Und das NPD-Verbot ist dabei nicht die schlussendliche Lösung, aber es ist ein immens wichtiger Baustein in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, deshalb finden Sie hier ausdrücklich auch die Unterstützung der GRÜNEN-Fraktion. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1215. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Hand- zeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1215 mit den Stimmen der SPD, der CDU, der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Gegenstimmen der NPD angenommen.
Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließung zur Umsetzung von Beschlüssen der 21. Ostseeparlamentarierkonferenz in Sankt Petersburg, Russische Föderation, vom 26. bis 28. August 2012, Drucksache 6/1214.
Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entschließung zur Umsetzung von Beschlüssen der 21. Ostseeparlamentarierkonferenz in Sankt Petersburg, Russische Föderation, vom 26. bis 28. August 2012 – Drucksache 6/1214 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der 24. Oktober steht auf unserer Tagesordnung jetzt im Zeichen der Zusammenarbeit in der Ostseeregion. Und er steht auch im Zeichen der großen internationalen Zusammenarbeit, denn der 24. Oktober ist auch der Tag der Vereinten Nationen. Heute vor 67 Jahren, am 24. Oktober 1945, ist die Charta der Vereinten Nationen in Kraft getreten und damit die rechtliche Grundlage, die Verfassung für die internationale Zusammenarbeit weltweit.
Und dazu passt ganz gut, was heute vor uns liegt, und das ist der gemeinsame Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es geht um die Ihnen als Drucksache 6/1214 vorliegende Entschließung zur Umsetzung von Beschlüssen der 21. Ostseeparlamentarierkonferenz. Damit wollen wir die Tradition der Demokratinnen und Demokraten fortführen, dem im Ostseeraum gemeinsam Verhandelten für das Land im Landtag zuzustimmen.
Ich möchte kurz zum Inhalt und zur Resolution vortragen. Dann werde ich auf die Sondermandate des Landtages im Rahmen der Konferenz und die Arbeitsgruppe eingehen. Zum Schluss möchte ich in einem Ausblick insbesondere auf Ziffer 4 der Entschließung eingehen.
Die 21. Ostseeparlamentarierkonferenz fand unter dem Thema „Zusammenarbeit für eine nachhaltige Entwicklung der Ostseeregion“ in Sankt Petersburg statt. Im Fokus standen die Themen „Zusammenarbeit“, „Integrierte Meerespolitik“, „Gesundheit, Arbeitsmarkt und wirtschaftliche Entwicklung“ sowie „Nachhaltiges Wachstum und Energieeffizienz“. Für all diese Bereiche wurden umfassende Forderungen und Maßnahmenvorschläge erarbeitet.
Unserer Delegation ist es, wie schon in vielen früheren Jahren dabei gelungen, wesentliche Punkte der Beschlusslage dieses Landtages mit einzubringen. Dabei konnten wir insbesondere auf den Beschluss Bezug nehmen, den wir hier Ende April getroffen haben, denn da haben wir hier der Entschließung des diesjährigen Parlamentsforums „Südliche Ostsee“ zugestimmt und damit einer Fülle von Forderungen und Handlungsempfehlungen rund um die Themen „Nachhaltiges Wachstum“, „Erneuerbare Energien“, „Nachhaltiger Tourismus“ und „Integrierte maritime Politik“. Und die haben wir nun auch in der Beschlussvorlage der Ostseeparlamentarierkonferenz als der sozusagen großen Schwester des Parlamentsforums einbringen können.
Das gilt namentlich für die Förderung und Entwicklung des nachhaltigen Wachstums, der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien. Das gilt auch und gerade für den Ausbau des nachhaltigen Tourismus. In diesem Bereich haben wir mit Professor Dr. Feige einen der Hauptredner in Sankt Petersburg gestellt. Er wies unter anderem darauf hin, dass gerade der Fokus der Nachhaltigkeit gute Chancen für branchenübergreifende Kooperationsprojekte biete. Tourismus könnte so noch mehr zu einer Schlüsselindustrie für die Ostseeregion werden. Zu bedenken sei allerdings, dass ab 2014 in der neuen EUFörderperiode nach derzeitigen Planungen keine gesonderte Tourismusförderung mehr möglich sein werde.
