Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Ich möchte kurz die Debatte unterbrechen und eine Delegation begrüßen, das mache ich außerordentlich gerne, und zwar haben wir die Delegation von Mitgliedern des außerordentlichen Ausschusses des Abgeordnetenhauses der Republik Indonesien hier zu Besuch mit dem Vorsitzenden Herrn Totok Daryanto. Ich begrüße Sie recht herzlich hier heute in unserem Landtag.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir freuen uns sehr, dass Sie sich insbesondere über die rechtlichen Grundlagen unserer kommunalen Selbstverwaltung informieren möchten, und wünschen Ihnen für die weiteren Gespräche, die Sie noch mit der Präsidentin und einigen Mitgliedern des Landtages führen werden,

viel Erfolg und weiterhin einen schönen und guten Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern.

Und jetzt bitte ich abschließend Herrn Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE ans Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle die, die jetzt erwartet haben, ich würde wieder Thünen zitieren, die muss ich enttäuschen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Zurufe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU: Oooh!)

Ich bin heute beim Zitieren aber ganz aktuell, denn der Chefredakteur der „BauernZeitung“ hat in der aktuellen Ausgabe zu unserem Thema Folgendes geschrieben, im Editorial heißt es, Zitat: „Überhaupt habe ich den Eindruck, dass manche Staatsdiener kaum noch Interesse an den Leuten haben, die sie ernähren. … Nicht genug, dass Praktiker, Verbände und sogar Länderminister seit Monaten ungehört ein Eingreifen in die ausufernden Entwicklungen am Bodenmarkt fordern. Fahren Sie doch mal draußen rum, verehrte Ministerialbeamte, und lassen Sie sich vor Ort das erzählen, was Ihnen die Wissenschaftler ja irgendwie nicht sagen können! Sie können doch nicht einfach zuschauen, wie den arbeitenden Landwirten ihre Produktionsgrundlagen hektarweise unter den Füßen weggekauft werden! Wann wollen Sie den unkontrollierten Kapitalflüssen denn Einhalt gebieten?“

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das frag ich mich auch.)

„Wann endlich die preistreibenden Staatslandverkäufe beenden und zur Langfristpacht übergehen?“ Ende des Zitates.

Ich versichere Ihnen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass es keine Absprachen zwischen Herrn Tanneberger und mir im Vorfeld unseres Antrages gegeben hat.

(Zuruf aus dem Plenum: Nicht?)

Aus dem Zitat wird deutlich, dass genau das Thema unseres Antrages auf der politischen Tagesordnung steht und Lösungen dafür hermüssen, damit den arbeitenden Bauern nicht die Produktionsgrundlage unter den Füßen weggekauft wird.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

In Übereinstimmung mit der Bundestagsfraktion, und ich zitiere jetzt aus einer Pressemitteilung meiner sehr geehrten, sehr geschätzten Kollegin Tackmann, wollen wir „den Zugriff nicht-landwirtschaftlicher Investoren auf den Acker verhindern“.

Lieber Kollege Krüger, in der Diskussion seinerzeit zu dem von Ihnen auch angesprochenen Antrag war nicht von dem Verkehrswert die Rede, sondern es gab Übereinstimmung, dass angestrebt werden sollte – das hatte auch Minister Dr. Backhaus seinerzeit zum Ausdruck gebracht –, dass verhandelt werden sollte, die Flächen zum Ertragswert zu übernehmen. Das war seinerzeit übereinstimmende Auffassung.

Und, lieber Herr Kollege Schütt, Minister Backhaus hat hier gesagt, dass gemeinsam mit Sachsen-Anhalt weiter über die Übernahme der noch bei der BVVG befindlichen Flächen mit dem Bund verhandelt wird. Deswegen kann ich nicht verstehen, wenn Sie sagen, wir lehnen das als CDU-Fraktion ab.

Vielleicht fragt sich der eine oder andere von Ihnen, was mit dem dauernd auftauchenden Begriff „Agrarstruktur“ gemeint ist und was darin alles beinhaltet ist. Ich will Ihnen zum besseren Verständnis unseres Anliegens sagen, wie wir diese komplexen Sachverhalte betrachten und den Begriff folgendermaßen interpretieren. Ich kann das in vier Worten tun: „Bauernland gehört in Bauernhand!“

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wir wollen nicht den nicht landwirtschaftlichen Investor aus einem anderen Bundesland oder sonst woher, der den landwirtschaftlichen Betrieb kauft, um dann einmal im Monat bei Vollmond zu erscheinen und mit Geschäftsfreunden auf seiner Eigenjagd ein paar Wildschweine zu schießen.

