Aber es gibt Studien, dass sich die Preise innerhalb der letzten acht Jahre im Bereich der Lebensmittel verdoppelt haben. Wir haben steigende Lebenshaltungskosten, Wohnraum, Energie. Das ist Ihnen allseits bekannt.
Was kommt auf die Arbeitnehmer zu? Herr Heydorn sagte, wir brauchen Mindestlohn. Der Mindestlohn – das hat die Frau von der Leyen ja auch zugegeben – wird im Jahre 2030 nicht mehr ausreichen,
um überhaupt eine Rente zu sichern, von der man leben kann. Selbst ein Bruttogehalt von 2.500 Euro im Monat und 35 Beitragsjahre führen ab dem Jahre 2030 zur Altersarmut. Sagen Sie das den Menschen mal im Land, anstatt sie jeden Tag zu belügen. Und das trifft auf 54 Prozent aller Arbeitnehmer im Land zu, in Mitteldeutschland sogar auf 69 Prozent aller Arbeitnehmer. Und 35 Prozent aller Arbeitnehmer in Mitteldeutschland erhalten sogar ein Gehalt von weniger als 1.500 Euro im Monat. Geben Sie doch endlich mal den Menschen wirklich die Wahrheit kund! Was machen Sie denn? Sie belügen die Menschen von morgens bis abends.
Nein, das können Sie vergessen, Herr Jaeger. Die NPD wird immer noch die Stimme erheben und die Wahrheit aussprechen.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Margret Seemann, SPD: Sie haben doch schon gar keine Stimme mehr, Herr Köster. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Och, Herr Köster!)
Und die Handlungen vor diesem Hintergrund, die Handlungen der anderen Parteien – viele Worte, alles Heuchelei.
Wir können es ja jeden Tag in den Medien lesen, die innerparteilichen Auseinandersetzungen. Und der Herr Krüger verteilt sogar Postkarten, mit denen er die Bürger auffordert, sich für die Angleichung der Renten starkzumachen.
(Thomas Krüger, SPD: Na, das ist doch richtig. – Dr. Margret Seemann, SPD: Gut macht Herr Krüger das.)
(Thomas Krüger, SPD: Das ist nicht die Wahrheit. – Silke Gajek, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN: Oh! Oh! Oh!)
Die NPD wird dem Linken-Antrag nicht zustimmen, weil er völlig unausgegoren ist und Sachen verspricht, die gar nicht einzuhalten sind. Und insofern lehnen wir den Antrag ab.
Herr Köster, ich erteile Ihnen für Ihre letzte Bemerkung auch einen Ordnungsruf. Damit haben Sie den zweiten Ordnungsruf erhalten und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Ihnen bei einem dritten Ordnungsruf das Rederecht entzogen wird.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Rentenpolitik hat den Vorteil, überschaubar zu sein. Die Menschen, die demnächst Altersrente beziehen, und diejenigen, die diese Rente durch ihre Beiträge finanzieren werden, sind bereits geboren. Die Deutsche Rentenversicherung hat sie statistisch erfasst. Spätestens seit ihren Studien „Altersvorsorge in Deutschland“ von 1996 und 2005 wissen Fachleute, dass die Altersarmut besorgniserregend zunimmt. Die Ursachen liegen in den Veränderungen des Arbeitsmarktes. Seit 1996 verdoppelte sich nicht nur die Zahl der Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Dazu zähle ich die etwa 3 Millionen Minijobber, die etwa 5 Millionen Teilzeitbeschäftigten und die etwa 2,5 Millionen Soloselbstständigen.
arbeiten inzwischen etwa 8 Millionen Menschen in Deutschland für weniger als 9,15 Euro pro Stunde. 1,4 Millionen Beschäftigte erhalten sogar weniger als 5 Euro die Stunde, wohlgemerkt brutto. Nach den Statistiken der Bundesarbeitsagentur arbeiten in den westdeutschen Bundesländern 16 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich. In den ostdeutschen Bundesländern sind es 21 Prozent und in MecklenburgVorpommern sogar 45 Prozent. Die Bruttoeinkommen dieser Arbeitnehmer liegen unter 1.379 Euro im Osten und 1.890 Euro im Westen. Damit entsteht kein Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung.
Atypisch und prekär Beschäftigte erwerben nicht nur sehr geringe Rentenanwartschaften, von betrieblichen Sozialleistungen sind sie in der Regel ausgeschlossen. Privat fürs Alter können diese Menschen nicht vorsorgen. Wovon auch? Wer ergänzende Leistungen der Sozialhilfe beantragt, braucht das Geld für Miete, Telefon, Energie, Fahrtkosten. Deshalb ist der Gedanke aus dem Bundesarbeitsministerium, eine Zuschussrente an eine betriebliche oder private Vorsorge zu binden, lebensfremd. Er muss Geringverdienenden und prekär Beschäftigten wie Hohn vorkommen.