Im Umweltbereich geht es auch zukünftig darum, die von den Regierungen im Ostseeraum im Jahr 2007 in Krakau angenommenen Verpflichtungen nach dem Ostseeakti
onsplan vollständig umzusetzen, damit der gute ökologische Status der Ostsee bis zum Jahr 2021 wiederhergestellt wird. Die Ostseeparlamentarierkonferenz hat diesen Plan bereits in zahlreichen Resolutionen unterstützt.
Ich möchte daran erinnern, dass dieser Ostseeakti- onsplan ein absolutes Ausnahmeprojekt ist, mit dem wir Ostseeanrainerstaaten eine Vorreiterstellung beim Schutz der Meere einnehmen. Hier hat Frau Präsidentin Bretschneider gemeinsam mit der finnischen Abgeordneten Christina Gestrin einen umfangreichen schriftlichen Bericht über die Wahrnehmung des Beobachtermandats bei der ostseeweiten Regierungsorganisation HELCOM vorgelegt. Mündlich hat die Kollegin Gestrin in Sankt Petersburg vorgetragen und hervorgehoben, dass viele der Festlegungen der Ministerkonferenz aus dem Mai 2010 in Moskau noch nicht umgesetzt worden seien.
Ganz oben auf der Tagesordnung der HELCOM steht die Ausweisung der Ostsee als Stickstoffschutzzone für Schiffe, das heißt als sogenannte NECA. Ein entsprechender Antrag zur Einreichung bei der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO ist bereits erstellt. Nun gilt es, innerhalb der HELCOM einen Zeitpunkt zur Einreichung festzulegen, dem alle beteiligten Staaten zustimmen. So viel zu HELCOM.
Nun zur Arbeitsgruppe der Konferenz. Sie wurde im vergangenen Jahr zum Thema „Nachhaltiges Wachstum und Energieeffizienz“ gegründet. Das Thema deckt Bereiche ab, die auch der politischen Schwerpunktsetzung unseres Landes entsprechen. So haben wir die Chance wahrgenommen, uns in diese Arbeitsgruppe aktiv einzubringen. Die Abgeordneten Jochen Schulte und stellvertretend Jürgen Seidel haben an den Sitzungen mitgewirkt und die Interessen und Kompetenzen des Landes ver- treten.
Im Rahmen der diesjährigen 21. Ostseeparlamentarierkonferenz legte die Arbeitsgruppe ihren Zwischenbericht und ihre Empfehlungen vor. Zu diesen gehört beispielsweise, Wissen über nachhaltiges Wachstum und Energieeffizienz zu erweitern. In Gebäuden, vor allem in Bestandsgebäuden, sollen Konzepte zur Verbesserung der Energieeffizienz umgesetzt werden. Nationale Ziele sollen rasch umgesetzt und beispielsweise ein nachhaltiges Beschaffungssystem vorangetrieben werden.
Ein weiterer für uns besonders relevanter Themenkomplex ist der Bereich der Wettbewerbsfähigkeit der Ostseeregion im globalen Vergleich. Eine integrierte maritime Politik betrifft die ureigenen Interessen unseres Landes. Sowohl Tourismus als auch Schifffahrt, Logistik und Häfen sind als Rückgrat unserer Wirtschaft massiv betroffen. Gerade die Wettbewerbsfähigkeit der Schifffahrt soll mithilfe geeigneter und gezielter Anreize gestärkt werden.
