außer mit einer Ausnahme, nämlich beim Amtsgericht in Neubrandenburg. Allein das sollte Sie zum Überlegen bringen, ob die Orientierung an finanzieller Ausstattung, ob die Orientierung an demografischer Entwicklung denn der richtige Ansatz ist.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 6/1021 zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Erhalt der Qualität in Unterricht, Forschung und Lehre – Abschaffung der beschränkten Gültigkeitsdauer für den § 52a Urheberrechtsgesetz, Drucksache 6/1043. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/1083 vor.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Erhalt der Qualität in Unterricht, Forschung und Lehre – Abschaffung der beschränkten Gültigkeitsdauer für den § 52a Urheberrechtsgesetz – Drucksache 6/1043 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Antrag fordern die Koalitionsfraktionen, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für die dauerhafte Entfristung des Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz einsetzt. Der vorliegende Antrag behandelt also nur einen Teilaspekt des Urheberrechts. Fragen wie der allgemeinen Wissenschaftsschranke, dem Zweitverwendungsrecht sowie einer gesetzlichen Regelung für vergriffene und verwaiste Werke zum Beispiel werden hierbei nicht aufgegriffen.
Das Urheberrechtsgesetz unterliegt zwar der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und eine Änderung müsste daher vom Bundestag beschlossen werden, aber dieser Teil, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie der Unterricht an den Schulen, den Hochschulen, beruflichen Schulen unseres Bundeslandes gestaltet werden kann. Deshalb gehört dieser Antrag auch in dieses Hohe Haus.
Bei dem Antrag geht es um den Paragrafen 52a in Verbindung mit 137k des Urheberrechtsgesetzes. Um allen Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich klarstellen, dass das Urheberrecht insgesamt auf den Prüfstand gehört und dringend an die Zeit des Webs 2.0 angepasst werden müsste.
Das würde jedoch Monate in Anspruch nehmen und genau diese Zeit haben wir nicht. Die Gültigkeit des Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz läuft nämlich zum 31.12. dieses Jahres aus. Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU wollen mit dem Antrag auf die erheblichen Auswirkungen hinweisen, die einen Wegfall dieses Paragrafen für die Qualität von Unterricht, Lehre und Forschung zur Folge hätten.
Worum geht es eigentlich bei dem Paragrafen? Das werden sich sicherlich viele fragen. Und wenn Sie diesen Paragrafen 52a durchlesen, dann, muss ich als Nichtjuristin sagen, werden Sie auch nicht viel schlauer, denn dieser ist im berühmt-berüchtigten Juristendeutsch gefasst und gelinde gesagt schwer oder kaum zu verstehen. Da wird unter anderem gesprochen von, ich zitiere: „kleine Teile eines Werkes“, Zitatende, und erneut Zitat: „Werke geringen Umfangs“, Zitatende. Wie groß ein kleiner Teil eines Werkes sein darf und wann es sich um ein Werk im geringen Umfang handelt, dazu kein Wort.
Daher möchte ich mal versuchen, das etwas plastischer darzustellen. Nach Paragraf 52a können beispielsweise ein Gedicht oder eine Fabel als kleines Werk oder Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften ganz verwendet werden oder aber die Lehrkraft verwendet ein Buchkapitel als kleinen Teil eines Werkes.
Mit dem Auslaufen des Paragrafen 52a würde es diese Möglichkeiten im Unterricht und in der Forschung schlicht und ergreifend nicht mehr geben.
Das ist klar, dass Sie sich damit nicht beschäftigen und Ihnen egal ist, wie Unterricht und Forschung aussehen, darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Deswegen auch Ihre unqualifizierten Worte.
(Udo Pastörs, NPD: Wie Sie das alles wissen, das ist ja wirklich was Besonderes. – Heinz Müller, SPD: Die verbrennen lieber die Bücher.)
Jede Schule, jede Hochschule, jede Lehrkraft, jede Professorin oder jeder Professor müssten sich dann um eine Einwilligung oder Lizenz bemühen, wenn sie urheberrechtlich geschützte Werke in Unterricht, Lehre oder Forschung weiter benutzen wollen.
Alternativ könnten sie ohne jede Gefahr eines Verstoßes nur urheberrechtlich freie Texte verwenden. Wer will diesen bürokratischen Aufwand? Dies bedeutet nicht nur einen irrsinnigen Aufwand für die Lehrkräfte und Hochschulen,
sondern letztendlich auch für die Rechteinhaber selbst. Die Rechteinhaber müssten Zehntausende Anfragen aus allen Teilen der Republik aus Tausenden Schulen und Hunderten Hochschulen bearbeiten.
