Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

(Dr. Margret Seemann, SPD: Hab ich auch gesagt. – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, mein Gott!)

Entschuldigen Sie bitte, Sie wiederholen so oft etwas, was die Minister sagen. Ich möchte jetzt meinen Redebeitrag halten.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ja, natürlich. – Torsten Renz, CDU: Sehr gut. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Danke, danke.

… bereits tätig geworden ist, und hoffen, dass der vorliegende Antrag auf Landesebene eine entsprechende Unterstützung bedeutet. Wir nehmen das Problem genauso ernst wie Sie. Die Betroffenen, insbesondere unsere Hoch- und Fachschulen, sollen wissen, dass wir gemeinsam auf diesem Gebiet tätig werden. Ihr Antrag spricht ein dringendes Problem an, aber generell sind weitere Fragen für die Zukunft zu klären, aber dazu komme ich am Schluss meiner Rede.

Der Paragraf 52a, oder auch der Hochschulparagraf genannt, ist die Norm, die das sogenannte E-Learning befördern soll,

(Udo Pastörs, NPD: Oh, das E-Learning! So was!)

also das Lernen mittels elektronischer und digitaler Medien.

Frau Dr. Seemann hat bereits darauf aufmerksam gemacht, im Jahre 2003 wurde das deutsche Urheberrecht eingeführt und damals bis zum 31.12.2006 befristet. Die Befristung wurde anschließend bis Ende 2008 verlängert. Es gab also damals schon keine eindeutige Position, diesen Paragrafen nun endgültig zu entfristen. Nein, man behalf sich wiederum mit einer Verlängerung. Das Gleiche spielte sich dann im Jahre 2008 ab, auch hier wieder nur eine Verlängerung des entsprechenden Paragrafen.

Die Gründe für diese Entscheidung sind kaum nachzuvollziehen. Man munkelt, dass es in Bezug auf die Abschaffung oder die unbefristete Festschreibung Unsicherheiten gab. Böse Zungen behaupten auch, dass die

Bundesregierung einigen Lobbyisten auf den Leim gegangen ist. Tatsächlich machte sich schon damals ein erhebliches Unbehagen breit, weil man merkte, dass das deutsche Urheberrecht und das Digitalzeitalter nicht wirklich zusammengehen. Dass dann mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Urhebergesetzes die Befristung bis Ende dieses Jahres verlängert wurde, war damals natürlich keine Überraschung mehr.

Der Gedanke hinter dem Paragrafen 52a ist richtig und für Bildung und Forschung aus unserer Sicht unerlässlich. Wenn man an Schulen und Hochschulen den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien fordert – und das tun wir ganz deutlich –, dann muss man auch die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, die dafür sorgen, dass die entsprechenden Nutzergruppen sich nicht ständig der Gefahr ausgesetzt sehen, irgendwelche Rechtsverletzungen zu begehen.

Durch die Regelung des Paragrafen 52a haben Bildungseinrichtungen, Forschung und Lehre die Möglichkeit, immer aktuell zu sein. Wichtig ist auch – und gerade das wird von den gerechten Vertretern immer kritisiert – die Möglichkeit, Inhalte zu digitalisieren und in Netzen bereitzustellen. Ich weise darauf hin, dass andere Länder in Europa über entsprechende Regelungen verfügen. Hier hat man die Wichtigkeit der Zugänglichmachung von kleineren Werken und Teilen von Werken zugunsten von Lehre und Forschung erkannt. Dort gibt man sich nicht mit befristetem Stückwerk zufrieden.

Die bisherige Regelung in Deutschland mit seinen immer wieder verlängerten Befristungen ist weder Fisch noch Fleisch und schafft mehr Unsicherheit, als dass sie Sicherheit schafft. Nicht umsonst liegt Deutschland bei den 2010 vor dem IBM-Corporation durchgeführten E-Learning-Ranking nur noch auf Rang 18 von 70. Damit liegen wir hinter den meisten unserer europäischen Nachbarn und während sie ihre Position halten oder ausbauen, geht es für uns weiter bergab.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das bedeutet ganz klar, dass wir in diesem Bereich Entwicklungsland sind, und niemand wird doch ernsthaft behaupten wollen, dass sich beim Wegfall des Paragrafen 52a diesbezüglich etwas verbessern würde.

