn die Finanztransaktionssteuer kommt, auch müsse es eine Entlastung für die Länder und Kommunen geben und einen Wachstumspakt für die betroffenen EUMitgliedsstaaten.

Jetzt geht die SPD den „Fiskalpakt mit dem Teufel“ ein.

(Egbert Liskow, CDU: Oh!)

So überschrieben war ein Kommentar in der gestrigen Onlineausgabe der „Frankfurter Rundschau“.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das wissen die SPD-Genossen noch gar nicht. Gut, dass Sie das sagen.)

Darin heißt es, Zitat: „Jetzt ist es amtlich: Angela Merkel bekommt ihren Fiskalpakt, sicher. Und die Opposition ihre Finanztransaktionssteuer, vielleicht.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, das Budgetrecht der Landesparlamente bleibt trotz des Deals beeinträchtigt. Da beißt die Maus keinen Faden ab. DIE LINKE will das nicht.

(Egbert Liskow, CDU: Was wollt ihr denn? – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wissen Sie, was konsequent wäre? Wenn es unter diesem Fiskalpakt nur dann eine Unterschrift gäbe, wenn Maßnahmen wie Konjunkturpakete,

(Udo Pastörs, NPD: Die müsst ihr auch finanzieren, die Konjunkturpakete.)

Sozialstandards, Vermögensbesteuerung und Finanztransaktionssteuer genauso verbindlich geregelt werden wie die Schuldenbremse.