Wenn man zynisch wäre, dann könnte man den Interessenverbänden unterstellen, dass sie die Befristung des Paragrafen 52a nach dem Motto „Mehr Bürokratie wagen“ in den Gesetzestext haben wollten.
Die Befristung der Regelung des Paragrafen 52a ist auch sonst nicht im Interesse der Urheber und Rechteinhaber. Die Hochschulen und Schulen sind Bildungseinrichtungen, die das Interesse an der Nutzung von Literatur und Kultur wecken. Es ist schon absurd, wenn eine Welt beklagt, dass das Interesse an Qualitätsjournalismus, Büchern und Kultur sinkt und die Einrichtungen, die dagegen arbeiten, künftig bei ihren Bildungs- und Forschungsaufträgen behindert werden. Soll etwa Gegenwartsliteratur künftig nicht mehr im Klassenzimmer stattfinden? Hört der Literaturunterricht nach dem 31.12.2012 bei Kurt Tucholsky auf? Und „Die Blechtrommel“ von Günter Grass müsste außen vor bleiben, weil sie urheberrechtlich noch geschützt ist? Das darf meines Erachtens nicht geschehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es darf nicht so weit kommen, dass die Professorin für Politikwissenschaft oder der Sozialkundelehrer bei den Zeitungsverlagen nachfragen müssen, ob sie einen Beitrag verwenden dürfen, und hierfür dann jeweils eine Lizenz für die Nutzung kaufen müssen, damit Artikel aus
Zeitschriften oder Zeitungen für den Unterricht verwendet werden können. Die Lehrkräfte für Deutsch, Musik, Kunst, Geografie, Sozialkunde wecken bei den Schülerinnen und Schülern das Interesse an Literatur, Musik und Zeitungen.
Wie wollen denn die Zeitungsverlage künftig für Zeitungsabonnements erfolgreich werben, wenn dieses Interesse an den Schulen nicht mehr geweckt wird? Wie soll man kritisch einen Zeitungsbericht hinterfragen, wenn man nicht gelernt hat, dass es auf gut recherchierte und geschriebene Artikel ankommt und dass jeder Autor auch seine persönliche Note in den Artikel legt? Wie wollen Buchverlage künftig für ihre Neuerscheinungen unbekannter oder bekannter Gegenwartsautorinnen und -autoren werben und Bücher verkaufen, wenn kein Interesse an Gegenwartsliteratur im Unterricht geweckt werden kann? Jetzt gegenwärtig bis zum 31.12.2012 können hierfür noch Werkausschnitte genutzt werden, danach nicht mehr.
Können Sie, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, sich überhaupt einen solchen Unterricht vorstellen? Ich befürchte Schlimmstes für die Qualität des Unterrichts, wenn die Gültigkeit des Paragrafen 52a wirklich ausläuft.
Wenn man sich diese Konsequenzen vor Augen hält, dann muss man eigentlich nicht nur für eine unbefristete Gültigkeit des entsprechenden Paragrafen eintreten,
sondern für eine generelle Reform desselben. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren in diese Diskussion eintreten werden.
Die SPD-Fraktion auf Bundesebene hat schon einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, sie hat zwölf Thesen vorgelegt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat 15 Leitlinien daraufhin vorgelegt, das weiß ich alles.
Wir müssen also darüber diskutieren, wie den Schulen und Hochschulen für ihre Bildungsaufträge ein weites und freies Nutzungsrecht für urheberrechtlich geschützte Inhalte eingeräumt werden. Aber wie bereits gesagt, diese Diskussion ist nicht Gegenstand dieses Antrages, sondern es geht hier ausschließlich um eine Entfristung des Paragrafen 52a. Eine weitere Befristung kommt nach Ansicht, also noch mal irgendwann ein Datum setzen, wie lange dieser Paragraf läuft, kommt nach Ansicht der Koalitionsfraktionen oder der SPD-Fraktion, aber in Absprache auch mit der CDU nicht in Betracht, da seit der Einführung des Paragrafen 52a im Jahre 2003 die Befristung 2006 und 2009 bereits zweimal verlängert worden ist. Es sollte immer wieder eine Evaluation geben, doch selbst nach neun Jahren gibt es diese nicht. Daher brauchen wir keine weitere Verlängerung der Befristung mehr, sondern einen unbefristeten Paragrafen 52a. Und ich bitte Sie deshalb, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mitteilen, dass meine Fraktion dem vorliegenden Antrag zustimmen wird, obwohl – und das will ich an dieser Stelle gleich loswerden – es sich hier um ein Bundesgesetz handelt.