Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Übrigens haben sich in Nordrhein-Westfalen SPD und Bündnisgrüne auf einen Prüfauftrag verständigt, ob das auch dort bisher geheim tagende, dort heißt es „Parlamentarisches Kontrollgremium“ in Zukunft öffentlich stattfinden kann, sodass presseinteressierte Bürgerinnen und Bürger sowie Abgeordnete, die nicht Mitglied in diesem Gremium sind, die Sitzungen auch verfolgen können.

Lassen Sie uns im Rahmen der Ausschussberatungen ebenfalls in eine sorgsame Prüfung eintreten, denn die Öffentlichkeit der Sitzung und die Einsehbarkeit von Einladungen und Protokollen eines öffentlichen Teils des Kontrollgremiums würden aus unserer Sicht dazu beitragen, dass einerseits ein Mentalitätswechsel des Verfassungsschutzes hin zu mehr Transparenz stattfindet und andererseits die Öffentlichkeit die Arbeit des Verfassungsschutzes besser nachvollziehen kann.

Übrigens wären die beiden Beispiele, die ich vorhin genannt habe, und die Erklärungen für das Handeln des Verfassungsschutzes, die es in der Parlamentarischen Kontrollkommission gegeben hat, durchaus für die Öffentlichkeit geeignet gewesen und hätten die Nachvollziehbarkeit des Landesverfassungsschutzes oder des Handelns des Landesverfassungsschutzes

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

durchaus auch erklärbar machen können für eine breite Öffentlichkeit. Ich glaube, dass das auch dem Vertrauen in den Landesverfassungsschutz gutgetan hätte.

Vor diesem Hintergrund, sehr geehrte Damen und Herren, eben weil wir eine ausführliche Debatte wollen zu dieser Frage und zu dieser in diesen Zeiten sehr zentralen Frage, beantragen wir die Verweisung federführend in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Europa- und Rechtsausschuss.

Wir haben gerade eine, wie ich finde, sehr spannende Debatte zum Thema „Wahlalter mit 16“ erlebt.

(Udo Pastörs, NPD: Ganz spannend.)

Ich glaube, an dieser Stelle ist ebenfalls eine intensive Debatte erforderlich. Und ich glaube, dass es dem demokratischen Selbstverständnis dieses Gremiums des Landtages guttun würde, wenn Sie diesem Antrag folgen

würden und wir intensiv Für und Wider der Öffentlichkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Zukunft im Parlament diskutieren würden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Innenminister Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Suhr, ich schätze Ihre Sachlichkeit. Trotzdem muss ich sagen, die gerade gemachten Ausführungen kann ich nun so in der Form nicht nachvollziehen. Sie können sich hier nicht hinstellen, zwei Beispiele bringen, die Sie als Kenntnis haben, sagen: Vom Grundsatz her haben die richtig gehandelt, weil sie es uns erklärt haben, aber euch sage ich das nicht. Also genau aus den Gründen haben wir hier eine Parlamentarische Kontrollkommission,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

in die die Mitglieder entsandt werden, genauso wie die G10-Kommission, um dementsprechend auch Kritik zu üben, wenn es nicht in Ordnung ist, und Nachfragen zu stellen als auch zur Kenntnis zu nehmen, wenn es in Ordnung ist.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eben, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.)

Aber wir können die Diskussion gerne weiterführen. Im Rahmen NSU komme ich im Abschluss sowieso noch mal zu einer Reihe von Äußerungen, die es derzeit offensichtlich in der Bundesrepublik gibt.

Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt die aktuellen Diskussionen um die Vorgänge im Zusammenhang mit dem NSU als Aufhänger, um die Regelung des Paragrafen 28 Absatz 1 Satz 1 des Landesverfassungsschutzgesetzes infrage zu stellen. Danach sind die Sitzungen, wie Sie darauf eingegangen sind, der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht öffentlich. In Ihrem Gesetzentwurf schlagen Sie vor, diese künftig öffentlich abzuhalten.

Um es gleich vorwegzunehmen: Wir, die Landesregierung, lehnen diesen Vorschlag ab, denn erstens vermengt er zwei Themen, die nicht zusammengehören, zum anderen ist Ihr Gesetzentwurf mit der Arbeitsweise sowohl des Verfassungsschutzes als auch der Parlamentarischen Kontrollkommission und den schutzwürdigen Interessen aller Betroffenen nicht vereinbar.

Doch zum ersten Punkt: Was die Diskussion um die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutzbehörden im Zusammenhang mit den NSU-Morden angeht, so befinden wir uns mitten in der Diskussion. Und es gibt überhaupt noch keine abschließende Bewertung.

Insofern kann ich weder Frau Pau verstehen, die derzeit

sagt, wir sollen keine Schnellschüsse machen, noch Frau Leutheusser-Schnarrenberger, die noch nicht mal in der Lage ist, ein vernünftiges Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf die Reise zu bringen, und sich jetzt dazu aufrafft zu bewerten, wie wir den Verfassungsschutz in Zukunft zu organisieren haben, obwohl es nicht ihr Zuständigkeitsbereich ist. Also viele täten gut daran, die Ergebnisse der Untersuchungsausschüsse, die es in vielfältiger Weise gibt in Deutschland, auch erst mal zur Kenntnis zu nehmen.