Sie erinnern sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, 2011 endete das Mandat der Arbeitsgruppe „Integrierte maritime Politik“ unter Leitung des Kollegen Jochen Schulte, der daraufhin zum maritimen Berichterstatter ernannt wurde. In Sankt Petersburg hat Kollege Schulte schriftlich und mündlich über die aktuellen Entwicklungen im Bereich der integrierten Meerespolitik unterrichtet. Die Ostsee werde nicht nur Schwefelreduktionsgebiet, sie werde auch Stickoxidreduktionsgebiet. Beides könne Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit im globalen Wett
Positiv hervorgehoben hat er die zunehmende Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den verschiedenen Organisationen im Ostseeraum. Er hat sich dafür ausgesprochen, im Jahre 2013 eine Veranstaltung auszurichten, um den Akteurinnen und Akteuren die Gelegenheit zu geben, aktuelle Themen zu erörtern und sich im Interesse einer weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit auszutauschen.
Der Einfluss Mecklenburg-Vorpommerns innerhalb der Ostseeparlamentarierkonferenz wird auch künftig durch Sondermandate sichergestellt, die wir wahrnehmen. Dazu gehört neben dem erwähnten maritimen Berichterstatter auch das Beobachtermandat bei der ostseeweiten Regierungsorganisation HELCOM. Ich freue mich sehr, dass sowohl Frau Präsidentin Bretschneider als auch Herr Kollege Schulte durch den Ständigen Ausschuss der Konferenz gebeten wurden, ihre Sondermandate weiter auszuüben. Und diese Erfolge sind auch der Hintergrund für den unter Ziffer 4 der Entschließung formulierten Auftrag, denn die Erfahrung lehrt, hoher Einsatz und intensive Arbeit bringen die Interessen unseres Landes im Ostseeraum voran. Und da ist es nur konsequent, wenn wir uns darum bemühen, selbst eine Ostseeparlamentarierkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern auszurichten.
Einmal haben wir dies bereits getan. Im Jahre 2001 war Greifswald der Veranstaltungsort. Rund ein Dutzend Jahre danach, und darin sind sich alle Delegationsmitglieder und die demokratischen Fraktionen hier im Landtag einig, rund ein Dutzend Jahre danach sollten wir unseren Hut wieder in den Ring werfen, denn als Ausrichter können wir die Agenda der Konferenz noch intensiver mitbestimmen und unsere Vorzüge auch ostseeweit noch bekannter machen und konkrete Erträge für unser Land erzielen.
Ich kann mir vorstellen, dass „Energieeffizienz“, „Er- neuerbare Energien“, eine „Versorgungssichere und bezahlbare Energieversorgung“, aber auch Themen wie „Nachhaltiger Tourismus und der Fachkräftebedarf“ auf unsere Anregung hin auf der Tagesordnung der Ostseeparlamentarier ganz oben stehen sollten. Und um das zu erreichen und um dabei unsere Stärken deutlich machen zu können, sollten wir anstreben, eine der nächsten Konferenzen auszurichten, nach Möglichkeit eben im Jahre 2015, noch in dieser Wahlperiode.
Dass das nicht trivial wird, dass wir damit auch im Wettbewerb stehen mit den anderen Interessenten, das haben die Beratungen in Sankt Petersburg ganz deutlich gezeigt. Auch andere Anrainer möchten die Chancen, die mit der Ausrichtung und dem damit einhergehenden einjährigen Vorsitz der Konferenz verbunden sind, gerne nutzen. Doch ich bin zuversichtlich, dass es uns auch vor dem Hintergrund des guten Rufes, den wir und unsere Arbeit in der Konferenz haben, gelingt, das Mandat für die Ausrichtung 2015 zu erhalten. Und damit verfolgen wir auch die in Artikel 11 unserer Verfassung genannte Verpflichtung, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere im Ostseeraum zu fördern.
In diesem Sinne lassen Sie uns die Präsidentin damit beauftragen, sich für ein Mandat des Landes zur Ausrichtung der Konferenz wenn möglich im Jahre 2015 einzu
setzen, und lassen Sie uns bis dahin die aktuellen Sondermandate des Landtages bei der HELCOM im Rahmen der integrierten Meerespolitik und der Arbeitsgruppe „Nachhaltiges Wachstum und Energieeffizienz“ aktiv unterstützen. Und dazu bitte ich Sie um möglichst breite Zustimmung zu der gemeinsamen Entschließung von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1214. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1214. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1214 mit den Stimmen der SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN angenommen, bei Enthaltung der Fraktion der NPD.
Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Verbesserung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs, Drucksache 6/1218, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Benachteiligung von gesetzlich Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern beenden – Risikostrukturausgleich des Gesundheitsfonds reformieren, Drucksache 6/1226.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Verbesserung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs – Drucksache 6/1218 –
Antrag der Fraktion DIE LINKE Benachteiligung von gesetzlich Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern beenden – Risikostrukturausgleich des Gesundheitsfonds reformieren – Drucksache 6/1226 –
Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU hat der Abgeordnete Herr Barlen. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Zunächst mal eine kleine Vorbemerkung zu diesem doch äußerst griffigen Thema: Hohe Rücklagen und prall gefüllte Reserven bei vielen Krankenkassen und die zum Teil geplante Rückerstattung von Prämien an die Versicherten sind aktuell in aller Munde. In der ersten Jahreshälfte war ein Überschuss von 2,7 Milliarden Euro zu verzeichnen. Insgesamt verfügt die gesetzliche Krankenversicherung über ein Polster von 21,8 Milliarden Euro.
Grund hierfür ist in allererster Linie die gute Konjunktur. Dieser Umstand, der die globale Debatte in Deutschland natürlich prägt, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eben auch solche Krankenkassen gibt,
die keine großen Reserven beziehungsweise Überschüsse erwirtschaften und eher damit zu tun haben, ein Defizit und damit Zusatzbeiträge zu vermeiden.
Und in einer solchen Lage befinden sich in erster Linie jene Krankenkassen, die überproportional viele ältere Menschen und Sterbenskranke versichern – ein großes Thema also für uns hier in Mecklenburg-Vorpommern, da bekanntermaßen in den nächsten Jahren der Anteil und auch die absolute Zahl der hochbetagten und so- mit morbideren Menschen deutlich ansteigen werden. Und das ist eine Herausforderung insbesondere also für jene Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung, die hier in Mecklenburg-Vorpommern besonders viele alte und besonders viele kranke Menschen versichert haben.
Ursache für die aktuelle finanzielle Benachteiligung dieser Krankenkassen ist, da sind sich in Deutschland alle Experten einig, ein Berechnungsfehler in eben jenem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich. Und dieser morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich, kurz und im Folgenden Morbi-RSA genannt, ist ursprünglich ein zum Ausgleich unterschiedlicher Versicherungsstrukturen entwickeltes System im Rahmen der Mittelzuweisung aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen. Der Morbi-RSA wurde 2009 eingeführt, um eben zu verhindern, dass der grundsätzlich gewünschte Wettbewerb zwischen den Kassen zu einem Wettlauf um junge und zu einem Wettlauf um gesunde Menschen und einer möglichst konsequenten Vermeidung von alten und kranken Versicherten führt, da diese alten und kranken Versicherten ja in der Regel auch höhere Ausgaben verursachen.
Mit dem Morbi-RSA sollen die Mittel aus dem Gesundheitsfonds also dort ankommen, wo sie zur Deckung entstehender Kosten am dringendsten benötigt werden. Praktisch bedeutet das, jede Krankenkasse bekommt bei der Berechnung der Zuweisung in einem ersten Schritt für jeden Versicherten eine Grundpauschale und diese entspricht den durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Pauschale wird anschließend durch Zu- und Abschläge so angepasst, dass Kassen mit einer großen Zahl Schwerkranker gegenüber solchen Kassen mit relativ vielen jungen und vergleichbar gesunden Menschen nicht schlechtergestellt werden. In die Berechnung dieser Zu- und Abschläge fließen dann unter anderem das Alter, das Geschlecht und der Krankheitszustand mit ein. Für Gesunde gibt es in der logischen Folge am Ende weniger Geld als für Kranke, diese verursachen schließlich höhere Kosten.