Meine Damen und Herren, die Entfristung des Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz ist eine Forderung, die es nicht erst seit gestern gibt. Gerade innerhalb der deutschen Wissenschaftsorganisation ist man sich da völlig einig, der Paragraf 52a Urhebergesetz muss entfristet werden, zumindest bis ein völlig neues Urheberrecht auf den Weg gebracht wird. So teilte die große Wissenschaftsorganisation in einem Schreiben ihr Anliegen mit. Hierin heißt es, Zitat: „Auch tragen gerade diejenigen Vorschriften, die sich mit digital vorliegenden Inhalten befassen, zu wenig den Erfordernissen einer schnellen und ungehinderten Wissenschaftskommunikation Rechnung. Dies ist innovationshemmend für den Wissenschaftsstandort Deutschland“. Zitatende.

Man spricht sich ausdrücklich für eine Entfristung aus und weist zu Recht darauf hin, dass die kommerziellen Verlage mangels Rechtsinhaberschaft gar nicht in der Lage seien, Inhalte in gleicher Form und gleichem Umfang bereitzustellen, wie es im Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz gelingt.

Meine Damen und Herren, man merkt hier, wo das eigentliche Problem liegt. Wir haben hier nicht nur die widerstreitenden Interessen der Gewinnmaximierung der Urheber und Verwerter einerseits und den Nutzen für Forschung und Bildung andererseits, sondern wir haben das Problem, dass nur eine generelle gesetzliche Regelung wie Paragraf 52a Urheberrechtsgesetz die Interessen von Bildung und Forschung überhaupt berücksichtigt. Bedenkt man dann noch, dass die Arbeit mit wissenschaftlichen Publikationen und das wissenschaftliche Publizieren selbst zum Kernbereich der Wissenschaftsfreiheit des Artikels 5 Absatz 3 des Grundgesetzes gehören, also verfassungsrechtlich verwirkt sind, andererseits die Urheber und Verwerter auch bei Fortbestand des Paragrafen 52a eine auskömmliche Vergütung erhalten, wird die Wahl zur Entscheidung doch sehr eng.

Insofern scheinen mir gewisse Äußerungen zur Abschaffung des Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz wie von Karl-Heinz Winter vom Börsenverein doch sehr befremdlich. Er meint, Zitat: „Statt gemeinsam mit Autoren, Verlagen und Verwertungsgesellschaften umfassende Lizenzlösungen anzubieten, hat man Professoren und Dozenten an deutschen Hochschulen zu Urheberrechtsverletzungen verleitet.“ Zitatende. Hier werden also Professoren und Dozenten in eine kriminelle Ecke geschoben, weil sie ihren Lehrauftrag so erfüllen, wie es der Stand der Technik verlangt und die Gesellschaft von ihnen wünscht. Die Entrüstung, die in Hochschulkreisen durch die Professoren und Dozenten gegangen ist, kann ich mir lebhaft vorstellen.

(allgemeine Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich hatte zu Beginn meiner Rede darauf hingewiesen, dass wir bezüglich des Urheberrechtes weitergehenden Handlungsbedarf sehen. In unserer Debatte zur ACTA-Problematik hatte ich bereits darauf hingewiesen, Sie sahen es damals anders, mussten sich aber mittlerweile vom Europaparlament eines Besseren belehren lassen. Nun gut. Jedenfalls darf in Zukunft mit der Entfristung des Paragrafen 52a das Thema Urheberrecht und Internet noch nicht beendet sein.

DIE LINKE strebt hier weitere Reformen an. Dazu gehören unter anderem das Verbot von Buy-out-Verträgen, Instrumente für eine funktionierende Durchsetzung von angemessenen Vergütungen, eine Reform der Verwertungsgesellschaften im Sinne der demokratischen Teilhabe, nicht nur der Megastars und Branchenriesen, die Weiterentwicklung der Förderung neuer Bezahlmodelle, die Stärkung offener Lizenzen, ein unabdingbares Zeitverwertungsrecht für Wissenschaftler, die Nutzungsschranke für die Wissenschaft, den Erhalt der Privatkopie und vieles andere mehr.