Eine umfassende und abschließende Analyse möglicher Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der NSUTerrorzelle ist derzeit noch nicht möglich, da der zuständige Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ja auch überhaupt noch keinen Abschlussbericht vorgelegt hat.

In jedem Fall ist man gut beraten, die Diskussion um mögliche Konsequenzen, die man in jedem Fall führen muss und möglicherweise sowohl in den Ländern als auch auf Bundesebene umsetzen muss, zu führen, aber erst auf der Grundlage belastbarer Ergebnisse. Jetzt Einzelaspekte im Alleingang als Konsequenz daraus abändern zu wollen, ist nicht der richtige Weg. Richtig ist eben, die Ergebnisse auch der Bund-Länder-Arbeitskommission Rechtsterrorismus abzuwarten und dann zu handeln.

Meine Damen und Herren, abgesehen davon ist das Anliegen aber auch inhaltlich nicht richtig. Wie bei jedem staatlichen Handeln gilt auch hier, es muss abgewogen werden das Interesse der Öffentlichkeit – wie Sie zu Recht anmerkten – von größtmöglicher Transparenz einerseits und das Interesse an der effektiven Arbeit des Verfassungsschutzes andererseits. Genau diese Abwägung hat der Landtag vorgenommen, als er Paragraf 28 des Landesverfassungsschutzgesetzes

beschlossen hat.

Klar ist, die Tätigkeit des Verfassungsschutzes ist nur mit einem gewissen Grad an Vertraulichkeit zu leisten. Diese Erkenntnis wird auch in der aktuellen Diskussion Bestand haben.

Die Kontrollkommission in Mecklenburg Vorpommern leistet auch ohne die ständige Beteiligung der Öffentlichkeit gute Arbeit. Kontrolldefizite sind in Bezug auf die Landesbehörde für den Verfassungsschutz, jedenfalls an den Sitzungen, an denen ich teilgenommen habe beziehungsweise der Staatssekretär, von der jeweiligen Kommission bisher nicht bemängelt worden.

Über Einzelaspekte haben wir uns ausgetauscht und die müssen dann auch vorgetragen beziehungsweise

abgestellt werden. Das ist auch richtig so. Die Parlamentarische Kontrollkommission hat nämlich bereits umfangreiche Kontrollrechte. Sie kann alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten- und Dateieinsicht, Stellungnahmen und den Zutritt zur Verfassungsschutzabteilung verlangen. Ferner kann sie Bedienstete und Auskunftspersonen zum Sachverhalt befragen. Gerade die Ausübung dieser Rechte würde aber in der Praxis sehr schwer umzusetzen sein, wenn grundsätzlich die Öffentlichkeit über alle Aktivitäten informiert werden würde.

Deshalb ist die jetzige Regelung in Paragraf 28 des Landesverfassungsschutzgesetzes richtig und aus meiner festen Überzeugung auch zielführend. Bei berechtigtem

Interesse kann die Öffentlichkeit ja auch heute schon hergestellt werden, muss dann aber von den betreffenden Personen beantragt werden. Grundsätzlich ist aber im Interesse der Arbeitsfähigkeit sowohl des Verfassungsschutzes als auch der Kontrollkommission die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Dabei, meine Damen und Herren, sollte es in der Regel auch bleiben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dachner von der SPD-Fraktion.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Suhr, ich wundere mich schon, dass Sie scheinbar gelassen hier ans Rednerpult treten und über etwas berichten, wovon Sie wahrscheinlich selbst nicht überzeugt sind.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein falscher Eindruck, Herr Dachner.)

Ich frage mich: Denken Sie sich das alleine aus oder haben Sie einen Berater? Dann sollten Sie vielleicht mal wechseln.

Der Entwurf der Gesetzesänderung über den Verfassungsschutz durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN scheint – und das kann es auf den ersten Blick – eine logische Folge und Konsequenz aus den Ermittlungspannen um die Morde und Überfälle der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU zu sein. Natürlich stimmt die SPDFraktion im Bund als auch im Land zu, dass nach dem Versagen des Verfassungsschutzes im Bund und, ich betone – nicht so wie Sie, Herr Suhr –, dass in einigen Ländern natürlich in der Früherkennung sowie in der Verhinderung und Aufklärung der brutalen Straftaten Reformen notwendig sind bei dem Verfassungsschutz und in der Zusammenarbeit auch vielleicht mit der Polizei.

Dafür gibt es eine Reihe von Vorschlägen von der SPD. Und ich will – man kann sie auch nachlesen im Eckpunktepapier – vielleicht einige nennen:

gesetzliche Pflicht zum Informationsaustausch und

Einführung einer Verbunddatei – ich betone hier die gesetzliche Pflicht –,

Stärkung einer verfassungsrechtlich verankerten Zen

tralfunktion – also hier unterstreiche ich noch mal diese Verfassungsrechtlichkeit, die nicht besteht bisher –,

die gesetzliche Klarstellung der Kompetenzen des

Bundesamts für Verfassungsschutz,

gerichtliche Kontrolle oder auch parlamentarische