Die wachsende Altersarmut ist aber auch ein Ergebnis der veränderten Gesetzgebung. Sie begann mit einem Paradigmenwechsel. Nicht mehr die Sicherung eines angemessen Lebensstandards im Alter ist seit dem November 1989 Ziel der Rentenpolitik, sondern der Erhalt der Beitragssatzstabilität. Dementsprechend
wurden die Altersgrenzen hinausgeschoben von 60 und 63 Jahren auf 65 und 67. Die Rentenberechnung wurde von den Brutto- auf die Nettolöhne und später auf durch Vorsorgefaktoren korrigierte Bruttolöhne bezogen. Es wurden Demografie- und Nachhaltigkeitsfaktoren in die Rentenberechnung eingeführt und die Anrechnungszeiten für die Ausbildung wurden gekürzt. Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten wurden durch halbe und volle Erwerbsminderungsrenten ersetzt, auf Witwen- und Witwerrenten das Einkommen angerechnet. Für Arbeitslose und Arbeitslosengeld-II-Empfänger wurden die Beiträge zur Rentenversicherung zusammengestrichen und so weiter. Die Veränderungen der letzten Jahrzehnte gingen immer zulasten der Versicherten und der Rentner.
Dass Altersarmut in einem reichen Land zunimmt, ist ein Ergebnis einer verfehlten Politik. Das können wir ändern. Der Antrag an die Landesregierung, sich für eine armutsfeste Mindestrente einzusetzen, wäre ein erster Schritt. Er würde den Menschen Hoffnung machen, Hoffnung, die die jetzt diskutierten Konzepte des Bundesarbeitsministeriums und der Arbeitsgruppe um Sigmar Gabriel nicht vermitteln.
Den Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium finden nicht nur Betroffene lebensfremd. Er wird auch von Experten der Deutschen Rentenversicherung und des Bundesverbandes der Rentenberater
abgelehnt. Sie bezweifeln nicht nur die vorgelegten Zahlen, sie bewerten die Zuschussrente auch als „,in ihrer Zielsetzung unklar, in ihren Auswirkungen nicht zielgenau und hinsichtlich der Finanzierung nicht systemgerecht‘“, so zitiert im „Spiegel“ vom 10. September.
Bei der Zuschussrente wären Versicherte gezwungen, privat vorzusorgen. Das wäre ein Konjunkturpaket für die Versicherungswirtschaft. Seit Jahren ist bekannt, dass Riester- und Rürup-Rentenverträge den Versicherten nur schmale Erträge bringen. Deshalb empfehlen Wissenschaftler der Hans-Böckler-Stiftung in einer aktuellen Studie, deren Subventionierung auslaufen zu lassen. Zur Vermeidung von Altersarmut sei das Rentenniveau zu erhöhen, anstatt es zu senken. Die Niedrigrenten seien durch Steuergelder aufzustocken. Nachzulesen im September-Report des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung.
Die „Eckpunkte für ein Konzept zur Bewältigung der rentenpolitischen Herausforderungen“ der Arbeitsgruppe um Sigmar Gabriel eignen sich meines Erachtens ebenfalls nicht zur Verhinderung von Altersarmut. Sie distanzieren sich nicht von der Absenkung des Rentenniveaus von heute 51 auf 43 Prozent im Jahre 2030 und der Altersrente ab 67. Verschwiegen wird, dass die Rente mit 67 nach geltenden SPD-Beschlüssen erst kommen soll, wenn 50 Prozent aller Älteren sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.
Auch die Entlassung der Arbeitgeber aus der paritätischen Finanzierung wird in den Eckpunkten nicht angetastet. Auch sie setzen, um die Altersarmut zu vermeiden, auf eine zusätzliche kapitaldeckende Altersvorsorge, hier in Form von staatlich geförderten Betriebsrenten. Dabei wird vollkommen negiert, dass auch Betriebsrenten allen Risiken des Kapitalmarktes unterliegen und dass private Versicherungen heute fast keine Renditen erwirtschaften. In den USA hat die Kapitaldeckung dazu geführt, dass Millionen von Betriebsrenten entwertet wurden.
Zeiten der Arbeitslosigkeit rentenmäßig besser zu bewerten, fordert DIE LINKE seit Jahren. Auch den Vorschlag der SPD-Eckpunkte, für die Erwerbsminderungsrenten 7,7 Millionen pro Jahr zusätzlich aufzuwenden, teilen wir. Das würde die Lage der Menschen mit Erwerbsminderungsrente deutlicher und schneller verbessern als der Gesetzentwurf aus dem Arbeitsministerium, der diese Renten von heute durchschnittlich 634 Euro auf 679 Euro in knapp 20 Jahren erhöhen will. Wenn die Verbesserungen, wie im SPD-Papier geplant, allerdings erst für die Rentenneuzugänge ab dem Jahre 2014 gelten, dann sind diejenigen benachteiligt, die schon vorher eine Alters- oder Erwerbsminderungsrente beziehen.
Wir wollen einen grundlegenden Kurswechsel in der Rentenpolitik. Die gesetzliche Rente muss armutsfest gemacht werden. Es muss eine Mindestrente eingeführt werden, von der alte und kranke Menschen in Würde leben können. Das ist auch die Meinung der Bürger. Nach einer repräsentativen Umfrage, veröffentlicht am 12. September im Hamburger Magazin „Stern“, empfindet ein Großteil das deutsche Rentensystem als ungerecht. Vor allem Frauen, 75 Prozent, sind mit den aktuellen Regelungen unzufrieden. Bei den Männern waren es nur 69 Prozent. Drei Viertel der Befragten sympathisieren mit der Idee einer steuerfinanzierten Grundrente.