Wir wollen, dass der Bauer, der ortsansässig ist, in der Lage ist, seine Produktionsgrundlage, den Boden, zu erhalten und zu sichern. Dabei sind uns selbstverständlich auch Landwirte aus anderen Ländern, die hier wirtschaften und sich damit in die Gemeinden, in denen sie wohnen, einbringen, willkommen. Das ist gut für die ländliche Entwicklung, das ist gut für die Unterstützung der Gemeinden und das ist gut für die nachhaltige Entwicklung.

Der Präsident des Deutschen Bauernbundes, KurtHenning Klamroth, hat mir und vielleicht auch vielen von Ihnen geschrieben, welche Lösungen er sich vorstellt. So sieht er zum Beispiel die Präsenzpflicht eines Pächters oder Käufers. Das bezieht er auch auf Gesellschafter, die mehr als zehn Prozent des Stammkapitals halten, und begründet das damit, dass die Wertschöpfung im ländlichen Raum bleibt, auch wenn der Deutsche Bauernbund, wie er schreibt, christlich, konservativ und heimatverbunden ist, habe ich als Linker kein Problem damit, solche Positionen zu unterstützen.

Der Deutsche Bauernbund macht anhand offizieller Zahlen eine interessante Rechnung auf. Würde ein Betrieb einen Hektar Boden zum Preis von 20.000 Euro kaufen, entstünde daraus durch die übliche Finanzierung eine jährliche Liquiditätsbelastung von 1.442 Euro pro Hektar. Legt man nach der amtlichen Berichterstattung zugrunde, dass Haupterwerbsbetriebe im Jahresdurchschnitt 68.000 Euro Gewinn erwirtschaften, dann entspricht das bei einer durchschnittlichen Flächenausstattung von 235 Hektar einem Gewinn von 289 Euro pro Hektar vor Steuern. Wenn Sie die erwirtschafteten 289 Euro pro Hektar gegen die Kosten von 1.442 Euro pro Hektar durch den überteuerten Kauf setzen, wissen Sie, dass diese Kosten nicht durch normale landwirtschaftliche Tätigkeit zu erwirtschaften sind. Da der Boden aber trotzdem gekauft wird beziehungsweise gekauft werden muss, weil er sonst weg ist, geht das zulasten der betrieblichen Entwicklung und auch der Entlohnung der Mitarbeiter.

Ich hatte in meiner Einbringungsrede die Möglichkeiten des Reichssiedlungsgesetzes und das darin enthaltene

Vorkaufsrecht der Siedlungsunternehmen des Landes, in unserem Falle der Landgesellschaft, erwähnt. In der Praxis funktioniert die Versagung des Kaufes wegen überhöhter Preise leider unzureichend bis gar nicht, aber bei Käufen durch Nichtlandwirte ist eine Intervention erfolgreicher. Die Landgesellschaft kann dann das Vorkaufsrecht ausüben. Diese Fälle haben sich bundesweit und in unserem Lande stark erhöht. Waren es 2009 noch 34 Verfahren mit 937 Hektar, die zur Prüfung anstanden, sind es 2011 schon 83 Verfahren mit 2.002 Hektar. 2010 wurden 30 Vorkaufsrechtsverfahren mit 384 Hektar durch die Landgesellschaft ausgeübt.

Der Bundestrend ist ähnlich steigend und weist deutlich auf das Eindringen der agrarfremden Investoren hin. Die Bundesregierung hat richtigerweise erklärt, dass sie zum Leitbild der bäuerlichen Strukturen stehe. Dieses politische Ziel wird aber durch das Fremdkapital, wie Beteiligung, Übernahme et cetera, immer schneller infrage gestellt. Ich will damit deutlich machen, dass auch die Bundesregierung in das Boot gehört, auch wenn die Föderalismusreform dieses Rechtsgebiet bei den Ländern angesiedelt hat.

