Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Jawohl.)

Das habe ich in den letzten 20 Jahren nicht gehört. Wenn wir gut funktionierende Schulen in unserem Bundesland wirklich haben möchten und brauchen, dann brauchen wir kompetente und motivierte Schulleitungen, und zwar in allen Schulen. Deshalb ist es nicht nur für mich unverständlich, dass so viele Schulen bis zum jetzigen Zeitpunkt nur mit amtierenden beziehungsweise beauftragten Schulleiterinnen und Schulleitern arbeiten.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Jeder von uns kennt zahlreiche Beispiele aus seinem Wahlkreis. Für den Landesüberblick, das muss man ganz deutlich so sagen, war die Anfrage von Frau Oldenburg hilfreich. Man erkennt so die Unterschiede in den einzelnen Schulämtern, aber auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Schularten. Nachdenklich – und das wurde heute schon vermehrt gesagt – muss uns wirklich die hohe Zahl der nicht besetzen Funktionsstellen an Grundschulen stimmen. Übrigens, meine Stelle ist auch nur amtierend, ich weiß nicht, ob amtierend oder kommissarisch oder beauftragt, auch da müssen wir begrifflich noch mal überlegen, besetzt, und eins darf man nicht vergessen, mit Stellvertretergehalt.

Die Aufgaben einer Leiterin und eines Leiters einer Schule sind sehr vielschichtig und wenn man mal in Paragraf 1 des Schulgesetzes nachliest, ist da auch alles festgehalten. Neben der Verantwortung für die pädagogische Arbeit, der Vertretung der Schulen nach außen, der Einhaltung der entsprechenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie der Umsetzung von Konferenzbeschlüssen ist sie oder er auch Dienstvorgesetzter des an der Schule tätigen Personals. Einige der Arbeitsfelder möchte ich dann noch einmal genauer nennen, um die Wichtigkeit einer Schul- leiterin und eines Schulleiters im System Schule auch noch mal darzustellen und zu verdeutlichen.

Zur inhaltlichen Arbeit gehört unter anderem, Schulentwicklungsprozesse zu initiieren, sich über das Unterrichtsgeschehen zu informieren – und das ist letztendlich das Kerngeschäft von Schule –, für eine gute Zusammenarbeit der Lehrerinnen und Lehrer zu sorgen, Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern zu fördern, die Arbeit der Eltern- und Schülervertreter zu unterstützen, die Öffnung der Schule im Umfeld zu fördern und mit anderen Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zusammenzuarbeiten.

Auch sind die Schulleitungen für den ordnungsgemäßen Ablauf an der Schule verantwortlich. Dazu zählen laut Schulgesetz, das möchte ich auch noch mal hier vortragen, Aufnahme und Entlassung der Schülerinnen und Schüler, Sorge für die Erfüllung der Schulpflicht, Sorge für die Erhaltung der Ordnung in der Schule, Vertretung der Schule in der Öffentlichkeit, Verwaltung der Haushaltsmittel und rechtsgeschäftliche Vertretung des Landes und des Schulträgers nach Maßgabe der vom jeweiligen Rechtsträger eingeräumten Vertretungsbefugnis. Was im Schulgesetz verankert werden müsste, ist die zunehmende soziale Funktion von Schule. Viel Zeit müssen Klassenlehrinnen und Klassenlehrer in Zusammenarbeit mit den Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern und den Schulleitern aufbringen, um Fehlentwicklungen von einigen Schülern zu korrigieren.

In diesem Prozess spielen die Leitungen der Schule die zentrale Rolle. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum sind so viele Schulleiterstellen in unserem Land nicht besetzt. Das Schulgesetz ist eindeutig. Im Paragrafen 101 Absatz 2 heißt es: „Die Stelle eines Schulleiters wird in der Regel ausgeschrieben, sobald erkennbar ist, dass sie frei werden wird.“ Außerdem, der Minister hast es schon gesagt, gibt es die Verwaltungsvorschrift, das will ich nicht wiederholen.

Ebenfalls wurde durch die staatlichen Schulämter seit 2006 verstärkt wahrgenommen, dass weniger bis keine Bewerbungen aus ausgeschriebenen Leitungsstellen erfolgen. Obwohl es in den letzten Jahren zielgerichtete und sehr gute Fortbildungsmaßnahmen für zukünftige Schulleiterinnen und Schulleiter gab, konnte dieses Problem bisher nicht endgültig gelöst werden. Zu wenig fortgebildete Lehrerinnen und Lehrer haben sich auf Schulleitungsstellen beworben. Und da muss man sich doch fragen, woran das liegt. Um das zu erfahren, das haben wir auch vom Bildungsminister gehört, ist das Bildungsministerium im Augenblick dabei, das Bewerbungsverfahren zu analysieren, und es muss in Mecklenburg-Vor- pommern angepasst werden.