Meine Damen und Herren, ein kleiner, aber wirkungsvoller Berechnungsfehler für die Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds führt nun allerdings dazu, dass die Mittel an die Krankenkassen für solche Versicherte, die innerhalb eines Jahres versterben, also schwer krank sind und versterben, verzerrt berechnet werden. Der Wissenschaftliche Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs hat in seinem letzten Gutachten festgestellt, dass die wahren und vor dem Ende des Lebens stark ansteigenden Kosten dieser Versicherten und anschließend Verstorbenen nur sehr unzureichend berücksichtigt werden. Und das hat zur Folge, dass Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gerade für gesetzliche Krankenkassen mit einem hohen Anteil alter und kranker Versicherter zu niedrig ausfallen.
Für Mecklenburg-Vorpommern bedeutet der Berechnungsfehler ganz klar, dass beispielsweise der größte Versicherer, die AOK Nordost, mit seiner überproportional alten und morbiden Versichertenstruktur innerhalb der Landesgrenzen pro Jahr eine zu geringe Zuweisung im zweistelligen Millionenbereich verkraften muss. Und im Gegensatz dazu erhalten gesetzliche Krankenkassen mit einem geringeren Anteil alter und kranker Versicherter vergleichsweise zu hohe Leistungszuweisungen aus dem Fonds. Das Ziel des Morbi-RSA, den Wettbewerb der Krankenkassen unabhängig vom Gesundheitszustand der Versicherten zu gewährleisten, wird damit also nicht realisiert.
Unser vorliegender Antrag zielt nun darauf ab, diesen Berechnungs- und Verteilungsfehler im System, im Morbi-RSA zu beheben, denn gerade in Mecklenburg-Vor- pommern ist mit Blick auf den schnell fortschreitenden demografischen Wandel zu erwarten, dass der Anteil der älteren Versicherten stetig steigt. Die Krankenkassen mit vielen älteren und kränkeren Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern dürfen also in dieser Hinsicht nicht länger ungleich belastet sein.
Das Problem wurde, wie gesagt, bereits durch den wissenschaftlichen Beirat für die Weiterentwicklung des RSA ausführlich beschrieben und ist seither in ganz Deutschland auch viel diskutiert worden. Als Lösungswege haben sich eigentlich zwei Modelle abgezeichnet: einerseits die sogenannte Annualisierung – also die Hochrechnung von Kosten und Versichertenzeiten, auch Verstorbener, immer auf ein Jahr bezogen, und andererseits die letztlich auch durch den Wissenschaftlichen Beirat vorgeschlagene Berechnung von sogenannten Pro-Tag-Werten – also die Division der tatsächlichen Leistungsausgaben durch die tatsächlichen Versicherungstage. Beide Verfahren führen, das muss man dazusagen, hinsichtlich der Ausgleichsumme bei den Kassen rechnerisch zu ähnlichen Ergebnissen, nämlich zu einer sachgerechteren Zuweisung der Mittel aus dem Gesundheitsfonds.
Wenn das also alles so klar ist, werden Sie sich nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, sicher fragen: Warum hat es auf Bundesebene denn in den letzten Jahren noch keine Anpassung dieses Berechnungsfehlers gegeben? Und die Antwort auf diese Frage ist einerseits banal, politisch banal, andererseits aber auch haarsträubend. Zunächst einmal ist es natürlich so, dass eine Umverteilung immer auch Benachteiligte hat. In diesem Fall sind das diejenigen Kassen mit einer vergleichsweise jün- geren, gesünderen Versichertenstruktur und den oben genannten ordentlichen Rücklagen. Hier ist also eine klassische Besitzstandswahrung und demzufolge ein Interessenskonflikt zu beobachten. Den Berechnungsfehler gegen diese offensichtlich sehr großen Widerstände und den Hinweisen des Wissenschaftlichen Beirats folgend zu beheben, ist Bundesminister Daniel Bahr offenbar nicht bereit.
Zu groß ist möglicherweise, das bedarf nicht viel Fantasie, die Sorge, sich noch vor der Bundestagswahl Konflikte auf den Tisch zu ziehen. Aber diese sind längst da.