Ein weiteres Bundesthema entsteht bei den Vorkaufsgeschäften durch die Landgesellschaften. Diese zahlen die Grunderwerbssteuer und die von der Landgesellschaft kaufenden Bauern zahlen diese wiederum. Ein ganz normaler Vorgang, werden manche jetzt sagen. Aber wenn dieser Vorgang dazu da ist, die Agrarstruktur zu retten, wäre er kontraproduktiv und gehört nach unserem Willen geändert.

Das Landpachtverkehrsgesetz gehört mit in die Grup- pe der anzupassenden Gesetze. Seine Aufgabe ist, unangemessene Pachthöhen zu verhindern. Aber je- des Gesetz ist nur so gut, wie sein Vollzug wirkt. Das Gutachten der BLG weist darauf hin, dass nur ein Bruchteil der Pachtverträge und der Pachtverände- rungen gemeldet werden, da die Nichtmeldung nicht sanktioniert ist. Dass die verfehlte BVVG-Politik auch in der Pachthöhe zu Buche schlägt, habe ich bereits erwähnt.

Hier noch ein kleines Beispiel: Im ersten Halbjahr 2012 erzielte die BVVG in unserem Lande nach Ausschreibung Durchschnittspachtpreise von 557,40 Euro pro Hektar, das entspricht 12,58 Euro pro Bodenpunkt, wenn wir in diesem Beispiel von einer Bonität mit 36 Punkten ausgehen. Die Landgesellschaft verpachtet ihre Flächen im Schnitt für 5,50 Euro pro Bodenpunkt bei Neuverpachtungen.

Ich komme auf das Eingangszitat zurück und frage: Wann wollen wir endlich verhindern, dass den arbeitenden Landwirten ihre Produktionsgrundlagen hektarweise unter den Füßen weggekauft werden? Jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der richtige Zeitpunkt, dem entgegenzutreten!

(Udo Pastörs, NPD: Wie, ist die Frage. Wie?)

Danke sehr.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE an den Agrarausschuss zu überweisen. Dieser Antrag auf Überweisung geht dem Antrag auf Abstimmung in der Sache vor.

Von daher lasse ich zunächst darüber abstimmen, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1128 zur Beratung an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Und Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt, mit Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der NPD, bei Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1128. Wer dem zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Und Enthaltun- gen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1128 abgelehnt, mit Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der NPD, bei Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU, bei keinen Enthaltungen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Situation für … Nee.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der ist verschoben.)

Oh Entschuldigung, den machen wir ja morgen.

(Heinz Müller, SPD: So ist es.)

Aber gut aufgepasst.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dann rufe ich jetzt den Tagesordnungspunkt 12 auf: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Die politisch organisierte Altersarmut verhindern – Generationengerechtigkeit herstellen und den deutschen Sozialstaat gestalten!, Drucksache 6/1142.

Antrag der Fraktion der NPD Die politisch organisierte Altersarmut verhindern – Generationengerechtigkeit herstellen und den deutschen Sozialstaat gestalten! – Drucksache 6/1142 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Köster von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Aufschrei ging Anfang September durchs Land:

(Jörg Heydorn, SPD: Ein Aufschrei!)

„Normalverdiener droht Altersarmutsfalle“ oder „70 Prozent der Ostdeutschen droht Altersarmut“. So titelten zum Beispiel die hiesigen Zeitungen. Offenbar um die Aufmerksamkeit für die von ihr geforderte Zuschussrente zu erhöhen, gab die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, CDU, öffentlich zu, dass das Armutsrisiko

baldiger Rentner erheblich höher als bislang zugegeben ist.

So wird den Berechnungen nach ein durchaus hohes Bruttomonatsgehalt von 2.500 Euro und 35 Beitragsjahren nur dazu reichen, ab dem Jahre 2030 eine Monatsrente auf Sozialhilfeniveau in Höhe von 688 Euro zu beziehen. Bundesweit erhalten nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 54 Prozent aller Arbeitnehmer ein Bruttomonatsgehalt von bis zu 2.500 Euro im Monat. In Mitteldeutschland sind es sogar 69 Prozent, die weniger als 2.500 Euro monatlich verdienen. 35 Prozent der Arbeitnehmer in Mitteldeutschland verfügen gar über ein Monatsgehalt von weniger als 1.500 Euro brutto. Die Mehrheit der Rentner wird demzufolge in wenigen Jahren in Armut leben.