Was das Ministerium gemacht hat, hat der Minister schon gesagt, aber ich denke, man sollte auch noch klären, und das ist wirklich meine Sicht, ob weitere Verbesserungen der Arbeit für Schulleiterinnen und Schulleiter möglich sind, um die Leitungsfunktion attraktiver zu machen. Diskussionswürdig sind auch die Forderungen des Schulleiterverbandes, mehr Anrechnungsstunden für Leitungsaufgaben, die Beibehaltung der Eingruppierung – wir haben schon gehört, die Grenzen sind 540 Schüler, 360 Schüler, 180 Schüler –, weitere Entlastung von Verwaltungsaufgaben, das haben wir schon gehört. Und was auch ganz wichtig ist, endlich eine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben immer noch eine vorläufige Dienstordnung aus dem Jahre 1990.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: 91!)

91, Entschuldigung.

Uns allen muss klar sein, dass es gute Schulleiter/-innen nicht zum Nulltarif gibt. Neben der guten pädagogischen Ausbildung einer Schulleiterin, einer schulischen Leiterin oder eines schulischen Leiters muss die Qualifikation für Leitung und Personalmanagement erworben werden. Vor allem brauchen die Schulleitungen, Schulleiterinnen und Schulleiter eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung. Das kostet Geld. Aber ein Teil der Fortbildung kann auch durch die Schulämter mit dem vorhandenen Personal geleistet werden.

(Vincent Kokert, CDU: Das stemmt der Minister alles aus seinem Haushalt raus, kein Problem.)

Die Nichtbesetzung von Schulleiterstellen – und das möchte ich hier auch noch mal ganz deutlich betonen – ist kein spezifisches Problem von Mecklenburg-Vorpom- mern. Alle Bundesländer müssen mehr für Schulen tun und die Arbeit von Schulleiterinnen und Schulleitern attraktiver machen und auch wertschätzen. Und ich möchte Ihnen jetzt mal wirklich aus der Tageszeitung vom 16. Januar ein paar Zahlen nennen. In NRW fehlen 1.200 Rektoren, also an jeder fünften Schule, in Niedersachsen sind 355 Leiterstellen von etwa 3.000 Schulen nicht besetzt. In Sachsen gibt es 118 offene Stellen, das

heißt an jeder elften Schule, und selbst in Bayern sind 200 von rund 5.000 Schulen ohne Rektor. Alle Bundesländer sind gefragt, die Funktion der Schulleiterin und des Schulleiters attraktiver zu gestalten.

Unser Bildungsministerium ist dabei, wir haben es gehört, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten und gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden muss dieses Problem schnellstmöglich gelöst werden. Deshalb, weil das Ministerium auch an dieser Sache arbeitet, wird der Antrag der Fraktion DIE LINKE von uns abgelehnt. Der Bildungsminister hat ja auch schon ganz eindeutig gesagt, er wird uns im Ausschuss stets Rede und Antwort zu diesem Problem stehen, und ich denke, wir sollten das gegebenenfalls dann zu den Ausschusssitzungen aufrufen. – Danke.

(Torsten Renz, CDU: Überzeugende Ablehnungsgründe.)

Weiß ich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt die Ab- geordnete Frau Oldenburg von der Fraktion DIE LINKE.

(Vincent Kokert, CDU: Frau Oldenburg fühlt sich bestätigt. – Peter Ritter, DIE LINKE: Renz war schon in Ordnung. – Vincent Kokert, CDU: Müssen Sie Ihr Redekonzept umstellen?)

Nee, nee.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zuerst einmal dazu, dass jetzt von den 82 Funktionsstellen immer wieder welche subtrahiert wurden. Das ist nicht richtig. Es steht in der Antwort der Kleinen Anfrage, für 42 Stellen läuft das übliche Besetzungsverfahren. Das heißt nicht, dass die besetzt sind, das heißt nicht, dass da ein Ergebnis rauskommt. Denn was ganz verwundert, was mich wirklich verwundert, ist, dass bei den 42 Stellen, für die jetzt das übliche Besetzungsverfahren läuft, Schulleiterstellen sind von 2007 und 2008, von 2004 und 2005,

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

von 2008 und 2009 und von 2003 und 2004.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Jetzt läuft das Bewerbungsverfahren. Und wenn ich mir das angucke, dann ist es ja so, dass wir schon viele Bewerbungsverfahren gehabt haben und sich dann entweder keiner gemeldet hat

(Vincent Kokert, CDU: Endlich wirkt mal was.)

oder diejenigen sich nicht bewerben konnten, die qualifiziert waren.