All diese Fragen müssen wir in nächster Zeit klären, zugegeben in erster Linie auf Bundesebene, aber wir sollten uns diesbezüglich kräftig einmischen. Ich hatte schon gesagt, wir stimmen dem Antrag zu und wir hoffen, dass auf Bundesebene ebenfalls eine Entfristung stattfindet. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Auch wenn wir jetzt bald 20.00 Uhr erreicht haben, bitte ich doch darum, die

Gespräche hier so am Rande und das allgemeine Gemurmel nach draußen zu verlagern, denn ich denke, der Redner, der hier vorne versucht, seine Rede vorzutragen, hat ein Interesse, vor interessiertem Publikum vorzutragen. Und wenn die Reihen sich dann hier leeren und draußen gesprochen wird, ist es allemal angenehmer, als wenn wir hier so ein allgemeines Gemurmel im Saal haben.

(Torsten Renz, CDU: Das sollte auch für die Rednerin gelten.)

Herr Renz, Sie haben meine Bemerkung von hier vorne nicht zu kommentieren.

Ich rufe auf für die Fraktion der CDU den Abgeordneten Herrn Liskow.

(Heinz Müller, SPD: Da haben wir aber Glück gehabt. – Torsten Renz, CDU: Sonst werde ich immer gegendert.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Seemann hat für die Koalition schon hervorragend eingebracht, deswegen versuche ich noch mal für die CDU-Fraktion, schlaglichtartig den Antrag zu erklären oder unser Anliegen zu erklären.

In diesem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, die Beschränkung der Gültigkeitsdauer für den Paragrafen 52a Urheberrechtsgesetz aufzuheben. Warum fordern CDU und SPD dies? Ganz einfach: Würde man die Beschränkung der Gültigkeitsdauer nicht aufheben, dann stünden Forschung und Unterricht am Ende dieses Jahres vor einem großen Problem. Es besteht also Handlungsdruck, denn der entsprechende Paragraf regelt seit 2003, dass kleine Teile urheberrechtlich geschützter Werke für Forschung und Unterricht verwendet werden dürfen.

Diese Regelung wurde dreimal befristet, sie läuft am 31.12.2012 aus. Auch das wurde von Frau Dr. Seemann schon gesagt. Zwar wäre auch denkbar, den Paragrafen noch einmal für zwei Jahre zu befristen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Um Gottes willen!)

ich halte aber eine Entfristung im Sinne effizienter Gesetzgebung für die schlaue Lösung. Die Gefahr besteht aber nicht, dass die Politik das Urheberrecht aus den Augen verliert.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Es ist keine drei Monate her, da hat die CDU/CSUBundestagsfraktion ein sehr lesenswertes Diskussionspapier zum Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft veröffentlicht.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

In diesem Diskussionspapier wird die Auffassung vertreten, dass der Paragraf 52a dringend der Überarbeitung bedarf. Es wird nicht verwundern, ich teile diese Auffassung ausdrücklich. Aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung sind viele der Regelungen nicht mehr passge

nau und teilweise technisch überholt, eine Problematik, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Urheberrecht zieht.

Die beste Lösung wäre in der Tat eine Wissenschaftsschranke, also die Stärkung wissenschaftlicher Arbeit im Urheberrecht. Wer forscht und lehrt, kommt nicht darum herum, sich mit dem geistigen Eigentum Dritter auseinanderzusetzen. Dies im Spannungsverhältnis zum Urheberrecht sinnvoll zu regeln, wird eine sehr spannende Diskussion werden. Diese Diskussion möchte ich heute nicht führen, sondern dafür werben, dass der Landtag der Entfristung des Paragrafen zustimmt im Wissen darum, dass der Paragraf 52a nur eine Übergangsregelung sein kann.

(Marc Reinhardt, CDU: Machen wir, machen wir.)

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche uns noch eine spannende Diskussion.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Dr. Seemann, zunächst muss ich Ihnen für Ihre wirklich profunde Einbringung danken. Sie haben viel Wichtiges und Richtiges genannt und die richtigen Perspektiven benannt.

(Torsten Renz, CDU: Oh!)

Aber leider muss ich zum vorliegenden Antrag sprechen, der ist kurios und relativ dünn. Das hatten Sie angesprochen, dass eigentlich ein größeres Problem dahintersteht,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Aber wir haben keine Zeit.)