(Torsten Renz, CDU: Sie bringen ja neues Tempo in die Sache jetzt.)

Des Weiteren, Herr Renz, diese 17 …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zwei Lokomotiven.)

Keine Bewerber, deshalb auch keine Besetzung in der Kleinen Anfrage.

Eine Maßnahme dagegenzusteuern, ist die von der Landesregierung beabsichtigte Änderung der Ausschreibungstexte, um die Funktionsstellen für verschiedene Lehrämter zu öffnen. Dass dies aber nicht der Fall ist, dass dies nicht umgesetzt wird und dass wir deshalb unseren Antrag im Ausschuss beraten und ich die Überweisung in den Ausschuss beantrage, belegt doch der Fall, den ich Ihnen hier an der Förderschule genannt habe. Es kann natürlich auch sein, dass die staatlichen Schulämter diese Anweisungen einfach negieren und weiterhin falsch handeln, und zwar wider besseres Wissen. Aber auch dann muss hier die Landesregierung ihrer Verantwortung nachkommen und ihre Aufsichtspflicht so wahrnehmen,

(Torsten Renz, CDU: Sie sind dicht dran am Thema.)

dass nicht ständig den Anweisungen der Regierung zuwidergehandelt wird.

Stellen Sie sich vor, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ein Schulleiter oder eine Schulleiterin würde sich das gegenüber dem Schulamt trauen. Dann ist man ganz, ganz nah bei einer Abmahnung an der Schule, wenn die einem schon angedroht wird, weil man mit zwei Tagen Verspätung eine Fahrt ins Ausland für eine Schulpartnerschaft meldet. Dann frage ich mich, wie hier die Kontrollfunktion funktioniert.

(Torsten Renz, CDU: Sie müssen die große Linie einhalten.)

Es ist aber nicht nur, Herr Renz, der Arbeitsaufwand, den man nicht respektiert. Es sind nicht bis jetzt falsch gelaufene Fortbildungen. Sie sollten wissen, es wurden 200 Lehrerinnen und Lehrer als Schulleiter fortgebildet.

(Egbert Liskow, CDU: Weiter.)

Die arbeiten aber nicht als Schulleiter, weil man die ganz falsch ausgebildet hat. In Greifswald hat man fast 40 gebraucht, da hat man 25 ausgebildet. In Schwerin hat man nur 5 gebraucht, da hat man auch 25 ausgebildet. Weil man jährlich 100 Stellen zur Verfügung hatte, die man einfach durch 4 geteilt hat, kam man auf die Zahl 25, und somit hat jedes Schulamt 25 Stellen bekommen,

(Marc Reinhardt, CDU: Das wird ja alles bald besser.)

ob sie die brauchten oder nicht. Das heißt, hier schwirren irgendwo Schulleiterinnen und Schulleiter zukünftig herum und auf der anderen Seite haben wir dieses große Defizit an Besetzungen. Dass Planwirtschaft allein nicht zum Ziel führt, das wissen wir ja.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Also muss man jetzt das auch nicht einfach nur so planen, sondern den Bedingungen muss man es anpassen, und das vermisse ich. Und wissen Sie, wie viel Geld dadurch versenkt worden ist? Circa 300.000 Euro für die- se desolate Organisation der Fortbildung, 350.000 Euro hat nämlich die Fortbildung gekostet.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wer hat denn dafür die Verantwortung?)

Und mal zugunsten des Landes gerechnet: Diese gesamten offenen Funktionsstellen haben mindestens – und da habe ich alle Eventualitäten abgezogen – 1,5 Millionen Euro an Einsparungen für das Land gebracht, denn wenn ein Schulleiter oder ein Stellvertreter amtierend ist, dann bekommt er keinen Cent dafür. Das sind rund gerechnet, und da liege ich wirklich ganz, ganz weit unten, 1,5 Millionen Euro Einsparungen auf Kosten der Schulleiterinnen und Schulleiter. Und das kann es nicht sein.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sie sehen, dass hier so wahnsinnig viel Bedarf ist, dass man den Antrag nicht einfach nur ablehnen kann, sondern wenn Sie das auch ernst meinen, was Sie sagen, dass Sie sich mit den Vorschlägen unserer Fraktion auseinandersetzen, und zwar ernsthaft, dann lassen Sie uns weiter ernsthaft im Bildungsausschuss darüber diskutieren und nicht nur einfach sagen, Sie können ja den Antrag wieder im Bildungsausschuss stellen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)